Knapp zehn Jahre ist es her, als die singende Herrentorte mit Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm zuletzt seine Fans auf der Großen Leinwand erfreute, während alle anderen die Hände über dem Kopf zusammenschlugen. Die Rede ist von niemand anderem als dem umstrittenen Multitalent Helge Schneider. Im Jahr 1994 ließ er seine Kunstfigur Kommissar 00 Schneider erstmals in einem eigenen Kinofilm auf die Menschheit los, nachdem der Kommissar bereits in dem Vorgängerfilm Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem in einer kleinen Nebenrolle zu sehen war. Und nun, nach zwanzig Jahren, kehrt der Kommissar zurück, um sich abermals einem fiesen Verbrecher entgegenzustellen. Finanziert mit Mitteln aus der Film- und Medienstiftung NRW wurde der Film in Schneiders Heimatstadt Mühlheim an der Ruhr und in Spanien gedreht – was allerdings ebenfalls als Mühlheim ausgegeben wird.
Story
Eigentlich will der Kommissar Roy Schneider (H.Schneider) sich ja zur Ruhe setzen und seine Memoiren schreiben, aber in seinem Revier ist einfach viel zu viel los. Gerade eben noch hat er ein Sexferkel, das gerne Frauen an den Popo fasst, als „leichtes Mädchen“ getarnt dingfest gemacht, da wird auch schon eine Zigarettenschachtel geklaut! Geht gar nicht, immerhin ist der Diebstahl von Zigaretten eines der verruchtesten und verdammenswertesten Delikte der Welt. Schneider ahnt nicht, dass hinter dem Überfall der hinterhältige Jean-Claude Pillemann (R. Schamoni) steckt. Ein entflohener Schwerverbrecher, der den Namen „Die Eidechse“ trägt und seine Opfer mit einer ätzenden Flüssigkeit bespuckt. Zu allem Überfluss hat sich auch noch Schneiders Tante aus Amerika (T. Glenn Jr.) bei ihm einquartiert, obwohl der Kommissar gar nicht wusste, dass er überhaupt eine Tante in Amerika hat.
Anfangs präsentiert das Ausnahmetalent Schneider seinem Publikum noch Bilder, die nicht typisch für ihn sind. Langsame Schnitte, Nahaufnahmen und zahlreiche Anspielungen auf Genreklassiker des Kriminalfilms. Lediglich die typische Musik erinnert daran, wessen Geistes Kind hier läuft. Schon bald sieht man in Schattenspielen, wie der Kommissar auf dem Klosett hockt, und alle Hoffnungen einen anständigen Film zu schauen sind dahin. Klar, wer hier etwas Anständiges erwartet, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Helge ist Helge, und daran gibt es nichts zu rütteln. Der Name Schneider steht für Nonsens auf allerhöchstem – oder niedrigstem – Niveau. Und so kann es auch kaum verwundern, dass dieser Film die Lager spalten wird, wie auch schon die vorherigen Werke des Mühlheimers. Der Kommissar hat eine ganze Handvoll Fälle zu lösen, wobei er auch gerne einen Ausflug zu den Klippen macht und das Meer betrachtet. Kein Problem, immerhin liegt Mülheim am Meer. Wussten Sie das etwa nicht?
Dabei nimmt Schneider sich zahlreiche Genreklassiker vor und parodiert sie gleichermaßen, wie er sich vor ihnen verneigt. Haufenweise Zitate, Kameraeinstellungen und Schwenks erinnern an die großen Klassiker des Kriminalfilms. Dazwischen gibt es stets irgendwelchen Unsinn zu sehen, wie er für Schneiderfilme typisch ist und auch nur hier funktionieren kann. Eben noch in Mülheim, jetzt schon auf irgendeiner Wüstenstraße und hinter der nächsten Abbiegung steht der Verkehrspolizist auf seiner Tonne. So etwas lässt man wirklich nur Schneider ungestraft durchgehen. Indessen ist Helges Kommissar deutlich reifer geworden. So fällt beispielsweise auf, dass Schneider fast vollständig auf seine typische Bühnen- und Filmstimmlage verzichtet und eher natürlich spricht. Allerdings ist Helge immer noch Helge. Eine Gratwanderung zwischen Genie und Wahnsinn. Nein, von „Gut“ kann in diesem Zusammenhang sicherlich keine Rede sein. Helge Schneider hat den schlechten Geschmack für sich gepachtet und zur Kunstform stilisiert. Dabei ist ihm keine Zote zu armselig, kein Gag zu dumm und keine Idee zu abstrakt. Allein wer den Meister kennt, der weiß, dass ihn genau diese Art von Film erwartet. Dass für diesen Film ein Drehbuch vorlag, darf stark bezweifelt werden und auch der Großteil der Darsteller hat keinerlei Erfahrung vor der Kamera oder sie verstehen es vortrefflich, eine etwaige Schauspielausbildung zu kaschieren. Dazu noch ein Auftritt der amerikanischen Beatboxerin Butterscotch als Taxifahrerin - allerdings ebenfalls ohne jedweden Sinn. Aber wer hätte hier auch etwas anderes erwartet? Helge selbst spielt neben dem Kommissar auch noch den Zahnarzt Doktor Ferkelfuss und den aus anderen Filmen bekannten Professor Henry, der hier den Elefantenmann „behandelt“. Ein Sammelsurium an Kuriositäten, wobei man in diesem Zusammenhang großspurig von Kunst sprechen kann. Wenn man möchte.
Bildqualität
- hervorragende Schärfe mit hoher Detailsichtbarkeit, vor allem im Nahbereich
- natürliche, kräftige Farben
- tiefer, satter Schwarzwert
- allgegenwärtiges, in dunklen Szenen stärker sichtbares Bildrauschen
Tonqualität
- Dialoge hervorragend verständlich
- selbst dezenteste Nebengeräusche noch klar und deutlich zu vernehmen
- Blues/Jazz Sounduntermalung verteilt sich wunderbar auf alle Kanäle
Ausstattung
- Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte
- Making Of (35:01 Minuten)
- verpatzte und nicht verwendete Szenen(18:07 Minuten)
- selbstinterview von und mit Helge Schneider (6:42 Minuten)
- Kinotrailer
Fazit
Bild und Ton sind mehr als angemessen und überraschen, angesichts der Qualität der Vorgängerfilme, auf ganzer Linie. Das leichte Filmkorn verkommt leider allzu oft zu unansehnlichem Rauschen, vermittelt damit aber den gewollten Look der 1970er. Klangtechnisch wird ebenfalls einiges geboten, allerdings eher auf subtiler Ebene. Auch das Bonusmaterial, wenn auch ohne großen Informationswert, wird Fans durchaus zufriedenstellen. Der Film als solcher spaltet natürlich die Gemüter. Fans der singenden Herrentorte kommen voll auf ihre Kosten und können sich an den Absurditäten kaum satt sehen – obschon der Film deutlich ernstere Töne anschlägt als die früheren Werke des Mühlheimers. Ganz klar ein echter Schneider ohne Ecken und Kanten. (ms)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Panasonic TX-L42ETW60
BDP: Samsung BD-P 1580
Boxen: Samsung HT-E4500, 5.1 3D-Dolby Surround System