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Konstruktionslehre 1

Untersuchung der Festigkeit


Teil 1
Prof. Dr.-Ing. Henning Meyer | AG Konstruktion | Festigkeit
Ziel der Untersuchungen zur Festigkeit

• Bei der Konstruktion müssen Vorhersagen über das Verhalten des untersuchten Bauteils hinsichtlich seines
Verhaltens unter Belastungen angestellt werden.

• Die Kernfragen der Untersuchungen sind:

➔ Können die Bauteile den auf sie wirkenden Belastungen standhalten?

➔ Halten die Bauteile so lange wie die gewünschte Betriebsdauer es fordert?

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Festigkeitsüberschreiten  Bauteilversagen

Bleibende Verformung Gewaltbruch

Festigkeit ist der Widerstand eines Bauteils gegen das Versagen unter Last. Ein Versagen
kann sowohl in einer bleibenden Verformung als auch in einem Bruch des Bauteils
bestehen.

Das Festigkeitsverhalten ist für zeitlich konstante (statische) Lasten deutlich anders als für
zeitlich variable (dynamische) Lasten.

Grundlagen der Konstruktion behandelt ausschließlich statische Festigkeitsbetrachtungen!

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Beispiel Belastung / Beanspruchung
Was ist hier die Belastung bzw. Beanspruchung?

F F

Beanspruchung
𝜎 𝜎
F F
Belastung Belastung

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Festigkeitsnachweis allgemein

Ein allgemeiner Festigkeitsnachweis besteht immer aus einem Vergleich der in


einem Bauteil vorhandenen Beanspruchungen mit den für dieses Bauteil zulässigen
Beanspruchungen. Ziel der Konstruktion ist es Bauteile so auszulegen, dass die
vorhandenen Beanspruchungen kleiner als die zulässigen Beanspruchungen bleiben.
Das Verhältnis beider Werte ist ein Maß für die Sicherheit des Bauteils.

𝜎𝑧𝑢𝑙
=𝑆
𝜎𝑣𝑜𝑟ℎ

Sicherheitsnachweise dieses Typs sind im Ingenieurwesen weit verbreitet. Ein


wesentlicher Inhalt vieler Grundlagen-Lehrveranstaltungen ist das Bereitstellen von
Wissen, um die in dieser Betrachtung vorkommenden Größen für unterschiedliche
Situationen zu bestimmen.
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Festigkeitsnachweis allgemein

𝝈𝒛𝒖𝒍:
Was ein Bauteil aushält hängt ganz wesentlich vom Material ab.
Informationen hierzu liefert die Werkstoffkunde. 𝜎𝑧𝑢𝑙
=𝑆
Je nach Bauteil und Berechnungskonzept werden hier auch 𝜎𝑣𝑜𝑟ℎ
Geometrieeinflüsse etc. berücksichtigt (sog.
Nennspannungskonzepte).
𝝈𝒗𝒐𝒓𝒉:
Welche Beanspruchung in einem Bauteil vorliegt hängt von
der äußeren Belastung durch Kräfte, Momente,
Bewegungen, Temperaturen etc. ab. 𝜎𝑧𝑢𝑙
=𝑆
Informationen hierzu liefert die jeweiligen 𝜎𝑣𝑜𝑟ℎ
Lehrveranstaltungen (Statik und elementare Festigkeits-
lehre, Dynamik, Thermodynamik, Strömungslehre etc.) .
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Festigkeitsnachweis allgemein

S:

Die zu fordernde Sicherheit S hängt ab von der zulässigen


Anzahl ausfallender Bauteile. Sie hängt darüber hinaus stark 𝜎𝑧𝑢𝑙
von der Genauigkeit ab, mit der die Beanspruchungen und =𝑆
Festigkeiten bestimmt werden können. Für Standardfälle sind 𝜎𝑣𝑜𝑟ℎ
die Zahlenwerte in Normen enthalten. Allgemein helfen hier
Techniken der Statistik weiter.

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Eingrenzung der Festigkeit in Grundlagen der Konstruktion

• In diesem Modul werden ausschließlich mechanische Beanspruchungen untersucht.

• Die Beanspruchungen (Spannungen im Inneren des Bauteils) werden hierbei typischerweise durch äußere
Belastungen (Kräfte und Momente) hervorgerufen.

• Die Berechnung kann üblicherweise mit den Methoden der Statik und elementaren Festigkeitslehre erfolgen.

• Insbesondere die Beanspruchungsanalyse in Maschinenwellen wird mit der elementaren Balkentheorie


durchgeführt.

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Untersuchung der Festigkeit
Modellbildung
Teil 2
Prof. Dr.-Ing. Henning Meyer | AG Konstruktion | L 05 Festigkeit
Modellbildung – Wellen und Achsen

[Quelle: Vorlesung Statik und elementare Festigkeitslehre (Prof. v. Wagner)]


x
z
y

x
z

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Modellbildung – Wellen und Achsen
Freischnitt – Das System wird in seine einzelnen
Komponenten zerlegt

[Quelle: Vorlesung Statik und elementare Festigkeitslehre (Prof. v. Wagner)]


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Kraftbegriff

Alle Körper werden von Kräften beansprucht und verformen sich unter Krafteinfluss.

Kräfte sind nicht direkt wahrnehmbar. Es ist nur möglich sie an ihrer Wirkung zu
erkennen bzw. zu messen. Sie besitzen vektoriellen Charakter und werden deshalb durch
Betrag, Richtung und Angriffspunkt beschrieben.

Kraftformen

Bezeichnung Darstellung Beschreibung Einheit


Eine Kraft die an nur einem Punkt angreift. [N]; [kN]
Punktkraft → idealisierte Rechenform

Linienkraft Die Kräfte wirken auf einer Linie. [N/m]; [kN/m]


→ idealisierte Rechenform

Flächenkraft Die Kräfte wirken auf eine Fläche verteilt. Wird in [N/m²]; [kN/m²]
Berechnungen oft in eine Linienkraft umgeformt
(z.B. Druck).
Volumenkraft [N/m³]; [kN/m³]
Ursprüngliche Kraftform. Wirkt räumlich verteilt am
gesamten Körper, z.B. die Schwerkraft.

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Belastungen, Beanspruchungen und Verformungen

Äußere Lasten, die am Bauteil angreifen (Belastungen)…


• Zug, Druck, Biegung, Torsion, Scherung F

…bewirken Schnittgrößen (innere Belastungen)… Az Bz

• Längs- und Querkräfte, Biege- und Drehmomente

y + x F
M(x) M(x)

[Quelle: AG Konstruktion]
N(x)
Az l-x Bz
Q(x) Q(x)

linkes Schnittufer rechtes


Schnittufer
pos. Schnittufer neg. Schnittufer

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Belastungen, Beanspruchungen und Verformung

…die im Bauteil Beanspruchungen (Spannungen) hervorrufen…


• Normalspannungen als Zug- und Druckspannungen
• Schubspannungen als Scher- und Torsionsspannungen

[Quelle: AG Konstruktion]
(Spannungen: auf die Geometrie bezogene Belastung;
z. B. innere Kräfte pro Fläche)

…die ihrerseits elastische oder plastische Verformungen zur Folge haben.


• Verlängerungen, Verkürzungen, Querkontraktionen, Durchbiegungen, Schiebungen oder
Verdrehungen.

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Belastung

a. Was wird unter Belastung verstanden?


• Von außen auf das Bauteil wirkende Lasten, wie Kräfte und Momente.

b. Was bewirken Belastungen?


• Innere Kräfte und Momente (Zug, Druck, Schub, Biegung, Torsion), auch
Schnittgrößen (Schnittlasten) genannt.

[Quelle: Gross, Hauger, Schröder, Wall: „Technische Mechanik 1“]

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Beanspruchung

a. Was wird unter Beanspruchung verstanden?


• Die aus inneren Kräften und Momenten resultierenden Spannungen im Bauteil
▪ Normalspannungen infolge von Zug, Druck, Biegung
▪ Schubspannungen infolge von Querkräften, Torsion

b. Was bewirken Beanspruchungen?


• Elastische oder plastische Deformationen
(Dehnung, Stauchung, Querkontraktion, Durchbiegung, Verdrillung)

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Grundlagen der technischen Mechanik

Die Beanspruchungen und Verformungen können mit Hilfe von


Schnittlasten, die die Belastungen des abgeschnittenen Teils im
Gleichgewicht halten, berechnet werden.

Schnitt- und Erstarrungsprinzip


Die inneren Kräfte ermittelt man durch Schneiden. Ein freigeschnittenes
System darf wie ein starrer Körper behandelt werden.

Gegenwirkungsgesetz (Newton 1687)


Das Gegenwirkungsgesetzt actio = reactio besagt, dass Kraftwirkungen
immer wechselseitig zwischen zwei Körpern auftreten.

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Modellbildung
Idealisierung und Reduktion auf eine Balkenstruktur

Beispiel
𝑎1 = 1,5 𝑚
𝑎2 = 3,5 𝑚
𝐹 = 800 𝑁

𝛼 = 30°
𝑭

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Lagerarten
Technische Systeme stehen mit ihrer Umwelt in Kontakt. An diesen Kontaktstellen
entstehen Reaktionskräfte, die von der Art der Lagerung abhängig sind.

Bezeichnung Schematische Darstellung Aufnehmbare Kräfte


Loslager
Vertikal

V
Festlager Vertikal
H Horizontal

V
M Vertikal
Feste Einspannung H Horizontal
Moment
V

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Freischneiden
Idealisierung und Reduktion auf eine Balkenstruktur

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Kräfteprojektion und Auflagereaktionen
Beispiel:

Trigonometrie!

y + 𝑭
𝑭𝒚 𝐹 = 800 𝑁
x
𝐹𝑦 = 𝐹 ⋅ cos (𝛼)
𝐹𝑥 = 𝐹 ⋅ sin (𝛼)
𝑨𝒙 𝑭𝒙
𝑩𝒚 𝐹𝑦 = 692,8 𝑁
𝑨𝒚
a1 a2 𝐹𝑥 = 400 𝑁

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Auflagerberechnung
Beispiel:
y +
𝑭𝒚
x 𝑎1 = 1,5𝑚
𝑎2 = 3,5𝑚
𝑨𝒙 𝑭𝒙 𝐹𝑦 = 692,8𝑁
𝑨𝒚 𝑩𝒚 𝐹𝑥 = 400𝑁
a1 a2

Auflagerreaktionen

෍ 𝑀𝑧𝐴 = 0 = 𝐵𝑦 ⋅ 𝑎1 − 𝐹𝑦 (𝑎1 + 𝑎2 )
𝑎1 +𝑎2 5𝑚
𝐵𝑦 = 𝐹𝑦 ⋅ = 692,8𝑁 ⋅ = 2.310𝑁
𝑎1 1,5𝑚
෍ 𝐹𝑦 = 0 = 𝐴𝑦 + 𝐵𝑦 − 𝐹𝑦 𝐴𝑦 = 𝐹𝑦 − 𝐵𝑦 = −1.616𝑁

෍ 𝐹𝑥 = 0 = 𝐴𝑥 − 𝐹𝑥 𝐴𝑥 = 400𝑁

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Schnittlastenberechnung
Bereiche
werden eingeführt, wo sich die Geometrie oder die Belastung ändert
In jedem Bereich wird eine neue (Lauf)-Koordinate xi eingeführt.
y Bereich 1 Bereich 2
+
x1 x2
x 𝑭𝒚

𝑨𝒙 𝑭𝒙
𝑨𝒚 𝑩𝒚
a1 a2

Schnittufer 𝑭𝒚
x (a1+a2)-x
M(x M(x
) )
𝑨𝒙 𝑭𝒙
N(x N(x
𝑨𝒚 Q(x ) ) Q(x 𝑩𝒚
)
linkes Schnittufer )
rechtes Schnittufer
positives Schnittufer negatives Schnittufer

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Schnittlastenberechnung
Bereich 1: 0 < 𝑥1 < 𝑎1

y + x1 Q1(x1)
N1(x1) 𝐴𝑥 = 400𝑁
x
𝐴𝑦 = −1.616𝑁
𝑨𝒙
Mz1(x1) 𝐵𝑦 = 2.310𝑁
𝑨𝒚
a1 a2

Kräftegleichgewicht: Schnittlasten im Bereich 1:


෍ 𝐹𝑥 = 0 = 𝐴𝑥 + 𝑁1 (𝑥1 ) 𝑁1 𝑥1 = −𝐴𝑥 = −400𝑁
𝑄1 (𝑥1 ) = −𝐴𝑦 = 1.616𝑁
෍ 𝐹𝑦 = 0 = 𝐴𝑦 + 𝑄1 (𝑥1 )
𝑀𝑧1 𝑥1 = 𝐴𝑦 ⋅ 𝑥1

෍ 𝑀𝑧 = 0 = 𝑀𝑧1 𝑥1 − 𝐴𝑦 ⋅ 𝑥1 𝑀𝑧1 𝑥1 𝑚𝑎𝑥 = −1.616𝑁 ⋅ 1,5𝑚 = −2.424𝑁𝑚

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Schnittlastenberechnung
Bereich 2: 0 < 𝑥2 < 𝑎2

y + x2 Q2(x2)
N2(x2) 𝐴𝑥 = 400𝑁
x
𝐴𝑦 = −1.616𝑁
𝑨𝒙 Mz2(x2)
𝑨𝒚 𝑩𝒚 𝐵𝑦 = 2.310𝑁
a1 a2

Kräftegleichgewicht: Schnittlasten im Bereich 2:


𝑁2 𝑥2 = −𝐴𝑥 = −400𝑁
෍ 𝐹𝑥 = 0 = 𝐴𝑥 + 𝑁2 (𝑥2 )
𝑄2 𝑥2 = −𝐴𝑦 − 𝐵𝑦 = −693𝑁
෍ 𝐹𝑦 = 0 = 𝐴𝑦 + 𝐵𝑦 + 𝑄2 (𝑥2 ) 𝑀𝑧2 𝑥2 = 𝐴𝑦 𝑎1 + 𝑥2 + 𝐵𝑦 ⋅ 𝑥2

෍ 𝑀𝑧 = 0 = 𝑀𝑧2 𝑥2 − 𝐴𝑦 𝑎1 + 𝑥2 − 𝐵𝑦 ⋅ 𝑥2
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Seite 25
Grafische Darstellung der Schnittlasten

Mechanisches Ersatzmodell
𝑨𝒙 𝑭𝒙
𝑨𝒚 𝑩𝒚 𝑭𝒚
a1 a2

𝑭 [𝑵]
x
Normalkraftverlauf 𝑭𝑵 = −𝟒𝟎𝟎 𝑵

𝑭 [𝑵]
𝑭𝑸 = −𝑨𝒚 = 𝟏. 𝟔𝟏𝟔 𝑵 𝑩𝒚 = 𝟐. 𝟑𝟎𝟗 𝑵

Querkraftverlauf x
𝑭𝒚 = 𝟔𝟗𝟑 𝑵

𝑴 [𝑵𝒎]
Biegemomentenverlauf x

𝑴 = −𝟐. 𝟒𝟐𝟒 𝑵𝒎

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Untersuchung der Festigkeit
Von den Schnittlasten zu den auftretenden Beanspruchungen
Teil3

Prof. Dr.-Ing. Henning Meyer | AG Konstruktion | Festigkeit


Berechnung statischer bestimmter Wellen und Achsen

Auflagerkräfte und
Momente

Schnittlasten

Spannungen
Vergleichsspannungen

Sicherheit

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Grafische Darstellung der Schnittlasten

Mechanisches Ersatzmodell
𝑨𝒙 𝑭𝒙
𝑨𝒚 𝑩𝒚 𝑭𝒚
a1 a2

𝑭 [𝑵]
x
Normalkraftverlauf 𝑭𝑵 = −𝟒𝟎𝟎 𝑵

𝑭 [𝑵]
𝑭𝑸 = −𝑨𝒚 = 𝟏. 𝟔𝟏𝟔 𝑵 𝑩𝒚 = 𝟐. 𝟑𝟎𝟗 𝑵

Querkraftverlauf x
𝑭𝒚 = 𝟔𝟗𝟑 𝑵

𝑴 [𝑵𝒎]
Biegemomentenverlauf x

𝑴 = −𝟐. 𝟒𝟐𝟒 𝑵𝒎

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Zusammenhang Biegemoment und Querkraft

x
M(x
)
𝑨𝒙
N(x
𝑨𝒚 Q(x )
)
linkes Schnittufer
positives Schnittufer

„x-y-Konvention“ „x-z-Konvention“
x Q (x) x Q (x)
y z
y + N(x) N(x)
x
x 𝑨𝒙 + 𝑨𝒙
Mz(x) z My(x)
𝑨𝒚 𝑨𝒛

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Zusammenhang Biegemoment und Querkraft
„x-y-Konvention“ „x-z-Konvention“
x Qy(x) x Qz(x)
y + N(x) N(x)
x
x + A
A z My(x)
Mz(x)

𝐴 𝐴
෍ 𝑀𝑏𝑧 = 𝑄𝑦 𝑥 ⋅ 𝑥 + 𝑀𝑧 𝑥 = 0 ෍ 𝑀𝑏𝑦 = −𝑄𝑧 𝑥 ⋅ 𝑥 + 𝑀𝑦 𝑥 = 0

⟹ 𝑀𝑧 𝑥 = −𝑄𝑦 𝑥 ⋅ 𝑥 ⟹ 𝑀𝑦 𝑥 = 𝑄𝑧 𝑥 ⋅ 𝑥
Für Q y x = 𝑐𝑜𝑛𝑠𝑡. = 𝑄𝑦 Für Q z x = 𝑐𝑜𝑛𝑠𝑡. = 𝑄𝑧
𝑑𝑀𝑧 𝑥 𝑑𝑀𝑦 𝑥
gilt: = −𝑄𝑦 gilt: = 𝑄𝑧
𝑑𝑥 𝑑𝑥

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Zug-/Druckbelastung
Belastung: Zug -/ Druckkräfte (Fz,d)
Kraft 𝐹𝑧𝑑 senkrecht auf Querschnittsfläche A Fz,d
bewirkt Normalspannung

Beanspruchung
Definition der Zug/Druck-Spannung:

𝐹 𝑁 A
𝜎𝑧𝑑 =
𝐴 𝑚𝑚2 Spannungs-
 zd
verteilung
𝝈: konstanter Verlauf, solange A = const.

Vereinbarung
+ F ➔ Zugspannungen sind positiv

- F ➔ Druckspannungen sind negativ Fz,d


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Seite 32
Spannungsverteilung bei Biegebelastung

𝑴𝒃 𝑴𝒃

𝑴𝒃 𝑴𝒃

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Biegebelastung

Das Biegemoment Mb bewirkt eine Biegespannungen σb


Die Biegespannung ist im Balkenquerschnitt Spannungs-
verteilung
proportional zur Entfernung z von der neutralen 𝑴𝒃 𝑴𝒃
Druck
Faser. In der oberen Randfaser entsteht die
größte Druck-Spannung, in der untersten Randfaser b
die größte Zug-Spannung.
Die Biegespannung ist auch eine Normalspannung. A
Zug

Vereinbarung Neutrale Faser

Gestreckte Fasern ➔ Zugspannungen


Gestauchte Fasern ➔ Druckspannungen

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Seite 34
Biegemoment und Biegespannung
Belastung - Biegung

Biegemoment Mb im Querschnitt bewirkt Biegespannungen 𝜎𝑏


Biegespannung ist eine Normalspannung.
Spannungs-
verteilung
Beanspruchung 𝑴𝒃 𝑴𝒃
Druck

Maximale Biegespannung b

𝑀𝑏 𝑁
𝜎𝑏 𝑚𝑎𝑥 = A
𝑊𝑏 𝑚𝑚2 Zug

Vereinbarung Neutrale Faser


Gestreckte Fasern ➔ Zugspannungen
Gestauchte Fasern ➔ Druckspannungen

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Seite 35
Schubbelastung
(bei langen schlanken Balken vernachlässigbar)
Kraft Fq parallel zur Querschnittsfläche
erzeugt Querkraftschubspannungen t𝑞 in 𝑭𝒒
Querschnittsebene.
tq
Beanspruchung
A
Definition der mittleren Querkraftschubspannung

𝐹𝑞 𝑁
𝜏𝑞 =
𝐴𝑆 𝑚𝑚2

Querschubspannungen tq sind parabolisch über die Fläche


tq Spannungs-
verteilung
A verteilt. Für die Berechnung werden sie näherungsweise
linearisiert.
Ein Balken gilt als lang und schlank, wenn seine Länge ca. Spannungsvektoren liegen in
10 mal so groß ist, wie seine Querabmessungen. In diesem Querschnittsfläche
Fall kann die Spannung aus Querkraftschub vernachlässigt
werden (Fehler < 3%).
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Seite 36
Torsionsbelastung
Belastung: Torsion
• Senkrecht zur Querschnittebene A wirkendes
Drehmoment (Torsionsmoment) bewirkt eine
Torsionsspannung tt 𝑴𝒕 𝑴𝒕
• Torsionsspannungen sind Schubspannungen,
die in der Querschnittebene liegen

Beanspruchung neutrale Faser


𝑴𝒕
Maximale Torsionsschubspannung A

𝑀𝑡 𝑁
𝜏𝑡 𝑚𝑎𝑥 =
𝑊𝑡 𝑚𝑚2 𝑴𝒕

Spannungs-
t t verteilung
• In der neutralen Faser ist die Spannung tt =0
• Die Spannungen sind in der Randfaser maximal

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Seite 37
Widerstandsmomente
Maß für den Widerstand gegen die resultierende Verformung eines
Biege- / Torsionsmomentes aufgrund des Querschnitts
𝐼 𝐹𝑙ä𝑐ℎ𝑒𝑛𝑡𝑟ä𝑔ℎ𝑒𝑖𝑡𝑠𝑚𝑜𝑚𝑒𝑛𝑡
Allgemeine Definition: Widerstandsmoment 𝑊 = =
𝑒 𝑚𝑎𝑥. 𝑅𝑎𝑛𝑑𝑓𝑎𝑠𝑒𝑟𝑎𝑏𝑠𝑡𝑎𝑛𝑑

Axiales Widerstandsmoment Polares Widerstandsmoment


für Biegung um die y-Achse für Torsion
D
d
𝜋 𝐷 4 − 𝑑4
ℎ2
𝑏⋅ 𝑊𝑝 = ⋅
h y 𝑊𝑦 = 16 𝐷
6

b Hohlwelle auf Biegung:


𝜋 𝐷 4 − 𝑑4
(Bsp. Rechteckiger Biegebalken) (Bsp. Hohlwelle) 𝑊𝑏𝑦 = ⋅
32 𝐷
 Größeres Widerstandsmoment durch Verlagern von Flächen nach außen!
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Seite 38
Berechnung statischer bestimmter Wellen und Achsen

Auflagerkräfte Abmessungen /
und Momente Querschnitte

Flächenträgheitsmomente
Schnittlasten
und Widerstandsmomente

Spannungen

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Seite 39
Berechnung statischer bestimmter Wellen und Achsen

Auflagerkräfte Abmessungen /
und Momente Querschnitte

Flächenträgheitsmomente
Schnittlasten
und Widerstandsmomente

Spannungen
Materialkennwerte

Sicherheit

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Seite 40
Untersuchung der Festigkeit
Ermittlung der zulässigen Spannungen
Teil 4
Prof. Dr.-Ing. Henning Meyer | AG Konstruktion | Festigkeit
Aufbau und Vorgehensweise beim Zugversuch

• Herstellung eines Probestabs; z.B. aus S235JR


Belastung mittels einer hydr. Zugprüfmaschine
F

Querschnitts-
fläche
𝐴 Länge
𝑙
[Quelle: MPM, TU Berlin ]

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F
Seite 42
Aufbau und Vorgehensweise beim Zugversuch

• Herstellung eines Probestabs; z.B. aus S235JR


• Belastung mittels einer hydr. Zugprüfmaschine F
• Einachsige quasistatische Beanspruchung
• Kontinuierliche Messung der Zugkraft
• Messung der Längung ∆l der Probe

𝐹 Δ𝑙
Spannung 𝜎= Dehnung 𝜖 = Querschnitts-
𝐴 𝑙 fläche
𝐴 Länge
𝑙
Zusammenhang im Spannungs-Dehnungs-Diagramm

𝜎 = 𝑓(𝜖)

F
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Seite 43
Vergleichsspannungshypothese

Ermittlung der ertragbaren Beanspruchung:


Zugversuche zur Ermittlung der Werkstoffeigenschaften in Bezug auf ertragbare
einachsige Beanspruchung.
Zugprobe

[http://www.mpm.tu- [http://www.rime.de/wiki/spannungs-dehnungs-
berlin.de/fileadmin/_processed_/b/bc/csm_Hydro_Instron_edit_aa82da1c55.jpg diagramm/
Letzter Zugriff: 04.12.2016] Letzter Zugriff: 04.12.2016]

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Seite 44
Spannungs-Dehnungs-Diagramm

𝜎 𝑅𝑚 𝜎 ≤ 𝑅𝑒 , 𝑅𝑝0,2
Bruch
𝑅𝑒𝐻 • Linear-elastisches Verhalten
Streckgrenze • Es gilt das HOOKE´sche Gesetz:
𝑅𝑒𝐿
𝜎
Elastizitätsmodul 𝐸 = tan 𝛼 =
𝜖

tan 𝛼 = 𝐸 𝜎 > 𝑅𝑒 , 𝑅𝑝0,2


• Keine Linearität mehr
𝛼 𝜖 • Bei Entlastung bleibende Dehnung
𝛼 - Steigungswinkel im linearen Bereich • Weitere Belastung bis zum Bruch
𝑅𝑒𝐿 - untere Streckgrenze
𝑅𝑒𝐻 - obere Streckgrenze
𝑅𝑚 - Zugfestigkeit
𝑅𝑝0,2 - 0,2 %-Dehngrenze: 0,2 % bleibende Dehnung im entlasteten Zustand

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Seite 45
Spannungs-Dehnungs-Diagramm unterschiedlicher
Werkstoffe

[Quelle: Steinhilper/Röper: Maschinen- und Konstruktionselemente]


A

Kennwerte aus Spannungs-Dehnungs-Diagramm


𝑅𝑚 Bruchfestigkeit
𝐸 Elastizitätsmodul
𝑅𝑒 /𝑅𝑝0,2 Fließgrenze (Streck-/Dehngrenze)
𝐴 Bruchdehnung (bleibende Verlängerung nach dem Bruch, 𝐿𝐵/𝐿0)
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Seite 46
Vereinfachter Festigkeitsnachweis
Ähnliche Bauteile und gleiche Belastungsart

Einachsige Bauteilbeanspruchung Einachsiger Werkstoffkennwert K


Fließgrenze, Zugfestigkeit,

F F Zug-Druck-Wechselfestigkeit

F F

K K

Versagensbedingung
𝜎𝑣 = 𝐾
Vergleichsspannung
Festigkeitsbedingung
𝐾
𝜎 ≤ 𝜎𝑧𝑢𝑙 =
𝑆
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Seite 47
Vereinfachter Festigkeitsnachweis
Mehrachsige Belastung, vergleichbares Bauteil
Mehrachsige Bauteilbeanspruchung Einachsiger Werkstoffkennwert K
z.B. biege- und torsionsbeanspruchte Welle Fließgrenze, Zugfestigkeit,
Zug-Druck-Wechselfestigkeit
𝑀𝑏 𝑀𝑏

F F
𝑀𝑡 𝑀𝑡
K K

Versagenshypothesen Versagensbedingung
• Fließen 𝑅𝑝0,2
𝜎𝑣 = 𝐾
• Bruch 𝑅𝑚 ,
𝜏 • Ermüdung 𝜎𝑤
𝜎 𝜎 𝜎 𝜎 Festigkeitsbedingung
𝐾
𝜎𝑣 𝜎 ≤ 𝜎𝑧𝑢𝑙 =
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𝑆
Seite 48
Vergleichsspannungshypothese

Allgemeine Annahmen zu den Versagenshypothesen:

• Zur Berechnung einer einachsigen Vergleichsspannung, die den gleichen


Anstrengungsgrad bezüglich des Werkstoffes bewirkt,
wie der mehrachsige Zustand

• Notwendig für zusammengesetzte Beanspruchungen ( und t)

• Ermöglichen einen Vergleich mit den Werkstoffkennwerten

• Charakteristisch für das Festigkeitsverhalten von Werkstoffklassen

• Nicht beweisbar d.h. empirische Modelle; aber zum Teil analytisch begründbar (vgl.
Vorlesung Statik und elementare Festigkeitslehre)

• Sind in der Praxis geprüft

• Sind auch für dreidimensionale Fälle ableitbar (dann Formulierung über


Hauptspannungen)

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Seite 49
Vergleichsspannungshypothese

Bei zusammengesetzter Beanspruchung:


Die Von-Mises-Vergleichsspannung überführt einen räumlichen
in einen einachsigen Spannungszustand, die Vergleichsspannung.

v = (  zd +  b ) 2 + 3 t t2

 zul
S vorh =
v

[https://de.wikipedia.org/wiki/Vergleichsspannung#/medi
a/File:Vergleichsspannung.gif
Letzter Zugriff: 04.12.2016]

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Seite 50
Vergleichsspannungshypothesen – für den
zweiachsigen (ebenen) Spannungszustand
1. Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie (v. Mises)
Hiernach tritt Bruch oder Fließen ein, wenn die spezifische
Gestaltänderungsenergie einen Höchstwert erreicht hat.

𝜎𝑣 = 𝜎𝑧𝑑 + 𝜎𝑏 2 + 3 ⋅ 𝜏𝑡2

[Quelle: DIN 743 „Festigkeit von Wellen und Achsen“]


2. Hypothese der größten Normalspannung (Rankine)
Hiernach tritt bei sprödem Material Versagen durch Sprödbruch ein, wenn die
maximale Normalspannung einen kritischen Wert erreicht.
2
𝜎𝑥 + 𝜎𝑦 𝜎𝑥 + 𝜎𝑦 2
𝜎𝑣𝑁𝐻 = + + 𝜏𝑥𝑦
2 2
3. Hypothese der größten Schubspannung (Tresca, Coulomb)
Bei zähem Material tritt Versagen durch Fließbruch ein. Es gilt: 𝜎𝑣 = 2 ⋅ 𝜏𝑚𝑎𝑥

2 2
𝜎𝑣𝑆𝐻 = 𝜎𝑥 − 𝜎𝑦 + 4 ⋅ 𝜏𝑥𝑦
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Seite 51
Vergleich des Versagenshypothesen

• Vor allem bei Biegung und Torsion zeigen Schubspannungshypothese und v. Mises
Hypothese starke Ähnlichkeit

• Die mit Hilfe der Schubspannungshypothese ermittelten Abmessungen liegen höher


als die mit der v. Mises Hypothese ermittelten und sind etwas zu hoch

• In der Praxis wird für feinkörnige duktile Materialien (z. B. Stahl oder Aluminium-
Werkstoffe) daher oft mit der v. Mises Hypothese gearbeitet

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Seite 52
Sicherheiten

• Die Rechenmodelle beinhalten immer Ungenauigkeiten.


• Viele Größen, die in die Berechnungen eingehen, können nicht exakt bestimmt
werden. Insbesondere die Materialwerte schwanken in gewissen Grenzen.

𝝈𝒛𝒖𝒍 ≥ 𝝈𝒗𝒐𝒓𝒉 𝝈𝒛𝒖𝒍 ≥ 𝑺𝒎𝒊𝒏 ⋅ 𝝈𝒗𝒐𝒓𝒉

• Zur Berücksichtigung der Unsicherheiten wird eine Sicherheitszahl eingeführt.


• Die genaue Größe hängt vom jeweiligen Anwendungsfall, dem verwendeten
Rechenverfahren, den möglichen Folgen etc. ab.

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Seite 53
Berechnung statischer bestimmter Wellen und Achsen

Auflagerkräfte Abmessungen /
und Momente Querschnitte

Flächenträgheitsmomente
Schnittlasten
und Widerstandsmomente

Spannungen
Vergleichsspannungen
Materialkennwerte

Sicherheit

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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!

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