TEMU und Co: Handelskrieg mit illegalen Mitteln

TEMU und Co: Handelskrieg mit illegalen Mitteln

Wie der EU-Wirtschaftsraum von China ausgetrickst wird

Chinesische Online-Händler unterwandern den europäischen Markt gezielt mit illegalen Methoden und hinterziehen dabei mutmaßlich Millionen an Steuern. Während sich die meisten europäischen Unternehmen an die Regeln halten, nutzen die Akteure aus Fernost Schlupflöcher und Grauzonen, um sich einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Daraus folgt eine ernsthafte Bedrohung für die europäische Wirtschaft und den fairen Wettbewerb.



So funktioniert die Betrugsmasche

► Der europäische Markt wird mit Milliarden von Einzelsendungen aus Drittstaaten überschwemmt. Dabei werden systematisch falsche Warenwerte angegeben – und entsprechend weniger Steuern gezahlt. Denn man weiß, aufgrund von begrenzten Personalressourcen kann nur ein kleiner Promillesatz der Sendungen kontrolliert werden.

Es werden aber nicht nur Einfuhrzölle hinterzogen, da aufgrund von Unterdeklaration kein Zoll auf Waren unter 150 Euro anfallen. Gleichzeitig werden auch Mehrwertsteuern beim europäischen IOSS-Verfahren (Import-One-Stop-Shop*) hinterzogen, da es keine Verknüpfung zwischen Zoll und dem One-Stop-Shop gibt und daher keine Kontrollmechanismen greifen: Es kann nicht eingesehen werden, ob die angegebenen Warenwerte tatsächlich mit der versandten Ware übereinstimmen.

“Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie TEMU und Co. mit illegalen Mitteln den Markt übernehmen und unsere Werte untergraben”, so DSTG-Bundesvorsitzender und UFE-Präsident Florian Köbler. 
“Es ist höchste Zeit, dass die Politik hart durchgreift und für gleiche Spielregeln sorgt – zum Schutz der Verbraucher und der Zukunft unseres Marktes!” Köbler fordert daher: “Es braucht bessere Gesetze, entsprechende Arbeitskräfte und Ausstattung.”


5-Punkte-Plan zur Verhinderung von Steuerbetrug im EU-Wirtschaftsraum

Im Folgenden finden sich fünf aufeinander aufbauende Kernforderungen, die im Zusammenspiel den Steuerbetrug asiatischer Plattformen verhindern können. Eine Überarbeitung und Modernisierung der Zoll- und Mehrwertsteuerverfahren ist dabei unerlässlich, um den neuen Realitäten des E-Commerce gerecht zu werden und so ein faires und effizientes Handelsumfeld zu gewährleisten.

1. Reform des IOSS-Verfahrens

Online-Plattformen, die am Import One-Stop-Shop (IOSS) teilnehmen möchten, sollten ab sofort ihre Verkäufe in Echtzeit an die zuständige Behörde melden. So sind die Verkaufsdaten bei Ankunft der Ware bereits erfasst und können verifiziert werden. Bei Verstößen oder Betrugsversuchen braucht es harte Sanktionsmaßnahmen, die – analog zum  Plattformsteuergesetz – bis hin zur vollständigen Abschaltung der Plattform aus dem europäischen Internet reichen. 



2. Entwicklung einer einheitlichen europäischen Taxonomie

Zur Optimierung des Datenaustauschs zwischen Zoll- und Finanzbehörden ist eine europaweit einheitliche Taxonomie erforderlich. So können die übermittelten  Meldedaten  – wie unter Punkt 1 erläutert – bei Ankunft der Ware in jedem europäischen Land zur Kontrolle herangezogen werden. Mittelfristig ist der Übergang zu einem einheitlichen EU-IT-System anzustreben, um die Effizienz der Zoll- und Steuerverwaltungen zu steigern und eine gemeinsame, kosteneffiziente Echtzeitrisikobewertung und -analyse zu ermöglichen. Die Planungen hierfür sind umgehend aufzunehmen.



3. Nutzung neuer Technologien zur Verbesserung der Besteuerungsverfahren

Das größte Problem sind die fehlenden personellen Ressourcen, um eine Kontrolle aller eingehenden Sendungen zu gewährleisten. Daher braucht es den Einsatz neuer Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) zur Risikoanalyse, aber auch zur Frachtüberwachung. Da die Sendungen im Voraus digital angemeldet werden, könnten sie beim Grenzübertritt automatisch identifiziert werden. Beim Scanprozess der Waren sollte automatisch sichergestellt werden, dass Inhalt und Papiere übereinstimmen.



4. Abschaffung der Zollfreigrenze von 150 Euro

Die Zollfreigrenze von 150 Euro ist aufzuheben, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. 2023 erreichten 2 Milliarden Pakete mit einem Warenwert von bis zu 150 Euro den europäischen Markt, was bei einem durchschnittlichen Paketwert von 100 Euro und einem Zollsatz von ca. 8 % zu einem jährlichen Verlust von ca. 16 Milliarden Euro führt. Allerdings ist dieses Beispiel wohl zu optimistisch, da selbst die EU offiziell davon ausgeht, dass 65 % der Waren unterdeklariert sind. Der tatsächliche  Schaden dürfte also um ein Vielfaches höher sein. Der faire Markt wird in eklatanter Weise verletzt. 
 Beispiel für Wettbewerbsverzerrung: Container- vs. Einzelsendungen Firma Ehrlich importiert per Containersendung 10.000 T-Shirts à 4.90 Euro. Der Gesamtwert des Containers beträgt inkl. Frachtkosten rund 50.000 Euro. Dieser ist dem Zoll und der Einfuhrumsatzsteuer zu unterwerfen. Es entstehen also Abgaben von:


50.000 x ca 10% Zoll = 5.000 Euro
 Einfuhrumsatzsteuer: 55.000 Euro x 0,19 = 10.450
 Euro Gesamtbelastung: 15.450 Euro



⚠ Bei Einzelsendungen hingegen fallen weder Zoll noch Einfuhrumsatzsteuer an. Zusätzlich ist die Versendung von Einzelsendungen aus Nachhaltigkeitsgründen höchst verwerflich.

5. Angemessene Finanzierung der Steuer- und Zollverwaltungen

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Steuer- und Zollverwaltungen durch eine angemessene Finanzierung unterstützt werden. Dies umfasst sowohl die Bereitstellung eines adäquaten Budgets zur Aufrechterhaltung angemessener Personalstärke als auch die Ausstattung mit einer angemessenen technischen Ausstattung zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

Über Punkt 4, bitte achten Sie darauf, dass die Einfuhrumsatzsteuer abzugsfähig sind. Oder hat die Finanzverwaltung vor, die EUSt NICHT zu erstatten? Was eigentlich sinnvoll ist, ist die eheliche Importeuer zu entlasten. Beim Import sollen die Einfuhrumsatzsteuer NICHT erhoben werden oder durch § 13b UStG zu neutralisieren. Was bei der Einzelversendung geänderte werden muss ist die Preisvergünstigung für die Einzelversendung aus Drittland. Die Portogebühren soll erhöht werden. EU soll aus dem Weltpostverein austreten bzw. die Regelung des Weltpostverein reformieren.

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Naja, Punkt 1 ist schon überflüssig. Temu übernimmt zu großen Teil der Steuerschulden, da Temu der Plattform ist. Temu übernimmt auch die Zahlungsabwicklung. Das bedeutet, dass das Entgelt für die Warenlieferung Temu bekannt ist. Das Entgelt ist ja den Grundbasis für die Berechnung der Umsatzsteuer. Daher soll Temu in der Lager sein, die IOSS Meldung in korrekten Höhe zu berechnen und abführen. Einfach mal eine Betriebsprüfung durchführen. Die Daten sind ja da. Temu ist ein Mark von PDD, eine Börsennotierte Firma. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Daten gefälscht werden. Punkt 2 ist gut. Es muss eine Prüfungsmechanismus entstehen, dass z. B. Deutschland in der Lager ist, die IOSS Meldungen in den anderen EU Staaten zu prüfen. Punkt 3 ist noch einfacher. Die Finanzverwaltung muss offen sein gegenüber die außenstehende technische Entwickler. Die Technik ist schon da. Die Finanzverwaltung kann ja die Dateneinfach anfordern und prüfen. Das ist die einfachste überhaupt.

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Andrea Köchling

Diplom-Finanzwirtin, Referentin für Fragen zur Kassenführung, Verfahrensdokumentation, Umsatzsteuer und Zollrecht

3mo

Punkt 5 finde ich extrem wichtig. Im Moment ist so ziemlich jedes Finanzamt personell unterbesetzt. Nicht nur die in Berlin,die sich um die chinesischen Händler kümmern müssen.

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