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Infektionen der Lunge bei Reiserückkehrern
Infections of the lungs in returning travellers
Abstract
Auf Auslandsreisen kann es zu Infektionen mit Erregern kommen, die in Deutschland nicht endemisch sind. Vor dem Hintergrund einer stetig zunehmenden Reiseaktivität der Bevölkerung gewinnen diese Infektionen bei Reiserückkehrern an Bedeutung. Ältere und vorerkrankte Reisende stellen dabei eine besondere Risikogruppe dar. Die Kenntnis von im Ausland vorkommenden Erregern und typischen Krankheitsbildern ist essenziell, um eine entsprechende Verdachtsdiagnose stellen zu können, insbesondere bei Patienten, bei denen eine erste kalkulierte antibakterielle Therapie ohne Effekt bleibt. Die Erhebung einer detaillierten Reiseanamnese ist entscheidend, um Aufschluss über eine mögliche Exposition gegenüber spezifischen Erregern zu gewinnen und die korrekte Diagnostik in die Wege leiten zu können. Neben Erregern, die primär zu einer Infektion der Lunge führen, müssen differenzialdiagnostisch auch immer nichtpulmonale Infektionen mit einer pulmonalen Begleitsymptomatik, wie beispielsweise Schistosomiasis oder Malaria, in Betracht gezogen werden. Zwei Beispiele von pulmonalen Infektionen, die ausschließlich im Ausland erworben werden können, sind die Melioidose und die Kokzidioidomykose. Während eine pulmonale Manifestation der Melioidose akut und fulminant verlaufen und mit einer hohen Letalität assoziiert sein kann, ist die Kokzidioidomykose primär meist oligosymptomatisch, mit erheblicher Latenz können jedoch pulmonale Manifestationen auftreten, die in ihrer Vielfalt der Tuberkulose oder Malignomen ähneln können.
Abstract
Travellers to foreign countries can acquire infections with pathogens that are not endemic in Germany. In light of the steadily increasing foreign travel these infections in returning travellers are of growing importance. Older travellers and those with underlying diseases constitute a special risk group. The knowledge of pathogens endemic to foreign countries and of the respective clinical picture is essential for determining a suspected diagnosis, especially in patients not responding to a first empirical antibacterial treatment. The documentation of a thorough travel history is crucial for taking a possible exposure to specific pathogens into account and thus for guiding the diagnostic pathway. In addition to pathogens which primarily lead to an infection of the lungs, non-pulmonary infections, which can cause pulmonary symptoms, e.g. schistosomiasis and malaria also have to be considered. Two examples of infectious diseases of the lungs, which can only be acquired abroad, are melioidosis and coccidioidomycosis. While a pulmonary manifestation of melioidosis can take an acute and fulminant course associated with a high mortality rate, coccidioidomycosis primarily presents mostly as oligosymptomatic, but with a substantial latent period can lead to pulmonary manifestations that in their diversity resemble tuberculosis or malignancies.
Viele der in diesem Heft vorgestellten pulmonalen Infektionen werden häufiger im Ausland erworben als in Deutschland. Bestimmte Infektionen werden hingegen ausschließlich aus dem Ausland importiert, da die Erreger in Deutschland nicht vorkommen. Im ersten Teil des Beitrags geben wir einen Überblick über stets importierte Erreger sowie praxisorientierte Vorschläge zum differenzialdiagnostischen Vorgehen. Hiernach stellen wir mit der Melioidose und der Kokzidioidomykose 2 weitere pulmonale Infektionen genauer vor, die ausschließlich im Ausland erworben werden können.
Pulmonale Infektionen bei Reisenden
Fallvignette
Eine 28-jährige Patientin stellte sich wenige Tage nach ihrer Rückkehr von einer 4-wöchigen Reise durch Thailand in der Regenzeit mit hohem Fieber und produktivem Husten vor. Zuletzt hatte sie im Nordosten des Landes an einer mehrtägigen Trekkingtour teilgenommen, wobei auch Reisfelder und überflutete Wege überquert wurden. In der Thoraxröntgenaufnahme zeigte sich ein pneumonisches Infiltrat des linken Oberlappens. Antibiotische Therapien mit Amoxicillin gefolgt von Moxifloxacin bei Verdacht auf eine ambulant erworbene Pneumonie waren erfolglos gewesen, sodass bei persistierender Symptomatik eine diagnostische Bronchoskopie erfolgte. Im Tracheobronchialsekret gelang der kulturelle Nachweis von Burkholderia pseudomallei, sodass die antimikrobielle Therapie auf Ceftazidim umgestellt wurde. Ein in der Umfelddiagnostik detektierter suspekter Verhalt im rechten Leberlappen wurde CT(Computertomographie)-gestützt punktiert, bei putridem Sekret erfolgte in gleicher Sitzung die Anlage einer Drainage. Auch im hier gewonnenen Material wurde kulturell Burkholderia pseudomallei nachgewiesen. Die Patientin entfieberte nach 8 Tagen, und die Drainage konnte entfernt werden. Nach insgesamt 4-wöchiger Gabe von Ceftazidim erfolgte eine Therapie mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol für weitere 3 Monate. Abschließend konnte eine Restitutio ad integrum erzielt werden.
Atemwegsinfektionen treten häufig während oder nach einer Reise auf. Die Zahl der Reisenden stieg bis Anfang 2020 jedes Jahr und wird mutmaßlich in absehbarer Zeit wieder das Niveau von 2019 erreichen, darunter sind immer mehr ältere und vorerkrankte Menschen. Pneumonien werden weltweit meist durch auch in Deutschland typische Erreger wie Pneumokokken, Haemophilus, Mykoplasmen, Legionellen, Influenza oder zuletzt SARS-CoV-2 verursacht. Die größte Problematik stellen hierbei immer häufiger die importierten multiresistenten Bakterien dar, die als Infektionserreger oder persistierende Kolonisation berücksichtigt werden müssen [4, 7].
Bei Reiserückkehrern müssen zudem Erreger in Betracht gezogen werden, die zwar auch in Deutschland vorkommen, im Ausland jedoch wesentlich häufiger zu Infektionen führen, wie beispielsweise Leptospiren, Coxiellen oder Hantavirus. Auch an eine Tuberkulose ist in diesem Kontext zu denken. Zuletzt sind Erreger und Erkrankungen in den Blick zu nehmen, die in Deutschland nicht endemisch sind und somit nur als importierte Fälle auftreten, so unter anderem die Lungenpest, Melioidose oder pulmonale Blastomykose [15]. Bestimmte pulmonale Erkrankungen wie die Kokzidioidomykose können zudem mit einer Latenz von Jahren symptomatisch werden. Nur eine detaillierte Anamnese, auch länger zurückliegende Reisen und Auslandaufenthalte betreffend, kann zur Verdachtsdiagnose einer Infektion durch seltene importierte Erreger führen [14].
Eine Eosinophilie ist oft einziger laborchemischer Hinweis auf importierte parasitäre oder mykotische Infektionen
Gezielte Fragen zur Reiseanamnese geben Aufschluss über eine mögliche Exposition gegenüber spezifischen Erregern (Tab. 1). Im nächsten Schritt ist Kenntnis der lokalen Inzidenz der Erkrankungen sowie deren Inkubationszeit oder mögliche Latenz essenziell, um die Verdachtsdiagnose einer seltenen pulmonalen Infektion nach entsprechender klinischer Präsentation zu stellen. Eine Eosinophilie und deren Ausprägung sind oft einer der wertvollsten nächsten Hinweise auf importierte parasitäre oder mykotische Infektionen, da Klinik und radiologische Veränderungen meist unspezifisch sind [16].
Anamnese | Bedeutung/Hinweis auf Erkrankung |
---|---|
Reisedaten | Korrelation mit Inkubationszeiten, saisonales Auftreten von Infektionen |
Reiseziele (genaue Reiseroute) | Geografische Verbreitung von Erregern |
Impfungen | Differenzialdiagnosen einschränken |
Einnahme von Medikamenten während der Reise | Erfolgte Therapien, effektiv oder uneffektiv |
Krankenhausaufenthalte, medizinische Eingriffe | Vortherapien, Risiko für multiresistente Erreger |
Immunstatus | Besondere Anfälligkeit (u. a. Melioidose, Tuberkulose, Mykosen) |
Konsumierte Nahrung und Flüssigkeiten | Kontamination mit Parasiten (Paragonimiasis, Amöben) |
Hautkontakt mit Süßwasser oder Erdboden | Kontamination mit Erregern (Helminthen, Schistosomiasis, Leptospirose, Hantavirus, Melioidose) |
Tätowierungen, Piercings, i.v.-Drogen, Sexualkontakte | HIV-Infektion |
Kontakte zu Einheimischen, Besuch von Verwandten | Erkrankungscluster (Tuberkulose) |
Tierkontakte (Wildtiere, Nutztiere etc.) | Aviäre Influenza, MERS, Nipah-Virus |
Insektenstiche | Malaria, Dengue, Rickettsiosen, Filariasis |
HIV „human immunodeficiency virus“, MERS „Middle East respiratory syndrome“
Die Tab. 2 gibt einen Überblick über die wichtigsten pulmonalen Infektionen, die nur im Ausland erworben werden können. Bei Reiserückkehrern mit pulmonalen Beschwerden sollten neben einem primären Fokus in der Lunge differenzialdiagnostisch jedoch immer auch nichtpulmonale Infektionen mit begleitenden, oft passageren pulmonalen Symptomen erwogen werden (Tab. 3). Eine eosinophile Pneumonie im Rahmen der Lungenpassage verschiedener Helminten (Löffler-Syndrom) ist als häufigstes Beispiel zu nennen (Abb. 1). Zudem muss bei allen Reiserückkehrern mit unklarer Krankheitssymptomatik nach Aufenthalt in einem Endemiegebiet eine Malaria ausgeschlossen werden. Husten oder Dyspnoe sind regelmäßig zu beobachtende Begleitsymptome der Malaria, die unbehandelt zum Lungenversagen mit ARDS („acute respiratory distress syndrome“) führen kann und die häufigste Todesursache auf Reisen erworbener Infektionen darstellt [14].
Erkrankung/Erreger | Geografische Verbreitung | Epidemiologie/Transmissionsweg | Inkubationszeit | Klinisches Bild/Verlauf | Laborbefunde | Radiologisches Bild | Weitere Diagnostik/Diagnosesicherung | Therapie |
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Bakterien | ||||||||
Lungenpest Yersinia pestis | Nord- und Südamerika, Subsahara-Afrika, Asien | 3248 gemeldete Pestfälle weltweit 2010 bis 2015 (ca. 95 % in Afrika) Transmission primär per inhalationem oder sekundär hämatogen | Wenige Stunden bis 3 Tage | Akuter Verlauf mit Fieber, produktivem Husten, evtl. Hämoptysen, Dyspnoe, Tachypnoe, Thoraxschmerzen, Hypoxie Ohne antibiotische Therapie Mortalitätsrate bis 100 %, mit Therapie ca. 50 % | Leukozytose und Thrombozytopenie | Buntes Bild: bronchopneumonische Infiltrate, Konsolidierungen, Kavitäten, Pleuraergüsse Hiläre/mediastinale Lymphadenopathie | Kultureller Nachweis, PCR, Antigenschnelltest, Antikörpernachweis (nicht für Akutdiagnostik) | Gentamicin + Doxycyclin oder Ciprofloxacin, 10 bis 14 Tage |
Melioidose Burkholderia pseudomallei | Südostasien (v. a. Nordosten Thailands), Northern Territory Australien, vereinzelt Südasien, Subsahara-Afrika | Weltweit ca. 165.000 Erkrankungen/Jahr Transmission über kontaminierte Erde/Oberflächengewässer | 1 bis 21 Tage (latente Infektion möglich) | Akut septisch bis chronisch progredient; Multisystemerkrankung, Pneumonie (häufigste Manifestation), Hautläsionen (Abszesse), ferner Befall innerer Organe, häufig Bakteriämie Mortalitätsrate 10–40 % | Unspezifisch; CRP/PCT erhöht, Leukozytose | Lokale Infiltrate mit Nekrosen, Abszessen oder Kavitäten | Kultureller Nachweis, PCR, Antikörpernachweis von geringem Stellenwert | Initialphase (2 bis 8 Wochen): Ceftazidim oder Meropenem, gefolgt von Eradikationsphase (3 bis 6 Monate): Trimethoprim/Sulfamethoxazol |
Viren | ||||||||
Zoonotische Influenza Influenza-A-Virus | Weltweit, v. a. Asien | Sporadische humane Fälle porciner und v. a. aviärer Influenza (verschiedene Subtypen); A(H7/N9) 2013 bis 2017 >1500 Fälle in China Kontakt zu infizierten Tieren, vereinzelt Mensch-Mensch-Übertragung | 1 bis 5 Tage | Fieber, Husten, Dyspnoe, Kopf- und Gliederschmerzen, evtl. auch gastrointestinale Symptome Hohe ARDS-Rate, Mortalitätsrate bis 40 % | Leukopenie/Lymphopenie, Thrombozytopenie | Diffuse, multilokuläre Infiltrate, Milchglasinfiltrate, Konsolidierungen | PCR, kultureller Nachweis (nur in S3-Labor) | Oseltamivir 5 (bis 10) Tage |
MERS „Middle East respiratory syndrome coronavirus“ | Arabische Halbinsel oder angrenzende Regionen | Seit 2012 ca. 2500 bestätigte Fälle, lokale Ausbrüche auf arabischer Halbinsel Tier-Mensch- oder Mensch-Mensch-Übertragung, Reservoir: Kamele | 2 bis 14 Tage | Asymptomatisch oder grippeähnliche Symptome, >vereinzelt schwere Verläufe mit Pneumonie bis ARDS (>bei Vorerkrankungen) Mortalitätsrate 10–35 % | Unspezifisch | Uni- oder bilaterale Infiltrate | MERS-CoV-Nachweis mittels PCR aus Proben unterer Atemwegen (Sputum, BAL) Nachweis spezifischer Antikörper im Serum im Verlauf | Supportive intensivmedizinische Maßnahmen, keine spezifische Therapie |
Nipah-Virus-Infektion Nipah-Virus | Malaysia, Bangladesch, Indien (Bengalen, Kerala), südliche Philippinen | Periodisch auftretende Ausbrüche Transmission über Fruchtfledermäuse (Reservoir) oder andere infizierte Tiere sowie Mensch-Mensch-Übertragung | 7 bis 40 Tage | Führend Enzephalitis (immer vorhanden), jedoch häufig respiratorische Symptome (Husten, Dyspnoe), ARDS im Verlauf möglich. Beginn mit Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen In ca. 60 % der Fälle foudroyanter Verlauf, Mortalitätsrate 30–40 % | Unspezifisch; CRP erhöht, Leukozyten normwertig | Diffuse bipulmonale Infiltrate. Kopf-MRT: multiple kleine (<5 mm), asymmetrisch verteilte, fokale Läsionen (subkortikal/weiße Substanz) mit Umgebungsödem | Nachweis spezifischer Antikörper im Serum, Direktnachweis mittels PCR im Liquor | Supportive intensivmedizinische Maßnahmen, keine spezifische Therapie |
Pilze | ||||||||
Blastomykose Blastomyces dermatitidis et gilchristii | Vor allem Nordamerika (südöstlich, südzentral, mittlerer Westen), seltener Mittel- und Südamerika, Subsahara-Afrika, Naher Osten | 0,1 und 1,2 Fälle/100.000 Einwohner, Auftreten häufig im Rahmen von Ausbrüchen (z. B. kontaminiertes Nutzwasser) Transmission über Inhalation von Sporen | 3 bis 6 Wochen | Systemische pyogranulomatöse Infektion, Lunge am häufigsten betroffen (>90 % der Fälle) Verlauf als akute oder chronische Pneumonie mit Fieber, produktivem Husten, Dyspnoe; Befall aller Organsysteme möglich | Unspezifisch | Buntes Bild: Infiltrate (alveolär bis miliar), retikonoduläre Zeichnung, „tree-in-bud“, Konsolidierungen, Kavitäten; keine hiläre Lymphadenopathie | Mikroskopischer und kultureller Nachweis, PCR, Antigennachweis in Urin und Serum möglich, Nachweis bedeutet immer Infektion, keine Kolonisation/Kontamination; Serologie ohne Stellenwert | Je nach Schweregrad: liposomales Amphotericin B oder Itraconazol, 6 bis 12 Monate (bei Immunsuppression ggf. lebenslange Suppressionstherapie) |
Histoplasmose Histoplasma capsulatum | USA, Lateinamerika, Afrika, Asien (Indien, China, Südostasien), vereinzelt in Australien und Europa | Vermehrtes Auftreten bei Immunschwäche; Inhalation infektiöser Partikel aus dem Erdreich, gehäuft in Fledermaushöhlen und Hühnerställen | 1 bis 3 Wochen | Häufig asymptomatisch; Fieber, grippeähnliche Symptome, Husten und Thoraxschmerzen Bei schwerem Verlauf Dyspnoe mit diffuser bilateraler Pneumonie bis ARDS möglich | Unspezifisch | Diffuse pulmonale Infiltrate bei schwerer Erkrankung, verkalkte pulmonale Noduli können persistieren, Bronchiektasien und Fibrosierungen bei chronischer Erkrankung | Mikroskopischer und kultureller Nachweis aus Sputum, BAL, Knochenmark oder mittels PCR, Histoplasmaantigen und spezifische Antikörper im Serum | Je nach Schweregrad: liposomales Amphotericin B oder Itraconazol, 6 Wochen bis 24 Monate |
Kokzidioidomykose Coccidioides immitis, Coccidioides posadasii | Südwesten Nordamerikas (insbesondere Kalifornien, Arizona) >Mittel-, Südamerika | Lokal bis 25 % der ambulant erworbenen Pneumonien Reservoir: Erdreich | Akut 1 bis 4 Wochen Persistenz oder Dissemination Monate bis Jahre | Asymptomatisch oder unspezifische Symptome (Fieber, trockener Husten, Schwäche) Vereinzelt schwere Verläufe mit pulmonaler Destruktion (5 %) oder disseminierter Erkrankung (1 %) | Eosinophilie | Hiläre Lymphadenopathie, fokale Infiltrate uni-/bilateral, Pleuraerguss, persistierende pulmonale Noduli bis 4 cm, disseminierte Infiltrate mit Kavernenbildung | Mikroskopischer und kultureller Nachweis aus Sputum, BAL oder Punktion; spezifische Antikörper im Serum | Fluconazol oral Bei schweren Verläufen liposomales Amphotericin B, Therapiedauer: mindestens 6 bis 12 Monate |
Parakokzidioidomykose Paracoccidioides brasiliensis et lutzii | Mittel- und Südamerika (insbesondere Brasilien, Argentinien, Kolumbien) | In Endemiegebieten 50–75 % der Bevölkerung infiziert; aktive Erkrankung bei ca. 2 % nach längerer Exposition Reservoir: Erdreich | Mehrere Wochen bis Jahre | Ulzerationen im Nasen-Rachen-Raum, pulmonale Symptome (trockener Husten, Dyspnoe) bei langer Exposition, Emphysem und Lungenfibrose nach Jahren | Anämie und Eosinophilie | Interstitielle und alveoläre bilaterale Infiltrate, >noduläre Konsolidierungen und Kavernen, emphysematisch-fibrotische Veränderungen | Mikroskopischer und kultureller Nachweis aus Sputum, BAL; spezifische Antikörper im Serum | Itraconazol oral Bei schweren Verläufen liposomales Amphotericin B, Therapiedauer: mindestens 6 bis 12 Monate |
Talaromyces-marneffei-Mykose Talaromyces (früher Penicillium) marneffei | Südostasien (Nordthailand, Südchina, Vietnam, Indonesien, Myanmar) | Auftreten bei relevanter Immunsuppression (z. B. HIV-Infektion mit CD4-Zahl <100/μl), vereinzelt bei Immunkompetenten Reservoir: Bambusratten | Wenige Tage bis Wochen | Multisystemerkrankung, mit pulmonaler Beteiligung, Fieber, Husten, Dyspnoe, Thoraxschmerzen Schwere Verläufe mit ARDS und Multiorganversagen möglich | Anämie und Leukopenie | Diffuse, retikonoduläre Zeichnung oder alveoläre Infiltrate, Kavitäten möglich | Kultureller Nachweis, PCR möglich (wenig verbreitet), Serologie ohne Stellenwert, Kreuzreaktivität im Galactomannan-Antigen-Test | Itraconazol, bei schweren Verläufen initial liposomales Amphotericin B, Therapiedauer: 12 Wochen |
Parasiten | ||||||||
Paragonimiasis (Lungenegel) v. a. Paragonimus westermani | Asien (China, Korea, Japan, Philippinen, Indien), Süd-, Mittelamerika, Afrika | Weltweit ca. 20 Mio. Menschen infiziert Transmission über Verzehr roher Meeresfrüchte, Reservoir: Süßwasserschnecken und -krebse | 2 bis 6 Wochen | Fieber, Dyspnoe, pleuritische Beschwerden, produktiver Husten mit gelblich-bräunlichem Auswurf, Hämoptysen möglich | Eosinophilie | Lokalisierte passagere Infiltrate, Ringstrukturen, Pleuraerguss, bei chronischer Erkrankung Bronchiektasen oder Lungenabszesse | Einachweis in Sputum und Stuhl, spezifische Antikörper im Serum | Praziquantel über 3 Tage |
ARDS „acute respiratory distress syndrome“, BAL bronchoalveoläre Lavage, CRP C-reaktives Protein, CT Computertomographie, HIV „human immunodeficiency virus“, MRT Magnetresonanztomographie, PCR Polymerasekettenreaktion, PCT Procalcitonin
Erkrankung, führende pulmonale Symptomatik | Ätiologie | Klinische Präsentation, typische Befund, Diagnosesicherung |
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Symptombeginn Tage bis Wochen nach Infektion | ||
Eosinophile Pneumonie, Löffler-Syndrom (Abb. 1) | Lungenpassage von Helminthen: Spulwurm (Ascaris lumbricoides) >Hakenwürmer (Necator americanus und Ancylostoma duodenale) oder Zwergfadenwürmer (Strongyloides stercoralis) | Fieber, Husten, geringer Auswurf Flüchtige Infiltrate Eosinophilie Antikörpernachweis, Wurmeier im Stuhl |
Schistosomiasis (Bilharziose) Frühphase Katayama-Fieber | Lungenpassage der im venösen System heranwachsenden Blutegel | Fieber, Husten, Kopf-, Gliederschmerzen Urtikaria, flüchtige Infiltrate Eosinophilie Antikörpernachweis, Wurmeier im Stuhl oder Urin |
Sekundäre pulmonale Hämorrhagie | Leptospirose, Hanta-, Dengue- und andere virale hämorrhagische Fieber | Hämorrhagie und Infiltrate Diffuse Blutungen, schwere systemische Symptomatik, Organversagen Erregernachweis (PCR, Kultur) im Blut |
Interstitielle Pneumonie aufgrund pulmonaler Vaskulitis bei Rickettsiosen (Fleckfieber, Tsutsugamushi-Fieber) | Systemische Reaktion mit Vaskulitis bei Infektion durch Rickettsien oder Orientia tsutsugamushi | Fieber, grippeähnliche Symptome, Hautausschlag Diffuse interstitielle Infiltrate Eschar (Hautläsion durch Stich, übertragende Zecken/Läuse/Milben) Antikörpernachweis |
Malaria Leichte pulmonale Symptomatik bis Lungenversagen und ARDS | Dyspnoe und Tachypnoe bei Kompensation einer metabolischen Azidose, akutes Lungenversagen und ARDS bei komplizierter Malaria mit Schock und Multiorganversagen | Dyspnoe, Husten, Fieber Diffuse Infiltrate bis ARDS Malariaschnelltest, Mikroskopie Blutausstrich und dicker Tropfen |
Tropische pulmonale Eosinophilie (lymphatische Filariasis) Asthma-ähnliche Symptomatik | Hypersensitivitätsreaktion gegenüber Mikrofilarien in Lungenkapillaren (Wuchereria bancrofti, Brugia malayi et timori) | Trockener Husten, anfallsartige Dyspnoe, allgemeine Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust Eosinophilie und erhöhtes IgE Diffuse Infiltrate, Milchglasinfiltrate Antikörpernachweis |
Symptombeginn Monate bis Jahre nach Infektion | ||
Pulmonale Hypertonie und Lungenfibrose bei chronischer Schistosomiasis (Bilharziose) | Chronische pulmonale Vaskulitis durch Mikroembolien und Granulombildung aufgrund von im Blut zirkulierenden Wurmeiern | Luftnot, Leistungsminderung, pulmonale Hypertonie, Cor pulmonale Eosinophilie, Antikörpernachweis Wurmeier im Stuhl oder Urin |
Pleuraerguss, Pleuraempyem, Lungenabszess durch Amöbenleberabszess | Reaktiver Pleuraerguss durch subdiaphragmalen Leberabszess oder nach Durchbruch des Zwerchfells nach Abszessruptur | Rechtsseitiger Pleuraerguss, Empyem oder Abszess Erhöhte Infektparameter Antikörpernachweis, Amöben im Stuhl |
ARDS „acute respiratory distress syndrome“, IgE Immunglobulin E, PCR Polymerasekettenreaktion
Melioidose
Ätiologie und Epidemiologie
Melioidose wird durch das gramnegative Stäbchenbakterium Burkholderia pseudomallei (B. pseudomallei) hervorgerufen. In Endemiegebieten findet sich der Erreger im Boden und in oberflächlichen Wasseransammlungen. Weltweit treten jährlich schätzungsweise 165.000 Erkrankungen auf, wovon 89.000 tödlich verlaufen [11]. Im Nordosten Thailands ist B. pseudomallei v. a. in der Regenzeit ein wesentlicher Erreger von Septikämien mit hoher Letalität [3].
Der Großteil aller dokumentierten Melioidosen wird bei Reiserückkehrern aus Thailand beschrieben
Nach Thailand verzeichnet Australien im Northern Territory die höchsten Erkrankungsraten, gefolgt von Vietnam, Kambodscha, Laos und Malaysia. Einzelfälle wurden zudem aus Südasien oder Subsahara-Afrika berichtet, allerdings ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen [1, 18]. Importierte Fälle sind selten, wobei in Deutschland und anderen europäischen Ländern keine Meldepflicht besteht. Der Großteil aller dokumentierten Fälle ist bei Reiserückkehrern aus Thailand beschrieben worden [9].
Pathogenese
Infektionen entstehen durch Inokulation über Schleimhäute und Wunden sowie durch Ingestion oder Inhalation erregerhaltigen Materials. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch scheint ausgesprochen selten aufzutreten [18]. B. pseudomallei besitzt die Fähigkeit als fakultativ intrazellulärer Organismus in Phagozyten zu persistieren und ähnlich der Tuberkulose ein latentes Infektionsstadium mit Reaktivierungspotenzial zu generieren. Histopathologisch zeigt sich ein buntes Bild, das von Nekrosen bis zu einer granulomatösen Entzündungsreaktion mit Riesenzellnestern reichen kann [18]. Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz, chronische Lungenerkrankungen sowie eine immunsuppressive Therapie prädisponieren für eine Infektion. Bei schätzungsweise 80 % aller an Melioidose erkrankten Menschen liegen ein oder mehrere jener Risikofaktoren vor [17].
Klinisches Bild
Die meisten Infektionen sind vermutlich asymptomatisch. Bei einer symptomatischen Infektion liegt die Inkubationszeit bei wenigen Tagen bis zu 3 Wochen. Das klinische Bild kann von einem akut septischen bis zu einem chronisch schleichenden Verlauf reichen. Letzterer ist selten und geht mit einer protrahierten Symptomatik, bestehend aus Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust, einher. Reaktivierungen latenter Infektionen scheinen nur sehr selten vorzukommen [3].
Am häufigsten präsentiert sich die Melioidose als Pneumonie, entweder akut nekrotisierend oder subakut kavernös (Abb. 2). Letztere Form stellt eine wichtige Differenzialdiagnose der Tuberkulose dar. Klinisch imponiert ein produktiver Husten, auch Hämoptysen sind möglich. Darüber hinaus stellen lokalisierte Hautinfektionen sowie Bakteriämien, unter Umständen mit Ausbildung eines septischen Schocks, eine häufige Manifestation dar [18]. Intraabdominelle Abszedierungen insbesondere in Leber und Milz treten regelmäßig auf, aber auch eine Dissemination in Knochen, Gelenke, Prostata, Parotis und das zentrale Nervensystem kann auftreten [1, 3].
Diagnostik
Die Diagnose wird durch den kulturellen Nachweis von B. pseudomallei aus Blut, Gewebe, Eiter, Atemwegssekreten oder Urin gestellt. Blutkulturen sollten stets abgenommen werden. Die Anzucht des Erregers gelingt auf Standardkulturmedien, wobei die Gefahr von Verwechslungen mit Pseudomonas spp. oder Bacillus spp. besteht [18].
Die Diagnose wird durch den kulturellen Nachweis von B. pseudomallei gestellt
Bei klinischem Verdacht auf Melioidose oder kulturellem Routinenachweis muss die weitere Diagnostik in einem Labor der Sicherheitsstufe 3 erfolgen. So stehen unter anderem am Robert Koch-Institut in Berlin neben Selektivnährböden auch molekulargenetische Nachweisverfahren zur Verfügung. Die serologische Diagnostik ist bei Menschen aus Endemiegebieten nicht wegweisend, da hier hohe Raten an Seropositivität vorherrschen [18]. Bei Reiserückkehrern kann der Nachweis spezifischer Antikörper als diagnostischer Baustein genutzt werden. Neben einer gründlichen klinischen Untersuchung müssen eine weiterführende Fokussuche mittels Computertomographie von Thorax, Abdomen und Becken sowie eine Magnetresonanztomographie des Kopfes erfolgen, um klinisch stumme Herde zu detektieren.
Therapie
Bereits im Verdachtsfall sollte eine antimikrobielle Therapie nach Gewinnung von adäquaten Proben für die mikrobiologische Diagnostik begonnen werden. Die Therapie teilt sich in eine intravenöse Initialphase und eine daran anschließende orale Eradikationsphase auf (Tab. 4). Die Dauer der Therapie richtet sich nach dem Fokus bzw. dem befallenen Organ (Tab. 5). Typisch ist eine verzögerte, im Median nach 9 Tagen auftretende Entfieberung unter Therapie, die nicht zu einem frühzeitigen Wechsel des Antibiotikums Anlass geben sollte [12, 18].
Parenterale Initialtherapie – Dauer mindestens 2 bis 8 Wochen | |
Nicht kritisch krank, keine ZNS-Beteiligung | Ceftazidim 2 g alle 6 h |
Kritisch krank, keine ZNS-Beteiligung | Meropenem 1 g alle 8 h oder Imipenem/Cilastatin 0,5–1 g alle 6 h |
ZNS-Beteiligung | Meropenem 2 g alle 8 h |
Orale Eradikationstherapie – Dauer 3 bis 6 Monate | |
Unabhängig von initialer Krankheitsausprägung | Trimethoprim/Sulfamethoxazol (TMP/SMX) 40–60 kg: 240/1200 mg alle 12 h >60 kg: 320/1600 mg alle 12 h (+5 mg Folsäure/Tag) Alternativen, falls TMP/SMX nicht gegeben werden kann: Doxycyclin 100 mg alle 12 h Amoxicillin/Clavulansäure 20/5 mg/kg alle 8 h (Jeweils höhere Rückfallraten als TMP/SMX) |
ZNS Zentralnervensystem
Fokus | Initialphase (Mindestdauera) | Eradikationsphase |
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Pneumonie | 2 bis 4 Wochenb | 3 Monate |
Hautabszess | 2 Wochen | 3 Monate |
Bakteriämie ohne Fokus | 2 Wochen | 3 Monate |
Gelenke, innere Organe bzw. Befall tief sitzender Gewebe | 4 Wochenc | 3 Monate |
Osteomyelitis | 6 Wochen | 6 Monate |
ZNS | 8 Wochen | 6 Monate |
Infiziertes Aneurysma | 8 Wochenc | 6 Monated |
ZNS Zentralnervensystem
aVerlängerung der Initialphase, falls protrahiertes Therapieansprechen oder positive Blutkulturen nach 7 Tagen
bOhne hiläre/mediastinale Lymphadenopathie und ohne Behandlung auf Intensivstation: 2 Wochen. Mit hilärer/mediastinaler Lymphadenopathie oder Behandlung auf Intensivstation: 4 Wochen
cAls Beginn der Initialphase zählt der Zeitpunkt der letzten Abszess-/Verhaltdrainage (z. B. Gelenkspülung, operative Drainageeinlage), unabhängig davon, ob ein erneuter kultureller Nachweis von Burkholderia pseudomallei gelingt
dUnter Umständen lebenslange Suppressionstherapie notwendig
Prognose
Schwere Verlaufsformen, die mit Mortalitätsraten von bis zu 40 % einhergehen, wurden insbesondere bei Individuen mit zugrunde liegenden Risikofaktoren beschrieben [17]. Zügige Diagnosestellung, adäquate Therapie und moderne intensivmedizinische Maßnahmen senken die Mortalitätsrate unter 10 %. Ein rein lokaler Befall ohne Bakteriämie weist unter Therapie eine sehr gute Prognose auf. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind notwendig, um einen Rückfall frühzeitig zu erkennen.
Kokzidioidomykose
Ätiologie und Epidemiologie
Die Infektion wird durch dimorphe Pilze der nur in Nord-, Mittel- und Südamerika im Erdreich endemischen Gattung Coccidioides (C.) verursacht. Nur molekulargenetisch lassen sich die Spezies Coccidioides immitis und C. posadasii differenzieren. In den USA geht man von bis zu 150.000 Fällen/Jahr aus. Die Hochendemiegebiete liegen in Kalifornien und zentralen Regionen Arizonas. Dort kann die pulmonale Kokzidioidomykose (engl. „valley fever“, „San-Joaquin fever“) bis zu 25 % [8] der ambulant erworbenen Pneumonien ausmachen. Die Erkrankung tritt vereinzelt auch in anderen, eher trockenen Regionen der USA (Nevada, Texas, New-Mexico, Washington) sowie in Mexiko, Kolumbien, Venezuela, Brasilien, Bolivien, Paraguay und Argentinien auf. Die Inzidenz zeigt starke Schwankungen und scheint aufgrund von Klimaveränderungen zuzunehmen [2, 13].
Pathogenese
Ort der Infektion und primären Manifestation ist die Lunge. Nach Inhalation der nur 2–5 µm großen Sporen (Arthrokonidien) gelangen sie weitgehend ungehindert in die tiefen Atemwege. Hier erfolgt die Differenzierung und Bildung von bis zu 100 µm großen Endosporen, sog. Sphärulen (Abb. 3) zur lokalen Aussaat.
Etwa 60 % der Infektionen verlaufen asymptomatisch. Die zelluläre Immunität des Wirts scheint entscheidend für die Kontrolle der Infektion zu sein. Bei symptomatisch Erkrankten tritt meist eine fokale Pneumonie auf. Bemerkenswert ist, dass auch nach asymptomatischer Infektion erregerhaltige intrapulmonale Granulome über Jahre persistieren können. In ca. 1 % kommt es spontan oder im Rahmen einer Immunsuppression (z. B. Kortikoide, HIV [„human immunodeficiency virus“], Transplantation, Anti-TNF[Tumor-Nekrose-Faktor]-α) zu einer sekundären Dissemination. Eine Mensch-zu-Mensch Übertragung ist nicht beschrieben, es besteht jedoch ein relevantes Risiko für Laborinfektionen.
Klinisches Bild
Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 4 Wochen. Bei 40 % der Infizierten treten Fieber, Husten oder pleuritische Beschwerden auf. Auch die Mehrzahl der Erkrankungen verläuft selbstlimitierend. Vereinzelt persistieren Symptome wie Schüttelfrost, Nachtschweiß, Gewichtsverlust oder ausgeprägtes Schwächegefühl über Wochen. Nicht selten treten begleitend rheumatologische Beschwerden mit Arthralgien, Erythema nodosum oder Erythema multiforme auf („desert rheumatism“).
Bei Patienten mit Fieber, Husten und Abgeschlagenheit sollte nach Aufenthalt in einem amerikanischen Endemiegebiet eine periphere Eosinophilie in Verbindung mit hilärer Lymphadenopathie oder Infiltraten an eine pulmonale Kokzidioidomykose denken lassen, insbesondere wenn sich kein Ansprechen auf eine antibakterielle Therapie zeigt.
Das radiologische Bild ist sehr variabel. In der Regel zeigen sich geringe unspezifische Veränderungen wie eine hiläre Lymphadenopathie, Pleuraergüsse und fokale Konsolidierungen. In etwa 5 % sind schwerere uni- oder bilaterale Pneumonien mit disseminierten retikulonodulären Infiltraten zu beobachten, die zu Abszedierungen mit massiver kavernöser Destruktion führen können.
Eine Kokzidioidomykose kann durch ihre mögliche Latenz, die Vielseitigkeit der klinischen Bilder und insbesondere der pulmonalen Veränderungen nahezu jeder Manifestation einer Tuberkulose gleichen.
Eine Kokzidioidomykose kann nahezu jeder Manifestation einer Tuberkulose gleichen
Persistierende Granulome stellen differenzialdiagnostisch oft eine besondere Herausforderung dar. Die nodulären uni- oder bilateralen Herde bei Kokzidioidomykose treten meist in apikalen Lungenabschnitten auf und erreichen bis zu 4 cm Größe, sind in der Regel aber nicht verkalkend. Werden sie – oft Jahre nach der Infektion – bei Routineuntersuchungen beschrieben, können sie nur schwer von Malignomen oder tuberkulösen Granulomen zu unterscheiden sein. Zur Abklärung ist eine gezielte Biopsie mit Histologie erforderlich.
Kommt es, meist hämatogen, zu einer sekundären Dissemination der Erreger, können verschiedenste Gewebe wie Haut, Knochen, Gelenke, Zentralnervensystem (ZNS) oder Auge betroffen sein. Eine Meningitis ist die gefürchtetste Komplikation, sie verläuft unbehandelt tödlich. Bei bestätigter Erkrankung indiziert jede zentralnervöse Symptomatik eine Lumbalpunktion.
Diagnostik
In Deutschland wird bei Patienten mit mangelndem Ansprechen auf eine antibakterielle Therapie bei ambulant erworbener Pneumonie erst die Kenntnis des Aufenthaltes im Endemiegebiet zum Verdacht auf eine pulmonale Kokzidioidomykose führen.
Laborchemisch ist die bei pulmonaler Erkrankung geringe, bei Dissemination ausgeprägte Eosinophilie wegweisend. Die Diagnosesicherung erfolgt durch mikroskopischen Nachweis der typischen bis zu 100 µm großen endosporenhaltigen Sphärulen aus Sputum, BAL (bronchoalveoläre Lavage) oder Punktaten (Abb. 3). Eine Anzucht der Schimmelpilze auf Nährmedien gelingt meist innerhalb weniger Tage. Eine schnellere Identifikation ist mittels PCR (Polymerasekettenreaktion) möglich. Bei symptomatischer Erkrankung sind spezifische Ig(Immunglobulin)M- und IgG-Antikörper nach 1 bis 3 Wochen nachweisbar. Immundiffusion und Enzymimmunoassays werden zum Nachweis der Antikörper, eine Komplementbindungsreaktion zur Diagnosesicherung und Titerbestimmung eingesetzt. Die Höhe des Titers korreliert mit der Schwere der Erkrankung. Das deutsche Konsiliarlabor für Kryptokokkose und seltene Systemmykosen befindet sich im Robert Koch-Institut in Berlin.
Therapie
Der Nachweis persistierender pulmonaler Noduli erfordert ebenso wie lokalisierte Infiltrate bei leichten und mittelschweren Erkrankungen in der Regel keine antimykotische Therapie. Nur eine prolongiert oder schwer verlaufende pulmonale Kokzidioidomykose sowie Erkrankungen bei Patienten aus Risikogruppen (Tab. 6), sollten antimykotisch behandelt werden, um das Risiko pulmonaler Residuen oder einer Dissemination zu senken. Fluconazol oral ist Mittel der Wahl, andere Azole wie Posaconazol und Itraconazol sind ebenfalls wirksam. Disseminierte Erkrankungen erfordern immer eine aggressive Therapie, bei zerebraler Beteiligung ist sogar eine lebenslange Erhaltungstherapie empfohlen. Bei schweren Verläufen kommt initial intravenöses Amphotericin B zum Einsatz. Die Behandlung muss über viele Monate erfolgen. Trotz adäquater Therapie kommt es nach einer disseminierten Erkrankung häufig zu klinisch relevanten Rezidiven. Detaillierte Therapieempfehlungen, auch für spezifische Patientengruppen, sind in der Therapieleitlinie der IDSA (Infectious Diseases Society of America) [6] zu finden.
Verlauf | Patientenmerkmale | Therapie |
---|---|---|
Asymptomatisch, leicht bis mittelschwer | Keine Immunsuppression Keine komplizierenden Faktoren | Keine |
Leicht bis mittelschwer | ≥1 komplizierende Faktoren Symptompersistenz >2 Monate, Gewichtsverlust >10 %, Nachtschweiß >3 Wochen, unilaterale Infiltrate >Hälfte einer Lunge, bilaterale Infiltrate, ausgeprägte oder persistierende hiläre Lymphadenopathie, Antikörpertiter im Liquor >1:16, anhaltende Arbeitsunfähigkeit | Fluconazol 400–800 mg/Tag oral über 3 bis 6 Monate, ggf. länger |
Leicht bis mittelschwer | Diabetiker, schwere Komorbiditäten, hohes Alter, Schwangere, Immunsupprimierte | |
Schwerer Verlauf, Dissemination | Alle Patienten | Amphotericin B 0,5–1 mg/kg/Tag oder liposomales Amphotericin B 5 mg/kg/Tag, anschließend Fluconazol oral 3 bis 6 Monate |
Infobox Mehr Informationen zum Thema
Konsiliarlabor für Kryptokokkose und seltene Systemmykosen Robert Koch-Institut (RKI): Diagnostik der Kokzidioidomykose (Anzucht, Erregernachweis, Antigen- und Antikörpernachweis) sowie Beratung zu Diagnostik und Therapie
Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten: https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/3724/steckbriefe.pdf
https://wwwnc.cdc.gov/travel/page/yellowbook-home-2014
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/P/Pilzinfektionen/Kokzidioidomykose.html
Fazit für die Praxis
Das Erheben einer detaillierten Reiseanamnese ist entscheidend, um eine mögliche Exposition gegenüber den regional vorkommenden Erregern zu bewerten.
Bei Zeichen einer pulmonalen Infektion sollte das fehlende Ansprechen auf eine kalkulierte antibakterielle Therapie an importierte seltenere Erreger denken lassen.
Eine Eosinophilie ist oft einziger laborchemischer Hinweis auf importierte parasitäre oder mykotische Infektionen.
Neben Erregern, die primär zu einer Infektion der Lunge führen, müssen nichtpulmonale Infektionen mit einer pulmonalen Begleitsymptomatik in Betracht gezogen werden.
Bei unklarem Fieber bei Reiserückkehrern aus einem Endemiegebiet, die Kontakt mit Erde oder Oberflächenwasser hatten oder Risikofaktoren aufweisen, ist an die Melioidose zu denken.
Reisende in Endemiegebiete müssen über das Risiko einer Infektion mit Burkholderia pseudomallei aufgeklärt werden.
Noch viele Jahre nach Aufenthalten in insbesondere südwestlichen Regionen der USA muss bei pulmonalen Manifestationen, die einer Tuberkulose oder einem Malignom ähneln, an eine pulmonale Kokzidioidomykose gedacht werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
N. Menner und T. Cronen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Literatur
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Article citations
[Rare infections of the lungs not endemic in Germany].
Pneumologe (Berl), 17(6):477-488, 03 Nov 2020
Cited by: 0 articles | PMID: 33162874 | PMCID: PMC7607892
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