Die italienische Aktiengesellschaft (Teil 2): Aktien, Übertragung, Pfand, Nießbrauch und Sequestration. Geschäfte der s.p.a. mit eigenen Aktien.

I. Begriffsbestimmung


1. Begriff der Aktie


Die Aktie (azione) vermittelt die Beteiligung an der italienischen Aktiengesellschaft (società per azioni, kurz s.p.a.). Sie bildet gleichzeitig einen Bruchteil des Grundkapitals (frazioni del capitale sociale) ab und attestiert die Aktionärseigenschaft des jeweiligen Inhabers. Das Grundkapital der s.p.a. wird in Aktien zerlegt, die den Inbegriff sämtlicher Rechte und Pflichten an der Gesellschaft darstellen. Zu unterscheiden sind hierbei Nennbetragsaktien, die das Grundkapital in Aktien mit gleichem Nennwert einteilen, und Stückaktien, die gleichmäßig am Grundkapital beteiligt sind.

Die s.p.a. kann Aktien unterschiedlicher Gattung ausgeben (categorie di azioni), wobei die Aktien innerhalb jeder Gattung wiederum gleich sein müssen. Eine Gattung bilden Aktien, die die gleichen Rechte gewähren und die gleichen Pflichten begründen, mithin die gleichen Mitgliedschaftsrechte und gleichen Mitgliedschaftspflichten vermitteln.

Der Aktionär hat das Recht auf die Verbriefung seiner Aktien, mithin seiner Mitgliedschaftsrechte, in ein Wertpapier (certificato azionario). Durch die Reform im Jahre 2003 wurde zudem die Möglichkeit geschaffen, entmaterialisierte Aktien auszugeben und mithin vom Anspruch auf Verbriefung der Anteile abzusehen (azioni dematerializzate). Auch kann dieser Anspruch durch den Gesellschaftsvertrag (atto costituivo) ausgeschlossen werden. Die Ausgabe der Aktien ist ein zwingender Vorgang und wird im Gesellschafterbuch (libro die soci) verzeichnet.

Die Aktien haben eine doppelte Funktion:

  • Sie legitimieren den Inhaber zur Ausübung der Mitgliedschaftsrechte (funzione di legittimazione).
  • Sie ermöglichen die Übertragung der Aktionärseigenschaft auf den Erwerber der Aktie (funzione di trasferimento).

Ferner sind Aktien unteilbar (Art. 2347 c.c.), innerhalb einer Gattung zwingend gleichwertig und vermitteln die gleichen Rechte (Art. 2348 c.c.). Jeder Gesellschafter erhält eine Anzahl von Aktien im Verhältnis zu seiner Beteiligung am Grundkapital. Der Wert dieser Aktien darf die Einlage nicht übersteigen. Im Übrigen darf der Wert der Einlagen die Summe des Grundkapitals nicht unterschreiten. Im Falle einer Rechtsgemeinschaft an einer Aktie (comunione) übt ein gemeinschaftlicher Vertreter (rappresentante comune) die Rechte aus der Aktie für die mehreren Beteiligten gemeinschaftlich aus.

Im Zuge der Reform im Jahre 2003 wurde der s.p.a. die Möglichkeit eingeräumt, Aktien ohne Nennbetrag auszugeben, zuvor war die Angabe des Nennbetrags zwingend. Es ist allerdings nicht zulässig, gleichzeitig Aktien mit und ohne Nennbetrag auszugeben.

Die Anzahl der ausgegebenen Aktien, die Namen der Inhaber, die Übertragung der Anteile sowie der Summe der erbrachten Einlagen ist im libro dei soci aufgeführt.

2. Inhalt


Nach Art. 2354 c.c. muss jede Aktie folgende Informationen angeben:

  • die Firma, den Sitz und die Zeitdauer der Gesellschaft;
  • das Datum des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages (atto costitutivo), der Eintragung ins Handelsregister und der Behörde, bei welcher die Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen ist;
  • den Nennbetrag der Aktie oder, soweit es sich um Aktien ohne Nennbetrag handelt, die Gesamtzahl der ausgegebenen Aktien, sowie das Grundkapital;
  • die Summe der anteiligen Einzahlung auf den Wert nicht befreiter Aktien;
  • die besonderen Rechte und Pflichten, die die Aktie vermittelt.

Die Aktien sind von dem jeweiligen Verwaltungsorgan zu unterzeichnen. Die Nichtbeachtung dieses zwingenden Erfordernisses hat die Nichtigkeit der Aktie zur Folge.

3. Rechte


Ausgehend davon, dass die Aktien die Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft vermitteln, sind sie in ihrer Gesamtheit eine Art Maßeinheit der Gesellschaftsrechte (unità di misura dei diritti sociali).

Der Umfang der Rechte und Pflichten richtet sich grundsätzlich nach der Höhe der Kapitalbeteiligung des Aktionärs. Denkbar sind Rechte, die einem oder mehreren Aktionären auf Grund der Quote ihrer Kapitalbeteiligung, ausgedrückt durch die Anzahl der Aktien, zufallen.

Hierunter fällt beispielsweise das Recht die Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen (diritto di chiedere la convocazione dell'assemblea). Diese Rechte erhöhen sich proportional zur Kapitalbeteiligung an der s.p.a. und sind daher messbar. Auch gehört hierzu das Stimmrecht (diritto di voto). In einer s.p.a. wird das Stimmrecht nach der Höhe der Aktiennennbeträge oder der Zahl der Aktien repräsentiert, nicht durch die Mehrheit der Gesellschafter.

Hiervon zu unterscheiden sind solche Rechte, die alleine durch die Inhaberschaft einer Aktie entstehen, wie die Teilhabe am Gesellschaftsvermögen (diritti patrimoniali). Ferner gehören hierzu auch Rechte, die mit dem Erwerb der Aktie einmalig entstehen, so die Einsichtnahme in das Versammlungsbuch (diritto di prendere visione del libro delle adunanze assembleari).

Weiterhin gibt es Aktien, die Rechte abhängig von ihrem Wert vermitteln und deshalb nur bei Entscheidungen von gewisser Bedeutung anerkannt sind (partecipazioni di grande entità). In diesem Falle haben Aktionäre, die derartige Aktien besitzen u.a. das Recht, die Beschlüsse der Hauptversammlung anzufechten (diritto di impugnare le delibere assembleari).

Von grundsätzlicher Bedeutung sind die Gesellschafterrechte, sowie das Stimmrecht. Die Gesellschafterrechte sind als Teilhaberechte an der Gesellschaftsverwaltung (poteri di natura amministrativa) und am Gesellschaftskapital (poteri di natura patrimoniale) ausgestaltet. Das Stimmrecht (diritto di voto) wird nach Aktiennennbeträgen, bei Stückaktien nach deren Zahl ausgeübt. Jeder Aktionär, unabhängig von der Quote seines Kapitaleinsatzes, stimmt mit seiner gesamten Stimmkraft einheitlich (manifestazione unilaterale di volontà).

Das Gesetz sieht für einige Fälle den Ausschluss oder die Beschränkung des Stimmrechts aus, beispielsweise wenn sich der Aktionär mit der Leistung seiner Einlage in Verzug befindet oder ein Interessenskonflikt des Aktionärs mit denen der Gesellschaft zu befürchten ist.

4. Aktien besonderer Gattung


Gemäß Art. 2348 Abs. 1 c.c. müssen die ausgegebenen Aktien von gleichem Wert sein und die gleichen Rechte vermitteln. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht absolut, sondern nur relativ innerhalb einer Aktiengattung. Abs. 2 erlaubt hingegen die Ausgabe unterschiedlicher Gattungen im Hinblick auf die durch die Aktien vermittelten Mitgliedschaftsrechte und -pflichten.

Zu unterscheiden sind insbesondere folgende Gattungen:

  • azioni priveligiate: Diese Aktiengattung vermittelt ein Vorzugsrecht bei der Gewinnverteilung oder Rückzahlung des Gesellschaftskapitals im Zeitpunkt der Liquidation der Gesellschaft.
  • azioni di risparmio: Sie dienen in erster Linie der Investition an der Börse. Vergleichbar mit einer Vorzugsaktie nach deutschem Recht vermitteln die azioni di risparmio keine Stimmrechte, jedoch das Recht auf eine bevorzugte Dividende.
  • azioni di godimento: Derartige Aktien ersetzen die bisher ausgegebenen Aktien für den Fall, dass das Gesellschaftskapital reduziert wird und vermitteln kein Stimmrecht.
  • azioni a favore die prestatori di lavoro: Hierbei wird der Gewinn der s.p.a. nicht ausgeschüttet, sondern durch Erhöhung des Grundkapitals als neue Aktien an die Mitarbeiter ausgegeben. Notwendig hierzu ist eine außerordentliche Hauptversammlung.
  • azioni con prestazioni accessorie: Inhaber dieser Aktiengattung haben sich zunächst verpflichtet, eine Leistung zu erbringen, die keine Geldleistung sein darf. Mithin fällt hierunter auch nicht die Einlage in das Grundkapital. Als Kompensation für diese Verpflichtung erhalten die Inhaber azioni con prestazioni accessorie.
  • azioni correlate: Hierbei hängen die Dividendenrechte nicht von den Geschäftsergebnissen der Gesellschaft, sondern eines bestimmten Geschäftsbereichs innerhalb derselben ab.
  • azioni riscattabili: Diese rückerwerbbaren Aktien sind dadurch gekennzeichnet, dass der Rückerwerb durch die Gesellschaft oder einzelne Aktionäre bereits bei der Ausgabe der Aktien festgelegt ist und nur noch von der Ausübung eines Optionsrechts abhängt.

II. Übertragung der Aktien


1. Übertragung


Die rechtsgeschäftliche Übertragung von Aktien erfolgt nach unterschiedlichen Vorschriften. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt hierbei ist zunächst die Frage, ob es sich um entmaterialisierte oder verbriefte Aktien handelt. Letztere werden in Inhaberaktien (azioni al portatore) und Namensaktien (azioni nominative) unterschieden.

Entmaterialisierte Aktien sind für diejenigen Gesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt werden (società con azioni quotate in mercati regolamenti) zwingend, für die übrigen mit D.Lgs. 27/2012 fakultativ. Hierbei werden die Aktien in einem gesonderten System für Finanzinstrumente gehandelt.

Verbriefte Aktien hingegen zirkulieren als Namens- oder Inhaberaktien. Namensaktien sind Urkunden, in denen die Mitgliedschaft des mit Namen benannten Aktionärs verbrieft werden, während die Legitimationswirkung der Inhaberaktie auf deren Besitz beruht.

Bei der Übertragung wirkt sich diese Unterscheidung wie folgt aus:

  • Die Übertragung von Inhaberaktien (azioni al portatore) wird durch die Übergabe der Urkunde (consegna materiale) bewirkt. Der neue Inhaber wird durch die Vorlage der Urkunde bei der s.p.a. als Aktionär legitimiert.
  • Die der Namensaktie (azioni nominative) kann auf zwei unterschiedliche Weisen (girata o transfert) erfolgen, wobei die Eintragung in das Gesellschafterbuch beiden gemeinsam ist (doppia intestazione sul titolo e sul libro dei soci). Die Übertragung kann durch eine Abtretung der Mitgliedschaftsrechte des bisherigen Inhabers an den Erwerber erfolgen, wobei die Abtretung notariell beurkundet werden muss (transfert). Anschließend wird der Erwerber in das Gesellschaftsbuch und auf der Urkunde eingetragen. Alternativ kann eine neue Urkunde ausgestellt werden. Mit Abschluss des transfert erlangt der Erwerber die Stellung des Aktionärs. Der Erwerb kann ferner durch die Übergabe der Urkunde selbst erfolgen (girata), wobei dies zunächst nur zwischen den Parteien wirkt. Erst mit der Eintragung in das Gesellschaftsbuch wird der Erwerb vollendet und der neue Inhaber Aktionär. Der Vorteil dieses Erwerbs liegt darin, dass nicht bei jeder Übergabe zugleich der Inhaber in das Gesellschaftsbuch eingetragen werden muss. Ist vielmehr ein Kettenerwerb intendiert, steht es den Parteien offen, lediglich den letzten Erwerber eintragen zu lassen.

2. Beschränkungen


Die Aktie ist ihrer Natur nach eine frei übertragbare Urkunde. Dennoch kann die Übertragbarkeit einigen Beschränkungen, gesetzlicher oder vertraglicher Art unterliegen.

Gesetzliche Beschränkungen (limiti legali) sind im italienischen Zivilgesetzbuch abschließend geregelt. Aktien dürfen demnach beispielsweise nicht ausgegeben werden, bevor die s.p.a. in das Handelsregister eingetragen ist oder die abschließende Bewertung der Sacheinlagen stattgefunden hat.

Vertragliche Beschränkungen können sich aus der Satzung (limitazioni statuarie) oder dem Gesellschaftsvertrag bzw. vertraglichen Nebenabreden wie den contratti parasociali ergeben (limiti convenzionali).

Limitazione statuarie bewirken die Abhängigkeit der Übertragung von gewissen Bedingungen oder verbieten die Übertragung gänzlich für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren nach Gründungsakt. Diese Beschränkungen können auch Dritten entgegengehalten werden, da sie der Publizität des Handelsregisters unterliegen (efficacia reale). Die Bedingungen können als Vorkaufsrecht der anderen Aktionäre (clausole di prelazione) oder als Eintrittsklauseln (clausole di gradimento) ausgestaltet sein. In letzterem Falle besteht ein Erwerbsrecht und damit ein Eintrittsrecht nur für den Fall, dass bestimmte Voraussetzungen in der Person des Erwerbers vorliegen oder die Zustimmung einzelner oder aller Verwaltungsorgane erteilt wurde.

Durch die limiti convenzionali kann die Übertragung der Aktien weiterhin vertraglich von den Aktionären frei geregelt werden. Diese contratti parasociali wirken jedoch nur relativ zwischen den Beteiligten, mit der Folge, dass ein gutgläubiger Erwerb möglich bleibt.

III. Pfand, Nießbrauch und Sequestration

Die Aktien können mit dinglichen Rechten (diritti reali), wie dem Pfand oder Nießbrauch, oder mit Sicherungsmitteln (misure cautelari), wie der Sequestration (sequestro), behaftet sein.

In Fällen, in welchen ein Pfandrecht oder der Nießbrauch zu Gunsten eines Dritten bestellt ist, verliert der Aktionär das Stimmrecht, sowie das Recht auf die Dividende. Diese Rechte kommen fortan dem Pfandgläubiger oder Nießbraucher zu. Der Schuldner behält jedoch weiterhin das Optionsrecht, welches jedoch durch den Pfandgläubiger oder Nießbraucher ausgeübt wird.

Die Sequestration bewirkt, dass sämtliche Mitgliedschaftsrechte, insbesondere auch das Stimmrecht, fortan dem Gläubiger zufallen.

IV. Geschäfte der s.p.a. mit eigenen Aktien


Im Recht der Kapitalgesellschaften gilt der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. Nach diesem muss der Gesellschaft als juristischer Person mit eigener Rechtspersönlichkeit das Grundkapital in bar oder auf andere geeignete Weise zur Verfügung gestellt und in der Gesellschaft belassen werden, um die Haftung der Gesellschafter auszuschließen. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung umschreibt das Prinzip der Kapitalaufbringung und -erhaltung. Um die Kapitalerhaltung zu gewährleisten, sind der s.p.a. bestimmte Geschäfte mit ihren eigenen Aktien nicht oder nur eingeschränkt möglich.

1. Zeichnung eigener Aktien


Die Zeichnung eigener Aktien (sottoscrizione di azioni proprie) ist verboten. Zeichnung ist jede Erklärung, die auf originären Erwerb eigener Aktien gerichtet ist. Das Verbot dient der realen Kapitalaufbringung. Der Nominalwert der Gesellschaft muss dem realen Grundkapital entsprechen. Die Transaktion bleibt im Falle eines Verstoßes wirksam. Durch eine Inhaltsänderung ex lege wird jedoch der zeichnende Aktionär Inhaber der Aktie, nicht die Gesellschaft selbst.

2. Der Erwerb eigener Aktien


Mit Ausnahme der gesetzlichen Tatbestände in Art. 2357-bis c.c., kann der Erwerb eigener Aktien (acquisto di azioni proprie) nur unter bestimmten Voraussetzungen im gesetzlichen Rahmen erfolgen.

Demnach ist ein Erwerb eigener Aktien nur zulässig, wenn:

  • das hierfür notwendige Kapital aus den freiwilligen Kapitalrücklagen oder dem Überschuss entnommen wird;
  • ausnahmslos befreite Aktien, deren Einlage vollständig erbracht wurde, erworben werden;
  • der Erwerb durch den Beschluss der Hauptversammlung, der Aussagen über die Höhe der zu erwerbenden Aktien und der Gegenleistung, sowie der Dauer des Geschäfts enthält, gedeckt ist; und
  • die erworbenen Aktien im Falle einer böresennotierten s.p.a. ein Fünftel des Grundkapitals nicht übersteigen.

3. Darlehensgewährung der Gesellschaft an einen Dritten


Gemäß Art. 2358 c.c. ist es der Gesellschaft nur unter engen, genau definierten Bedingungen möglich, einem Dritten zum Zwecke des Erwerbs oder der Zeichnung eigener Aktien, ein Darlehen zu gewähren oder eine Garantie zu übernehmen.

Bis zur Reform des Art. 2358 c.c. durch das D.Lgs. 142/2008 war dies gänzlich verboten. Weiterhin bleibt es bei dem Verbot der Gesellschaft, sich eigene Aktien als Garantien gewähren zu lassen. 

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