Seite 7:  Ich baue einen Grillplatz   Woche 33-43

WOCHE 33
12. Februar 2006
WINTER-BAUSTOPP!
Es reicht mir jetzt. Ich beende die Arbeiten am Grillplatz ganz offiziell bis es draußen endlich wieder aufgetaut und einigermaßen frühlingshaft ist. Der Grund ist eine frustrierende, wenn auch spannende Erfahrung: Kaum ist der Boden nicht mehr gefroren, arbeite ich los und verlege weitere fünf Reihen Klinker auf der kleinen Terrasse in der schottischen Ecke. Kies festtreten, Split drauf, sauber abziehen, Klinker eng nebeneinander verlegen. Es ist kalt und es regnet, aber ich ziehe das durch. Das Ergebnis sieht recht gut aus, aber als ich darüber laufe, schwankt der Boden und gibt nach, als hätte ich die Klinker auf dicke, nasse Frotteetücher gelegt. Er federt. Das ist zwar ideal, um von Klettergerüsten stürzende Kinder sanft hochtitschen zu lassen, aber nicht so gut, wenn ich mich dort später mal in den Liegestuhl werfen will und wie auf einem Trampolin nach oben schnelle. Vermutlich ist die Erde in den tieferen Bereichen noch gefroren und lässt das Wasser nicht ablaufen, so dass der Boden darüber eine sumpfartige Konsistenz bekommt. Wie tief sackt der eigentlich ab, wenn er mal wieder trocken ist? Wird der überhaupt von alleine fest? Wahrscheinlich muss ich dann die Klinker alle wieder entfernen, die Erde feststampfen und das Niveau neu ausgleichen. Na toll.

Die Laube steht jetzt im leichten Schneegestöber auf nassem Untergrund und wartet auf besseres Wetter und mein Wiedererscheinen.




             Woche 35 - 26.2.06     no comment:

            

             Woche 36 - 1.3.06  ...und hier ja wohl erst recht kein comment mehr:





WOCHE 40
2. April 2006
ES GEHT WEITER!
Nach vielen Wochen Schnee, Frost und Kälte beginnt Ende März endlich der Frühling. Ungewöhnlich spät und ich befürchte, dass ich daran nicht ganz schuldlos bin. Seit Mitte Januar war ich nämlich nicht mehr richtig gesund und wurde auch immer schlapper, so dass ich mich vermutlich als Einzige täglich über die frostigen Wettervorhersagen richtig freute, weil sie bedeuteten, dass ich noch nicht wieder an den Grillplatz musste. Bodenfrost in der Nacht und tagsüber neue Schneefälle? Yeah!! Minus 10 Grad? Doppel-Yeah!! Schneesturm?? Wow!!! Am Grillplatz zu arbeiten hätte ich nämlich in den letzten Wochen überhaupt nicht geschafft, aber bei gutem Wetter wäre es mir sehr schwer gefallen in den blauen Himmel zu blicken und nichts tun zu können. So hat sich der Winter dann leider fast noch den ganzen März halten müssen, bis ich wieder fit genug war, um vorsichtig mit den ersten Arbeiten zu beginnen. Sorry für die, die sich über einen warmen März gefreut hätten, aber ich hab die Zeit gebraucht, um wieder Energie zu bekommen. Ich versuch dafür aber auch einen langen, warmen Sommer zu machen, OK? Wäre ja auch ganz praktisch, weil dann der Grillplatz fertig ist.

In den langen Wochen meiner erzwungenen Fast-Untätigkeit ist natürlich meine Kondition verloren gegangen, was ich jetzt an der erhöhten Lautstärke meines Keuchens beim Tragen von Kieseimern merke. Das war alles schon mal besser, beziehungsweise leiser. Naja, die Nachbarn dürfen ja ruhig hören, dass ich wieder arbeite. Außerdem scheint der Rasenmäher-Man noch nicht wieder aktiv zu sein und irgendjemand muss ja für Lärm sorgen.

Zuerst entferne ich die bei Frost umsonst verlegten Klinkerreihen in der schottischen Ecke, befestige alles neu und verlege die Klinker komplett bis an den gewünschten Rand. Drumherum buddel ich Löcher, fülle Rhododendronerde rein und beflanze alles schottisch. Also damit meine ich jetzt nicht unbedingt ‘sparsam’, sondern ‘optisch an die Highlands erinnernd’. Am liebsten würde ich mir sofort einen Gartensessel hinstellen und ein Bronte-Buch in dieser Umgebung lesen. “Wuthering Heights” bei kühlem Wind zwischen Heidekraut und schottischen Steinen sitzend zu lesen, wäre bestimmt toll. Naja, hole ich im Sommer ohne kühlen Wind nach und freu mich jetzt schon drauf. Obwohl die schottische Ecke noch nicht komplett fertig ist, sieht sie aus wie aus dem Gartenkatalog, finde ich. Schöner wohnen in den Highlands. Schade, dass ich keine Zeit habe stundenlang auf diese Ecke zu starren. Außerdem muss ich aufpassen den Blick nicht auf die Stelle dahinter abgleiten zu lassen, die mit Kies, verstreuten Klinker- und Basaltsteinen, alten, trockenen Zweigen und einem hohen Berg von halbverrottetem Unkraut eher nach Müllhalde aussieht. 


Der unkonventionelle Aufgang zum Grillplatz wartet auch auf die Fertigstellung. Er sieht immer noch wie hingeworfen aus und vermittelt überhaupt kein Gefühl von Sicherheit. Das hat allerdings den großen Vorteil, dass man etwas ängstlich und in Hochspannung darüber läuft und dann ganz erstaunt über die unerwartete Festigkeit ist. Rutschige Schuhe oder hohe Absätze sollte man trotzdem nicht haben. Die noch benötigte Treppenstufe am oberen Ende messe ich aus, buddel Erde weg, fülle Kies und Split auf, begradige, bis alles beim Zusammensetzen perfekt und wackelfrei passt. Dann nehme ich die oberen Platten vorsichtig ab, mische Zement an, fülle den zur Befestigung in dafür vorgesehene Lücken, lege die Platten wieder drauf - und ab da wackelt es. Mist. Zwar nur ganz leicht, mir aber zu viel. Da muss ich also demnächst nochmal ran. Momentan habe ich aber keine Lust.

Auch der letzte mit Basaltsteinen gepflasterte Absatz vor der Stufe wird etwas seltsam. Vermutlich fehlt mir noch die richtige Energie beim Zuschlagen mit dem Hammer, denn das Ergebnis sieht so unregelmäßig aus wie bei “Pflastern für Anfänger”. Oder, um ehrlich zu sein: “Pflastern für diletantische Anfänger”. Als die kleine Fläche fertig ist und ich ein paar Schritte zurücktrete, um sie genauer anzusehen, lache ich laut los, finde es aber so witzig, dass ich es nicht mehr ändere. Es ist eben luftig und leicht gepflastert - meine Spezialität, wie sich nun deutlich zeigt.


Insgesamt merke ich sowieso einen deutlichen Abfall meines Pflasterehrgeizes. Wenn das alles nicht so ganz wasserwaagenglatt wird, ist mir das inzwischen ziemlich egal. Manchmal baue ich sogar bewußt nachlässig kleine Steigungen oder Senken und freue mich auch noch, weil das dann so schön urig und alt wirkt. Wahrscheinlich ist das ein psychischer Schutz, um nicht innerlich über das unperfekte Ergebnis zu verzweifeln, aber ich fühle mich wirklich gut dabei. Und so lange ich vergnügt lache, wenn ich meine Pflasterei sehe und nicht laut losheule, ist doch alles in Ordnung.

Der schräge Aufgangsweg soll durch einen Bambuswald gehen, so was habe ich mir gewünscht, seit ich bei Paris mal durch den viele Meter hohen Bambuswald in Monets Garten gegangen bin. Ich mache es etwas bescheidener, buddel mit großer Anstrengung etwas von meinem 2-Meter-Gartenbambus aus und denke schon beim mühsamen Abtrennen der vielen Wurzelausläufer, dass ich mir damit ziemlich sicher den dicken Ärger an den Grillplatz setze. In einigen Jahren werden die Rhizome unter meine gepflasterten Flächen wandern und mich wahnsinnig machen, weil sie die Basaltsteine hochdrücken und überall wachsen, wo sie nicht wachsen sollen. Aber was hilft es, ich höre nicht auf meine Warnungen. Immerhin trage ich einen mühsam aufgeschütteten Erdhügel ab, um tiefe Rillen zu ziehen, in die ich eng nebeneinander einige übrig gebliebene Steinplatten versenke. Vielleicht helfen die das ungehemmte Bambuswachstum mal in Grenzen zu halten.



Der Bambus wird locker verteilt und eingesetzt, der Weg noch von einer Reihe kleiner Basaltsteine eingefasst und an den Rand kommen vor den Bambus viele dicke Steine, die mir beim Buddeln im Laufe der Wochen vor die Schaufel gekommen sind. Sieht in dieser Kombination fast fernöstlich aus und ich könnte locker behaupten, dass der Weg streng nach Feng-Shui-Neigung gebaut sei. Sieht ja auch überzeugend nach dem “Weg des Windes und des Wassers” aus, so krumm wie alles ist. Bastian bleibt extrem windschief auf dem Weg stehen und meint besorgt: “Hier kommt im Winter aber keiner hoch.” Nun ja, wer will im Winter auch schon grillen?


Mein steiler Aufgangsweg:

Von oben ohne Sonne                               Von unten mit Sonne

























Insgesamt war das eine gute Woche. Ich fühle mich wieder ziemlich fit, genieße das Arbeiten draußen, lache, wenn ich am Abend die vielen Vögel wild durcheinander singen höre und bin froh, dass der Frühling meinen Grillplatz erreicht hat.



WOCHE 41
9. April 2006
Von meiner Idee den Aufgang mitten durch Bambuswälder zu legen, bin ich abgekommen. Irgendwie erscheint mir das dann alles als zu erdrückend und zu voll. Also nur auf eine Seite Bambus, die andere wird mit niedrigen und mittelhohen Büschen grün gemacht. Die Büsche, die ich einsetze, sind allerdings noch sehr jung und sehr klein, so dass es wohl noch etwas dauert, bis es dort mal mehr blattgrün als erdbraun aussieht. Weiteren Bambus setze ich dagegen an den seitlichen Laubenrand vor den Zaun zum Nachbargarten. Es ist eine andere Bambusart als am Aufgang und sie tut nach dem Umpflanzen erstmal so, als ob sie eingehen würde, also Blätter einrollen, leicht in sich zusammensinken und sichtlich leidend in der Erde stecken. Wenn dieser Bambus könnte, würde er laut stöhnen. Aber das mitleiderheischende Verhalten verliert er erfahrungsgemäß nach einigen Tagen und sieht dann wieder aus wie das blühende Leben. Alles nur Show.

Keine Show macht mein vierter Spaten. Er bricht seinen Stiel durch, ebenso wie seine drei Vorgänger. Dabei wollte ich nur mal eben einen Busch ausbuddeln. Die Spaten halten echt nichts mehr durch. Vorne tiefe Wurzeln fest in der Erde, hinten Anette, die mit Hebelwirkungskraft auf dem Stiel herumwippt und oben drüber ein dicker Busch der seinen Platz verlassen und an den Grillplatz umziehen soll - da machen sie ‘knacks’, lassen Anette mit Schwung durch die Gegend kullern und geben auf. Wobei ich immer noch dankbar bin, wenn ich durch die Gegend kuller und nicht nach vorne aufgespießt auf dem spitzen Reststiel festhänge. Ich steh nicht so auf Splatter-Movies im eigenen Garten. Spritzendes Blut, Eingeweide, die über dem grünen Buchsbaum hängen und einen Holzstiel, der bei mir vorne rein und im Rücken raus geht, erspar ich mir gerne, auch wenn es für den Grillplatzbericht recht interessant und mal wirklich dramatisch wäre. Zum Ersatz hau ich mir aber beim Steinefestklopfen mal wieder mit dem Hammer auf die Hand und das blutet auch ein wenig. Ich bin übrigens nicht so doof und hau mir aus unerklärlichen Gründen MITTEN auf die Hand, sondern ich komme beim kraftvollen Zuschlagen einen Hauch zu nah an die haltende Hand und streife sie mit dem dicken Hammer. Das reicht, um dort sauber und restlos die oberen Hautschichten zu entfernen.

Für die schottische Ecke finde ich überraschend eine perfekte Gartenbank. Klein, kompakt und nicht mal teuer. Anstatt weiter am Grillplatz zu werken, schraube ich natürlich erstmal die Bank zusammen und stelle sie auf. Wunderbar! Jetzt muss ich nur noch ein Messingschild anfertigen lassen, das einfach dazu gehört und an die Rückenlehne geschraubt wird. Das Anfertigen lassen wäre nicht das Problem, mir fällt nur überhaupt nicht ein, was in schön geschwungenen Buchstaben drauf stehen könnte. “Scottish Corner”?, “Grillplatz 2006”? oder “Ich bin eine Gartenbank”?? Vielleicht fällt mir noch was ein.


An den Rand der Grillterasse setze ich einen optisch abwechslungsreichen Randbelag, der nicht sehr trittfest ist und eher angeschaut als betreten werden sollte. Da es sofort dahinter aber steil den Hang hinab geht, wird wohl später keiner bis an die äußerste Kante gehen müssen. Ich klopfe und hämmere, der Split rieselt an den gepflasterten Flächen in die Fugen, und ich muss ständig neue 25-kg-Säcke Split kaufen und in weitere Fugen füllen. Was da alles reingeht! Und wie schnell so ein Sack leer ist. Unglaublich.


Nachdem mein großer, angelieferter 1000-kg-Sack Split leer war, hatte ich gedacht, dass sich ein weiterer Riesensack nicht lohnen würde und ich die letzten etwa 100 Kilo Split besser säckeweise im Baumarkt kaufe. Inzwischen habe ich bestimmt schon 10 Säcke den Hang hinauf geschleppt, damit 250 Kilo verrieselt und das Ende ist nicht wirklich abzusehen. Aber jetzt würde sich ein Riesensack erst recht nicht mehr lohnen.
Oder etwa doch?

Und bald muss ich an den großen Grill ran, denn soweit ich mich erinnere, muss der sechs Wochen vor der ersten Befeuerung fertig verklebt, verputzt und durchgetrocknet sein. Das wird knapp, denn die Einweihungsfeier wird im Juni sein. Bisher steht der Grill in relativ handlichen Einzelteilen im Hof herum. Leider habe ich die Aufbauanleitung sehr gut und sorgfältig weggelegt und finde sie zur Zeit nicht. Die würde mir vielleicht auch verraten, ob diese eckigen Winkelteile für den Grill eher nach oben oder eher nach unten kommen, wenn er aufgebaut wird. Die könnten nämlich ein verspieltes Fußteil sein, aber auch ein Zierkranz unterhalb des Kaminabzuges oder ein dringender Abstandhalter zwischen Feuer und Abzug. Ich hab echt keine Ahnung. Passen tun sie fast überall.

In einem Karton gibt es auch einen Stahl-Einsatz, um später höhertemperaturiges Holzfeuer im Grill machen zu können. Wenn ich die Anleitung nicht finde, muss ich den Einsatz auf gut Glück und mit weiblicher Intuition zusammenschrauben und irgendwie einbauen. Na, das kann spannend werden. Ich fühle mich wie vor den Einzelteilen eines kleinen Lego-Flugzeuges, das ich ohne Anleitung richtig zusammensetzen soll. Das kann klappen, muss aber nicht. Und meistens bleibt was übrig. Dass ich die zerbrochene Mittelplatte des Grills vorher ja auch noch irgendwie reparieren und mit Beton haltbar machen muss, will ich nur am Rande erwähnen.

Vor allem war ich mir immer sicher, dass der Grill blau und weiß werden wird, weil das so schön nordisch aussieht. Inzwischen ist mein Grillplatz aber vorwiegend grau-rot-grün geworden und Blau würde gar nicht mehr dazu passen. Und jetzt? Weiß-rot oder grau-grün? Völlig verrückt gestalten oder unauffällig der Umgebung anpassen? Nun ja, ich fange mal am besten mit dem Zusammenbauen an und entscheide dann spontan.



WOCHE 42
16. April 2006
Boah, was sind schon die Einzelteile des dicken Gartengrills schwer! Meine Kinder schleppen mir keuchend das Hauptstück der zerbrochenen Mittelplatte nach oben und ich darf die rausgebrochenen Stücke hinterhertragen und ihnen warnend zurufen: “Achtung! Wassertrog im Weg! Spaten auf der Treppe! Dicke Zweige hinter euch!” Ich hätte doch vorher mal im Garten aufräumen und den Weg freimachen sollen. Oben setze ich das Grill-Mittelplatten-Puzzel zusammen. Zwei große Stücke sind komplett rausgebrochen, es gibt einige Bruchstellen, die aber noch an der Stahlarmierung zusammenhängen, und für mehrere kleine Stücke muss ich die passende Lücke finden. 

Mit feuerfestem Mörtel klebe ich sorgfältig alles zusammen, putze damit gleich noch die Oberfläche glatt und hoffe, dass das dann auch hält. Immerhin müssen gerade die reparierten Seiten später frei aus der Grillkonstruktion ragen und auch vertragen, dass jemand einen Teller mit Würstchen dort abstellt. Mörtelverputzt sieht das Teil gleich viel individueller aus, denn eigentlich kann ich die typischen Baumarkt-Gartengrills gar nicht leiden. Darum hatte ich auch lange überlegt, ob ich mir überhaupt einen holen soll, aber am Ende fand ich, dass ein Grillplatz dann doch unbedingt einen richtigen Grill braucht.


Trotz der fast fertigen schottischen Ecke und anderer malerischer Stellen, sieht es ringsherum noch etwas chaotisch aus, aber ich bin ein zäher Arbeiter und lasse mich nicht einschüchtern. Meine Taktik in solchen Fällen: Einfach irgendwo anfangen. Ich verbaue die beiden letzten Hohlbausteine, weil sie so blöd rumstehen und dann lieber irgendwo sinnvoll Erde abstützen können, und beginne die Randlücken im Bodenbelag zu schließen.


Und dann passiert es. Plötzlich und unerwartet. Ich lege noch eine Reihe Klinker neben den Grillaufstellplatz, schließe die Lücke zwischen Platz und Betonstufen mit kleinen Basaltsteinen und entscheide rasch, dass ich die andere Randlücke im Klinkerbelag nicht später mit mühsam zurechtgeschnittenen Klinkern, sondern jetzt sofort ebenfalls mit kleinen Basaltsteinen fülle. Ich passe ein, klopfe fest - und auf einmal bin ich fertig mit der Pflasterei! Alle Lücken sind geschlossen, und ich stehe etwas verwirrt mit dem dicken Hammer in der Hand und freue mich nicht mal richtig. Ist ja fast schade. Zum ersten Mal bekomme ich eine Ahnung, dass der Grillplatz bald fertig sein wird.

Damit das nicht so bleibt mit dem Fast-Fertig-Gefühl, greift mein Grill ein. Die sorgfältig zusammengepuzzelte, vermörtelte und durchgetrocknete Mittelplatte zerbröckelt sofort wieder, als ich sie nur leicht anhebe. Und nun? Kurzentschlossen greife ich zum dicken Profi-Winkelschleifer und säge beide Ränder mitsamt der inneren Armierung ab. Hört sich jetzt einfach an, ist aber anstrengend, weil der Schwingschleifer stärker als ich ist und mir immer seitlich abhauen will. Natürlich in Richtung Bauch oder Bein und natürlich mit laufendem Motor, laut kreischend und seine blitzende, scharfkantige Diamantscheibe bedrohlich drehend. Ich habe ziemlichen Respekt vor ihm. Außerdem kann er 6500 Mal in der Minute umdrehen und da komm ich nicht mit. Zum Glück kann ich alle Angriffe auf mich verhindern und zerteile meinerseits die Grillplatte. Die kann noch weniger Umdrehungen als ich.


Nach dem Absägen rufe ich sicherheitshalber im Baumarkt an, ob ich die Mittelplatte eventuell auch nachbestellen könnte. Der Mann am anderen Ende redet sehr deutlich und langsam, wahrscheinlich, weil er in der Baustoffabteilung arbeitet und eine Frau am Apparat hat. “Dann gucken Sie bitte mal in Ihrer Aufbauanleitung nach, welche Nummer dieses Teil hat.” “Äh, ich habe die Aufbauanleitung sehr gut weggelegt und finde sie nicht mehr.” “Dann haben Sie aber doch sicher noch die Rechnung.” “Äh, nein. Auch weggelegt.” “Als Sie den Grill zusammengebaut haben...” “Der ist noch nicht zusammengebaut.” “Aber Sie haben ihn im letzten Sommer gekauft?” “Äh, ja. Aber aufbauen will ich ihn erst jetzt.” Ich kann fast hören, wie er die Augen verdreht. Leicht genervt sagt er dann: “Dann kommen Sie bitte mal hier im Baumarkt vorbei, dann schlagen wir das im Katalog nach.” “Gut, vielen Dank!” Ich lege auf und freue mich: Die Mittelplatte scheint auch einzeln erhältlich zu sein. Könnte zusammen mit den Lieferkosten aber recht teuer werden. Vor allem müssten wir das superschwere Teil dann schon wieder von der Straße bis auf den Grillplatz hoch tragen! Das möchte ich gerne vermeiden. ‘Ersatz-Mittelteil-bestellen’ wird zum Plan B, ich stürze mich auf Plan A: ‘Einen-Grill-bauen-aus-dem-was-ich-habe”.

Ich verpflichte ein Kind zum Schleppen und gemeinsam tragen wir keuchend die Einzelteile des Unterbaus vom Hof auf den Grillplatz. Was haben die in den Beton eingegossen? Blei? Es muss was extrem Schweres sein, denn Zement alleine kann nicht so viel wiegen! Oben setzen wir alles probeweise aufeinander und siehe da, die brutal gekürzte Platte wird zwischen den anderen Teilen fest eingeklemmt und hält. Ein bißchen krumm sieht sie aus, weil die lockeren Teile leicht nach unten durchhängen, aber die Ecken mit dem Winkelschleifer noch etwas rund gemacht, dann alles dick mit Beton verputzt und niemand wird merken, dass das Ding eigentlich kaputt ist. Und der Baumarktmensch kriegt später ein Foto und sucht sich im Katalog blöd, weil kein Grill bei ihm so aussieht wie der in meinem Garten. “Aber ich hab den bei Ihnen gekauft, hier ist die Rechnung!” sage ich dann lächelnd und lasse sie vor seinem Gesicht hin und her flattern. Das setzt natürlich voraus, dass ich sie bis dahin gefunden habe.


Wenn ich jetzt die Lücken und Risse schnell mit Beton flicke und niemandem sage, dass die Mittelplatte kaputt war und eigentlich anders aussehen sollte, wird kein Besucher ahnen, was für Probleme es gab und keiner wird blöde Fragen nach den fehlenden seitlichen Ablageflächen stellen. Ist doch prima. Übrigens habe ich spontan die Farbe ‘terracotta’ zum späteren Verputzen des Grills ausgewählt. Ich habe noch nie einen Gartengrill in terracotta gesehen und weiß auch nicht, ob mir das gefällt, aber ich dachte, versuch’s doch einfach mal.



WOCHE 43
23. April 2006
Es ist soweit: Grill-Bautag. Ich rühre einen Eimer mit feuerfestem Mörtel an, setze die Grillteile zusammen (gut, dass ich so große und kräftige Kinder habe, die mit mir mal eben 50-kg-Teile anheben können) und schnitze der grob abgesägten Mittelplatte mit dem laut kreischenden Winkelschleifer sanfte Rundungen. Die seltsamen Winkelteile baue ich eigenmächtig andersherum ein, als sie beim Baumarkt am Mustergrill zu sehen sind. Den habe ich mir nämlich extra nochmal angesehen, um auch ohne Anleitung aus den Einzelteilen einen perfekten Grill bauen zu können. Dort war die breite Kante der Winkelteile nach oben ausgerichtet, was ich spontan total blöd fand. Optisch ist es doch viel schöner, wenn es sanfte Abstufungen sind. Nun ja, die Herren in der Baustoffabteilung mögen etwas von Grills und Aufbauanleitungen verstehen, ich habe es mehr mit der Optik. Nach dem Vermörteln aller Ritzen sieht alles schon wie ein echter Grill aus. Vor allem sind die Reparaturen an der Mittelplatte unter der dicken Mörtelschicht nicht mehr zu erkennen.



Links:
Der Mustergrill am Baumarkt




      Rechts:
      So ist er bei mir geworden





So schmal sieht der Grill viel eleganter aus, als mit ausladenden Seitenteilen, finde ich. Auch wenn man jetzt nicht mehr weiß, wo man den Würstchenteller abstellen soll. Außerdem kommt man besser dran vorbei, wenn man mal dahinter was machen muss. Mir fällt zwar so spontan nicht ein, was man dahinter machen sollte, aber es geht auf jeden Fall besser.

Nach dem Trocknen des Mörtels mische ich den Putz mit Wasser und den Terracotta-Pigmenten. Anstatt nach terracotta sieht die Masse nach dem Vermischen orange aus. Wie pürierte Karotten mit einem Schuß Sahne. Nun ja, Kann sich im trockenen Zustand ja noch ändern.

Mit unbehandschuhten Händen greife ich in den weichen Karotten-Putz und verstreiche ihn auf dem Betongrill. Mit meinen Fingern kann ich einfach am besten arbeiten. Jeder Hautarzt würde beim Anblick meiner dick mit Verputzmasse bedeckten Hände seine Hände über dem Kopf zusammenschlagen, weil es überhaupt nicht gut ist die vielen aggressiven chemischen Stoffe an die Haut zu lassen. Ich selber schlage die Hände nicht über dem Kopf zusammen, denn dann würde sich ja die ganze Pampe lösen und mit Schwung in der Gegend und auf meinen Haaren verteilen. Ich bin ja nicht blöde. Aber ich hoffe sehr, dass die Farbpigmente brav im Putz bleiben und sich nicht dauerhaft in meiner Haut festsetzen wollen.

Nach einer Stunde ist der Grill vorne und an den Seiten verputzt (für hinten hat die Menge nicht mehr gereicht, das folgt später) und meine Hände sehen so schrumpelig aus wie nach einem mindestens zweistündigen Tellerspülen. In der Handfläche habe ich eine kleine offene Stelle. Da ist die Haut aber nicht von der aggressiven Chemie weggeätzt, sondern ganz traditionell abgeraspelt worden. Wenn man eine Stunde lang mit der bloßen Hand über rauhen Beton streicht, bleiben Spuren.

Das angerührte Orange verändert sich während des Trocknungsprozesses, sieht zwischendurch ganz gut aus, und als es trocken ist denke ich: “Terracotta?? Das soll terracotta sein?” Für mich ist das apricot. Pürierte Aprikosen mit einem Schuß Sahne. “Mein Grill ist apricooh” kann ich jetzt sagen und dabei vornehm gucken. Bei ‘Schöner dekorieren’ würden sie beim Grillen jetzt Servietten (apricot) und Kerzen (apricot) auf der Tischdecke (natürlich apricot) verteilen und mit kleinen Glasperlen (apricot) und duftenden Rosen (apricot) optische Highlights setzen. Wenn man da mal keinen Obstschock bekommt!

Ich bin auch noch nicht sicher, ob mir die Farbe gefällt. Eigentlich sieht sie schön aus und der Grill gefällt mir besser als im traditionellen Weiß, aber es ist vielleicht doch ein bißchen hell im Farbton. Wäre eher etwas für Wände dieses Aprikosenterracotta. Mal sehen, ob ich mich in den nächsten Tagen dran gewöhne oder dann doch einen Anlass habe den Grill extrem anders zu gestalten. Platzen kleine Glassteinchen, die man in den Putz drückt, eigentlich ab, wenn der Grill heiß wird? Sollte mir der helle Apricot-Farbton nächste Woche nämlich noch auf den Senkel gehen, werde ich vermutlich mit Farbe und ein paar Glassteinen experimentieren. Aber ich habe auch Angst, dass alles zusammen, der Steinmix im Bodenbelag, die vielen Pflanzen, die Laube und dann noch ein extrem bunter Grill sehr wirrig und viel zu unruhig wirken. Es darf schon ungewöhnlich aussehen, sollte aber harmonisch bleiben. Schließlich will ich da oben nicht nur hin und wieder grillen, sondern oft arbeiten und entspannen. Wenn mir dann die Augen schon allein vom Blick auf den Grill weh tun, war es etwas zu viel ausgetobte Gestaltungskreativität.




DIES IST SEITE 7
weiter zu Seite 8

Einleitung
Seite 1  
Seite 2
Seite 3
Seite 4
Seite 5
Seite 6
Seite 7
Seite 8
Seite 9