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Unterschiedliche Rechtsformen

Autorinnen Brenda Schönenberger, Rechtsanwältin und Head of Legal, startups.ch und Maja Graf, vitamin B

Wie finde ich die richtige Rechtsform für mein Vorhaben? Hier ein Vergleich der wichtigsten Rechtsformen in der Schweiz, wobei der Verein im
Zentrum steht. Die Arbeitshilfe gibt zuerst einen Überblick über die juristischen Rechtsformen, die sich gut für ideelle Vorhaben eignen,
anschliessend eine Zusammenfassung derjenigen, die eher auf kommerzielle (wirtschaftliche) Zwecke ausgerichtet sind.

Diese Rechtsformen eigenen sich für ideelle Vorhaben ohne wirtschaftlichen Zweck:
Verein Gemeinnützige Stiftung Einfache Gesellschaft
Typisches Profil Ein Verein muss einen «ideellen Zweck» Verselbstständigung von Vermögen für Regelt einfachste Verhältnisse, in denen
verfolgen. Geeignet für Personen- einen bestimmten Zweck. Eine Stiftung mehrere Personen auf einen gemeinsamen
vereinigungen, die sich einer politischen, wird durch drei Charakteristika bestimmt: Zweck hinwirken. Subsidiäre
religiösen, wissenschaftlichen, - Die Widmung Gesellschaftsform. Liegen komplexere
künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder - eines bestimmten Vermögens Verhältnisse vor, soll eine andere
anderen nicht wirtschaftlichen Aufgaben - zu einem besonderen Zweck. Gesellschaftsform gewählt werden.
widmen.
Gründung Gründungsversammlung mit Stiftungsurkunde und Stiftungsreglement, Keine Formalitäten
Gründungsprotokoll. freiwillige Vorprüfung von Urkunde und
Die einfache Gesellschaft besteht durch die
Reglement durch Aufsichts- und Steuer-
Vgl. Arbeitshilfen zur Vereinsgründung, gemeinsame Zweckverfolgung.
behörde, notarielle Beglaubigung,
www.vitaminb.ch/a-z/arbeitshilfen/
Beantragung Übernahme Stiftungs-
aufsicht, Beantragung Steuerbefreiung bei
Steuerbehörden.

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Gründungs- Es braucht mindestens 2 natürliche Stifter/in kann jedermann sein, ebenso Mindestens zwei natürliche Personen. Die
mitglieder Personen für die Gründung. Stiftungsrat. Rechte der Gesellschafter bestimmen sich
nach der persönlichen Mitgliedschaft und
Vgl. Arbeitshilfen zur Vereinsgründung,
nicht nach dem Kapitaleinsatz. Ein Gesell-
www.vitaminb.ch/a-z/arbeitshilfen/
schafterwechsel ist grundsätzlich nicht
möglich. Beim Ausscheiden eines Gesell-
schafters wird die einfache Gesellschaft
aufgelöst.
Gründungskapital Keine Vorgaben. Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Nicht erforderlich.
Widmung eines Vermögens für einen
besonderen Zweck. Das Anfangs-
vermögen muss so gross sein, dass eine
nennenswerte Tätigkeit der Stiftung
möglich ist (mind. CHF 50‘000 – gemäss
Leitfaden der eidg. Stiftungsaufsicht, bei
einer klassischen Stiftung.)
Statuten Zwingend. Notarielle Urkunde oder Testament. Keine, freiwillig möglich.
Vgl. Arbeitshilfen zur Vereinsgründung, Statuten obligatorisch.
Muster-Gründungsprotokoll und Muster-
Statuten, www.vitaminb.ch/a-z/
arbeitshilfen/
Handelsregister- HR-Eintrag nur zwingend, wenn ein nach HR-Eintrag für die Errichtung der Stiftung Kein HR-Eintrag möglich.
Eintrag kaufmännischer Art geführtes Gewerbe notwendig.
betrieben wird.

Höchstes Organ / Mitgliederversammlung zwingend Es gibt keine Mitglieder. Ehrenamtlicher Personenbezogene Gesellschaft; keine
Aufsicht Stiftungsrat, bestehend aus mindestens Trennung von Mitgliedschaft und
Vgl. Arbeitshilfen Verein organisieren und
drei natürlichen Personen oder Vertretern Geschäftsführung.
Verein führen, www.vitaminb.ch/a-z/
von juristischen Personen. Mindestens ein
arbeitshilfen/
zeichnungsberechtigtes Mitglied muss
seinen Wohnsitz in der Schweiz haben.
Aufsicht: Schweizerische, kantonale oder
kommunale Stiftungs-Aufsicht, je nach
Tätigkeitsgebiet

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Leitungsorgan Vorstand zwingend. Ausstandspflicht Geschäftsführung / Stiftungsrat Keine Trennung von Mitgliedschaft und
gemäss Art. 68 ZGB beachten. Geschäftsführung.
Buchführung Der Vorstand ist verpflichtet, über Das oberste Stiftungsorgan führt die Abhängig einem Jahresumsatz von 500‘000
Einnahmen und Ausgaben sowie über die Geschäftsbücher der Stiftung nach den CHF zur Buchführung und Rechnungslegung
Vermögenslage des Vereins Buch zu Vorschriften des Obligationenrechts über nach 957 ff. OR verpflichtet.
führen. Revisionspflicht gemäss Art. 69b die kaufmännische Buchführung Es muss
ZGB. Bei Führen eines kaufmännischen
Gewerbes Buchführung gemäss
Vorschriften des OR.
Gewinn Der Gewinn muss für den Vereinszweck Gewinnverteilung ist in einem Reglement Gewinn wird nach Absprache verteilt.
eingesetzt werden. festgelegt (Anhang Statuten).

Besteuerung Vereine müssen grundsätzlich Gewinn und Auf Antrag an die Steuerbehörde können Nicht als Unternehmen steuerpflichtig, da
Vermögen versteuern. Liegen Gewinn und gemeinnützige Stiftungen von den keine juristischen Person. Jede/r
Vermögen unter einem gewissen Betrag Steuern befreit werden.. Einzelunternehmer/in versteuert sein Privat-
(kantonal unterschiedlich), fallen keine und Geschäftseinkommen sowie -vermögen
Steuern an. Vereine können wegen als Ganzes.
gemeinnütziger, öffentlicher oder
Kultuszwecken auf Gesuch hin ganz oder
teilweise von den Steuern befreit werden.
Vgl. Arbeitshilfe Steuerbefreiung
www.vitaminb.ch/a-z/arbeitshilfen/
Haftung Ausschliesslich mit dem Vereinsvermögen Stiftungsrät/innen und Personen, die mit Primäre, unbeschränkte, solidarische
wenn keine Nachschusspflicht geregelt ist. der Verwaltung betraut sind. Haftung der Gesellschafter, keine Haftung
der Gesellschaft.
Vgl. Arbeitshilfe Haftung,
www.vitaminb.ch/a-z/arbeitshilfen/
Rechtsnatur Juristische Person Juristische Person Personengesellschaft, keine juristische
Person.
Rechtsgrundlagen Art. 60 – 79 ZGB Art. 80 - 89 ZGB Art. 530 Abs. 2 OR

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Vorteile Flexible Mitgliederstruktur Gutes Ansehen und hohe Eignet sich für sehr einfache Vorhaben, die
Glaubwürdigkeit. kein finanzielles Risiko bergen.
Verein besteht unabhängig von einzelnen
Personen. Über den Vorstand können die Steuerbefreiung
Mitglieder Einfluss auf das operative
Geschäft nehmen, minimale
Gründungskosten.
Keine Haftung der Mitglieder,
Steuererleichterungen.
Vorteil bei der Mittelbeschaffung:
Vereinskonto.
Nachteile Darf nicht gewinnorientiert sein. Statuten können nur durch die Aufsichts- Keine Haftung durch die Gesellschaft,
behörde auf Antrag des Stiftungsrates persönliche Haftung der Inhaber.
Weniger Akzeptanz auf dem Kapitalmarkt.
geändert werden. Ist die Stiftung errichtet,
Die Vereinsversammlung hat im Vergleich kann sie durch den Errichter nicht mehr
zur Generalversammlung bei einer AG widerrufen werden. Der Errichter hat
grössere Macht. keinen direkten Einfluss auf das der
Stiftung gewidmete Vermögen.
Demokratische Entscheidungswege u.U.
träg.

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Diese Rechtsformen eignen sich insbesondere für kommerzielle Vorhaben:
GmbH AG Genossenschaft Einzelfirma
Typisches Profil Geeignet für kleine und Gewinnorientierte Firma mit Eine Gesellschaft bei welcher Geeignet für
mittlere Organisationen. hohem Kapitalbedarf ohne der Gedanke der Förderung Einmannbetriebe
Dividendenausschüttung an die und der wirtschaftlichen (Malergeschäft, Coiffeur,
Eine gemeinnützige GmbH
Aktionäre. Selbsthilfe im Vordergrund Künstler etc.)
wird unternehmerisch geführt,
steht.
der Gewinn fliesst in die Die gemeinnützige AG wird
Zweckerfüllung zurück. Ein unternehmerisch geführt,
allfälliger Liquidationsgewinn schüttet aber keine Dividenden
muss einer gemeinnützigen aus und reinvestiert Über-
Organisation mit ähnlichem schüsse in den Fortbestand des
Zweck zufliessen. Unternehmens.
Gründung Gründungsversammlung der Gründungsversammlung der Entsteht durch Eintrag ins HR. Wenige Formalitäten, Firma
Gesellschafter vor einem Notar Aktionäre vor einem Notar und Name der Genossen-schaft besteht ab erstem
und Eintrag ins HR. Eintrag ins Handelsregister. frei wählbar. Tätigwerden. Firmen-name
Firmenname frei wählbar. Firmenname frei wählbar. muss Namen der Gründer/in
beinhalten. Für
Kollektivgesell-schaften ist
der Name frei wählbar.
Gründungsmitglieder Mindestens 1 natürliche Mindestens 1 natürliche Person Mindestens 7 natürliche oder 1 natürliche Person (ab zwei
Person (mit Wohnsitz in der mit Wohnsitz in der CH juristische Personen Personen =
CH) Kollektivgesellschaft).
Wohnsitzerfordernis kantonal
unterschiedlich
Gründungskapital 20‘000 CHF 100‘000 CHF (wovon mind. CHF Kein Gründungskapital Kein Gründungskapital
50‘000 zu liberieren sind.) erforderlich. erforderlich.

Statuten Obligatorisch Obligatorisch Obligatorisch Keine

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Handelsregister- GmbH ist erst durch den HR- AG ist erst durch den HR- Genossenschaft ist erst durch HR-Eintrag notwendig,
Eintrag Eintrag gegründet. Eintrag gegründet. den HR-Eintrag gegründet. sofern der Jahresumsatz
CHF 100‘000 übersteigt.

Höchstes Organ / Geschäftsführer/in Generalversammlung Genossenschafter- Inhaber/in


Aufsicht versammlung

Leitungsorgan Geschäftsführer/in Geschäftsführer/in Vorstand Inhaber/in


Buchführung Pflicht zur Buchführung und Pflicht zur Buchführung und Pflicht zur Buchführung und Abhängig vom
Rechnungslegung nach Art. Rechnungslegung nach Art. 957 Rechnungslegung nach Art. Jahresumsatz: Ab CHF
957 ff. OR ff. OR 957 ff. OR 500‘000 Pflicht zur
Buchführung und
Bei weniger als 10 Vollzeit- Bei weniger als 10
Rechnungs-legung nach Art.
stellen keine Revisionsstelle Vollzeitstellen keine
957 ff. OR
nötig. Revisionsstelle nötig.

Gewinn Gewinnverteilung gemäss Generalversammlung Gewinnverteilung gemäss Gewinn = Einkommen


Statuten. entscheidet über Gewinn- Genossenschaftszweck (siehe des/der Inhaber/in.
verteilung Statuten).
Besteuerung Die GmbH wird als juristische Die AG wird als juristische Die Genossenschaft wird als Der Inhaber muss sein
Person besteuert. Gewinn Person besteuert. Gewinn juristische Person besteuert. Einkommen sowie sein
(Dividenden) wird sowohl (Dividenden) wird sowohl durch Gewinn (Dividenden) wird berufliches und privates
durch die GmbH wie durch die die GmbH wie durch die sowohl durch die Vermögen versteuern
einzelnen Gesellschafter einzelnen Aktionäre besteuert Genossenschaft wie durch die
besteuert (Doppel- (Doppelbesteuerung). einzelnen Genossen-schafter
besteuerung). besteuert
(Doppelbesteuerung).
Vgl. Arbeitshilfe Steuer-
befreiung, www.vitaminb.ch/a-
z/arbeitshilfen/
Haftung Die Bezeichnung „beschränkte Für die Verbindlichkeiten der Die Genossenschafter haften Der/die Inhaber/in haftet für
Haftung“ bezieht sich nur auf Aktiengesellschaft haftet das für die Gesellschaftsschulden Verbindlichkeiten mit dem
die Gesellschafter, nicht auf Gesellschaftsvermögen. bis zu einem bestimmten gesamten Geschäfts- und
die Gesellschaft als solche. Betrag persönlich, sofern die Privatvermögen.
Durchgriff auf Gesellschafter

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Letztere haftet für ihre möglich bei MWST- oder Statuten dies vorsehen (OR
Schulden unbeschränkt. Sozialversicherungsschulden. 870). Sehen die Statuten eine
Nachschusspflicht vor, haften
Durchgriff auf Gesellschafter
sie bis zum in den Statuten
möglich bei MWST- oder
genannten Nachschussbetrag
Sozialversicherungsschulden.
(OR 871).
Rechtsnatur Juristische Person Juristische Person Juristische Person Personengesellschaft, keine
juristische Person
Rechtsgrundlagen Art. 772-827 OR Art. 620-763 OR Art. 828-926 OR Art. 530 Abs. 2 OR

Quellen
 KMU Portal Staatssekretariat für Wirtschaft, https://www.kmu.admin.ch/kmu/de/home/praktisches-wissen/kmu-gruenden/uebersicht-rechtsformen.html
 STARTUPS.CH AG, https://startups.ch/de/informieren/rechtsformendetails/uebersichtrechtsformen/
 gründen.ch , https://www.gruenden.ch/vorbereitungen/rechtsformen/

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