Bei der absatzweisen Destillation (Batch-Destillation) wird das zu trennende Flssigkeitsgemisch in der Destillierblase vorgelegt, auf Siedetemperatur auf- geheizt und teilweise verdampft. Die leichterflchtigen Komponenten reichern sich dabei in der Dampfphase an. Das klassische Beispiel hierfr ist die Alko- holdestillation (Schnapsbrennerei). Dabei wird eine so genannte offene Destil- lation verwirklicht, d.h. der erzeugte Dampf wird unmittelbar abgezogen und kondensiert. Es wird kein Teilstrom als Rcklauf in die Destillierblase gege- ben, da hier kein Verstrkungsteil mit Einbauten realisiert ist. In der chemi- schen Industrie ist dies eher ein Sonderfall. Hier werden hufig Batch- Rektifikationsanlagen eingesetzt, d.h. aufgesetzt auf die Destillierblase ist ein Verstrkungsteil mit entsprechenden Einbauten. Ein Teil des kondensierten Destillates wird dabei als Rcklauf auf den Verstrkungsteil gegeben. Die dis- kontinuierliche Rektifikation wird normalerweise berall dort eingesetzt, wo ei- ne hohe Flexibilitt und die Herstellung relativ geringer Produktmengen ver- langt sind. Diese Rektifikation kann z. B. unter konstantem Rcklaufverhlt- nis (s. Abb. 3.2.1), oder bei konstanter Kopfkonzentration (s. Abb. 3.2.2) er- folgen.
Abb. 3.2.1.2: Fahrweise Kopfkonzentration x D = konstant Abb. 3.2.1.1: Fahrweise Rcklaufverhltnis v = konstant Seite 2 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau
Daneben sind auch Mischfahrweisen aus den zwei genannten Mglichkeiten denkbar, bzw. Fahrweisen die halbkontinuierlich sind, d.h. bei denen ein ab- satzweise erzeugtes Dampfgemisch in einer Kolonne mit Verstrkungs- und Abtriebsteil rektifiziert wird.
Eine grundstzliche dritte Fahrweise stellt die mit Zwischenfraktionen (s. Abb. 3.2.3) dar. In einem ersten Schritt wird nach dem Fllen aus dem Inhalt der Destillierblase der Leichtersieder als Hauptfraktion mit gewnschter Kon- zentration abdestilliert bis eine weitere Abtrennung aufgrund der immer gerin- ger werdenden Leichtersiederkonzentration in der Blase schwierig wird. Die Konzentration des Leichtsieders in der Hauptfraktion entspricht x HF . Dann wird in einem zweiten Schritt die Anforderung an die Leichtersiederkonzentration im Destillat zurckgenommen und in den separaten Zwischenfraktionsbehlter abdestilliert. Dieser Schritt dauert solange, bis die gewnschte Ausbeute an Leichtsieder erreicht wurde, d.h. in der Blase nur noch die gewnschte Rest- menge an Leichtersieder vorliegt. Am Ende dieses Schrittes liegt ein Kopfpro- dukt mit einer schlechteren Qualitt (Konzentration des Leichtsieders in der Zwischenfraktion x ZF ) vor als im ersten Schritt. Danach wird in einem dritten Schritt die Blase entleert. Anschlieend wird der Inhalt des Zwischenfraktions- behlters in die Blase entleert und zusammen mit der nchsten Charge auf- gearbeitet. Diese Fahrweise kann ebenfalls mit den Fahrweisen konstante Kopfkonzentration und konstantes Rcklaufverhltnis kombiniert werden
Die Auslegung dieser einfachen Destillation ist ohne Simulator nur schwer mglich, da sich mit der Zeit der Inhalt der Destillierblase von der Menge, der Zusammensetzung und den themophysikalischen Stoffdaten ndert. Damit ndert sich in hnlicher Weise auch das Destillat. Die Zusammenhnge wer- den immer komplexer je mehr Komponenten beteiligt sind und je nichtidealer sich die Phasengleichgewichte verhalten. Abb. 3.2.1.3: Fahrweise mit Zwischenfraktion 1. Schritt 2. Schritt 3. Schritt Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau Seite 3
Das folgende Beispiel zeigt die offene adiabate Destillation des Zweistoffge- misches Methanol/Ethanol bei einem Druck von 1 bar. Seite 4 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau
3.2.3 Diskontinuierliche Rektifikation mit konstantem Rcklaufverhltnis
Als Beispiel soll hier die diskontinuierliche Rektifikation des Stoffgemisches Aceton/Wasser bei einem Druck von p=1 bar dienen. Die Abbildungen 3.2.3.1 und 3.2.3.2 zeigen das Siede- und das Gleichgewichtsdiagramm der binren Mischung berechnet mit dem NRTL-Modell und denen in der Datenbank ent- haltenen binren Wechselwirkungsparametern.
Abb. 3.2.3.1: Siedediagramm des binren Gemisches Aceton/Wasser bei p=1 bar (NRTL)
Abb. 3.2.3.2: Gleichgewichtsdiagramm des binren Gemisches Aceton/Wasser bei p=1 bar (NRTL) batch1-1 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau Seite 5 Man erkennt dass, die Abtrennung von nahezu reinem Aceton bei diesem Druck in einem Schritt nur unter sehr hohem Aufwand mglich sein wird. Das System weist zwar aufgrund der Berechnung kein Azeotrop auf, aber der Un- terschied zwischen der Gasphasen- und Flssigphasenzusammensetzung wird zu reinem Aceton hin jedoch sehr gering.
Im ersten Schritt wird das sehr einfache Flowsheet (s. Abb. 3.2..3.3) erzeugt. Danach wird in der Eingabemaske Pot Charge der Inhalt der Siedeblase defi- niert (s. Abb. 3.2.3.4). Es wird eine Masse von 10.000 kg, eine Startzusam- mensetzung von 20 Mol% Aceton und 80 Mol% Wasser bei einer Temperatur von 30C und einem Druck von 1 bar vorgegeben. Nun muss in der Eingabemaske Batch Co- lumn (s. Abb. 3.2.3.5) der aufge- setzte Verstrkungsteil spezifi- ziert werden. Es werden ein Ko- lonnendruck von 1 bar, 10 theo- retische Stufen (erster Startwert), ein Totalkondensator und ein Aufarbeitungsschritt eingegeben.
Ziel ist es, eine Reinheit von 95 Mol% Aceton im Destillatsam- melbehlter am Ende des Aufar- beitungsschrittes zu haben, bei einer Ausbeute von 95% des eingesetzten Acetons unter kon- stantem Rcklaufverhltnis v. Da diese Vorgabe nicht direkt in der Eingabemaske spezifizierbar ist muss eine Handrechnung durch- gefhrt werden. Ergebnis dieser Rechnung ist, dass noch eine Masse von ca. 5691 kg (3,842 kmol Aceton und 303,52 kmol Wasser) am Ende der Aufarbeitung
Abb. 3.2.3.3: Flowsheet Abb. 3.2.3.4: Definition des Inhalts der Siedeblase Abb. 3.2.3.5: Eingabe der Kolonnendaten Abb. 3.2.3.6: Eingabe der Daten fr den Opera- tionsschritt
Seite 6 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau
in der Blase verbleibt. Dieser Wert wird als Stoppkriterium in der Eingabemaske Ope- ration Parameters eingegeben (s. Abb. 3.2.3.6). Die Verdampferleistung wird mit einem festen Wert von 200 kW vorgege- ben. Nun muss ein erster Startwert fr das Rcklaufverhltnis gefunden werden. Die- ser Wert ist dann iterativ anhand der ge- wonnenen Ergebnisse so anzupassen, dass die gewnschte Ausbeute und Rein- heit des Destillates erzielt wird. Dies ge- schieht hier von Hand. Dazu ist die Rech- nung mit unterschiedlichen Rcklaufver- hltnissen mehrmals zu wiederholen. Fr den gewhlten Startwert von 10 theoreti- schen Stufen liegt der Wert des Rcklaufver- hltnisses bei ca. 1,375. Whrend der Rech- nung knnen unterschiedliche Daten ange- zeigt werden. Hier wurde die Zusammensetzung im Destillatsammelbehlter in Mol% (s. Abb. 3.2.3.7) gewhlt. Damit ergibt sich whrend der Rechnung ein stndig fr jeden Zeitschritt ergnztes Diagramm das bei Erreichen des Stoppkriteriums vollstndig dargestellt wird (s. Abb. 3.2.3.8).
Man erkennt, dass die Konzentration im Sammelbehlter lange Zeit konstant ist und erst gegen Ende, aufgrund des geringeren Aceton-Anteils in der Sie- deblase abfllt. Am Ende muss die gewnschte Zusammensetzung von 95 Mol% erreicht sein. Um die n/t-Kurve erstellen zu knnen muss dieser Vor- gang mehrfach fr unterschiedliche theoretische Stufenzahlen wiederholt wer- den. Die Tabelle 3.2.3.1 und die Abbildung 3.2.3.9 zeigen die Ergebnisse die- ser Rechnungen. Abb. 3.2.3.7: Auswahl der ange- zeigten Recheninformationen Abb. 3.2.3.8: Darstellung der Konzentration im Destillatsammelbehlter ber der Zeit Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau Seite 7 Eine Aufarbeitung mit den ge- wnschten Spezifikationen bei einer theoretischen Stufenzahl kleiner als 8 ist nicht mehr mglich. Begren- zender Wert ist hier mit die feste Verdampferleistung. Bei einer Erh- hung der Stufenzahl von 30 auf 40 ist der Zeitgewinn nur noch margi- nal.
Es wird als eine optimale Stufenzahl der Wert von 17 Stufen ermittelt.
Die Abbildungen 3.2.3.10 und .11 zeigen die Ergebnisse fr die gewhlte Stu- fenzahl als tabellarische Information und in einer PDF-Darstellung. n,t-Kurve (v=const.) 6 10 14 18 22 26 30 34 38 42 7,25 7,50 7,75 8,00 8,25 8,50 8,75 9,00 9,25 9,50 9,75 Zei t t / h A n z a h l
t h e o r .
s t u f e n
n n,t-Kurve (v=const.) Abb. 3.2.3.9: n/t-Kurve (Fahrweise konstantes Rcklaufverhltnis) Tab. 3.2.3.1: Rechenergebnisse zur n/t-Kurve Abb. 3.2.3.10: Tabellarische Darstellung der Ergebnisse n t / h v Aceton Kopf / Mol% m Pot / kg 8 9,459 1,700 95,08 5691,04 10 8,415 1,375 94,97 5691,04 11 8,295 1,340 95,06 5691,04 12 8,103 1,280 95,02 5691,04 13 8,007 1,250 95,04 5691,04 15 7,842 1,200 95,05 5691,04 17 7,761 1,175 95,07 5691,04 20 7,674 1,148 95,09 5691,04 25 7,551 1,110 95,06 5691,04 30 7,488 1,090 95,04 5691,04 40 7,440 1,075 95,05 5691,04 Seite 8 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau
Nach einer durchgefhrten Rechnung ist es mglich unterschiedliche Ergeb- nisse fr die einzelnen Aufarbeitungsschritte ber der Zeit darzustellen. Die Abbildung 3.2.3.12 zeigt die entsprechende Auswahlmaske die unter dem Men Results Batch Results zu finden ist.
Abb. 3.2.3.11: PDF-Darstellung der Ergebnisse Abb. 3.2.3.12: Auswahlmaske zur Darstellung der Ergebnisse eines Operationsschrittes Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau Seite 9 3.2.4 Diskontinuierliche Rektifikation mit konstanter Kopfkonzentration
Die Fahrweise mit konstanter Kopfkonzentration (95 Mol% Aceton) fhrt zu der folgenden Eingabe (s. Abb.3.2.4.1). Die graphische Darstellung des Rck- laufverhltnisses bei 17 theoretischen Stufen ber der Zeit zeigt die Abbildung 3.2.4.2.
Abb. 3.2.4.1: Eingabe der Daten fr den Operationsschritt Abb. 3.2.4.2: Darstellung des Rcklaufverhltnisses ber der Zeit batch1-2 Seite 10 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau
Man erkennt den starken Anstieg des Rcklaufverhltnisses gegen Ende der Aufarbeitung. Die Erhhung des Rck- laufverhltnisses ist notwendig um bei gesunkenem Acetongehalt in der Blase die Kopfkonzentration konstant zu hal- ten. Diese Fahrweise fhrt zu einer neuen n/t-Kurve. In Tabelle 3.2.4.1 sind die Zahlenwerte der Rechnung zu- sammengestellt. Im Allgemeinen fhrt diese Art der Fahrweise zu krzeren Destillationszeiten bei vergleichbaren Stufenzahlen, als die Fahrweise mit konstantem Rcklaufverhltnis. Dies zeigt auch der Vergleich mit der Tabelle 3.2.4.1. Es muss jedoch ein grerer regelungstechnischer Aufwand in Kauf genommen werden.
Die dazugehrige n/t-Kurve zeigt die Abbildung 3.2.4.3. Die Iteration von Hand des notwendigen Rcklaufverhltnisses bei der Fahr- weise mit konstantem Rcklaufverhltnis kann durch den Einsatz eines Cont- rollers automatisiert werden. Die Abbildung 3.2.4.4 zeigt den Aufbau des Flowsheets.
Abb. 3.2.4.3: n/t-Kurve (Fahrweise konstante Destillatkonzentration) n,t-Kurve (Destillatkonz. = const.) 6 10 14 18 22 26 30 34 38 42 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 9,5 10,0 10,5 11,0 11,5 12,0 12,5 13,0 13,5 14,0 14,5 15,0 15,5 Zei t t / h A n z a h l
t h e o r .
S t u f e n
n n,t-Kurve (Destillatkonz.=const.) Tab. 3.2.4.1: Rechenergebnisse zur n/t- Kurve n t / h Aceton Destillat /Mol% m Pot / kg 6 15,000 95,00 5691,04 8 8,343 95,00 5691,04 10 7,242 95,00 5691,04 11 6,999 95,00 5691,04 12 6,834 95,00 5691,04 13 6,717 95,00 5691,04 15 6,564 95,00 5691,04 17 6,468 95,00 5691,04 20 6,381 95,00 5691,04 25 6,300 95,00 5691,04 30 6,258 95,00 5691,04 40 6,219 95,00 5691,04 batch1-1controller
Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau Seite 11
Der Operationsschritt wird bezglich seines Stoppwertes ber die Konzentra- tion an Aceton im Sammelbehlter definiert (vgl. Abb. 3.2.4.5). Fr das Rck- laufverhltnis muss ein geeigneter Startwert eingegeben werden. Der Control- ler soll sicherstellen, dass unter diesen Spezifikationen die notwendige Aus- beute erreicht wird. Dazu wird die Masse an Gemisch in der Destillierblase am Ende des Aufarbeitungsschrittes fest vorgegeben (vgl. Abb. 3.2.4.6). Variiert wird das Rcklaufverhltnis in den Grenzen 1.15 bis 1.18. In Abhngigkeit von der Rechengenauigkeit findet der Controller das notwendige Rcklaufverhlt- nis fr den vorgegebenen Wert der Masse in der Destillierblase am Ende des Schrittes.
Die Abbildung 3.2.4.6 zeigt die tabellarische Zusam- menstellung der wichtigs- ten Ergebnisse fr eine Rechnung mit 17 theoreti- schen Stufen. Man erkennt, dass der vorgegebene Wert fr die Masse in der Destillierblase bis auf eine geringe Abweichung (5689,8552 kg zu 5691,04 kg) erreicht wird. Das ge- suchte Rcklaufverhltnis ergibt sich zu 1,174. Abb. 3.2.4.4: Flowsheet mit Controller Abb. 3.2.4.5: Eingabe der Daten fr den Operations- schritt Abb. 3.2.4.6: Eingabe der Daten fr den Controller Seite 12 Prozesssimulation in der Verfahrenstechnik und im Anlagenbau
Die Problematik bei der Durchfhrung einer Rechnung mit Controller liegt bei der Definition des Startwertes und des minimalen und maximalen Wertes fr die zu variierende Gre. Bei komplexen Zusammenhngen ist es hufig rat- sam eine erste Iteration von Hand vorzunehmen.
Abb. 3.2.4.7: Tabellarische Darstellung der Ergebnisse
Professor Dr.-Ing. Werner Fister (auth.) - Fluidenergiemaschinen_ Band 1_ Physikalische Voraussetzungen, Kenngrößen, Elementarstufen der Strömungs- und Verdrängermaschinen (1984, Springer-Verlag Berlin Heidelberg) .pdf