Nachgewürzt

Wolfgang Fassbender

Neue Regeln

Videokonferenzen und ewig lange Computerarbeiten im Café? Bitte nicht!

Wolfgang Fassbender Nachgewürzt
Immer mehr Cafés reglementieren das Arbeiten am Computer. (Bild: Getty Images)

Immer mehr Cafés reglementieren das Arbeiten am Computer. (Bild: Getty Images)

Wer einen Restaurant- oder Cafébesuch mit einer Bürostunde verwechselt, tut sich selbst keinen Gefallen und macht den Gastronomen Ärger. Warum immer mehr Betriebe zu Recht den Laptop am Tisch verbieten.

Ich hatte Hunger, Lust auf Kaffee und eine passende Lokalität vor Augen. Kurz nach 15 Uhr war es, also mitnichten eine Zeit im üblichen Lunch- und Dinnerbetrieb. Warum also nicht einen Cappuccino bestellen, ein Stück Kuchen nehmen und schnell mal die Mails checken? In dem Café nahe dem Berliner Bahnhof Friedrichstrasse entdeckte ich allerdings bei der Bestellung ein Schild neben der Kasse: Keine Laptops!

Um genau zu sein, waren die mobilen Computer nur an einem grossen Tisch im hinteren Teil des Cafés zugelassen. Leider war selbiger schon belegt von zwei jungen Frauen, die eifrig mit ihren Computern beschäftigt waren. Sich dazuzuquetschen, wäre aufdringlich gewesen. Weil ich wohl ein bisschen enttäuscht geschaut haben muss, als ich das Schild sah, rief der diensthabende Barista mir zu, dass ich auch an einem anderen Platz meinen Computer hervornehmen könne. Ausnahmsweise.

Kunden mit Computer und geringer Konsumation sind oft ein Problem

Vielleicht hatte man mir angesehen, dass ich kein Local war, der den gesamten Nachmittag tippend und scrollend verbringen wollte, sondern ein aus der Ferne kommender Gast, der nicht allzu lang zu bleiben gedachte. Bei den – offensichtlich zunehmenden – Bitten von Gastronomen, auf Laptops und ähnliche Accessoires zu verzichten, geht es nicht um eine Schikanierung der Gäste oder darum, dass Wirte grundsätzliche Probleme mit moderner Technik haben.

Vielmehr trägt, wer zwei oder mehr Stunden einen Tisch blockiert, um zu arbeiten, in dieser Zeit aber lediglich einen Cappuccino trinkt, zuverlässig dazu bei, den Betrieb in die Pleite zu führen. Genau da könnte man allerdings, will man als Gastronom kein Verbot aussprechen, einhaken. Warum nicht einfach eine Mindestkonsumation zur Pflicht machen? Zehn Franken pro Stunde – sonst: Auf Wiedersehen.

Sollten Cafés eine Mindestkonsumation einführen? (Bild: Getty Images)

Sollten Cafés eine Mindestkonsumation einführen? (Bild: Getty Images)

Computerarbeiten nur zu bestimmten Zeiten

Wer die Café-Regeln nicht akzeptiert, kann ja gleich dort Zuflucht suchen, wo man so viel Platz hat, dass die Laptop-Arbeiter nicht zur Last werden – oder wo man sich auf Co-Working-Space spezialisiert hat. Denkbar wäre auch, das Computeraufklappen lediglich zu bestimmten Zeiten zu erlauben – weder an umsatzstarken Wochenenden noch zu den Hauptmahlzeiten. Die Installation oder Nichtinstallation von Steckdosen kann zur Steuerung der Nachfrage eingesetzt werden. Komplett verabschieden sollte man sich von jenen Hartnäckigen, die am Tisch Videokonferenzen abhalten, auf dass die halbe Belegschaft mithört.

Gibt es tatsächlich ein Verbot, dann sollte man es gut begründen, ausreichend kommunizieren und sich darauf gefasst machen, dass hier und dort ein Shitstorm über das Café hereinbrechen kann. Nicht in jedem Fall reagieren Gäste verständnisvoll, wenn sie ihren gewohnten Zweitarbeitsplatz einbüssen.

Ist im Café die Sache mit dem Notebook prinzipiell unentschieden, wird es im Restaurant eindeutig. Als Faustregel sollte gelten, dass alles, was sich aufklappen lässt und elektronisch funktioniert, in der Speisegastronomie tabu ist. Jedenfalls dann, wenn es sich um einen Betrieb handelt, in dem man nicht in erster Linie zur Nahrungsaufnahme, sondern zum Geniessen erscheint; bei McDonald’s oder KFC sollte die Gleichzeitigkeit von Arbeit und Pommes-frites-Verzehr dagegen kein Problem darstellen.

Computer weglegen, ein Buch lesen oder einfach entspannen

Die vermeintliche Selbstverständlichkeit scheint indes keine zu sein, denn auch manch etablierter Gastronom hat bereits ein offizielles Laptop-Verbot verkündet. Die Zürcher «Kronenhalle» etwa weist in ihrem ausführlichen Regelwerk darauf hin, dass Laptops nicht erwünscht seien und die Nutzung von Tablets auf ein Minimum zu beschränken sei.

Wie man dieses Minimum definiert und ob eine mitgebrachte, immer wieder neu gefaltete Zeitung nicht mehr stören kann als die Lektüre selbiger auf dem Bildschirm, darüber kann man tatsächlich diskutieren.

Doch unzweifelhaft erlaubt die Zeitung am Tisch, die auch ich als Einzelreisender gern lese, mehr Entspannung als das Starren auf Bildschirme. Weshalb man überlegen sollte, das Handy wegzulegen zwischen Vorspeise und Dessert. Ja, ich weiss: Dann lassen sich keine Fotos vom Essen mehr machen. Aber das ist auch für notorische Instagrammer dann und wann zu verschmerzen.