Georges Perec war ein sehr besonderer Literat. Der Franzose gehörte zur Oulipo-Gruppe, der „Werkstatt für potenzielle Literatur“. Es ging darum, Grenzen des Möglichen auszuloten. Einmal schrieb Perec einen Roman, der kein e enthielt. Kein einziges! Sein posthum publiziertes Werk „Über die Kunst, seinen Chef anzusprechen und ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten“ aus 1968 beruht auf einem für sich genommen schon recht bizarren Organigramm, das diverse Möglichkeiten auf dem Weg zur Bitte um die Gehaltserhöhung mit Pfeilen verbindet: Wenn dies, dann das. Berücksichtigt werden unter anderem die Anzahl der an Masern erkrankten Töchter des Abteilungsleiters, ob dieser mittags ein Ei oder Fisch gegessen hat und die Laune der Mitarbeiterin im Büro nebenan.
Perec machte daraus einen Fließtext in durchgehender Kleinschrift und ohne Satzzeichen. Man merkt schon, als Ratgeber eignet sich das Buch nicht so. Auch von Regisseur Yosi Wanunu, der die „Kunst“ für sein Ensemble Toxic Dreams als Theaterstück adaptiert hat, ist eher ein ironischer Zugang zu erwarten. Wanunu hackte die englische Übersetzung in Stückchen und verteilte sie auf sein sechsköpfiges Ensemble: „The Art of Asking Your Boss for a Raise“ wird von Brut Wien in der Volkshochschule am Schwendermarkt veranstaltet.
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