Sonja Schak, HAK, Schulzentrum 1030 Wien
 
Kosten- und Preistheorie
(Extremwertprobleme mit EXCEL-Solver, Teil 3)

Mathematische Inhalte:

Einsatz von DERIVE und EXCEL bei der Behandlung von Kosten- und Preisfunktionen
Anwendung:
Extremwertaufgaben aus der Wirtschaft
Kurzzusammenfassung:
Einsatz des PCs zur Behandlung von Fragestellungen aus der Wirtschaftsmathematik
Lehrplanbezug:
HAK und HLA, 4.Jg sowie zur Einführung von Polynomfunktionen im 2.Jg.
Zeitaufwand:
5 Stunden
Mediales Umfeld:
Taschenrechner, EXCEL, DERIVE
Anmerkungen:
Selbst in wirtschaftsorientierten Schulen wie der HAK haben viele Schüler Schwierigkeiten, die Funktionalität der Kosten- und Preistheorie zu begreifen und sowohl einfache als auch komplexe wirtschaftsmathematische Zusammenhänge zu verstehen. Obwohl viele der Grundbegriffe in den Wirtschaftsfächern durchgenommen werden, lernen viele Schüler die Grundbegriffe einfach auswendig, um sie spätestens nach der Schularbeit zu vergessen. Dadurch fehlt es vielen an praxisorientiertem Verständnis. Einfachste Zusammenhänge wie zum Beispiel "Gewinn = Umsatz – Produktionskosten" werden zwar pragmatisch zur Kenntnis genommen, können jedoch im Mathematikunterricht nicht umgesetzt werden.

Weiters fehlt es vielen Schülern am Verständnis, was eine Funktion eigentlich sein soll und warum es wichtig sein kann, funktionale Zusammenhänge zu erkennen und Ergebnisse zu interpretieren.

Der regelmäßige Einsatz des PCs kann vor allem für Schüler, deren Abstraktionsvermögen eher bescheiden ist, von großem Nutzen sein. Mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms wie EXCEL können funktionale Zusammenhänge leichter erkannt und Ergebnisse besser interpretiert werden. DERIVE hingegen kann dazu verwendet werden, die durch EXCEL berechneten Tabellen zu abstrahieren bzw. rechentechnische Hürden zu meistern.


1. Inhalte des Beitrages

Behandlung einer konkreten Aufgabe einerseits mit DERIVE und andererseits mit EXCEL.
Quellenverweis: Der Beitrag wurde zum Teil übernommen aus:
Hanisch, Schak: Ist gleich, Lehrbuch für Handelsakademien, Band 3, ÖBV&HPT 1999

2. Aufgabenstellung

Zu Beginn möchte ich anhand eines Beispiels die herkömmliche Art der Fragestellung sowie eine Kurzfassung der mathematischen Behandlung wiedergeben.

Aufgabe:

Von einer kubischen Kostenfunktion K(x) = ax³ + bx² + cx + Kf kennt man die Fixkosten Kf = 250 sowie für bestimmte Mengen die entsprechenden Kosten:
 
Menge x
10
20
25
Kosten K(x)
302
336
350

    1. Erstelle die Gleichung dieser Kostenfunktion
    2. Berechne die Kostenkehre und die entsprechenden Gesamtkosten
    3. Berechne die Grenzkosten für 10 Stück
    4. Berechne das Betriebsminimum und die langfristige Preisuntergrenze, also die minimalen Stückkosten
    5. Berechne das Betriebsminimum und die kurzfristige Preisuntergrenze, also die minimalen variablen Stückkosten
    6. Ein Stück wird zu einem Preis von 15,- verkauft. Berechne den maximalen Gewinn.
    7. Angenommen, der Stückpreis wäre nicht fix, sondern durch die sog. Preisfunktion

    8.                                             p(x) = - 0,3x + 33
      gegeben. Berechne den Cournotschen Punkt
    9. Berechne den maximalen Deckungsbeitrag

    10.  
  1. Herkömmliche Lösungsansätze
Lösung:
  1. allg. Form: K(x) = ax³+bx²+cx+d

  2. Durch Einsetzen der obigen Tabellenwerte erhält man ein Gleichungssystem in 3 Variablen, das sich mit oder ohne PC leicht lösen lässt.
    Ergebnis: K(x) = 0,002x³ - 0,15x² +6,5x + 250
  3. K’’(x) = 0,012x-0,3

  4. K’’(x)=0 für x=25 ("Kostenkehre")
    Entprechende Gesamtkosten=K(25)=350
  5. K’(x) = 0,006x² - 0,3x + 6,5

  6. K’(10) = 4,1
  7. Kq(x) = K(x)/x = 0,002x² - 0,15x + 6,5 + 250/x

  8. Kq’(x)=0 führt zu x=57 Stück
    Kq(57) = 8,83
  9. Kqv(x) = (K(x)-Kf)/x = 0,002x² - 0,15x + 6,5

  10. Kqv’(x) = 0,004x – 0,15
    Kqv’(x) = 0 für x = 37,5 ? 38 Stück
    Kqv(38) = 3,69
  11. p = 15

  12. E(x) = 15x (Erlös für x Stück)
    G(x) = K(x) – E(x) = - 0,002x³ + 0,15x² + 8,5x – 250
    G’(x) = - 0,006x² + 0,3x + 8,5
    G’(x) = 0 für x= 70 (und –20, wobei negative Lösungen aufgrund der Fragestellung ausgeschlossen werden)
    G(70) = 394
  13. E(x) = p(x).x = (-0,3x+33).x = -0,3x²+33x

  14. G(x) = E(x) – K(x) = - 0,006x² - 0,3x + 26,5
    G’(x) = 0 bei x = 46 = gewinnmaximale Menge
    p(46) = 19,2
    CP(46/19,2)
  15. D(x) = E(x) – Kv(x) = -0,002x³ - 0,14x² + 26,5x

  16. D’(x) =0 für x=46
    D(46) =707
  1. Berechnen mit Hilfe des Computers
1. Computeralgebraprogramm

Für sämtliche Berechnungen lässt sich ein CAShervorragend verwenden, wie wir an Beispiel B zeigen wollen.

Fortsetzung des obigen Beispiels: Löse die Aufgaben mit Hilfe eines CAS!

Lösung: Zuerst lösen wir das lineare Gleichungssystem. Dazu definieren wir K(x) (#1) und ersetzen anschließend a, b und c durch die berechneten Werte (#4). Zweimaliges Differenzieren der Kostenfunktion (#5 und #6) und Nullsetzen der zweiten Ableitung liefert die Kostenkehre Kw=25 (#7). Da dies einem der gegebenen Werte entspricht, können wir die zugehörigen Gesamtkosten von 350 ablesen.

Um die Grenzkosten für 10 Stück zu berechnen, brauchen wir nur 10 in die erste Ableitung einsetzen (am Einfachsten mit Hilfe des Einsetz-Befehls) (#8).

Als Nächstes berechnen wir das Betriebsoptimum. Dazu dividieren wir K(x) durch x um Kq zu erhalten (#9 und #10), differenzieren einmal (#11) und setzen die erste Ableitung 0. Da diese Gleichung dritten Grades keine rationalen Lösungen hat, verwenden wir das numerische Lösen, wobei wir Grenzen des Intervalls, in dem wir die Lösung suchen, auf 0 und 100 setzen (#12). Das Betriebsoptimum erhalten wir durch Einsetzen der Lösung in Kq (#13 und #14).

Für das Betriebsminimum brauchen wir die variablen Stückkosten Kqv. Diese ergeben sich z.B. durch Entfernen des letzten Terms aus Kq (#15). Nullsetzen der ersten Ableitung (#16) ergibt das Betriebsminimum (#17). Da dies nicht ganzzahlig ist, setzen wir sowohl 37 als auch 38 in Kqv ein und erhalten die kurzfristige Preisuntergrenze (#18 bis #21).

Um die Preistheorie mit einzubeziehen, geben wir als Preisfunktion p(x)=-0,3x+33 vor (#22). Dadurch ergeben sich die Erlösfunktion E(x)=x p(x) (#23) und die Gewinnfunktion G(x)=x p(x) – K (#24 und #25). Durch Nullsetzen der Gewinnfunktion und ihrer ersten Ableitung erhält man die Gewinngrenzen (#26 und #27) und die gewinnmaximale Menge.(#28 und #29). Den entsprechenden Preis erhalten wir durch Berechnen von p(46) (#30 und #31).
 

Da sich der Deckungsbeitrag D(x) nur durch eine additive Konstante (die Fixkosten) von der Gewinnfunktion unterscheidet (#32), braucht man zum maximalen Gewinn nur die Fixkosten dazu zählen.




 

Grafische Darstellungen:

  1. Zeichne die Graphen der Funktionen Kq und Kqv in ein gemeinsames Koordinatensystem. Bezeichne dabei auch das Betriebsoptimum und das Betriebsminimum.
  2. Zeichne die Graphen der Funktionen K, E und G in ein gemeinsames Koordinatensystem. Bezeichne dabei alle charakteristischen Punkte.




2. Tabellenkalkulationsprogramm

Auch ein TKP lässt sich in der Kosten- und Preistheorie sehr gut zum Berechnen und zum Darstellen mittels Grafiken einsetzen. Man kann zwar (derzeit) nicht differenzieren, aber Extremwerte lassen sich mittels des Solvers leicht auffinden.

Fortsetzung des obigen Beispiels: Löse die Aufgaben mit Hilfe eines TKP und stelle jeweils die Graphen der Funktionen Kq und Kqv und die der Funktionen K, E und G in einem gemeinsamen Koordinatensystem dar!.

Lösung: Zuerst tragen wir in der ersten Zeile die Funktionsnamen ein (siehe Abb.). In A2 wird 0 und in A3 wird 5 eingetragen. Weiters müssen wir in der zweiten Zeile nun jeweils die Formeln für die gesuchten Funktionen eintragen. Also in B2: =0,002*A2^3-0,15*A2^2+6,5*A2+250; in C2: =6*0,002*A2 + 2*6,5 (K‘‘ = 6ax + 2b) D2: =B2/A2; in E2: =(B2-$B$2)/A2 (die $-Zeichen teilen Excel mit, dass eine feste Adresse vorliegt, die beim Kopieren nicht verändert werden darf); in F2: =A2*(-0,3*A2+33) und in G2: =F2-B2. Die dabei auftretenden zwei Fehlermeldungen, die uns darauf hinweisen, dass wir durch Null dividieren, ignorieren wir vorerst. Nun müssen wir nur noch die zweite Zeile soweit in den unteren Bereich kopieren, wie wir wollen.(in unserem Beispiel bis Zeile 25). Nun löschen wir noch die beiden Zellen mit der Fehlermeldung.

Der zweite Schritt ist nun das Darstellen der Kurven. Dazu markieren wir jene Spalten (mittels String und Enter), in denen die gemeinsam darzustellenden Funktionen enthalten sind, und rufen den Funktionsassistenten auf. Wir wählen Punkt(x,y), dort die Abbildung mit den Kurven und vervollständigen. Jetzt können wir, wenn wir wollen, noch die Skalierung der Achsen durch Doppelklick ändern.

Der Spalte mit K‘‘ kann die Kostenkehre entnommen werden: K‘‘(25) = 0. (Allgemein lässt sich die Kostenkehre mit der Zielwertsuche oder mit dem SOLVER berechnen.)

Betriebsminimum und Betriebsoptimum ergeben sich als Minima von Kqv und Kq, die sich mit dem SOLVER berechnen lassen.

Hier die Lösung fürs Betriebsoptimum: Wir kopieren die Zellen A25, B25, D25 in die Zellen A27, B27, D27 sowie A28, B28, D28 mit beliebigen Werten in A27 und A28. Nun starten wir den SOLVER aus dem Menü Extras. (Falls der SOLVER in Ihrem Menü nicht aufscheinen sollte, müssen Sie ihn im Menü Extras über den Add-In Manager nachinstallieren!) Geben Sie nun als Zielzelle für das Betriebsoptimum D28 und als veränderbare Zelle A28 ein, als Zielwert wählen wir Min. Dann liefert der SOLVER die Lösung xopt = 56,843, die minimalen Stückkosten betragen 8,834.

Analog finden wir das Betriebsminimum.

Auch um die Extrema bzw. die Nullstellen von G(x) zu ermitteln, verwenden wir den Solver. Wir verwenden A27 als veränderbare Zelle und der Reihe nach die Zellen D27, E27 und G27 als Zielzelle. Wir brauchen dann nur eintragen, ob wir eine Nullstelle, ein Minimum oder Maximum wollen und in A27 einen halbwegs guten Näherungswert, den wir aus einer der beiden Grafiken ablesen. Für die Abbildung haben wir die erhaltenen Werte zusätzlich in die entsprechenden Spalten kopiert.
 
x K(x) K''(x) Kq(x) Kqv(x) E(x) G(x)
0
250,000
-0,30
0,000
-250,000
5
279,000
-0,24
55,800
5,800
157,500
-121,500
10
302,000
-0,18
30,200
5,200
300,000
-2,000
15
320,500
-0,12
21,367
4,700
427,500
107,000
20
336,000
-0,06
16,800
4,300
540,000
204,000
25
350,000
0,00
14,000
4,000
637,500
287,500
30
364,000
0,06
12,133
3,800
720,000
356,000
35
379,500
0,12
10,843
3,700
787,500
408,000
40
398,000
0,18
9,950
3,700
840,000
442,000
45
421,000
0,24
9,356
3,800
877,500
456,500
50
450,000
0,30
9,000
4,000
900,000
450,000
55
486,500
0,36
8,845
4,300
907,500
421,000
60
532,000
0,42
8,867
4,700
900,000
368,000
65
588,000
0,48
9,046
5,200
877,500
289,500
70
656,000
0,54
9,371
5,800
840,000
184,000
75
737,500
0,60
9,833
6,500
787,500
50,000
80
834,000
0,66
10,425
7,300
720,000
-114,000
85
947,000
0,72
11,141
8,200
637,500
-309,500
90
1078,000
0,78
11,978
9,200
540,000
-538,000
95
1228,500
0,84
12,932
10,300
427,500
-801,000
100
1400,000
0,90
14,000
11,500
300,000
-1100,000
105
1594,000
0,96
15,181
12,800
157,500
-1436,500
110
1812,000
1,02
16,473
14,200
0,000
-1812,000
115
2055,500
1,08
17,874
15,700
-172,500
-2228,000
37,500
388,281
10,354
3,688
815,625
427,344
56,843
502,145
8,834
37,500
46,005
76,627
10,087