Subsumieren. Auf einen flüchtigen Blick erweckt das Wort den Eindruck, als bilde sich unterhalb von etwas eine Summe. Kein Wunder, dass der eine oder die andere fälschlicherweise »subsummiert«. Noch dazu lässt sich das Wort auf das lateinische subsumere zurückführen, was für »zusammenfassen, unterordnen, einordnen« steht. Um eine Summe zu bilden, zählen wir Terme zusammen, und dieses Zusammenzählen kommt dem Zusammenfassen schon recht nah, oder? Noch näher kommt es jedoch nicht heran, denn die Bedeutungen »unterordnen« und »einordnen« harmonieren weniger mit der Summe. Wenn wir subsumieren, ordnen wir das Besondere dem Allgemeinen unter. Zum Beispiel ordnen wir die Königskobra den Giftnattern unter; die Giftnattern den Reptilien; die Reptilien den Wirbeltieren; die Wirbeltiere den vielzelligen Tieren; die vielzelligen Tiere (im weitesten Sinne) der Erde; die Erde unserem Sonnensystem; unser Sonnensystem der Milchstraße; die Milchstraße dem Virgo-Galaxienhaufen; den Virgo-Galaxienhaufen dem Universum. Und das Universum? Keinen Schimmer, das ist mir zu hoch! Wenden wir uns wieder der Sprache zu. Offensichtlich subsumieren wir, sobald wir etwas unter einem Oberbegriff zusammenfassen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass wir »subsummieren« den Rechtschreibfehlern subsumieren. Außerdem ist spätestens jetzt klar, warum wir mit der Summe auf der falschen Fährte waren, denn Sprache und Mathematik sind grundverschieden. Sie lassen sich einander nicht unterordnen. Indessen können wir sie durchaus den Phänomenen des Universums subsumieren, nicht wahr?
Im Jurastudium wird das schnell zum Unwort eines jeden Semesters. Bis zum ersten Staatsexamen ist es nämlich deine Hauptaufgabe, all die wunderbaren Rechtsnormen auf teils grauenvoll an den Haaren herbeigezogene "Lebenssachverhalte" anzuwenden. Die Subsumtionstechnik im sogenannten Gutachtenstil (gibt die genaue Prüfungsreihenfolge und Formulierungsart vor, die niemals "Weil-Sätze" aus dem Urteilsstil enthalten darf) ist die Horrorfigur aller Jurastudenten. Daher wirst du mich nicht dabei erwischen, dass ich das Wort jemals freiwillig in einem anderen Zusammenhang verwende.😅
Spannend, Christian Gaschler! Ich würde das in der deutschen Sprache aber auch als eher formalen Ausdruck einordnen – oder vielleicht lese ich nur die falschen Texte? Das englische "to subsume" ist mir geläufiger.
Also bevor ich das Universum subsumiere, braucht man Hirn glaube ich erst mal eine Extraportion Supplemente😁 Christian Gaschler Noch Helau und ahoi Grüße aus Mannheim 🥳
Sehr schön aufbereitet, Christian Gaschler! Ich hab es neulich erst nachgeschlagen.💡
Let me tell you a story... | Content-Manager, Geschichtenerzähler vom Dienst, Craft-Met-Brauer.
2 MonateSubsumieren lässt sich das Universum dementsprechend nur hypothetisch, etwa im Zuge einer Religion oder der Multiversums-Theorie (die sich, nach meinem Wissen, aus bestimmten Aspekten von Quantentheorie zwingend ergibt). Da wir aber aus naheliegenden Gründen keine Möglichkeit haben, etwas außerhalb unseres Universums zu beobachten (so spannend das im Rahmen von Science-Fiction auch ist), muss das hypothetisch bleiben. Dementsprechend könnte man sagen, jenseits von Gedankenexperimenten lässt sich das Universum nicht subsumieren, aber wir können mit ausreichend langen Gedankenketten alles dem Universum subsumieren.