100 Jahre Straßenbahn Cottbus

Am Wochenende um den 28. und 29. Juni 2003 feierte die Cottbuser Straßenbahn ihr 100-jähriges Jubiläum. Dies war zwar ein klein wenig vorzeitig, die erste Straßenbahn fuhr nämlich am 18. Juli 1903, aber so konnten die Feierlichkeiten mit dem Cottbuser Stadtfest zusammengelegt werden - und was machen die paar Tage auf 100 Jahre denn aus .
Ich selbst war ein wenig in die Durchführung der ganzen Veranstaltung mit eingebunden, nur einer der vielen fleißigen Helfer. Deshalb war es nicht mein erstes Ziel, möglichst viele und gute Fotos zu "schießen". Vielmehr handelt es sich häufig um Schnappschüsse aus dem Handgelenk, teils aus fahrenden Fahrzeugen heraus. Bitte deshalb etwas Nachsicht bei Mängeln an der Qualität der Fotos. Ich habe versucht die Fotos halbwegs thematische zusammenzufassen, chronologische Darstellung würde nichts bringen, weil ich auch ständig hin und her sprang und so auch die Fotos ohne System entstanden .

Vorspiel

Bereits in der Woche vor den Feierlichkeiten fuhr der erste Gast munter im Linienverkehr als zusätzlicher Kurs auf der Linie 4 mit. Es handelte sich dabei um den KSW 96 der BOGESTRA, der von Personal aus seiner Heimat gefahren wurde, welches extra dafür Urlaub nahm.
KSW 96 der BOGESTRA an der Europakreuzung
Der KSW kurz vor der Kreuzung Thiemstraße/Saarbrücker Straße (Europakreuzung)


Hier steht er in der Haltestelle Stadtpromenade ...


... und hier vor der Kreuzung Stadtring/Straße der Jugend. Ich muss dazu allerdings sagen, dass er mir und meinem Wagen der Linie 1 schon ein wenig im Wege stand ... aber in diesem Fall sehe ich es ihm nach - und ich glaube meine Fahrgäste taten dies auch .


Später traf man sich noch mal am Ende der Friedrich-Ebert-Straße.


28.06. - Tag der offenen Tür im Betriebshof Neu Schmellwitz

Enormer Antrang herrschte an diesem Tag auf dem Betriebshof. Die Tore wurden schon vor dem geplanten Beginn geöffnet, um die Besucher nicht draußen warten zu lassen. Auch das Ende zog sich ein ganzes Weilchen hinaus.

Über 15000 Besucher wurden gezählt, die sämtliche Angebote wie geöffnete Werkstätten, Mitfahrtmöglichkeiten durch die Waschanlage, die Ausstellung von historischen und modernen Straßenbahnen und Bussen, zahlreicher Oldtimer aus dem PKW und Motorrad-Bereich, eine Ausstellung zur Geschichte der Cottbusser Straßenbahn und diverse Angebote für Kinder intensiv nutzten. Warteschlangen gab es bei dem Angebot, mal selbst eine Straßenbahn zu fahren. Auch die Gartenbahn-Straßenbahn war dicht umlagert. Die Informations- und Verkaufsstände waren je nach Angebot mal weniger, mal mehr im Blickpunkt der Besucher.

Ein Großteil der Besucher kam mit der an diesem Tag extra zum Betriebshof verlängerten Straßenbahnlinie 4 oder auch mit der ebenfalls extra eingerichteten Linie 100 zum Betriebshof, die abwechselnd von historischen Bussen und Straßenbahnen gefahren wurde. Aber auch der Parkplatz war sehr gut gefüllt.
Noch vor der Öffnung des Betriebshofes konnte ich eine Runde drehen. Dafür musste ich allerdings ungünstigen Sonnenstand bei einigen Fotos in Kauf nehmen.
Ältester Gast war der Triebwagen 29 aus Gera, Baujahr 1905.


Zwar kein original Cottbuser, aber seit 1986 hier im Einsatz: Triebwagen 24 und Beiwagen 13. Beide Baujahr 1928.


Hier noch mal der Bochumer KSW 96, Baujahr 1948.


Aus Brandenburg zu Gast der Wagen 42, ein ET54.


Halb im Schatten ein Einrichtungs-Gothaer, HTW 62 aus Cottbus. T2/62, Baujahr 1965. Das ist ein Wagen mit "Lenkrad", wie man durch die Frontscheibe erkennen kann.


Die Cottbuser Variante der Führerstandsklimatisierung - Führerstand des KT4D im Schatten der Werkstatthallen .


Das funktioniert natürlich genauso gut beim KTNF6 .


Eine moderne Straßenbahn war mit dem ST13 aus Darmstadt zu Gast. Der steht auch im Schatten, dabei hat der doch Führerstandsklimatisierung . Wie man an dem aufgeklebten Zielschild erkennt, ging der Wagen anschließend noch für ein paar Tage in den regulären Linienbetrieb. Wegen der größeren Wagenkastenbreite musste für diesen Wagen eine Haltestelle und eine ungünstig gelegene Mittelinsel noch baulich angepasst werden. Interessant auch der Kontrast zu dem sich in den Scheiben spiegelnden HTW 24.


Mit Baujahr 2002 jüngster Gast: aus Erfurt der dreiteilige Combino 703.


Noch herrscht beschauliche Ruhe, noch ...


Auf dem Weg zur Einsatzbesprechung habe ich noch eine Runde an den Bussen vorbei gedreht. Da ich von Bussen aber nicht wirklich Ahnung habe, bis auf die jüngeren Ikarus-Modelle auch selbst keine mehr im Einsatz erlebt habe, lasse ich die Bilder mal einfach ohne Kommentar stehen. Es sind auch bei weitem nicht alle anwesenden Busse abgebildet.
Wobei ich hierzu doch was sagen will . Der Schriftzug lautet nämlich. "Wir fahren den ERSTEN Personenanhängerzug ... in Kloster Lehnin, im Land Brandenburg und in Deutschland." Der Beweis, dass dies so nicht sein kann, stand etwa 50 Meter dahinter. Zwar leider gerade kein Foto gemacht, aber etwas später doch noch mal, siehe hier.


Als Detail noch mal die Verbindung zwischen Anhänger und Bus. Lustig finde ich das umlaufende Band zum Durchkletterschutz.


Für einen reibungslosen Betrieb sind auch eine Menge, meist weniger im Rampenlicht stehende, Gerätschaften nötig. Auch bei meinen Fotos kamen sie eigentlich zu kurz . Aber zwei Fotos habe ich doch ...


Der einzige Cottbuser Strassenbahnarbeitswagen. Der ist aber ein Multitalent, kann alles und reicht deshalb voll aus . Basis ist, wie leicht zu erkennen, ein Zweirichtungs-ET57. Dahinter noch ein Zweiwege-Gleispflegefahrzeug.


Und noch ein paar andere Helferlein, der Kleene ist unser "Entchen".


Anschließend kam dann auch Bewegung auf den Betriebshof. Da ich dann auch kräftig zu tun hatte, gibt es nur noch wenig Bilder vom überwiegendem Rest des Tages.


Gerade mal keine Menschenmassen, aber aus einer fahrenden "Fahrschul-"Straßenbahn heraus aufgenommen: Der Brandenburger ET54 kehrt gerade von der Linie 100 zurück, während ihm schon der nächste Fahrschulwagen folgt.


Ebenfalls betriebsam ging es auf der aufgebauten Gartenbahn zu.




29.06. - Fahrzeugkorso durch die Stadt

Am Sonntag war ich eigentlich nur privat in der Stadt um mir den Fahrzeugkorso anzuschauen. Letztendlich bin ich dann aber doch noch bei der Verkehrsaufsicht mitgefahren und habe noch mal mit angepackt. War gar nicht schlecht, so war ich überall mit der Erste .
Zum Leidwesen viele Fotografen war es zum einen proppevoll, wobei ich das Klagen nicht immer verstehe, eine Straßenbahn ist nun mal kein Selbstzweck - und da gehören Menschen, gar möglichst viele noch, einfach dazu. Zum anderen sah die Stadt aber noch reichlich wüst aus, Folgen der Party der letzten Nacht zum Stadtfest. Aber da waren die vielen Menschen ganz nützlich zu, die verdeckten alle den Dreck .
Und bevor ich zu den Bildern kommt noch eine Sache: Mitunter wird es als provinziell angesehen, dass am Sonntag in Cottbus die Straßenbahnen erst Mittags aus dem Depot ausrücken. Fakt ist aber auch, dass ohne diesen Umstand ein solcher Korso mit 12 Straßenbahnen, etwa 30 Bussen und zahlreichen Oldtimern gar nicht erst möglich gewesen wäre.
Bis auf die ersten beiden Wagen, die einer Band, geladenen Gästen und Sponsoren zugedacht waren, konnten alle anderen Busse und Straßenbahnen von den Cottbusern und ihren Gästen genutzt werden. Dass zwischenzeitlich kein Ein- und Ausstieg möglich war, lag einfach daran, dass der Korso zusammengehalten werden musste. Das war zwar den Leuten schwer zu vermitteln, es ging aber nicht anders.


Eröffnungswagen war natürlich der älteste Wagen, Wagen 29 aus Gera.




Die Startaufstellung reichte vom Berliner Platz über die Friedrich-Ebert-Straße bis in die Karlstraße. Die ist hier natürlich nicht mehr zu sehen .


Der Cottbuser Postkutscher geht fremd und fährt mit der Straßenbahn. Ist zwar im Schatten schlecht zu erkennen, aber der im blauen Wrack mit rotem Saum auf dem Wagen 29 ist es. Er verteilte fleißig eine Art Gurkenschnapps ... na wer's mag. Während sich ein Linienbus durchkämpft und wieder einige Dutzende Zuschauer brachte.


Hier ist zu sehen, dass die Cottbuser sehr diszipliniert sein können und den nötigen Raum lassen.


Genau das selbe auch hier.


Naja, und das Gegenteil in die andere Blickrichtung ...


Ja, es war leider nicht so schönes Wetter wie am Vortag, halt bewölkt mit nur einigen wenigen Wolkenlücken. Fast zu dunkel für meine Digiknippse, die dann immer gerne die Farben ein wenig übertreibt ...


HTW 24 bei der Einfahrt in den eingleisigen Abschnitt in Sandow, wo die Fahrzeuge gruppenweise durchgeschleust wurden. Schade, dass man so schlecht erkennt, was die Kollegen von der Bahn aus mir für lustige Zeichen geben ...


... hier auch wieder


Hier wieder der Brandenburger ET54. Wo ich es auf dem Bild gerade sehe: vielen Dank auch an Freund und Helfer, die den Korso so gut als möglich absicherten.


Endlich auch mal der Cottbuser Zweirichtungs-ET, der ist mir am Sonnabend (für die Auswärtigen: das ist der Samstag ) irgendwie durch den Lappen gegangen.


Da für die Busse das Rasengleis nicht wirklich geeignet ist, folgten diese auf der begleitenden Straße. Auch wenn ich zu diesen wieder nicht viel sagen kann, sah es aber schon sehr urig aus.


Büssing U9 (vorne) gegen Tatra KT4D (hinten). Die Busse fuhren eine Schleife durch Sandow, brauchten also nicht auf die von der Endstelle zurückkehrenden Bahnen warten. Die Busse sammelten sich dann an anderer Stelle und setzten ab der Sandower Spreebrücke wieder hinter den Straßenbahnen ein.


Der Darmstädter ST13 und der Erfurter Combino fuhren als letzte nach Sandow.


Jetzt an ganz anderer Stelle in Cottbus, in der Thiemstraße kurz nach der Lutherkirche, hatte sich der Korso leider schon sehr weit auseinandergezogen, nachdem es an der Stadthalle zu Verzögerungen wegen dem Fahrgastwechsel bei einzelnen Wagen kam. Wie man aber sieht, ist es an dieser Stelle auch schlecht möglich, das Ganze wieder zu stauchen, es kann ja nicht die ganze Stadt lahmgelegt werden.


Ein wenig Überlandcharakter hat die Wendeschleife in Sachsendorf. Zunächst wieder der Geraer Wagen 29.


Knapp links im Bild noch der Sendeturm der Telekom in Cottbus-Madlow.


Es ist geschafft, die Ersten treffen wieder an der Stadthalle ein. Ich habe noch mal einiges abgelichtet, was da vorbei kam. Nicht alles, aber ich stelle es mal nahezu kommentarlos hier ein.












Hier besagter IFA-Anhängerzug, der ja deutlich älter ist.




Irgendwie ist auch noch ein Linienbus dazwischen gerutscht .








Fazit

Bleibt noch eine kurze Zusammenfassung: bis auf einige wenige Kleinigkeiten lief das Wochenende erstaunlich reibungslos ab. Es wurde den Cottbusern und Nahverkehrinterssierten sehr viel und vor allem Interessantes geboten. Der Erfolg zeigt sich nicht nur in den reinen Besucherzahlen, sondern auch in den Gesprächen, die man so links und rechts des Trubels vernehmen konnte. Auch um die Zukunft der Cottbuser Straßenbahn ist mir nicht bange, sollte die Oberbürgermeisterin tatsächlich ernst machen wollen mit der Überlegung die Bahnen durch Busse zu ersetzen, dann ist ihr der Zorn der Cottbuser sicher - oder wie es in einem Gespräch alter Cottbuser zu hören war: "Dann brennen hier aber Barrikaden" .

Wer Anmerkungen, Anregungen oder Fragen hat, kann sich bei mir gerne per Mail (webmaster@stefan-loewe.de) melden.

Sämtliche Verwertungrechte für die Fotos und den Text liegen bei mir, aber das versteht sich ja von selbst.