Statistics Explained

Archive:Zahlungsbilanzstatistik

Datenauszug vom April 2017. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank. Die deutsche Sprachversion dieses Artikels wurde im Juli 2018 archiviert.
Abbildung 1: Leistungsbilanz, EU-28, 2006-2016
(in Mrd. EUR)
Quelle: Eurostat (bop_eu6_q)
Abbildung 2: Leistungsbilanzsaldo gegenüber ausgewählten Partnern, EU-28, 2016
(in Mrd. EUR)
Quelle: Eurostat (bop_eu6_q)
Abbildung 3: Hauptkomponenten des Leistungsbilanzsaldos, 2016
(in % des BIP)
Quelle: Eurostat (bop_gdp6_q) und die Schweizerische Nationalbank.
Tabelle 1: Hauptkomponenten des Leistungs- und des Vermögensübertragungsbilanzsaldos, 2016
(in Mrd. EUR)
Quelle: Eurostat (bop_eu6_q) und (bop_c6_q)
Abbildung 4: Intra-EU-Anteil am Handel mit Waren und Dienstleistungen, 2016
(in % der übrigen Welt)
Quelle: Eurostat (bop_eu6_q) und (bop_c6_q)
Abbildung 5: Kapitalbilanzsaldos, 2016
(in % des BIP)
Quelle: Eurostat (bop_eu6_q)
Tabelle 2: Hauptkomponenten des Kapitalbilanzsaldos gegenüber der übrigen Welt, 2016
(in Mrd. EUR)
Quelle: Eurostat (bop_eu6_q) und (bop_c6_q)

Die Zahlungsbilanz erfasst alle wirtschaftlichen Transaktionen zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Einheiten in einem bestimmten Zeitraum. In diesem Artikel werden Daten zur Leistungs- und Kapitalbilanz als Bestandteile der Zahlungsbilanz für die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten anhand des neuen Standards für die Erstellung von Statistiken, der sechsten Ausgabe des Zahlungsbilanzhandbuchs (BPM6) (auf Englisch) des IWF, dargestellt.

Der Saldo der Leistungs- und der Vermögensübertragungsbilanz gibt Aufschluss über die Stellung einer Volkswirtschaft gegenüber der übrigen Welt, während die Kapitalbilanz die zugrunde liegende Finanzierung beleuchtet. Im Idealfall entspricht der Saldo der Leistungs- und Vermögensübertragungsbilanz der Gesamt-Netto-Kapitalbilanz; andernfalls sind Fehler und Auslassungen enthalten.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Leistungsbilanz

Der Leistungsbilanz-Überschuss der EU-28 belief sich 2016 auf 258,5 Mrd. EUR (siehe Abbildung 1); das entspricht 1,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Vergleich dazu lag der Leistungsbilanzüberschuss 2015 bei 175,5 Mrd. EUR. Die jüngsten Entwicklungen der Leistungsbilanz der EU-28 weisen auf eine Fortsetzung des seit 2008 erkennbaren Musters hin: Nachdem das Leistungsbilanz-Defizit 2008 mit 2,1 % des BIP einen Höchststand erreicht hatte, ging es allmählich zurück und verwandelte sich 2012 in einen Überschuss von 0,6 % des BIP; 2014 lag der Überschuss bei 1,0 % und 2015 bei 1,2 % des BIP. Der Leistungsbilanzüberschuss der EU-28 für 2016 basiert auf robusten Überschüssen in den Teilbilanzen für Waren (1,2 % des BIP), Dienstleistungen (0,9 % des BIP) und in geringerem Umfang auch Primäreinkommen (0,2 % des BIP), während die Bilanz der Sekundäreinkommen mit -0,5 % des BIP leicht negativ ausfiel (siehe Abbildung 3).

Das höchste Leistungsbilanzdefizit gegenüber den in Abbildung 2 aufgeführten Partnerländern und -regionen verzeichnete die EU-28 im Jahr 2016 mit 112,5 Mrd. EUR im Handel mit China, gefolgt von Russland (19,3 Mrd. EUR) und Japan (6,6 Mrd. EUR). Die höchsten Leistungsbilanzüberschüsse wurden gegenüber den Vereinigten Staaten (164,8 Mrd. EUR) und der Schweiz (53,7 Mrd. EUR) erzielt. Kleinere Überschüsse wies die Bilanz gegenüber Brasilien, Hongkong, Kanada und Indien aus.

Zehn Mitgliedstaaten meldeten 2016 Leistungsbilanzdefizite, während 18 Länder Überschüsse verzeichneten (siehe Abbildung 3 und Tabelle 1). Die höchsten Defizite (im Verhältnis zum BIP) meldeten Zypern (5,3 %) und das Vereinigte Königreich (4,4 %), während die Niederlande und Deutschland die höchsten Leistungsbilanzüberschüsse im Verhältnis zum BIP verzeichneten (8,4 % bzw. 8,3 %), gefolgt von Dänemark (8,1 %) und Malta (7.9 %). Den weitaus größten Leistungsbilanzüberschuss erzielte Deutschland mit 261,4 Mrd. EUR.

Ein Blick auf die einzelnen Teilbilanzen zeigt, dass der Leistungsbilanzüberschuss der EU-28 gegenüber der übrigen Welt eine robuste Grundlage in den positiven Salden der Waren- und Dienstleistungsbilanz (174,4 Mrd. EUR bzw. 130,2 Mrd. EUR) und in geringerem Umfang auch der Primäreinkommen (32,2 Mrd. EUR) hat (siehe Tabelle 1). In absoluten Zahlen waren Deutschland (271,7 Mrd. EUR), Irland (103,0 Mrd. EUR), die Niederlande (78,5 Mrd. EUR) und Italien (60,7 Mrd. EUR) die führenden Nettoexporteure von Waren in andere Staaten, während mehr als die Hälfte, nämlich 15 der 28 Mitgliedstaaten im Jahr 2016 negative Warenbilanzsalden auswiesen. Von diesen Ländern ist das Vereinigte Königreich der größte Nettowarenimporteur (163,6 Mrd. EUR). Die führenden Nettoexporteure von Waren waren 2016 andererseits Nettoimporteure von Dienstleistungen und umgekehrt. Während Deutschland (-22.4 Mrd. EUR), Irland (-41.3 Mrd. EUR), die Niederlande (-2.9 Mrd. EUR) und Italien (-3.6 Mrd. EUR) negative Salden ihrer Dienstleistungsbilanz auswiesen, war das Vereinigte Königreich führender Nettoexporteur von Dienstleistungen (118,4 Mrd. EUR) gegenüber der übrigen Welt.

Von den EFTA-Ländern verzeichneten Norwegen (16,4 Mrd. EUR) und die Schweiz (63,8 Mrd. EUR) 2016 beträchtliche Leistungsbilanzüberschüsse. Beide Länder wiesen zudem hohe Überschüsse in der Warenbilanz aus (Schweiz 48,1 Mrd. EUR, Norwegen 13,9 Mrd. EUR), und Norwegen verzeichnete einen beträchtlichen Zustrom von Primäreinkommen (18,2 Mrd. EUR). Die Schweiz erzielte zudem einen Überschuss in der Dienstleistungsbilanz (17,3 Mrd. EUR).

Insgesamt 13 Mitgliedstaaten verzeichneten 2016 Überschüsse in der Warenbilanz, und 23 Mitgliedstaaten verzeichneten Überschüsse in der Dienstleistungsbilanz mit der übrigen Welt (siehe Abbildung 3). Die höchsten relativen Werte wiesen Irland (38,7 % des BIP), die Niederlande (11,3 % des BIP) und Deutschland (8,7 % des BIP) bei Waren sowie Luxemburg (38,0 % des BIP), Malta (30,9 %) und Zypern (21,5 %) bei Dienstleistungen aus. Die führenden Nettoimporteure waren 2016 Zypern (21,5 % des BIP), Malta (18,9 % des BIP) und Kroatien (15,5 % des BIP) für Waren sowie Irland (15,5 % des BIP) für Dienstleistungen.

Durchschnittlich mehr als die Hälfte des Waren- und Dienstleistungshandels der Mitgliedstaaten der EU-28 entfiel 2016 auf Handelspartner innerhalb der EU (siehe Abbildung 4). Den höchsten Anteil hatte der grenzüberschreitende Warenhandel mit EU-Partnern in Luxemburg (81,4 %) und den geringsten Anteil im Vereinigten Königreich (52,1 %) und in Malta (51,0 %). Der grenzüberschreitende Dienstleistungshandel mit EU-Partnern hatte den höchsten Anteil in der Slowakei (81,6 %) und den niedrigsten Anteil in Irland (39,2 %) und Malta (38,0 %).

Vermögensübertragungsbilanz

Traditionell weist die Vermögensübertragungsbilanz der EU-28 mit beträchtlichen Vermögenstransfers an die übrige Welt ein Defizit aus. 2016 setzte sich dieser Trend, wenn auch langsamer, mit einem Defizit von 19,5 Mrd. EUR fort; das entspricht 0,1 % des BIP (siehe Tabelle 1). Diese Entwicklung war im Wesentlichen auf das hohe Defizit der Vermögensübertragungsbilanz in Irland (5,6 Mrd. EUR), Italien (2,1 Mrd. EUR), den Niederlanden (1,8 Mrd. EUR) und im Vereinigten Königreich (2,2 Mrd. EUR) zurückzuführen.

Kapitalbilanz

In die Kapitalbilanz fließen drei Investitionsarten (ausländische Direktinvestitionen (ADI), Wertpapieranlagen und sonstige Anlagen) sowie (Netto-)Finanzderivate und Währungsreserven ein. Forderungen und Verbindlichkeiten werden netto erfasst (Nettoerwerb von Forderungen, Nettoaufnahme von Verbindlichkeiten). Entsprechend wird eine positive Netto-Kapitalbilanz als Nettokreditvergabe an die übrige Welt und eine negative Netto-Kapitalbilanz als Nettokreditaufnahme von der übrigen Welt gewertet.

Insgesamt 20 EU-Mitgliedstaaten waren 2016 Nettokreditgeber an die übrige Welt. Sie wiesen Überschüsse in ihren Nettokapitalbilanzen aus, wobei Malta den höchsten Wert im Verhältnis zum BIP verzeichnete (20,0 % des BIP). Sieben EU-Mitgliedstaaten waren Nettokreditnehmer, darunter Zypern (-5,9 % des BIP) und Schweden (-2,6 % des BIP). Allerdings weist ein Mitgliedstaat (Vereinigtes Königreich) seine Nettobelastung nicht in der Kapitalbilanz aus (siehe Abbildung 5).

Der in absoluten Zahlen weitaus größte Nettokreditgeber der EU-28 war 2016 Deutschland mit 231,3 Mrd. EUR (siehe Tabelle 2). Damit hatte Deutschland einen erheblichen Anteil am Status der EU-28 und des Euroraums als Nettokreditgeber gegenüber der übrigen Welt mit 149,7 Mrd. EUR (EU-28) bzw. 352,7 Mrd. EUR (Euroraum); das entsprach 1,0 % des BIP der EU-28 bzw. 3,3 % des BIP des Euroraums. Dieser Überschuss im Euroraum wurde 2016 durch den Nettoerwerb ausländischer Forderungen in Form von Direktinvestitionen und Wertpapieranlagen (326,7 Mrd. EUR bzw. 395,3 Mrd. EUR) gestützt, der deutlich höher war als die entsprechende Nettoaufnahme von Verbindlichkeiten. Die jüngsten Daten bestätigen zudem, dass Deutschland, Luxemburg, die Niederlande, Irland und das Vereinigte Königreich 2016 am stärksten zur Kapitalbilanz der EU-28 beigetragen haben.

Deutschland wies als größter Nettokreditgeber der EU-28 hohe Werte beim Nettoerwerb von Direktinvestitionen und Wertpapieranlagen aus. 2016 steigerte es mit Dynamik seine Aktivposition gegenüber der übrigen Welt, während es gleichzeitig seine ausstehenden Verbindlichkeiten in Form von Wertpapieranlagen reduzierte (Nettotilgung von 111,3 Mrd. EUR). Demgegenüber hat das Vereinigte Königreich sowohl seine ausstehenden Verbindlichkeiten in anderen Investitionen (Nettotilgung von 149,6 Mrd. EUR) als auch seine Forderungen in Form von Wertpapieranlagen (Nettoverkauf von 198,4 Mrd. EUR) erheblich reduziert, d. h. durch den Verkauf von Wertpapieranlagen wurden seine Verbindlichkeiten in anderen Investitionen (wie ausstehende Darlehen an die übrige Welt) ausgeglichen.

Luxemburg wies sowohl bei der Kreditvergabe als auch bei der Kreditaufnahme durch Wertpapieranlagen und andere Investitionen hohe Werte aus. Daher ergab sich für diese beiden Komponenten der Kapitalbilanz auch ein hoher Wert im Verhältnis zum BIP. Die Nettotransaktionen mit anderen Investitionen erreichten 117,4 Mrd. EUR beim Nettoerwerb von Forderungen (216,6 % des BIP). Eine hohe Investitionstätigkeit war auch bei den Anlageinvestitionen festzustellen: 2016 ergaben höhere Verbindlichkeiten aus Wertpapieranlagen (185,9 Mrd. EUR) und ein geringerer Nettoerwerb von Wertpapieranlagen (65,4 Mrd. EUR) eine Nettokreditaufnahme durch Wertpapieranlagen in Höhe von 120,5 Mrd. EUR. Diese hohe Investitionstätigkeit in Luxemburg wird durch die inländische Investmentfondsindustrie mit erheblichen Spillover-Effekten auf Bewegungen im Anlageportfolio getragen. Dafür waren die Direktinvestitionen 2016 in Luxemburg rückläufig, während sie in den Niederlanden und in Irland erheblich zugenommen haben. Irland verzeichnete einen Nettoerwerb von Direktinvestitionen in Höhe von 93,0 Mrd. EUR und Nettoverbindlichkeiten aus Direktinvestitionen in Höhe von 72,9 Mrd. EUR, während die Niederlande 2016 ihre Direktinvestitionen um 126,3 Mrd. EUR und ihre Verbindlichkeiten aus Direktinvestitionen netto um 72,1 Mrd. EUR erhöhten.

Gegenüber dem vorangehenden Zeitraum verstärkte sich die Investitionstätigkeit in anderen Investitionsbereichen 2016 in der EU-28 erheblich. Der Nettoerwerb sonstiger Anlageinvestitionen stieg auf 240,4 Mrd. EUR und die Nettoaufnahme sonstiger Verbindlichkeiten aus Investitionen auf 164,7 Mrd. EUR, nachdem die Nettotransaktionen im Vorjahr stark zurückgegangen waren. Den größten Beitrag zu dieser neuen Dynamik der Investitionstätigkeit leisteten Deutschland und Frankreich und auch das Vereinigte Königreich mit seinem oben beschriebenen Abbau anderer Verbindlichkeiten aus Investitionen. Dadurch blieb die EU-28 2016 Nettokapitalgeber (z. B. von Darlehen) gegenüber der übrigen Welt (Nettokreditvergabe in Höhe von 0,5 % des BIP).

Bei den Transaktionen mit Finanzderivaten und Mitarbeiteraktienoptionen war die EU-28 2016 ebenfalls Nettokreditgeber (30,2 Mrd. EUR), auch wenn diese nur 0,2 % ihres BIP ausmachten. Die höchsten Überschüsse verzeichneten Deutschland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich, wobei der Wert im Verhältnis zum BIP in Luxemburg besonders hoch war (14,4 %). Dagegen waren die Niederlande Nettokreditnehmer mit einem Defizit von 16,3 Mrd. EUR.

Von den EFTA-Ländern war erwartungsgemäß die Schweiz am stärksten an Finanztransaktionen beteiligt. Die Schweiz und Norwegen und in geringerem Maße auch Island waren 2016 Nettokreditgeber (die Schweiz mit 71,1 Mrd. EUR, Norwegen mit 28,9 Mrd. EUR). Bei den Direktinvestitionen verzeichnete die Schweiz 2016 eine dynamische Entwicklung; der Nettoerwerb von Direktinvestitionen belief sich auf 36,1 Mrd. EUR , während die Verbindlichkeiten aus Direktinvestitionen netto um 15,9 Mrd. EUR reduziert wurden. Island meldete dagegen einen Investitionsabbau bei Wertpapieranlagen mit Defiziten sowohl beim Nettoerwerb von Anlagen (25,6 % des BIP) als auch bei der Nettoaufnahme von Verbindlichkeiten (18,4 % des BIP), nachdem es in den Vorjahren Überschüsse ausgewiesen hatte.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Die wichtigsten methodischen Grundlagen für die Erstellung der Zahlungsbilanzstatistik enthält die sechste Ausgabe des Handbuchs zur Zahlungsbilanzstatistik (BPM6) (auf Englisch) des Internationalen Währungsfonds (IWF). Darin wurden neue internationale Standards entwickelt, zum Teil als Reaktion auf bedeutende wirtschaftliche Entwicklungen wie die wachsende Globalisierung, die zunehmende Innovation und Komplexität der Finanzmärkte und der verstärkte Einsatz von Bilanzen als Instrument zur Untersuchung der Wirtschaftstätigkeit (Aktiv-Passiv-Grundsatz).

Die Übermittlung der Zahlungsbilanzdaten an Eurostat erfolgt nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 184/2005 betreffend die gemeinschaftliche Statistik der Zahlungsbilanz, des internationalen Dienstleistungsverkehrs und der Direktinvestitionen. Die sich aus dem BPM6 ergebenden neuen Datenanforderungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 555/2012 der Kommission vom 22. Juni 2012 und in der Verordnung (EU) Nr. 2016/1013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 184/2005 geregelt.

Im April 2017 standen die ersten vorläufigen Daten für das vierte Quartal 2016 zur Verfügung, auf deren Grundlage die erste Schätzung der Jahresergebnisse für 2016 vorgenommen wurde.

Leistungsbilanz

Die Leistungsbilanz innerhalb der Zahlungsbilanz liefert nicht nur Informationen über den internationalen Warenverkehr (traditionell der größte Bilanzposten), sondern auch über den internationalen Dienstleistungsverkehr sowie die Primär- und Sekundäreinkommen. Die Gesamtheit dieser Transaktionen wird in der Zahlungsbilanz wertmäßig auf der Kreditseite (Ausfuhren) und der Debetseite (Einfuhren) erfasst. Ein positiver Saldo, d. h. ein Leistungsbilanzüberschuss (wie ihn die EU-28 in den Jahren 2015 und 2016 verzeichnete), zeigt an, dass eine Volkswirtschaft durch ihre internationalen Ausfuhrgeschäfte mehr einnimmt, als sie durch Einfuhrgeschäfte mit anderen Volkswirtschaften im Ausland ausgibt, und dass sie somit Nettokreditgeber (Nettoexporteur) gegenüber der übrigen Welt ist.

Die Leistungsbilanz ist Ausdruck der wirtschaftlichen Stellung eines Landes in der Welt. Sie erfasst alle Transaktionen zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Einheiten. Im Einzelnen lassen sich diese Transaktionen gemäß dem BPM6 vier Hauptkomponenten zuordnen:

  • Der internationale Warenverkehr deckt allgemeine Handelswaren, Nettoausfuhren von Waren im Transithandel und Nichtwährungsgold ab. Die Warenein- und ausfuhren werden zum FOB-Wert (FOB – frei an Bord) erfasst, d. h. zu Marktpreisen einschließlich Versicherungsprämien und Transportleistungen bis zur Zollgrenze des Exportlandes. Deshalb muss bei Einfuhren eine FOB-Anpassung erfolgen, damit die beim Transport bis zur Grenze des Einfuhrlandes entstehenden Fracht- und Versicherungskosten abgezogen werden.
  • Zum internationalen Dienstleistungsverkehr gehören: Fertigungsdienstleistungen an Werkstoffen anderer Eigentümer (Waren zur Veredelung), Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten, Transportleistungen, die von EU-Inländern für EU-Ausländer erbracht werden und umgekehrt, einschließlich der Beförderung von Personen oder Waren, sowie Nebenleistungen wie Umschlag, Ver- und Umpacken, Schleppdienste, soweit sie nicht in den Güterbeförderungsleistungen enthalten sind, Lotsen- und Navigationsdienste für Frachter, Luftverkehrskontrolle, Rettungseinsätze, Gebühren usw.; Reiseverkehr, d. h. hauptsächlich Waren und Dienstleistungen, die aus der EU stammende Reisende bei EU-Ausländern erwerben und umgekehrt; sonstige Dienstleistungen, d. h. Bauleistungen, Versicherungs- und Alterssicherungsleistungen, Finanzdienstleistungen, Gebühren für die Nutzung von geistigem Eigentum, a. n. g., Telekommunikations-, EDV- und Informationsdienstleistungen, sonstige unternehmensbezogene Dienstleistungen (d. h. Forschungs- und Entwicklungsleistungen, freiberufliche Dienstleistungen und Managementberatungsleistungen, technische Dienstleistungen, Handelsleistungen und sonstige unternehmensbezogene Dienstleistungen, Dienstleistungen für persönliche Zwecke, für Kultur und Freizeit sowie anderweitig nicht genannte staatliche Leistungen).
  • Das Primäreinkommen umfasst im Wesentlichen drei Arten von Transaktionen: von gebietsansässigen Arbeitgebern an gebietsfremde Arbeitnehmer oder von gebietsfremden Arbeitgebern an gebietsansässige Arbeitnehmer geleistetes Arbeitsentgelt, Vermögenseinkommen aus Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen und sonstigen Anlagen und Währungsreserven sowie sonstige Primäreinkommen (Produktions- und Importabgaben, Subventionen und Pachteinkommen). Unter Vermögenseinkommen fallen Einkommen aus Beteiligungskapital und Anteilen an Investmentfonds (wobei zwischen ausgeschütteten und aufgelaufenen Erträgen unterschieden wird) und Zinserträge aus der Anlage in Schuldverschreibungen, Einlagen oder Krediten sowie Investitionsentnahmen aus dem Einkommen von Quasi-Kapitalgesellschaften.
  • Das Sekundäreinkommen umfasst die laufenden Übertragungen des Staates, z. B. die Zahlung laufender Einkommens- und Vermögensteuern, Sozialbeiträge und Sozialleistungen, Transfers im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit und laufende Transfers im Zusammenhang mit finanziellen und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, privaten Haushalten und Organisationen ohne Erwerbszweck.

Vermögensübertragungsbilanz

Als Teil der Zahlungsbilanz gibt die Vermögensübertragungsbilanz Aufschluss über den Erwerb nichtfinanzieller Forderungen durch Gebietsansässige in der übrigen Welt bzw. durch Gebietsfremde im Inland, beispielsweise durch Anlagen in Immobilien. Dazu gehören auch Vermögenstransfers des Staates, von finanziellen und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, privaten Haushalten und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (und insbesondere auch der Schuldenerlass).

Kapitalbilanz

Die Kapitalbilanz innerhalb der Zahlungsbilanz erfasst alle Transaktionen, bei denen das Eigentum an den Forderungen und Verbindlichkeiten einer Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland wechselt. Die Kapitalbilanz gliedert sich gemäß dem BPM6 in fünf Hauptkomponenten: Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen, Finanzderivate, sonstige Anlagen und Währungsreserven. Alle Komponenten werden jetzt nach dem Aktiv-Passiv-Grundsatz erfasst, womit die vollständige Umsetzung des bilanzbezogenen Ansatzes bei der Erstellung der Kapitalbilanz unterstützt wird. So werden Nettowerte erfasst, bei deren Auslegung der Bruttowert der zugrunde liegenden Transaktionen zu berücksichtigen ist. Der Nettoerwerb von Forderungen ergibt sich aus dem Erwerb neuer Forderungen abzüglich des Abbaus von Forderungen im Berichtszeitraum, während die Nettoaufnahme von Verbindlichkeiten die Begebung neuer Verbindlichkeiten abzüglich der Tilgung ausstehender Verbindlichkeiten beinhaltet. Die positive Differenz aus Nettoforderungen und Nettoverbindlichkeiten wird als Finanzierungsüberschuss und die negative Differenz als Finanzierungsdefizit gegenüber der übrigen Welt bezeichnet.

Bei Direktinvestitionen tätigt ein in einem Wirtschaftsgebiet ansässiger Direktanleger eine Investition, durch die er die Kontrolle eines Unternehmens, das in einem anderen Wirtschaftsgebiet ansässig ist, oder einen erheblichen Einfluss auf die Unternehmensführung erlangt. Innerhalb dieser Klassifikation werden Direktinvestitionen untergliedert in Beteiligungs-/Investmentfondsanteile (plus ggf. reinvestierte Gewinne) und Schuldverschreibungen. Es wird unterschieden nach Transaktionen von Direktinvestoren in Direktinvestitionsunternehmen, Direktinvestoren (Reverse Investment) und internationalen Transaktionen zwischen Schwesterunternehmen, bei denen das Mutterunternehmen, das letztlich die Kontrolle ausübt, gebietsansässig oder gebietsfremd ist. Weitere Aspekte sind dem Artikel über ausländische Direktinvestitionen zu entnehmen.

Wertpapieranlagen sind Transaktionen mit handelbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Transaktionen, die unter die Definition von Direktinvestitionen oder Währungsreserven fallen. Hierbei werden zwei Hauptkomponenten unterschieden: Dividendenpapiere und Schuldverschreibungen (Anleihen und Schuldverschreibungen oder Geldmarktpapiere).

Finanzderivate (ohne Währungsreserven) sind Finanzinstrumente, die an ein bestimmtes anderes Finanzinstrument, einen Indikator oder eine Ware gekoppelt sind und die es ermöglichen, bestimmte Risiken an Finanzmärkten eigenständig zu handeln. Transaktionen mit Finanzderivaten werden als gesonderte Transaktionen und nicht als Bestandteil des Werts der zugrunde liegenden Transaktionen behandelt, an die sie möglicherweise gekoppelt sind. Es wird nur der Nettowert der Forderungen und Verbindlichkeiten aufgeführt.

„Sonstige Anlagen“ ist eine Restkategorie für sämtliche finanziellen Transaktionen, die nicht unter den übrigen Positionen der Kapitalbilanz (Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen, Finanzderivate oder Währungsreserven) erfasst werden. Sie decken im Wesentlichen vier Arten von Instrumenten ab: Bargeld und Einlagen (in der Regel die wichtigste Position), Handelskredite/Vorschüsse, Darlehen sowie sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten.

Währungsreserven sind Forderungen gegenüber dem Ausland, über die die Währungsbehörden verfügen oder die sie kontrollieren. Sie werden zur Finanzierung und Regulierung von Zahlungsbilanzungleichgewichten oder für andere Zwecke eingesetzt.

Kontext

Die EU nimmt beim internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie bei den ausländischen Investitionen eine führende Rolle in der Weltwirtschaft ein. Die Zahlungsbilanzstatistik vermittelt einen umfassenden Überblick über die Außenhandelsgeschäfte der EU und der einzelnen Mitgliedstaaten. Sie kann daher als Instrument zur Analyse der internationalen Verflechtung verschiedener Teile der EU-Wirtschaft herangezogen werden, und sie gibt Aufschluss über die komparativen Vor- und Nachteile im Verhältnis zur übrigen Welt sowie über die makroökonomischen Risiken für die Volkswirtschaft. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gezeigt, wie wichtig die Weiterentwicklung solcher Wirtschaftsstatistiken ist, denn eine bessere Verfügbarkeit von Daten über die weltweite Realwirtschaft und Finanzwirtschaft hätte politischen Entscheidungsträgern und Analytikern bei Ausbruch der Krise möglicherweise geholfen, wenn beispielsweise international vergleichbare Angaben über finanzielle Transaktionen und spezifische Forderungen und Verbindlichkeiten früher vorgelegen hätten.

Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Europäische Kommission neue politische Vorschläge für diesen Bereich vorgelegt, um mit Hilfe von Rechtsvorschriften die Wirtschaft anzukurbeln (z. B. durch den Vorschlag für eine Verordnung über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (COM(2015) 10 final) und regelmäßige Initiativen zur Kalibrierung der makroökonomischen Risiken in den EU-Mitgliedstaaten (wie das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (auf Englisch)) auf den Weg zu bringen. Weitere Einzelheiten zu den Initiativen der Europäischen Kommission und genauere Informationen zu einer Reihe neuer Prioritäten, insbesondere zur Investitionsoffensive für Europa und zum Europäischen Semester (auf Englisch), finden sich auf der Website der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen.

Siehe auch

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Datenbank

Zahlungsbilanz – Internationale Transaktionen (BPM6) (bop_6)

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen und Abbildungen (MS Excel)

Weblinks