Niedergelassene verdienen kaum mehr als Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus

14 November, 2022 - 07:02
Bianca Freitag
Niedergelassene Hausärztin mit ihrem Praxisteam

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte verdienen offenbar doch nicht deutlich mehr als ihre nach Tarif bezahlten Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus. Das ergab kürzlich eine Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).

335.000 Euro – das ist die Summe der Gesamteinnahmen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte aus der Praxistätigkeit im Jahr 2020, berichtet das Zi. Davon machen 78 Prozent (261.000 Euro) den Anteil der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Aufwendungen für den Praxisbetrieb lagen bei 162.000 Euro, wobei hiervon 56 Prozent (90.000 Euro) für Personalgehälter entfielen. Bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 45 Stunden ergab sich laut Zi ein geschätzter Jahresüberschuss von 172.000 Euro für Praxisinhaberinnen und -inhaber.

Privat Versicherte mit eingerechnet

Aber dabei handelt es sich nicht um das Nettogehalt, dass den Medizinerinnen und Medizinern zur Verfügung steht. Denn auf der einen Seite müssen sie von diesem Überschuss alle wirtschaftlichen Risiken aus dem Praxisbetrieb stemmen, beispielsweise Lohnerhöhungen, Investitionen oder steigende Energie- und Betriebskosten. Auf der anderen Seite gibt es noch Abzüge in Form von Steuern, Altersvorsorge und Kranken- und Pflegeversicherung. Diese machen etwa 87.000 Euro aus, sodass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 86.000 Euro rechnen können.

In diese Summen sind auch die Einnahmen aus der Behandlung privat versicherter Patientinnen und Patienten eingerechnet. Nimmt man sie heraus, reduziert sich laut Zi der durchschnittliche Jahresüberschuss auf 137.000 Euro und das verfügbare Nettoeinkommen im Jahr auf 61.000 Euro. Daraus ergibt sich ein Einkommen von 24 Euro pro Stunde bezogen auf die Praxistätigkeit allein für die gesetzliche Krankenversicherung.

Nur wenige hundert Euro mehr

„Die gesetzliche Krankenversicherung ist die wichtigste Einnahmequelle der Praxen“, sagt Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zi. Die Bedingungen für die selbstständige Niederlassung von Seiten der Krankenkassen seien aber meist nicht attraktiv. Verglichen mit der Arbeitszeit eines nach Tarif bezahlten Oberarztes mit mindestens dreijähriger Tätigkeit bedeute das nur ein Plus von wenigen hundert Euro pro Jahr. Dafür müssten Praxisinhaberinnen und -inhaber allerdings das organisatorische, rechtliche und ökonomische Risiko des Praxisbetriebs tragen. „Würden die Praxen auf Einnahmen der privat Versicherten verzichten müssen, wäre eine vergleichbar qualifizierte angestellte Tätigkeit im Krankenhaus finanziell attraktiver als die Niederlassung. Unter den Bedingungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes greifen weitere Einschnitte für die Niedergelassenen. Dies muss sich ändern. Wer ein widerstandsfähiges und leistungsfähiges Gesundheitswesen will, muss die selbständige Tätigkeit in den Praxen fördern“, so von Stillfried weiter.

Durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz gibt es künftig keine finanzielle Förderung für die Behandlung von Neupatientinnen und -patienten mehr. Stattdessen sollen künftig Behandlungen gefördert werden, wenn die dafür notwendigen Termine durch Vermittlung der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder durch Vermittlung des Hausarztes schnell zustande kommen. Durch diese Änderung soll es zu Einsparungen von etwa 400 Millionen Euro kommen. Für die Beratungen hatten Vertreterinnen und Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums fälschlicherweise ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 200.000 Euro für Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Vertragspsychotherapeutinnen und -therapeuten angegeben.

Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland

 

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