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Abstract 


Gastroenterologische Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters umfassen angeborene und erworbene Störungen des Magen-Darm-Trakts inkl. Leber, Gallengängen und Pankreas. Angeborene Erkrankungen umfassen v. a. auch Anlagefehlbildungen wie gastrointestinale Atresien oder Herniationen. Diese sind eine therapeutische Domäne der Kinderchirurgie, wobei zunehmend minimal invasive Operationstechniken eingesetzt werden. Das intestinale Versagen mit Abhängigkeit von parenteraler Ernährung ist im Kindesalter meist verursacht durch ein Kurzdarmsyndrom durch Darmresektion nach nekrotisierender Enterokolitis oder Darmatresien und ist mit erheblicher Morbidität und Mortalität verbunden. Auf der anderen Seite des Spektrums angeborener Erkrankungen stehen zahlreiche Stoffwechselerkrankungen, Enzymdefekte, Störungen des transmembranösen Transportes u. a. Erworbene Erkrankungen umfassen Infektionen aber auch chronische Erkrankungen z. T. mit genetischer Prädisposition. Die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen steigen in der Inzidenz, genauso Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie die durch glutenhaltige Lebensmittel getriggerte Zöliakie als autoimmunologischer Prozess. Chronisch-funktionelle Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts wie Reizdarmsyndrom, Obstipation, funktionelle Bauchschmerzen des Kindesalters etc. nehmen ebenso zu. Ein akutes Abdomen durch Appendizitis, Invagination, Volvulus, inkarzerierte Hernien und anderes erfordert rasches Handeln und häufig auch eine chirurgische Intervention. Zur optimalen Behandlung vieler gastroenterologischer Erkrankungen im Kindesalter ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Pädiatrie, Kinderchirurgie, Ernährungsberatung, Psychologie und anderen Fachbereichen unbedingt erforderlich.

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Pädiatrie. 2019 : 495–538.
PMCID: PMC7498378

Gastroenterologie interdisziplinär

Guest Editor (s): Christian P. Speer,1 Manfred Gahr,2 and Jörg Dötsch3
1Kinderklinik, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
2Dresden, Deutschland
3Kinder- und Jugendklinik, Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland

Abstract

Gastroenterologische Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters umfassen angeborene und erworbene Störungen des Magen-Darm-Trakts inkl. Leber, Gallengängen und Pankreas. Angeborene Erkrankungen umfassen v. a. auch Anlagefehlbildungen wie gastrointestinale Atresien oder Herniationen. Diese sind eine therapeutische Domäne der Kinderchirurgie, wobei zunehmend minimal invasive Operationstechniken eingesetzt werden. Das intestinale Versagen mit Abhängigkeit von parenteraler Ernährung ist im Kindesalter meist verursacht durch ein Kurzdarmsyndrom durch Darmresektion nach nekrotisierender Enterokolitis oder Darmatresien und ist mit erheblicher Morbidität und Mortalität verbunden. Auf der anderen Seite des Spektrums angeborener Erkrankungen stehen zahlreiche Stoffwechselerkrankungen, Enzymdefekte, Störungen des transmembranösen Transportes u. a. Erworbene Erkrankungen umfassen Infektionen aber auch chronische Erkrankungen z. T. mit genetischer Prädisposition. Die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen steigen in der Inzidenz, genauso Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie die durch glutenhaltige Lebensmittel getriggerte Zöliakie als autoimmunologischer Prozess. Chronisch-funktionelle Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts wie Reizdarmsyndrom, Obstipation, funktionelle Bauchschmerzen des Kindesalters etc. nehmen ebenso zu. Ein akutes Abdomen durch Appendizitis, Invagination, Volvulus, inkarzerierte Hernien und anderes erfordert rasches Handeln und häufig auch eine chirurgische Intervention. Zur optimalen Behandlung vieler gastroenterologischer Erkrankungen im Kindesalter ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Pädiatrie, Kinderchirurgie, Ernährungsberatung, Psychologie und anderen Fachbereichen unbedingt erforderlich.

Mund

In der Mundhöhle als Beginn des Verdauungstrakts manifestieren sich zahlreiche infektiöse Erkrankungen aber auch Symptome systemischer Erkrankungen. (Infektiöse Erkrankungen Kap. 15, Zähne, Fehlbildungen, Speicheldrüsen Kap. 29 und Kap. 31).

Stomatitis

Infektiöse Stomatitis

Kap. 14.

Nichtinfektiöse Stomatitis

Auslöser einer Stomatitis ist regelhaft eine Chemotherapie (Mukositis) oder die ulzeröse Stomatitis im Rahmen einer Immunsuppression.

Beim Stevens-Johnson-Syndrom als Form einer allergischen Reaktion auf Arzneimittel, Mykoplasmen oder andere Erreger treten ausgeprägte Stomatitiden mit Beteiligung der verhornten Haut und Fieber sowie Allgemeinsymptomen auf.

Zinkmangel

Ein alimentärer bzw. sekundärer Zinkmangel und die Akrodermatitis enteropathica gehen typischerweise mit einer perioralen bzw. periorifiziellen Dermatitis und Stomatitis/Glossitis einher. Eine Akrodermatitis enteropathica wird häufig nach dem Abstillen manifest, es handelt sich um eine autosomal-rezessive Störung der Zinkaufnahme [SLC39A4-Gen, Chr. 8q24.3; zinc/iron-regulated transporter–like protein (ZIP)] aus dem Darm die sich neben der Dermatitis durch eine früh einsetzende Diarrhö und Alopezie manifestiert. Sekundäre Formen des Zinkmangels treten bei Fehlernährung oder entzündlichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Zöliakie) auf.

Die Therapie besteht in der systemischen Zinksubstitution.

Eisenmangel

Auch eine Stomatitis/Glossitis kann ein Symptom eines Eisenmangels sein, begleitet möglicherweise von Mundwinkelrhagaden, vermehrter Nagelbrüchigkeit und einer mikrozytären Anämie. Die Therapie besteht in einer Eisensubstitution.

Andere Symptome im Bereich des Mundes

Lentigines

Peri- und enorale bräunliche Pigmentflecken (Lentigines) sind typisch für ein Peutz-Jeghers Syndrom (Abschn. 22.12.5).

Cheilitis granulomatosa

Es handelt sich um eine granulomatöse entzündliche Schwellung der Lippen die monosymptomatisch isoliert oder als Symptom einer übergeordneten Erkrankung wie dem M. Crohn, einer Sarkoidose oder dem Melkersson-Rosenthal-Syndrom auftreten kann. Die Therapie richtet sich nach der ursächlichen Erkrankung.

Lacklippen

Lacklippen treten auf bei einem Kawasaki-Syndrom, Scharlach und z. B. einer Leberzirrhose.

Aphten

Aphten können auch wenn sie rezidivierend auftreten isoliert als rezidivierende chronische Aphtose vorkommen. Eine familiäre Häufung ist beschrieben. Sie können auch Zeichen einer viralen Infektion z. B. durch Herpesviren oder einer systemischen Erkrankung wie dem M. Crohn, der Zöliakie oder dem M. Behcet sein. Bednar-Aphthen sind die bei Neugeborenen und Säuglingen in den ersten Lebensmonaten auftretenden Ulzerationen der Mundschleimhaut, die meist am harten Gaumen auftreten und spontan abheilen.

Ösophagus

Kongenitale Anomalien

Ösophagusatresie

Die Ösophagusatresie (Inzidenz: 1:4.000) ist eine Hemmungsfehlbildung des Vorderdarms, die in der Embryogenese während des Septierungsprozesses von Trachea und Ösophagus stattfindet. Bei der häufigsten Form der Ösophagusatresie bestehen ein blind endender oberer ösophagealer Blindsack und eine untere tracheoösophageale Fistel. Dieser sog. Typ 3b in der Klassifikation nach Vogt tritt in etwa 85% aller Fälle auf. Daneben sind weitere deutlich seltenere Formen beschrieben (Abb. 22.1). Eine isolierte tracheoösophageale Fistel ohne Ösophagusatresie findet man in 4% der Fälle.

Die Ösophagusatresie tritt in über 50% mit weiteren assoziierten Fehlbildungen auf, auch familiäre Häufungen kommen vor, meistens handelt es sich jedoch um sporadische Fehlbildungen. Häufig kommen kardiale, vertebrale, gastrointestinale urogenitale Fehlbildungen oder muskuloskeletale Fehlbildungen der Extremitäten vor.

Klinik

Intrauterin fällt meist ein Polyhydramnion und/oder eine sehr kleine Magenblase auf. Postpartal fallen die Kinder durch Speicheln und Spucken und ggf. Aspiration auf, das Legen einer Magensonde ist nicht möglich.

Diagnostik

Neben der typischen Klinik zeigt ein Röntgenbild von Thorax und Abdomen die Luftsichel im oberen Ösophagusblindsack, in Ausnahmefällen kann wenig Kontrastmittel über eine im Blindsack liegende Schlürfsonde gegeben werden, wobei die Gefahr einer Aspiration besteht. Luft im Magen-Darm-Trakt ist hinweisend auf eine Fistel der Trachea zum unteren Blindsack.

Therapie

Durch Einlage einer Schlürfsonde in den oberen Blindsack und Oberkörperhochlagerung muss eine Aspiration verhindert werden. Die Ernährung erfolgt parenteral. Im Fall einer unteren Fistel kann durch den permanenten Lufteinstrom möglicherweise ein Druckanstieg im Bauchraum mit daraus folgenden Problemen bei der Oxygenierung des Kindes resultieren. Eine operative Versorgung ist daher zeitnah anzustreben. Ziel ist die primäre Anastomosierung beider Ösophagusenden mit Unterbindung der Fistel zur Trachea. Bei großem Abstand der Ösophagusenden, insbesondere bei Typ 2 nach Vogt, ist eine primäre Verbindung gelegentlich nicht möglich, sodass in diesen Fällen mehrzeitig mit schrittweiser Elongation der Enden vorgegangen werden muss oder sogar ein späteres Interponat aus Magen oder Darm erforderlich wird. Die Eingriffe am Ösophagus können „offen“ über eine rechtsseitige Thorakotomie oder auch minimal-invasiv thorakoskopisch durchgeführt werden.

Komplikationen und Prognose

Kinder nach operativer Korrektur einer Ösophagusatresie weisen in bis zu 40% der Fälle einen gastroösophagealen Reflux auf. Narbige Stenosen der Ösophagusanastomose sind ebenfalls häufig, können jedoch durch endoskopische Dilatationen recht gut therapiert werden. Eine Dysphagie im weiteren Verlauf ist bei fehlender mechanischer Obstruktion möglicherweise durch eine Motilitätsstörung der unteren Speiseröhre bedingt. Die häufig begleitende Tracheomalazie kann je nach Ausprägung einen postoperativen Stridor oder Oxygenierungsprobleme zur Folge haben.

Insgesamt wird die Prognose der Patienten jedoch vornehmlich durch eine Frühgeburtlichkeit oder die Begleitfehlbildungen bestimmt. Die Gesamtüberlebensrate von Kindern mit einem Geburtsgewicht >1.500g ohne schwerwiegende kardiale Begleitfehlbildungen beträgt heutzutage über 95%.

Motilitätsstörungen

Ösophageale Achalasie

Die ösophageale Achalasie ist eine im Kindesalter sehr seltene Motilitäts- und Tonusstörung des Ösophagus bzw. unteren Ösophagussphinkters (UÖS) mit unzureichender Erschlaffung des UÖS und einer veränderten Aktivität der oberen Anteile beim Schluckakt und einer daraus resultierenden Passagestörung.

Die Ursache ist nicht genau bekannt, es liegt eine Funktionsstörung des ösophagealen Nervensystems mit neuronaler Degeneration v. a. inhibitorischer Neurone vor. Eine Achalasie kann im Rahmen des Triple-A-Syndroms (Achalasie, Alakrimie, adrenokortikale Insuffizienz) auftreten.

Klinik

Klinische Symptome sind Schluckstörungen, retrosternale Schmerzen, Erbrechen unverdauter Nahrung, Aspirationen, Inappetenz und Gewichtsverlust.

Diagnostik

Diagnostisch wegweisend ist ein Ösophagusbreischluck, der die kontinuierliche Engstellung des UÖS und eine Dilatation der darüber gelegenen Anteile des Ösophagus zeigt („Sektglasform“). Eine High-Resolution-Ösophagusmanometrie beweist die Funktionsstörung mit fehlender Relaxation des unteren Ösophagussphinkters.

Therapie

Eine medikamentöse Therapie mit Nifedipin oder eine Botulinumtoxininjektion kann versucht werden.

Klassische Therapieverfahren stellen die endoskopische Dilatation sowie die laparoskopische ösophageale Myotomie nach Heller, zumeist verbunden mit einer Fundoplicatio, dar. Alternativ ist die perorale endoskopische Myotomie (POEM) seit einiger Zeit auch bei Kindern beschrieben, gegenwärtig jedoch kein Standardverfahren. Auch nach der Therapie kann es zu Rezidiven kommen.

Gastroösophagealer Reflux

Gastroösophageale Refluxerkrankung

Die gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD: gastroesophageal reflux disease) ist vom in den ersten 1,5 Lebensjahren sehr häufigen physiologischen unkomplizierten gastroösophagealen Reflux (GER) abzugrenzen. Mindestens eine tägliche Spuckepisode tritt bei mehr als 50% der 3 Monate alten Säuglinge auf.

Klinik

Ein einfacher GER ist gekennzeichnet durch einen passiven Rückfluss von Mageninhalt mit konsekutivem Spucken bzw. Erbrechen. Eine GERD liegt vor beim Auftreten zusätzlicher Symptome wie Fütterungsstörungen, Gedeihstörung, Inappetenz, Schmerzen durch Ösophagitis, Sodbrennen, Hämatemesis, Aspirationspneumonie, rezidivierende chronische obstruktive Bronchitiden, chronischer Husten, Asthma, Laryngitis, Halsschmerzen, Heiserkeit, Apnoen (ALTE), Otitiden, Sinusitiden, Zahnschäden oder neurologische Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem GER wie dem Sandifer-Syndrom (paroxysmale dystone Bewegungsstörung des Kopfs/Halses).

Pathogenese

Der physiologische Reflux tritt während Phasen der transienten Relaxation des unteren Ösophagussphinkters (UÖS) auf und wird im Säuglingsalter durch eine Kombination von Kardiainsuffizienz (durch den flachen His-Winkel), einen kurzen unteren Ösophagussphinkter und einen Volumenreflux durch große Nahrungsmengen verursacht.

Anatomische Auffälligkeiten der Kardia wie eine Hiatushernie oder eine primär klaffende Kardia können Grundlage einer GERD sein. Eine Ösophagitis kann durch die Entzündungsreaktion eine Funktionsstörung des UÖS mit unvollständigem Verschluss sekundär verstärken. Familiäre Häufungen sind beschrieben. Bei älteren Kindern tritt ein GER sehr häufig bei mehrfachbehinderten Kindern mit Muskeltonusstörungen, gestörtem Schluckakt und überwiegender liegender Position auf. Kinder mit chronischer Lungenerkrankung wie einer zystischen Fibrose oder einem Asthma bronchiale zeigen häufiger einen GER.

Verstärkt werden kann ein GER durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie z. B. die Kuhmilchproteinintoleranz (Abschn. 22.10.3). Auch eine Adipositas prädisponiert zum GER.

Voroperierte Kinder mit Z. n. Ösophagusatresie, Myotomie nach Achalasie oder Zwerchfellhernien leiden sehr häufig an einem GER.

Diagnostik

Ein unkomplizierter GER ohne zusätzliche Symptome bedarf keiner weiteren Abklärung.

Bei GERD-verdächtigen Symptomen sollte v. a. bei jüngeren Kindern eine Endoskopie erfolgen in Kombination mit einer 24-Stunden-Impedanz-pH-Metrie. Eine Sonographie oder ein Ösophagusbreischluck mit Refluxprüfung dienen dem Ausschluss anatomischer Fehlbildungen wie der Herniation.

Die Diagnose kann gestellt werden, wenn Zahl und Dauer der Refluxe vermehrt sind, wenn eine erosive Ösophagitis vorliegt oder eine Assoziation von Symptomen und Refluxepisoden nachgewiesen werden kann und andere Ursachen ausgeschlossen sind.

Therapie

Bei typischer Symptomatik wie Sodbrennen und saurem Geschmack im Mund kann bei älteren Kindern und Jugendlichen ein vierwöchiger Versuch mit einem Protonenpumpeninhibitor durchgeführt werden und bei Erfolg über weitere 8–12 Wochen fortgesetzt und ausgeschlichen werden. Bei älteren Kindern und Jugendlichen kann nach entsprechender Aufklärung eine Änderung des „Life-Styles“ mit Gewichtsreduktion und kleineren Mahlzeiten, Verzicht auf Spätmahlzeiten, gesunde Ernährung sowie Verzicht auf Rauchen die Symptomatik verbessern.

Bei Neugeborenen und Säuglingen mit unkompliziertem GER ist eine Aufklärung und Beruhigung der Eltern ausreichend.

Bei jüngeren Kindern mit GERD-verdächtigen Symptomen sollte zuvor eine entsprechende Diagnostik erfolgen. Bei Neugeborenen bzw. Säuglingen ist v. a. bei gleichzeitigen chronischen Ekzemen neben einer symptomatischen Therapie durch Andicken der Nahrung mit einem geeigneten Andickungsmittel (nicht bei gestillten Kindern) der Versuch einer kuhmilchfreien Ernährung des Kindes bzw. der stillenden Mutter über 2–4 Wochen gerechtfertigt. Auch häufigere kleinere Mahlzeiten können einen Reflux reduzieren.

Bei Versagen dieser Therapieversuche bzw. Kleinkindern mit nachgewiesener GERD kann ebenfalls eine Therapie mit PPI durchgeführt werden. PPI sind unter einem Jahr nicht zugelassen, alternativ können H2-Rezeptor-Antagonisten eingesetzt werden, diese zeigen jedoch nach einigen Wochen eine Tachyphylaxie.

Eine operative Therapie kann erwogen werden bei Versagen der konservativen Therapie und/oder dauerhafter Abhängigkeit von Medikamenten und schweren Symptomen. GERD-bedingte Atemwegssymptome wie Asthma verbessern sich durch eine Operation. Besonders bei neurologisch beeinträchtigten Patienten sind Morbidität und Mortalität durch den Eingriff erhöht ebenso wie das Rezidivrisiko, sodass hier die Indikation streng gestellt werden muss.

Auch anatomische Varianten wie eine Hiatushernie oder eine ausgeprägte Kardiainsuffizienz, müssen bei Versagen der antaziden Therapie zumeist operativ behandelt werden, wobei als Standardverfahren heutzutage die laparoskopische Fundoplicatio, ggf. verbunden mit einer Hiatusplastik gilt.

Ösophagitis

Eine Entzündung des Ösophagus kann peptisch-chemisch, erregerbedingt oder immunologisch bzw. antigenmediiert ausgelöst werden. Der gastroösophageale Reflux (GER), die eosinophile Ösophagitis, Infektionen (Candida albicans, Herpes simplex, Cytomegalovirus), der M. Crohn, Medikamente (Tetracyclintabletten), Graft-versus-host-Disease, kaustistische Ingestionen, Z. n. Sklerotherapie/Banding, Bestrahlung oder Chemotherapie sowie Bindegewebserkrankungen und blasenbildende Hauterkrankungen gehören zu den möglichen Ursachen.

Refluxösophagitis

Die Refluxösophagitis ist die häufigste Form der Ösophagitis im Kindes- und Jugendalter (Abschn. 22.2.3).

Eosinophile Ösophagitis

Die eosinophile Ösophagitis ist eine relativ seltene immunologisch/antigenmediierte Entzündung des Ösophagus die häufiger bei Patienten mit Nahrungsmittelallergien oder atopischen Erkrankungen auftritt aber auch idiopathisch ohne nachvollziehbare Ursache. Das Auftreten ist in jedem Alter möglich.

Klinik

Die Symptomatik ist häufig unspezifisch z. B. im Sinne von Nahrungsverweigerung, Regurgitation, Erbrechen bis zur Gedeihstörung. Bei älteren Kindern können Symptome eines gastroösophagealen Reflux auftreten mit retrosternalen Schmerzen, Oberbauchschmerzen, Dysphagie. Häufig kommt es zu einer Impaktation von Speisen im Ösophagus der seine Elastizität und Dehnbarkeit und damit korrekte Funktion verloren hat.

Diagnostik

Die Diagnose wird durch eine obere Endoskopie und die Histologie gestellt. Einen beweisenden makroskopischen Befund gibt es nicht, es kann auch ein unauffälliger endoskopischer Befund vorliegen. Oft wirkt die Schleimhaut verdickt mit tiefen Längsfurchen, einer Querrillung und oberflächlichen weißlichen Exsudaten. Pathognomonisch ist ein inflammatorisches Infiltrat mit Nachweis von >15 eosinophilen Granulozyten/High Power Field in der Histologie. Die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Blut kann erhöht sein, teilweise lassen sich spezifische IgE-Antikörper gegen einzelne Nahrungsmittel nachweisen.

Therapie

An erster Stelle steht ein Versuch mit Protonenpumpeninhibitoren über 8 Wochen und im Anschluss eine Kontrollendoskopie. Beim Ansprechen der PPI-Therapie handelt es sich am ehesten um refluxassoziierte Veränderungen und die Therapie erfolgt weiter wie bei einem GER. Bei fehlendem Therapieansprechen liegt eine klassische eosinophile Ösophagitis vor. Bei Hinweisen auf Allergien/Nahrungsmittelallergien kann eine Eliminationsdiät oder aminosäurebasierte Diät durchgeführt werden. Bei Therapieansprechen müssen die Lebensmittel stufenweise einzeln wieder eingeführt werden. Bei fehlenden Hinweisen für eine Nahrungsmittelallergie erfolgt die Therapie mit topischen Steroiden (z. B. Budesonid in entsprechender Zubereitung, Start mit 2-mal 0,5–1,0 mg/d), selten mit systemischen Steroiden. Nach 1–3 Monaten soll je nach Klinik eine endoskopische Reevaluation erfolgen.

Prognose

Die Erkrankung neigt zu Rezidiven und zur Chronifizierung. Es besteht das Risiko einer Fibrose mit Stenosierung des Ösophaguslumens und Zunahme der Beschwerden mit Ernährungsstörungen.

Infektiöse Ösophagitis

Ösophagitiden durch CMV oder Candida sind meist nur bei immunkompromittierten Patienten zu finden, wie bei einer HIV-Infektion oder unter Immunsuppression bzw. Chemotherapie. Selten können diese Infektionen auch bei immunkompetenten Neugeborenen oder jungen Säuglingen gefunden werden.

Die Therapie erfolgt entsprechend mit Antimykotika bzw. Ganciclovir/Valganciclovir.

Erworbene Ösophagusstenosen (peptische Stenosen)

Verursacht werden diese entweder durch einen gastroösophagealen Reflux oder z. B. durch Säure oder Laugeningestion mit Verätzung (Abschn. 22.2.6) bzw. Kolliquation des Gewebes und Narbenbildung mit Strikturen.

Die Therapie dieser Stenosen erfolgt meist endoskopisch in Form von sequenziellen Dilatationen mittels Ballon oder Bougies über einen Führungsdraht oder aber auch durch die lokale Applikation von Mitomycin C.

Ingestion ätzender Substanzen/Fremdkörper

Eine Fremdkörperingestion des Ösophagus macht sich in der Regel mit Würgen und/oder Erbrechen bzw. Schluckstörungen, Fremdkörpergefühl und (anhaltend) starkem Speichelfluss sowie Nahrungsverweigerung bemerkbar. Eine evtl. begleitende Larynx- und/oder Trachealkompression kann zudem zu Luftnot und Husten führen.

Fremdkörper die im Ösophagus stecken bleiben müssen umgehend endoskopisch entfernt werden, um eine Drucknekrose zu verhindern.

Gegenstände, welche den Ösophagus passiert haben, verlassen zumeist auch spontan den Magen. Entfernt werden sollten jedoch auch kleinere Gegenstände wie mehrere Magnete, Knopfbatterien, oder andere gefährliche Gegenstände, um weitere Komplikationen zu vermeiden.

Ösophagusvarizen

Ösophagusvarizen treten im Rahmen einer portalen Hypertension (Abschn. 22.13.4, Abschn. 22.7) als Umgehungskreislauf zwischen V. portae und V. cava superior auf. Es besteht die Gefahr einer akuten lebensbedrohlichen Varizenblutung, ansonsten sind Ösophagusvarizen asymptomatisch.

Cave

Die Varizenblutung kann erstes Symptom einer Erkrankung mit portaler Hypertension sein.

Diagnostik

Die Darstellung und Behandlung von Ösophagusvarizen erfolgt endoskopisch. Sie können ebenfalls sonographisch, im CT oder MRT dargestellt werden. Die Einteilung erfolgt endoskopisch in 4 Schweregrade.

Als Zeichen einer Epithelschädigung (Erosion) können rötliche Flecken („red spots“ oder „cherry spots“) der Schleimhaut zu sehen sein.

Therapie

Eine akute Blutstillung kann durch Einlegen einer Senkstaken-Blakemore-Sonde erfolgen. Medikamentös kann der Druck im Pfortadersystem durch Octreotid gesenkt werden. Im Rahmen der Intensivtherapie erfolgt eine Stabilisierung der Hämodynamik u. a. mit Transfusionen und Substitution von Gerinnungsfaktoren nach Bedarf. Endoskopisch können die Varizen mit Gummibändern ligiert werden oder durch eine Sklerotherapie verödet werden.

Die Anlage eines portosystemischen Shunts als Palliation kann als vorübergehende Maßnahme bis zu einer Lebertransplantation notwendig werden.

Als Prophylaxe können β-Blocker (Propranolol) eingesetzt werden um den Pfortaderdruck zu senken.

Zwerchfell

Kongenitale Zwerchfellhernie

Bei der angeborenen Zwerchfellhernie handelt es sich um eine Entwicklungsstörung des Zwerchfells mit Übertritt von Baucheingeweiden in den Brustkorb. Der Defekt tritt mit einer Inzidenz von 1:5.000 Lebendgeburten in etwa 80–90% vornehmlich linksseitig auf. Intrathorakal finden sich häufig Darm, Milz und Magen. Eine Verlagerung der Leber gilt als prognostisch ungünstig. Veränderungen der Lunge betreffen am stärksten die betroffene Seite, allerdings in den meisten Fällen ebenfalls die Gegenseite, wobei neben der Lungenhypoplasie auch die begleitende Lungengefäßhypoplasie eine postnatale respiratorische Insuffizienz bedingen können.

Klinik und Diagnose

In der Mehrzahl der Fälle wird die Diagnose bereits pränatal in der Ultraschalluntersuchung gestellt. Prognostisch ungünstig sind u. a. der Defektnachweis vor der 25. Schwangerschaftswoche, intrathorakale Leberanteile und eine niedrige Lungen-Kopfumfangs-Relation. Postnatal zeigen die betroffenen Kinder eine zunehmende respiratorische bzw. kardiopulmonale Insuffizienz, wobei sich die Situation bei Luftfüllung des Gastrointestinaltrakts häufig weiter verschlechtert. Auskultatorisch zeigt sich ein abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch auf der betroffenen Seite, gelegentlich können Darmgeräusche im Brustkorb auskultiert werden. Die Röntgenthoraxaufnahme zeigt die intrathorakale Lage von Baucheingeweiden, ggf. verbunden mit einem Mediastinalshift (Abb. 22.2).

Therapie

Im Vordergrund der postnatalen Therapie steht zunächst die Behandlung der respiratorischen Insuffizienz, da eine operative Intervention den Gasaustausch nicht unmittelbar verbessert. Bei ausgeprägten Befunden ist ggf. auch eine extrakorporale Membranoxygenation (ECMO) nötig, was jedoch nur an wenigen Zentren möglich ist.

Der Verschluss des Zwerchfelldefekts erfolgt in der Regel nach Stabilisierung des Kindes zumeist über einen abdominellen Zugang. Bei minimal-invasiver Technik wird dagegen der thorakale Zugang bevorzugt.

Prognose

Die pränatalen Befunde lassen häufig bereits Rückschlüsse auf die zu erwartende postnatale klinische Symptomatik und Prognose zu. Die Gesamtüberlebensrate korreliert überwiegend mit der pulmonalen Morbidität und beträgt etwa 70–90%.

Relaxatio diaphragmatica

Der angeborene oder z. B. durch Trauma erworbene Hochstand des intakten Zwerchfells wird als Relaxatio diaphragmatica bezeichnet. Ursächlich findet sich häufig eine einseitige Phrenikusparese, welche zu paradoxen, lediglich passiven Bewegungen des Zwerchfells führt. Bei den angeborenen Formen besteht dagegen zumeist eine Muskelhypoplasie mit Ausdünnung des Zwerchfells. In ausgeprägten Fällen ist die Abgrenzung zur Zwerchfellhernie hierbei nicht eindeutig.

Klinik und Diagnose

Je nach Ausprägung fallen die Kinder durch Zeichen der respiratorischen Insuffizienz oder vermehrter pulmonaler Infektanfälligkeit auf. Die Röntgenthoraxuntersuchung zeigt den Zwerchfellhochstand, bei kleinen Kindern ist die pathologische Zwerchfellmotilität häufig sonographisch nachweisbar.

Therapie

Die operative Raffung des Zwerchfells, zumeist über einen thorakalen Zugang, stellt die Standardtherapie der symptomatischen Relaxatio diaphragmatica dar. Die Prognose ist v. a. bei den spät symptomatischen Formen nach operativer Therapie sehr gut, obwohl Rezidive während des gesamten Lebens möglich sind.

Hiatushernie

Bei der Hiatushernie verlagern sich Magenanteile durch den Hiatus oesophageus in den Brustkorb. Je nach Lokalisation unterscheidet man die axiale und die paraösophageale Hiatushernie, wobei beide Formen auch gemeinsam auftreten können. Die Magenanteile sind entweder fest fixiert im Brustkorb lokalisiert oder gleiten in der Bruchlücke vor und zurück (Gleithernie). Symptomatische Hernien bedürfen häufig einer operativen Korrektur, wobei die Zwerchfellschenkel rekonstruiert werden und zumeist gleichzeitig eine Fundoplicatio des Magens erfolgt.

Bauchwand

Gastroschisis

Die Gastroschisis ist ein angeborener Bauchwanddefekt, der bei etwa 1:3.000 Lebendgeburten auftritt. Typischerweise zeigt sich rechts des Nabels eine zumeist nur wenige Zentimeter messende Lücke in der Bauchdecke mit vorgefallenen Baucheingeweiden (Abb. 22.3). Die Nabelschnur ist meist intakt. Zur Pathogenese der Gastroschisis existieren mehrere Hypothesen, die exakte Ätiologie ist jedoch nicht bekannt.

Klinik und Diagnose

Die Diagnose wird in den meisten Fällen bereits im Rahmen der pränatalen Ultraschalldiagnostik gestellt. Nach der Geburt ist die Blickdiagnose eindeutig. Neben der Infektionsgefahr bei offener Bauchhöhle verlieren die Kinder postnatal große Mengen an Flüssigkeit verbunden mit dem Wärmeverlust über die zumeist vorgefallenen Darmschlingen. Auch Magenanteile oder die Ovarien beim Mädchen finden sich häufig außerhalb der Bauchhöhle. Ein Vorfall von Leberanteilen ist bei der Gastroschisis dagegen eher selten.

Therapie

Das Missverhältnis zwischen vorgefallenen Baucheingeweiden und deren Beschaffenheit (z. B. Ödem, Fibrinbeläge) sowie Kapazität der Bauchhöhle bestimmt das therapeutische Vorgehen. Entweder es gelingt, die vorgefallenen Eingeweide direkt nach der Geburt in die Bauchhöhle zurückzuführen und den Defekt sofort vollständig zu verschließen oder es muss ein temporärer Bauchwandverschluss, typischerweise mittels sog. Schuster-Plastik erfolgen. Bei dieser Technik überdeckt ein Kunststoffsilo vorübergehend den Defekt, bis die Bauchdecken nach Zurücksinken der Eingeweide zu einem späteren Zeitpunkt verschlossen werden können.

Komplikationen und Prognose

Neben der Infektionsgefahr, besteht aufgrund des reduzierten Volumens der Bauchhöhle nach operativem Verschluss die Gefahr einer kritischen Druckerhöhung im Bauchraum (abdominelles Kompartmentsyndrom). Daneben weisen Kinder mit Gastroschisis eine mehr oder weniger ausgeprägte Darmparalyse auf, sodass der Nahrungsaufbau bei diesen Kindern häufig nur verzögert möglich ist. Obwohl die Gastroschisis häufig als isolierte Fehlbildung auftritt, können begleitende Darmatresien das Krankheitsbild komplizieren.

Eine Rotationsfehlbildung des Darms liegt bei allen Kindern mit Gastroschisis vor. Ohne dass dies therapeutische Konsequenzen hat, ist die Kenntnis einer möglicherweise atypischen Lokalisation der Appendix sowie der potenziellen Gefahr eines Volvulus im weiteren Verlauf für nachbetreuende Ärzte, Eltern und Patient wichtig.

Omphalozele

Die Omphalozele tritt mit einer Inzidenz von etwa 1:5.000 deutlich seltener als die Gastroschisis auf. Hier liegt der Defekt in der Mittellinie unter Einbeziehung des Nabels und der Nabelgefäße vor, wobei die vorgefallenen Eingeweide im Gegensatz zur Gastroschisis von einer dünnen Membran, dem Omphalozelensack überzogen sind (Abb. 22.4). Der Bauchwanddefekt kann bei großen Befunden („giant omphalocele“) über 10 cm messen und zeigt dann zumeist auch vorgefallene Leberanteile. In mehr als 50% der Fälle finden sich Begleitfehlbildungen, v. a. kardial, gastrointestinal oder renal. Auch chromosomale Aberrationen finden sich gehäuft.

Klinik und Diagnose

Auch die Omphalozele wird überwiegend bereits pränatal in der Sonographie diagnostiziert. Bereits hier und unmittelbar nach Geburt sollte nach Begleitfehlbildungen gesucht werden.

Therapie

Nach der Geburt sind die Eingeweide meist zunächst durch den Omphalozelensack geschützt, sodass eine Notfalloperation nicht erforderlich ist. Die Omphalozele sollte behutsam steril verbunden werden, damit der Überzug intakt bleibt. Kleine Omphalozelen können im Verlauf frühzeitig ähnlich dem Vorgehen bei Gastroschisis verschlossen werden. Große Omphalozelen werden zunächst konservativ behandelt, worunter der Omphalozelensack über Wochen vollständig epithelialisiert. Der definitive Bachwandverschluss mit Rekonstruktion der Bauchdecke erfolgt ggf. erst nach mehreren Monaten.

Komplikationen und Prognose

Die Prognose richtet sich nach den Begleitfehlbildungen. Auch bei Kindern mit Omphalozele besteht eine Rotationsfehlbildung des Darms, sodass in Verbindung mit begleitenden intestinalen Fehlbildungen möglicherweise weitere operative Interventionen notwendig sind. Bei konservativer Behandlung können darüber hinaus Infektionen über die große Oberfläche des Omphalozelensacks auftreten.

Bei Kindern mit Gastroschisis oder Omphalozele besteht eine Fehldrehung des Darms, welche möglicherweise zu einer atypischen Lage der Appendix oder einer intestinalen Passagestörung bis hin zum Volvulus führen kann.

Hernien der Bauchwand

Nabelhernie

Die umbilikale Hernie resultiert aus einem unvollständigen Verschluss des Nabelrings. Die Inzidenz liegt zwischen 10 und 30%, farbige Menschen sind besonders häufig betroffen. Da die Patienten in der Regel beschwerdefrei sind und in den meisten Fällen ein Spontanverschluss auch noch in den ersten Lebensjahren zu beobachten ist, muss die Operationsindikation im Säuglings- und Kleinkindalter äußerst zurückhaltend gestellt werden. Bei einer Bruchpforte von größer als 1,5 cm oder Persistenz jenseits des 3. Lebensjahres ist der Spontanverschluss seltener. Der rezidivierende Prolaps von Darmschlingen oder große Hernien können zu klinischen Beschwerden wie Schmerzattacken oder Meteorismus führen, sodass ein operativer Verschluss notwendig werden kann. Die Inkarzeration einer Nabelhernie ist im Kindesalter eine Ausnahme.

Epigastrische Hernie

Bruchlücken in der Medianlinie innerhalb der Linea alba werden als epigastrische Hernien bezeichnet. Zumeist wölbt sich lediglich präperitoneales Fett vor, was zu intermittierenden Schmerzen führen kann. Im Gegensatz zur umbilikalen Hernie erfolgt ein Spontanverschluss meist nicht, sodass die Indikation zum operativen Bruchlückenverschluss besteht.

Leistenhernie

Die Leistenhernie ist beim Kind zumeist durch die unvollständige Rückbildung des Processus vaginalis peritonei bedingt, wodurch Baucheingeweide durch den Leistenkanal vor die Bauchwand prolabieren können („indirekte“ Hernie). Die Inzidenz beträgt bei Neugeborenen etwa 5%, bei Frühgeborenen sogar 10%. Bei den etwas häufiger betroffenen Jungen zeigt sich Darm als Bruchsackinhalt, beim Mädchen ist häufig auch das Ovar vorgefallen.

Die Indikation zur operativen Therapie der Leistenhernie stellt sich unmittelbar nach Diagnosestellung und erfolgt bei unkomplizierten Fällen elektiv.

Eine Inkarzeration des Bruchsackinhalts bewirkt eine Ischämie des Gewebes, wobei beim Jungen häufig auch der Hoden gefährdet ist. Klinisch imponiert eine druckdolente, nicht reponible Schwellung, welche bei Fortbestehen mit Zeichen der peritonealen Reizung, wie z. B. Abwehrspannung des Abdomens oder Erbrechen einhergehen kann. Die inkarzerierte Leistenhernie ist ein Notfall. Ein Repositionsversuch ist in den ersten Stunden möglich. Gelingt das Manöver nicht oder zeigt sich bereits eine fortgeschrittene klinische Symptomatik ist eine umgehende operative Intervention erforderlich.

Bei der Hydrozele findet sich lediglich eine Flüssigkeitsansammlung innerhalb des unvollständig verklebten Processus vaginalis. Hier ist die Spontanremission durchaus möglich, sodass insbesondere bei angeborenen Formen zunächst keine Operationsindikation gestellt werden muss.

Magen

Entzündungen und andere Erkrankungen können die Magenmotilität sowie die sekretorische und neuroendokrine Funktion des Magens stören und entsprechend zu Beschwerden wie Völlegefühl, Inappetenz, Erbrechen, Nahrungsunverträglichkeit und epigastrischen Schmerzen führen.

Kongenitale Anomalien

Kongenitale Anomalien des Magens sind bis auf die hypertrophe Pylorusstenose selten. Als weitere Form der Ausgangsobstruktion sind Atresien und Webs der Pylorusregion beschrieben. Magenduplikaturen oder ein Volvulus sind sehr selten.

Pylorusatresie

Die Atresie des Pylorus ist mit einer Inzidenz von etwa 1:100.000 die seltenste Form der intestinalen Atresie. Pränatal zeigt sich häufig ein Polyhydramnion, in der postnatalen Röntgenaufnahme findet sich typischerweise ein luftdistendierter Magen ohne Nachweis von Luft in den anschließenden Darmabschnitten. Therapeutisch ist eine chirurgische Rekonstruktion der gastroduodenalen Passage erforderlich.

Hypertrophe Pylorusstenose

Die hypertrophe Pylorusstenose entwickelt sich nachgeburtlich in den ersten Lebenswochen. Jungen sind bevorzugt betroffen (m:w = 5:1). Die Inzidenz liegt bei ca. 3:1000 Neugeborenen. Eine genaue ätiologische Erklärung gibt es nicht, familiäre Häufungen kommen vor, eine Assoziation zum frühen Einsatz von Erythromycin ist beschrieben.

Symptomatik

Es kommt typischerweise nach ca. 4–6 Wochen zu rezidivierendem postprandialem, saurem schwallartigen Erbrechen und in der Folge zu Gewichtsabnahme und Dystrophie. Die Säuglinge wirken sehr unzufrieden und hungrig, der hypertrophe Pylorus kann u. U. durch die Bauchdecke im Oberbauch als olivenförmige Struktur getastet werden und die Hyperperistaltik des Magens beobachtet werden. Eine Gastritis bzw. Ösophagitis kann ebenso Ursache von Schmerzen wie auch einer oberen gastrointestinalen Blutung mit Blut/Hämatin im Erbrochenen sein. Nach einiger Zeit kann es zu einer Erschöpfungsatonie und vermeintlicher Besserung kommen.

Diagnostik

Die Sonographie erlaubt die Diagnosestellung durch Ausmessen des Pylorus (Muskularis >3 mm, Länge >15 mm) und fehlender Passage von Mageninhalt ins Duodenum (Abb. 22.5). Laborchemisch fällt eine hypochlorämische metabolische Alkalose durch den Verlust von Salzsäure und eine Hyponatriämie auf.

Differenzialdiagnostisch muss an Reflux, Fütterstörungen, adrenogenitales Syndrom, Stoffwechseldefekte, Ileus und die Gastroenteritis gedacht werden.

Therapie

Nach Korrektur des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts ist die Therapie der Wahl die operative Myotomie nach Weber-Ramstedt. Hierbei wird die hypertrophe Muskulatur des Pylorus längs gespalten ohne die Mukosa zu eröffnen, was einen raschen postoperativen Nahrungsaufbau zulässt.

In ca. 10% der Fälle liegt eine Kombination von hypertropher Pylorusstenose und Hiatushernie mit Reflux vor (Roviralta-Syndrom).

Gastritis, Helicobacter pylori und Ulkuskrankheit

Ursächlich kommen infektiöse, chemische oder immunologische Prozesse in Frage.

Akute Gastritis

Eine akute Gastritis tritt im Rahmen einer infektiösen Gastroenteritis auf, durch Medikamenteneinnahme (NSAR, Steroide) oder starken Stress und ist selbstlimitierend.

Symptome sind epigastrischer Druckschmerz, Übelkeit und Erbrechen.

Die Diagnose erfolgt meist klinisch.

Die Therapie besteht in der Elimination der auslösenden Ursache, evtl. der Gabe von Protonenpumpeninhibitoren für begrenzte Zeit.

Chronische Gastritis

Eine chronische Gastritis wird je nach Ätiopathogenese eingeteilt in die Typen A (atrophe, autoimmune), B (bakterielle, infektiöse) und C (chemische, Gallereflux).

Typ A (autoimmune Gastritis)

Es handelt sich um eine im Kindesalter sehr seltene Korpusgastritis mit Antikörpern gegen Parietalzellen und H+/K+-ATPase sowie den „Intrinsic Factor“. Die genaue Entstehung ist unbekannt. Möglicherweise besteht eine Assoziation zu Helicobacter pylori (HP)-Infektionen.

Folge des Parietalzellschwunds ist eine Achlorhydrie, Folge des Mangels an „Intrinsic Factor“ ein Vitamin-B12-Mangel (perniziöse Anämie).

Typ B (bakterielle Gastritis)

Meist handelt es sich um eine antrumbetonte HP-Gastritis. Die Infektion erfolgt oral über Speichel oder Fäzes. HP ist ein gramnegatives spiralförmiges ureasebildendes Bakterium, welches im sauren Magenmilieu gute Überlebensbedingungen findet und dort nach Infektion lebenslang persistiert. Die Infektion ist mit einer Ulkuserkrankung und einem Magenkarzinom assoziiert. In Deutschland sind je nach Herkunft ca. 4–20% der Kinder infiziert. Eine HP-Infektion kann mit einer unklaren Eisenmangelanämie und einer ITP einhergehen.

Typ C (chemische Gastritis)

Diese Form der Gastritis im Kindesalter wird durch ein Ungleichgewicht zwischen protektiven und schädigenden Faktoren bedingt und durch Hyperchlorhydrie, Gallereflux, Stress oder Medikamente wie NSAR ausgelöst.

Sonderformen

Sonderformen sind z. B. die Crohn-Gastritis oder eine eosinophile Gastritis im Rahmen von (Nahrungsmittel)allergien.

Klinik

Eine Gastritis führt zu epigastrischen Schmerzen, die beim jungen Kind aber unspezifisch sein können und sich durch Unruhe, Inappetenz, Nahrungsverweigerung und Erbrechen manifestieren. Die Schmerzen werden durch Nahrungsaufnahme eher verstärkt. Der Hämoccult-Test kann positiv sein, es kann zu blutigem Erbrechen kommen. Eine Typ-A-Gastritis kann asymptomatisch bleiben und erst durch einen Vitamin-B12-Mangel auffallen.

Diagnostik

Die Diagnose einer Gastritis wird histologisch gestellt. Eine aktive Gastritis ist durch ein überwiegendes granulozytäres, die chronische Gastritis durch ein mononukleäres Infiltrat gekennzeichnet. Die Diagnose einer HP-Gastritis erfordert den HP-Nachweis in zwei der durchgeführten Untersuchungen: mikroskopischer oder kultureller/PCR-Nachweis, positiver HP-Schnelltest (Ureasereaktion). Eine Resistenztestung ist empfohlen.

Differenzialdiagnostisch müssen v. a. die funktionelle Dyspepsie, das zyklische Erbrechen und die Refluxerkrankung bedacht werden, als extraintestinale Ursachen wie Hirndruck und Stoffwechselerkrankungen.

Therapie

HP-Infektion

Eine Therapie beim Nachweis von HP ohne entsprechende Beschwerden ist nicht routinemäßig notwendig. Sie sollte dann therapiert werden, wenn starke Beschwerden vorliegen, z. B. ein Ulkusleiden oder eine komplizierte Gastritis, anamnestisch ein Magenkarzinom in der Familie vorliegt oder extraintestinale Symptome wie eine Anämie oder ITP möglicherweise mit der HP-Infektion in Verbindung stehen.

Die Therapie einer HP-Gastritis erfolgt nach Resistenztestung durch eine Kombination von 2 Antibiotika, üblicherweise Amoxicillin kombiniert mit Clarithromycin oder Metronidazol und einem Protonenpumpeninhibitor über 7(–10–14) Tage. Eine Ergänzung durch Bismuth ist möglich. Die Erfolgskontrolle der Eradikation erfolgt in einem Mindestabstand von der Therapie von 4 Wochen durch den 13C-Atemtest oder die Bestimmung des HP-Antigens im Stuhl.

Typ-C-Gastritis

In der Therapie der Typ-C-Gastritis ist es wichtig auslösende Noxen zu vermeiden. Es kann eine Therapie mit PPI durchgeführt werden, bei Gallereflux auch mit Ursodesoxycholsäure.

Eosinophile Gastritis

Die Therapie der eosinophilen Gastritis besteht v. a. in diätetischen Maßnahmen und einer Steroidtherapie (Abschn. 22.2.4.2).

Ulkuskrankheit

Ulzerationen reichen als umschriebene Defekte im Gegensatz zu Erosionen über die Muscularis mucosae hinaus bis in tiefere Schichten und heilen narbig ab.

Sie treten im Magen und/oder Duodenum als HP-positive Ulkuskrankheit bei chronischer HP-Infektion auf, im Kindesalter häufiger aber im Rahmen von Stress wie bei intensivmedizinischer Behandlung mit Ischämie, Sepsis, Hypoxie oder Multiorganversagen, oft in Kombination mit Medikamenten wie NSAR und Kortikosteroiden.

Ein Zollinger-Ellison Syndrom (Gastrinom, meist im Pankreas) ist im Kindesalter sehr selten, die Hypergastrinämie führt zur Überproduktion von Magensäure und damit zur Ausbildung multipler Ulzera.

Symptome

Ulzerationen sind oft zunächst symptomlos, es besteht aber die Gefahr von Blutungen oder einer Perforation. Dyspeptische Beschwerden und epigastrische Schmerzen sind möglich. Beim Duodenalulkus ist v. a. Nüchternschmerz vorhanden.

Als Spätkomplikation kann es zur narbigen Magenausgangsstenose oder zur Pylorusinsuffizienz kommen.

Diagnostik

Die Diagnose erfolgt endoskopisch/bioptisch.

Therapie

Die Therapie hängt von der Genese ab, eine HP-Infektion sollte entsprechend eradiziert werden. Bei Stressulzera ist eine konsequente Säuresuppression mit PPI oder H2-Blockern und die Vermeidung von Noxen die Therapie der Wahl.

Beim Zollinger-Ellison-Syndrom lässt sich durch PPI und das Somatostatinanalogon Octreotid die Säureproduktion effektiv unterdrücken.

Magenentleerungsstörung

Gastroparese

Neben der Pylorusstenose kann eine Vielzahl von Zuständen die Magenentleerung beeinflussen. Bei einer Gastroparese liegt eine Entleerungsstörung ohne anatomische Abflussbehinderung vor. Dazu gehören neuromuskuläre, endokrinologische, infkektiöse, immunologische und Stoffwechselerkrankungen sowie die funktionelle Gastroparese.

Ursachen der Gastroparese im Kindesalter

  • Idiopathisch-funktionell

  • Postoperativ: z. B. nach Fundoplicatio, Laparotomie

  • Medikamenteninduziert: α2-Agonisten, trizyclische Antidepressiva, Protonenpumpeninhibitoren, Antazida, H2-Rezeptor-Agonisten, Sucralfat, Octreotid, β-Agonisten, Kalciumkanalblocker, Diphenhydramin

  • (Post)infektiös: Rota-Virus, CMV, EBV

  • Neurogen und neuropsychiatrisch: Diabetes mellitus, M. Hirschsprung, Zerebralparese, Anfallsleiden, Frühgeburtlichkeit, ADHS

  • Myogen: Muskeldystrophie, CIPO

  • Metabolisch-endokrinologisch: Hypokaliämie, Hypothyreose, Azidose

Klinik

Das häufigste Symptom ist Erbrechen, gefolgt von Übelkeit, frühem Sättigungsgefühl, Völlegefühl. Bauchschmerzen sind eher selten.

Diagnostik

Am Anfang der Diagnostik stehen eine Gastroskopie und eine Kontrastmittelpassage. Eine Szintigraphie mit einer markierten Mahlzeit gibt am besten Auskunft über die Entleerungszeit. Auch spezielle 13C-Atemtests und die antroduodenale Manometrie sind diagnostische Möglichkeiten. Bei Kindern noch wenig erprobt ist der Einsatz einer Motility-Kapsel, die Passagezeiten misst.

Differenzialdiagnostisch abzugrenzen gilt es v. a. alle mit Erbrechen einhergehenden Erkrankungen und Zustände: funktionelle Störungen wie Rumination und zyklisches Erbrechen, Gastritis, Ulkus, Reflux, Ösophagitis, Obstruktionen des oberen Gastrointestinaltrakts aber auch Hirntumore, Schwangerschaft, metabolische und endokrinologische Entgleisungen.

Therapie

Eine zu Grunde liegende Erkrankung muss entsprechend behandelt werden, Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt müssen ausgeglichen werden. Kleine, häufige, fett- und ballaststoffarme Mahlzeiten sind empfohlen.

Ein pharmakologischer Therapieversuch ist möglich mit Metoclopramid, Domperidon, und Erythromycin. Metoclopramid ist mit der häufigsten Nebenwirkungsrate assoziiert. Zusätzlich können Antiemetika wie Ondansetron oder Granisetron eingesetzt werden. Auch der Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren ist häufig gerechtfertigt bei begleitender Ösophagitis durch Erbrechen.

In therapieresistenten Fällen muss teilweise eine jejunale Sonde angelegt werden. Die Erfahrungen mit gastralen Schrittmachern bei Kindern sind spärlich.

Dumping-Syndrom

Eine beschleunigte Magenentleerung führt zum Dumping-Syndrom und tritt meist postoperativ nach Magenhochzug (z. B. Ösophagusatresie), Fundoplicatio, Pyloroplastik oder nach Vagotomie auf.

Klinik

Beim Frühdumping kommt es unmittelbar postprandial durch unzureichend verdaute hyperosmolare Nahrung, die im Dünndarm Wasser bindet, zu Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Schwitzen und Tachykardie (Volumenmangel!).

Beim Spätdumping kommt es meist einige Stunden nach Nahrungsaufnahme zu einer symptomatischen Hypoglykämie (Schwindel, Kaltschweißigkeit, Bewusstlosigkeit, Krampfanfall) nach initial starker Insulinausschüttung und dann plötzlichem Mangel an Kohlenhydraten mit relativem Hyperinsulinismus.

Therapie

Die Mahlzeiten sollten klein und häufig sein und komplexe Kohlenhydrate enthalten, die langsam resorbiert werden.

Akutes Abdomen

Ein akutes Abdomen ist gekennzeichnet durch plötzlich einsetzende Schmerzen, oft mit Fieber, Abwehrspannung, Stuhlverhalt oder Diarrhö mit drohender Schocksymptomatik. Die Ursachen können intra- oder extra-abdominell gelegen sein (Übersicht). Wichtig ist die rasche Abklärung bzw. Entscheidung ob ein operativer Eingriff notwendig ist. Zur Diagnosefindung müssen Blut- und Urin-, ggf. Stuhluntersuchungen erfolgen und bildgebende Verfahren eingesetzt werden, wobei die Sonographie am Anfang steht und ggf. durch Röntgenbilder oder CT ergänzt wird. Therapeutisch muss die Ursache behoben werden, parallel erfolgt die Stabilisierung des Kreislaufs, ein Volumen- und Elektrolytausgleich sowie eine adäquate Schmerztherapie.

Intra- und extraabdominelle Ursachen des akuten Abdomens

  • A.

    Sofortige chirurgische Intervention nötig

    • Appendizitis

    • Invagination

    • Komplizierte Cholelithiasis

    • Inkarzerierte Hernie

    • Perforation eines Hohlorgans

    • Hoden-/Ovarialtorsion

    • Volvulus/Malrotation

    • Ileus (Peritonitis, postoperativ, Briden, Spontan…)

    • Komplizierte Chron. entz. Darmerkrankung

  • B.

    Sofortige medizinische Behandlung notwendig

    • Distales Intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS) bei Mukoviszidose

    • Gastroenteritis mit Dehydratation

    • Harnwegsinfektion/Pyelonephritis

    • Nekrotisierende Enterokolitis (Früh- und Neugeborene)

    • Pankreatitis

    • Sepsis

    • Komplizierte Ulkuserkrankung

    • Nephrolithiasis

    • Pneumonie/Pleuritis

    • Diabetische Ketoazidose

    • Sichelzell-Krise

    • Hämolytisch-urämisches Syndrom

  • C.

    Chirurgische Intervention im Intervall nötig

    • Hypertrophe Pylorusstenose

    • Hirschsprung-Erkrankung

    • Hydrozele

    • Meckel-Divertikel

    • Gallensteine/Cholezystitis

  • D.

    Keine akute medizinische Behandlung nötig

    • Funktionelle gastrointestinale Beschwerden

    • Obstipation/Stuhlverhalt

    • Nahrungsmittelallergien, Kohlenhydratmalabsorption

    • Vaskulitis: Purpura Schoenlein Henoch

    • Lymphadenitis mesenterialis

    • Unkomplizierte Gastroenteritis

    • Porphyrie

    • Akutes A.-mesenterica-superior-Syndrom

Gastrointestinale Blutung

Eine gastrointestinale Blutung kann akut oder subakut/chronisch verlaufen und aus dem oberen Gastrointestinaltrakt (bis Treitz-Band), dem mittleren oder unteren Gastrointestinaltrakt (von terminalem Ileum bis Anus) stammen.

Eine obere gastrointestinale Blutung manifestiert sich durch Hämatemesis (Erbrechen von frischem Blut oder Hämatin durch Kontakt zur Magensäue) und/oder Meläna (Teerstuhl).

Eine Blutungsquelle im mittleren oder unteren Gastrointestinaltrakt manifestiert sich typischerweise als Hämatochezie (frisches, hellrotes Blut im Stuhl). Oberflächliche Auflagerungen sind bedingt durch Blutungen aus dem Rektum bzw. Analkanal.

Seltener kann eine Hämatochezie auch bei einer oberen gastrointestinalen Blutung auftreten, wenn entweder massive Blutungen vorliegen oder die Passagezeit sehr kurz ist wie bei Neugeborenen und jungen Säuglingen. Eine okkulte Blutung kann aus allen Anteilen des Gastrointestinaltrakts stammen und ist nur durch den Guajak-Test zu erkennen.

Ursachen

Die möglichen Ursachen der gastrointestinalen Blutung sind vielfältig und abhängig vom Lebensalter des Patienten (Tab. 22.1).

HauptsymptomTypisches ErkrankungsalterVerdachtsdiagnosen

Hämatemesis, Meläna

Hämatochezie bei großen Blutmengen, kurzer Passagezeit und/oder fehlender Magensäure möglich

NeugeboreneVerschlucktes mütterliches Blut
Hämorrhagische Diathese, Vitamin-K-Mangelblutung, Koagulopathie, Cholestase, Leberversagen
Rezidivierendes Erbrechen (GÖR, hypertrophe Pylorusstenose)
Hämorrhagische Gastritis, Ulkus
Traumatisch (z. B. durch Absaugen, Magensonde)
SäuglingeHämorrhagische Gastritis, Stressgastritis, Ulkus
Rezidivierendes Erbrechen, Ösophagitis, Refluxösophagitis, Mallory-Weiss-Syndrom, Pylorusstenose
Koagulopathie, Leberversagen, Cholestase
Gefäßmalformationen (Hämangiome, Teleangiektasien)
Gastrointestinale Duplikaturen
Kleinkinder, Schulkinder, JugendlicheNahrungsmittel, Medikamente mit blutähnlicher Färbung
Blut aus oberen Atemwegen, z. B. Epistaxis, nach HNO-OP
Mallory-Weiss- Syndrom, rezidivierendes. Erbrechen
Hämorrhagische Gastritis, Stressgastritis, Ulkus
Ösophagus- oder Fundusvarizen
(Reflux)ösophagitis
Fremdkörperingestion, Laugen-, Säurenverätzung
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: M. Crohn
Vaskulitis

Hämatochezie

Meläna bei langer Verweildauer im Darm

NeugeboreneVerschlucktes mütterliches Blut
Analfissuren
Hämorrhagische Diathese, Vitamin-K-Mangelblutung, Koagulopathie, Cholestase, Leberversagen
Infektiöse Enterokolitis
Nekrotisierende Enterokolitis
Volvulus
SäuglingeKuhmilchproteinintoleranz
Infektiöse Enterokolitis
Analfissuren
Invagination
Hämangiome, vaskuläre Malformationen
Darmduplikationszysten
M. Hirschsprung, Enterokolitis, toxisches Megakolon
Meckel-Divertikel
Lymphatische Hyperplasie
Kleinkinder, Schulkinder, JugendlicheNahrungsmittel, Medikamente mit blutähnlicher Färbung
Blut aus oberen Atemwegen, z. B. Epistaxis, nach HNO-OP
Infektiöse Enterokolitis
Analfissuren
Solitäres Rektumulkus
Invagination
Vaskulitiden: Purpura Schöenlein-Henoch
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, M. Crohn)
Meckel-Divertikel
Polypen, Hamartome
Gefäßmalformationen: M. Osler, Hämangiome, Angiodysplasien
Eosinophile Kolitis
Graft-versus-Host-Disease

Klinik

Die Symptomatik ist bestimmt durch die Art der Blutung (Hämatemesis, Hämatochezie, Meläna), den Blutverlust (akute Blutung mit Volumenmangelschock, chronische Blutung mit Anämie) und möglicherweise die Symptome der ursächlichen Erkrankung (z. B. epigastrische Schmerzen bei Ulkuskrankheit, blutige Durchfälle bei Kolitis etc.). In den meisten Fällen sind die Blutmengen aber gering und unbedenklich.

Diagnostik und Therapie

Bei einer bedeutsamen gastrointestinalen Blutung mit Hb-Abfall mit Hämatemesis und/oder Maläna und Verdacht auf eine obere gastrointestinale Blutung ist zur Abklärung in der Regel eine Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) notwendig, mit der Option eines endoskopischen Eingriffs wie z. B. der Gummibandligatur bei Varizenblutung, Clipping bei arterieller Blutung oder einer Polypektomie.

Durch eine Sonographie inkl. Dopplersonographie von Leber und Milz soll bei entsprechendem Verdacht eine portale Hypertension im Vorfeld abgeklärt werden. Bei Verdacht auf eine untere gastrointestinale Blutung steht die Sonographie orientierend am Anfang der diagnostischen Maßnahmen. Bei der Invagination ist sie das Mittel der Wahl und auch bei der Diagnostik der NEC und des Volvulus sowie einer Darmduplikatur ist sie hilfreich.

Röntgenübersichtsaufnahmen des Abdomens sind bei NEC und Volvulus ebenso indiziert und diagnostisch wegweisend.

Bleibt die Blutungsursache unklar oder besteht der Verdacht auf eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, Polypen oder Gefäßmalformationen ist eine Koloskopie notwendig. Polypen können abgetragen, Gefäßmalformationen ggf. koaguliert werden.

Bei frischen Blutauflagerungen auf dem Stuhl kann die Diagnose oft durch die Inspektion und eine Rektoskopie gestellt werden. Bei einer okkulten Blutung sollte immer eine ÖGD und Koloskopie geplant werden.

In einigen Fällen ist zur weiteren Abklärung auch eine MRT (Darmduplikaturen, Dünndarmbeteiligung z. B. bei M. Crohn), eine Videokapselendoskopie (VCE) oder Laparoskopie notwendig (Meckel-Divertikel). Bei ausreichend hohem lokalem Blutverlust kann eine Blutpoolszintigraphie mit durch 99mTc-Pertechnetat markierten Erythrozyten oder eine Angiographie durchgeführt werden, um die Blutungsquelle einzugrenzen.

Differenzialdiagnostisch muss abgeklärt werden ob es sich ggf. um Medikamente oder Nahrungsmittel mit Rotfärbung von Stuhl oder Erbrochenem handeln könnte oder bei Neugeborenen um verschlucktes mütterliches Blut. Auch kann die Blutungsquelle in Nase, Rachen oder Lunge liegen. Hämorrhagische Diathesen sind durch entsprechende Labordiagnostik abzugrenzen.

Chronisches Bauchschmerzsyndrom, funktionelle gastrointestinale Störungen

Nach den aktuellen Rom-IV-Kriterien wird von chronisch-funktionellen Bauchschmerzen gesprochen wenn die Beschwerden über einen Zeitraum von mindestens 2 Monaten und mindestens 4-mal/Monat auftreten. Bis zu 15% der Kinder und Jugendlichen leiden im Verlauf ihrer Entwicklung unter chronischen Bauchschmerzen. Zu einem überwiegenden Teil handelt es sich dabei um sog. „funktionelle“ Bauchschmerzen. Wichtig ist der Ausschluss einer anderen medizinischen Erkrankung wie einer entzündlichen, metabolischen oder anatomischen Störung (Zöliakie, chronisch entzündlichen Darmerkrankung, Cholelithiasis, Durchblutungsstörung …).

Pathogenese

Die genaue Pathogenese ist noch nicht komplett verstanden. Neben biopsychosozialen Faktoren1 die das Schmerzempfinden und die Funktion des Gastrointestinums beeinflussen wird der „Brain-Gut-Axis“ und dem intestinalen Mikrobiom zunehmende Bedeutung beigemessen. Bidirektionale neuronale Verbindungen vom ZNS zum Darm beeinflussen Schmerzempfinden und Funktion.

Klinik

Die chronisch-funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen (FGID) sind durch spezifische Symptome gekennzeichnet, die in den Rom-IV-Kriterien festgelegt sind (Tab. 22.2). Funktionelle Bauchschmerzsyndrome sind im Abschnitt „H2“ der Rom-IV-Kriterien beschrieben. Bei funktionellen Bauchschmerzen „H2d“ werden die Schmerzen klassischerweise periumbilikal angegeben, sind oft von hoher Intensität, die Dauer kann wechselnd sein, oft werden die Schmerzen auch durchgehend und täglich angegeben.

G FGID Säuglinge und Kleinkinder
G1 Regurgitation
G2 Rumination
G3 Zyklisches Erbrechen
G4 Säuglingskoliken
G5 Funktionelle Diarrhö
G6 Dyschezie
G7 Funktionelle Obstipation
H FGID Kinder und Jugendliche
H1 Störungen mit funktioneller Übelkeit und ErbrechenH1a Zyklisches Erbrechen
H1b Funktionelle Übelkeit und funktionelles Erbrechen
H1c Ruminationssyndrom
H1d Aerophagie
H2 Funktionelle Bauchschmerzsyndrome

H2a Funktionelle Dyspepsie

Kriterien müssen mindestens 4-mal/Monat über mindestens 2 Monate auftreten:

1) Postprandiales Völlegefühl

2) Schnelles Sättigungsgefühl

3) Epigastrische Schmerzen oder Brennen ohne Zusammenhang zur Defäkation

4) Nach angemessener Untersuchung kann der Bauchschmerz nicht komplett durch andere medizinische Konditionen erklärt werden

Zwei Subtypen werden unterschieden:

1) Postprandiales Distress Syndrom mit besorgniserregendem postprandialem Völlegefühl und schnellem Sättigungsgefühl, das die Aufnahme einer kompletten Mahlzeit verhindert. Zusätzlich können ein geblähtes oberes Abdomen, postprandiale Übelkeit oder exzessives Aufstoßen vorliegen

2) Epigastrisches Schmerzsyndrom, dass alle folgenden Kriterien erfüllt:

Beeinträchtigende epigastrische Schmerzen oder Brennen. Der Schmerz ist nicht generalisiert oder in anderen abdominellen Bereichen oder thorakal lokalisiert und wird nicht durch Defäkation oder Windabgänge erleichtert. Zusätzlich können weitere Symptome vorliegen:

(a) Brennende Schmerzqualität ohne retrosternale Komponente

(b) Der Schmerz kann durch Nahrungsaufnahme verstärkt oder abgeschwächt werden, tritt aber auch während Nüchternperioden auf

H2b Reizdarmsyndrom

Alle Kriterien müssen erfüllt sein:

1) Bauchschmerzen an mindestens 4 Tagen im Monat assoziiert mit einem oder mehreren der folgenden Symptome:

(a) Schmerzen in Relation zur Defäkation

(b) Wechselnde Stuhlfrequenz

(c) Wechselnde Stuhlbeschaffenheit

2) Bei Kindern mit Obstipation sistiert der Schmerz nicht unter Behandlung der Obstipation

3) Sistieren die Schmerzen bei erfolgreicher Behandlung der Obstipation handelt es sich um eine funktionelle Obstipation

4) Nach angemessener Untersuchung kann der Bauchschmerz nicht komplett durch andere medizinische Konditionen erklärt werden

H2c Abdominelle Migräne

Alle Kriterien müssen mindestens 2-mal aufgetreten sein:

1) Paroxysmale Episoden intensiver, akuter periumbilikaler, mittiger oder diffuser Bauchschmerzen mit einer Dauer von 1 h oder mehr (sollte das schwerwiegendste Symptom sein)

2) Die Episoden liegen Wochen bis Monate auseinander

3) Der Schmerz beeinträchtigt die normale Tätigkeit

4) Die Symptome des einzelnen Patienten sind immer gleichförmig

5) Der Schmerz wird begleitet von 2 oder mehr der folgenden Symptome:

(a) Anorexie

(b) Nausea

(c) Erbrechen

(d) Kopfschmerz

(e) Photophobie

(f) Blässe

6) Nach angemessener Untersuchung kann der Bauchschmerz nicht komplett durch andere medizinische Konditionen erklärt werden

H2d Funktionelle Bauchschmerzen, nicht andernorts spezifiziert

Kriterien müssen mindestens 4-mal/Monat über mindestens 2 Monate auftreten:

(1) Episodischer oder kontinuierlicher Bauchschmerz ohne ausschließlichen Zusammenhang zu physiologischen Ereignissen (Nahrungsaufnahme, Menstruation)

(2) Symptomatik entspricht nicht den Kriterien des Reizdarms, der funktionellen Dyspepsie

(3) Nach angemessener Untersuchung kann der Bauchschmerz nicht komplett durch andere medizinische Konditionen erklärt werden

H3 Störungen der DefäkationH3a Funktionelle Obstipation
H3b Stuhlinkontinenz ohne Retention

Ausführlicher beschrieben sind nur die diagnostischen Kriterien der funktionellen Bauchschmerzsyndrome

Diagnostik

Neben einer genauen Anamnese und körperlichen Untersuchung unter Einschluss einer rektalen Untersuchung kann eine Basisdiagnostik andere Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen: Differenzialblutbild, Blutsenkung, CRP, Lipase, Transaminasen, Albumin, Eiweiß, Kreatinin, TSH, Transglutaminaseantikörper, Urinstatus, Calprotectin im Stuhl, ggf. Stuhluntersuchungen auf Giardia, Würmer und andere Erreger sowie ein Ultraschall des Abdomens. Bei bestimmten Hinweisen oder in Zweifelsfällen sind weitere Untersuchungen wie H2-Atemteste, Endoskopie, MRT, gynäkologische Untersuchung etc. indiziert.

Warnsymptome, sog. Red Flags, können hinweisend auf eine Erkrankung anderen Ursprungs sein.

Red Flags

  • Ungewollter Gewichtsverlust

  • Wachstumsstörungen, verzögerte Pubertätsentwicklung

  • Streng lokalisierte Schmerzen in Entfernung vom Bauchnabel z. B. im rechten UB oder OB

  • Nächtliche Durchfälle

  • Blut im Stuhl

  • Rezidivierendes Erbrechen, blutiges Erbrechen

  • Dysphagie, Schluckstörung

  • Unklares Fieber

  • Arthritis

  • Menstruationsstörungen

  • Positive Familienanamnese für CED, Zöliakie etc.

  • Auffälligkeiten bei der körperlichen Untersuchung wie Resistenzen, Hepatosplenomegalie etc.

Therapie

Wichtiger Bestandteil der Therapie ist eine adäquate Aufklärung über die Zusammenhänge der Schmerzen und darüber, dass zwar belastende Symptome aber keine bedrohliche Krankheit vorliegt. Coping-Strategien zum Umgang mit den funktionellen Bauchschmerzen wie Ablenkungsstrategien können vom Kind und von der Familie erlernt werden. Eine Hypnotherapie kann zur Symptomlinderung und -kontrolle führen. Ebenso ist eine psychologische Evaluation in vielen Fällen ratsam.

Eine noch nicht eindeutig evidenzbasierte adjuvante Therapie ist die Gabe von Pro- oder Prebiotika. Besondere Diäten sollten vermieden werden, bei Erwachsenen scheint eine FODMAP-reduzierte Diät [fermentierbare, Oligo-, Di-, Mono-Saccharide und Polyol (FODMAP)Diät] einen positiven Einfluss auf ein Reizdarmsyndrom zu haben. Die Symptome der abdominellen Migräne lassen sich durch die frühzeitige Gabe eines Antiemetikums und Analgetikums sowie Ruhe und Entspannung verbessern.

Akute Gastroenteritis

Die akute Gastroenteritis ist neben den Atemwegsinfektionen eine der häufigsten Infektionskrankheiten des Kindesalters, nahezu jedes Kind wird mindestens einmal an einer Gastroenteritis erkranken. In Deutschland wird sie v. a. durch virale Erreger ausgelöst (v. a. Noro-, Rota-, Astro-, Adeno-, Enteroviren; Kap. 15), seltener durch Bakterien (Salmonellen, Shigellen, enteropathogene E. coli, Yersinien, Campylobacter jejuni, Clostridien etc.) und noch seltener durch Einzeller und Parasiten wie Gardia lamblia, Amöben oder Krytosporidien.

Die Infektionsquelle viraler Erreger ist immer der Mensch, bei den bakteriellen Erregern können neben dem Menschen auch Tiere und tierische Nahrungsmittel (Salmonellen, E. coli, Yersinien etc.) oder auch das Trinkwasser Überträger sein. Der Übertragungsweg erfolgt durch Schmierinfektion, seltener durch Tröpfcheninfektion (Norovirus) oder über verseuchte Lebensmittel oder Trinkwasser. Die Inkubationszeiten sind für alle Erreger mit 1–3 Tagen kurz. Auch bakterielle Toxine aus kontaminierten Lebensmitteln (Staphylococcus aureus, selten Bacillus cereus, Clostridien) können ursächlich für eine akute Gastroenteritis sein.

Pathophysiologie

Der Elektrolyt- und Wasserverlust wird durch osmotische oder sekretorische Mechanismen ausgelöst. Bei der osmotischen Diarrhö kommt es durch eine Schädigung der Enterozyten durch Erreger oder Toxine zu einer fehlenden Resorption von Nährstoffen und Elektrolyten, diese sind im Darmlumen osmotisch wirksam und „entziehen“ auf die Weise Wasser. Bei der sekretorischen Diarrhö werden durch bakterielle Toxine (klassisch: Choleratoxin) oder virale Proteine wie das Rotavirusprotein NSP4 intrazelluläre Messenger (Ca; cGMP, cAMP) aktiviert die dann z. B. apikale Chloridkanäle der Enterozyten aktivieren, auch kann die Bildung sekretorischer Zellen stimuliert werden und das enterische Nervensystem sowie die Bildung sekretorischer Hormone (5-Hydroxytryptamin, VIP u. a.) aktiviert werden. Der Wasserverlust und Elektrolytverlust bei der sekretorischen Form ist meist deutlich höher, oft liegen Mischformen vor. Differenzialdiagnostisch hilft eine Nahrungskarenz: Während bei der osmotischen Form die Diarrhö deutlich zurückgeht oder sistiert, persistiert sie bei der sekretorischen Form.

Symptomatik

Die Symptomatik der akuten Gastroenteritis ist gekennzeichnet durch Diarrhö und/oder Erbrechen, erstere kann blutig oder eitrig sein, und dem damit verbundenen Flüssigkeitsmangel, Elektrolytverschiebungen und Energiemangel.

Die resultierende Dehydratation wird nach dem Ausmaß des Flüssigkeitsverlusts eingeteilt in leicht, moderat und schwer (<3% Gewichtsverlust; 3–8% Gewichtsverlust und >8% Gewichtsverlust) sowie nach der Natriumkonzentration im Serum in eine isotone Form (130–150 mmol/l), hypotone Form (<130 mmol/l) und hypertone Form (>150 mmol/l). In ca. 70% der Fälle liegt eine isotone Dehydratation vor. Bei einer hypertonen Dehydratation kann der Grad der Dehydratation durch den teigig-pastösen Turgor maskiert werden, die Kinder zeigen häufig neurologische Symptome wie erhöhten Muskeltonus, Hyperreflexie, Krampfanfälle, Somnolenz, oder Koma.

Bei nur leichter Dehydratation liegen kaum weitere klinische Symptome vor, bei moderater bis schwerer Dehydratation sind eine eingesunkene Fontanelle, eingesunkene Augen, trockene Schleimhäute, reduzierter Hautturgor, neurologische Symptome wie Unruhe, Lethargie, Koma, eine reduzierte Diurese und ggf. Schockzeichen mit arterieller Hypotonie, Tachykardie und eingeschränkter Mikrozirkulation typische klinische Zeichen. Fieber ist ein häufiges Begleitsymptom infektiöser Gastroenteritiden (selten bei toxinbedingten) und erhöht den Flüssigkeitsbedarf weiter.

Mögliche Verschiebungen im Elektrolythaushalt (Hypo-/Hyperkaliämie, Hypo-/Hypernatriämie) können zu Herzrhythmusstörungen und neurologischen Symptomen bis hin zu Krampfanfällen führen. Durch Bikarbonatverlust, später auch Energiemangel und Minderperfusion kommt es zu einer metabolischen Azidose.

Die Dauer der infektiösen Gastroenteritis ist variabel, beträgt meist weniger als 7 Tage, selten mehr als 14 Tage.

Diagnose

Die Diagnostik stützt sich auf die genaue Anamnese mit Erbrechen, Durchfall, Fieber, ggf. bekannte Umgebungsinfektionen im Kindergarten/Schule oder der Familie. Differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden müssen andere Ursachen für Erbrechen und/oder Durchfall wie die Appendizitis, Invagination, Volvulus bzw. Ileus, Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Zöliakie, Kuhmilchproteinintoleranz. Auch andere nicht intestinale Infektionen wie Harnwegsinfektionen, Tonsillitis oder Meningitis etc. können zu Erbrechen und z. T. auch dünnem Stuhl führen. Eine diabetische Ketoazidose, eine Pylorushypertrophie oder Hirndruck können als ein Leitsymptom Erbrechen zeigen.

Blutentnahmen, Urinuntersuchungen oder bildgebende Verfahren wie die Sonographie sind nur im Zweifel zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung anderer Erkrankungen notwendig. Eine Erregersuche im Stuhl ist bei ambulant erworbener und ambulant behandelter Gastroenteritis gewöhnlich nicht notwendig. In der Klinik kann dies notwendig sein, um Isolationsmaßnahmen bzw. Kohortierungen zu planen, ebenso bei sehr schweren, ungewöhnlichen oder protrahierten Verläufen und bei chronisch kranken, z. B. immunsupprimierten Kindern oder Kindern mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

Therapie

Die Therapie besteht v. a. im Ausgleich des geschätzten Flüssigkeitsverlusts und ggf. der Elektrolytverschiebungen. Eine Blutentnahme mit Bestimmung v. a. der Elektrolyte vor Rehydratation ist nur bei geplanter i.v.-Rehydratation oder bei (neurologischen) Symptomen notwendig, die durch die Dehydratation nicht erklärt werden. Angestrebt werden sollte eine orale Rehydratation mit einer kommerziell erhältlichen hypotonen oralen Reydratationslösung (ORL mit Na 60 mmol/l; 200–250 mosol/l). Gestillte Säuglinge werden weiter gestillt. Säuglinge, die mit Formelnahrung ernährt werden, sollten diese weiter erhalten.

Die orale Rehydratation sollte bei moderaten Dehydratationen zunächst über 4 Stunden versucht werden, wenn nötig mit Hilfe einer Magensonde. Bei Erbrechen sollte ein Antiemetikum wie Granisetron verabreicht werden. Eine orale Rehydratation ist mit einer geringeren Komplikationsrate und schnellerer Ausheilung verbunden.

Ist dieser Versuch nicht erfolgreich, wird eine i.v.-Rehydratation begonnen.

Bei sehr schweren Dehydratationen mit Schock, neurologischen Symptomen wie Somnolenz, unstillbarem Erbrechen oder akutem Abdomen wird primär eine intravenöse Rehydratation durchgeführt. Als universelle Infusionslösungen eignen sich NaCl 0,9% (auch zur initialen Schocktherapie mit Bolusgaben von je 20 ml/kgKG) oder eine Ringer-Lösung.

Der Flüssigkeitsbedarf für die ersten 24 Stunden setzt sich aus dem geschätzten Verlust (Verlust in % des Köpergewichts (g) = ml) sowie dem Grundbedarf zusammen (Grundbedarf nach Holliday: 100-50-20-Regel: Kilogramm 1–10 des Körpergewichts = 100 ml/kgKG+ Kilogramm 11–20 des Körpergewichts = 50 ml/kgKG + 25 ml/kg für jedes Kilo über 20 kg bis ca. 40 kg Körpergewicht). Dabei sollte der Grundbedarf gleichmäßig über den Tag verteilt werden, 50% des Verlusts sollte wenn möglich rascher, d. h. z. B. in den ersten 8 Stunden, die zweiten 50% in Stunde 9–24 verabreicht werden. Fieber erhöht den Tagesgrundbedarf um ca. 10%/1°C, voluminöse wässrige Stuhlgänge werden mit 10 ml/kgKG zusätzlich berechnet.

Cave

Die i.v.-Korrektur einer Hyponatriämie und v. a. Hypernatriämie muss ausgesprochen langsam und kontrolliert erfolgen, da bei zu schneller Veränderung die Gefahr einer pontinen oder extrapontinen Myelinolyse mit dem Risikio für neurologische Residuen besteht. Die Korrektur des Serumnatriums soll nicht schneller als um 0,5 mmol/h erfolgen.

Nahrungskarenz, Teepausen oder spezielle Diäten sind nicht notwendig, der vorsichtige Nahrungsaufbau sollte so rasch wie möglich beginnen.

Unterstützend kann v. a. zu Beginn einer Gastroenteritis Lactobacillus rhamnosus GG (alternativ Saccharomyces boulardii) verabreicht werden, damit kann die Dauer der Durchfallerkrankung um ca. einen Tag reduziert werden. Racecadotril als Hemmer der Enkephalinase verringert den sekretorischen Wasserverlust um bis zu 40–50% und reduziert die Elektrolytverluste.

Eine antibiotische Therapie ist auch bei bakterieller Ursache fast nie indiziert. Ausnahmen sind Neugeborene und junge Säuglinge sowie immuninkompetente oder chronisch kranke Kinder. Shigelleninfektionen sollen mit Azithromycin behandelt werden. Eine Amöbenkolitis, eine schwere Gardiasis und moderate bis schwere Clostridienkolitis können mit Metronidazol therapiert werden.

Vorbeugende Maßnahmen

Stillen bzw. Muttermilchfütterung des Neugeborenen und Säuglings reduziert die Inzidenz an infektiösen Enteritiden.

Die orale Rotaviruslebendimpfung ist von der STIKO empfohlen und soll je nach Impfstoff zwei- bzw. dreimalig zwischen Lebenswoche 6 und 24 bzw. 32 durchgeführt werden. Im Falle einer Umgebungsinfektion sind Hygienemaßnahmen, v. a. die Händedesinfektion wichtig.

Dünndarm

Die Aufgabe der Nahrungsaufnahme und Versorgung des Körpers mit Nährstoffen kann vom Darm nur erfüllt werden wenn eine Integrität der Mukosa, eine normale Motilität sowie die enzymatische, immunologische und neuroendokrine Funktion gegeben ist.

Anomalien des Dünndarms

Meckel-Divertikel

Das Meckel-Divertikel ist ein Rest des embryonalen Ductus omphaloentericus und befindet sich ca. 50–75 cm oralwärts der Ileocoecalklappe am Ileum. In ca. 30% enthält es heterotope Magenschleimhaut, die zu Ulzerationen der Umgebung und zu einer schmerzlosen meist frischblutigen Hämatochezie führen kann (Abschn. 22.7). Die Diagnostik erfolgt szintigraphisch durch Tc99m-Pertechnetat oder laparoskopisch.

Das Meckel-Divertikel kann auch entzünden und Symptome ähnlich einer Appendizitis verursachen sowie zu einer Invagination oder zum Volvulus führen.

Die Therapie bei entsprechenden Symptomen besteht in der chirurgischen Abtragung.

Atresien und Stenosen des Gastrointestinaltrakts

Angeborene Verschlüsse oder Stenosen des Gastrointestinaltrakts sind die häufigste Ursache für eine intestinale Obstruktion im Neugeborenenalter. Die Defekte können an jeder Stelle des Intestinums auftreten, wobei das Ileum die häufigste Lokalisation darstellt. Ursächlich werden eine lokale mesenteriale Minderdurchblutung sowie Rekanalisierungsstörungen in der Embryonalphase diskutiert.

Duodenalatresie

Sowohl extrinsische (Malrotation, Pancreas anulare, Ladd-Bänder) als auch intrinsische (duodenal web, Kontinuitätsunterbrechung, Stenose) Ursachen können eine Obstruktion des Duodenums bewirken. Die klassische Double-bubble-Konfiguration bei Duodenalatresie ist häufig bereits in der pränatalen Sonographie erkennbar und bezeichnet die Dilatation von proximalem Duodenum und Magen getrennt durch den sich nicht erweiternden Pylorus. In der postnatalen Röntgenaufnahme zeigen sich beide Strukturen luftgefüllt bei ansonsten überwiegend gasleerem Abdomen (Abb. 22.6). Die Inzidenz der Duodenalatresien und -stenosen beträgt etwa 1:2.500. In etwa 50% der Fälle bestehen Begleitfehlbildungen anderer Organsysteme. Gehäuft ist die Duodenalatresie bei Patienten mit Trisomie 21 zu beobachten.

Atresien von Jejunum und Ileum

Atresien im Bereich der distalen Dünndarmabschnitte treten mit einer Inzidenz von 1:5.000 zumeist isoliert ohne Begleitfehlbildungen an anderen Organsystemen auf. In etwa 10–15% der Fälle bestehen allerdings multiple Atresien (Abb. 22.7).

Eine Sonderform der jejunoilealen Atresie ist die sog. „Apple-peel“-Malformation bei der das atretische Segment helixartig um ein ernährendes Zentralgefäß geschlungen ist. Betroffene zeigen zudem häufig weitere Atresien, sodass hier die Gefahr eines Kurzdarmsyndoms besteht.

Kolonatresie

Atresien im Bereich des Kolons sind deutlich seltener. Die Inzidenz wird mit etwa 1:20.000 angegeben. Zumeist handelt es sich um komplette Atresien mit Mesenterialdefekt, membranöse Atresien kommen ebenfalls vor. Begleitende Krankheitsbilder sind die Gastroschisis oder der Morbus Hirschsprung. Auch bei Dünndarmatresien sollte das Kolon mitinspiziert werden.

Klinik und Diagnose

Das klinische Erscheinungsbild der intestinalen Atresien ist geprägt durch die Symptome der Passagestörung. Je nach Höhe der Lokalisation finden sich typische Symptome wie Erbrechen, geblähtes Abdomen oder fehlender Mekoniumabgang beim Neugeborenen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei hoher Atresie das Abdomen durchaus eingefallen sein kann, andererseits der Darm distal gelegentlich stuhlgefüllt ist und daher auch Mekonium abgesetzt werden kann. Membranöse Duodenalatresien weisen gelegentlich eine zentrale Öffnung auf, wodurch eine Nahrungspassage manchmal möglich ist. Ebenso können Stenosen mit inkompletter Obstruktion längere Zeit asymptomatisch bleiben.

Neben der klinischen Symptomatik zeigt die Röntgenübersicht des Abdomens, ggf. auch eine Sonographie zumeist massiv dilatierte Darmabschnitte, welche einen Rückschluss auf den betroffenen Darmabschnitt zulässt.

Therapie

Die Therapie der echten Duodenalatresie oder des Pancreas anulare erfolgt durch die Rekonstruktion der Passage mittels Umgehungsanastomose zwischen proximalen und distalem Duodenum (Duodenoduodenostomie). Intestinale Membranen können nach Eröffnen des Darmlumens exzidiert werden, eine zugrundeliegende Malrotation des Darms oder Ladd-Bänder müssen operativ gelöst werden. Therapie der Wahl bei den distalen Darmatresien ist die operative Resektion der atretischen Darmabschnitte mit direkter Reanastomosierung. Die teils erhebliche Diskrepanz der Durchmesser von zuführenden und abführenden Darmabschnitten erfordert hierbei teilweise spezielle Modellierungstechniken, in seltenen Fällen muss temporär sogar ein Anus praeter angelegt werden.

Komplikationen und Prognose

Die Prognose der Kinder mit angeborenen intestinalen Atresien ist insgesamt gut. Neben allgemeinen Operationsrisiken wie Anastomoseninsuffizienz oder narbigen Stenosen weisen Kinder postoperativ gelegentlich Motilitätsstörungen des Darms auf, was neben der Dilatation und dem Kalibersprung möglicherweise auch einer veränderten neuronalen Innervation benachbarter Darmabschnitte geschuldet ist. Kinder mit multiplen Atresien oder einem Apple-peel-Syndrom können ein Kurzdarmsyndrom erleiden.

Malrotation

Die fehlerhafte Rotation und Fixierung des Mitteldarms während der Embryonalzeit führt zu unterschiedlichen Formen der Darmfehldrehung (Malrotation, Nonrotation). Die Inzidenz der Darmlageanomalien ist unklar, da diese nicht zwangsläufig klinische Symptome verursachen und somit häufig unbemerkt bleiben. Symptomatische Formen werden mit einer Häufigkeit von 1:6.000 Lebendgeborene beschrieben.

Das klinische Beschwerdebild kann sehr unterschiedlich sein. Neben einer Passagestörung können auch Symptome einer mesenterialen Mangeldurchblutung auftreten. Hochgradige Stenosen werden meistens bereits im Neugeborenenalter unter dem klinischen Bild eines Ileus symptomatisch, bei milden Formen finden sich u. U. lediglich unspezifische Beschwerden wie rezidivierende Bauchschmerzen oder eine Obstipationssymptomatik. Bei akut eintretender Ileussymptomatik, insbesondere mit galligem Erbrechen, sollte jedoch in jedem Lebensalter an die Möglichkeit eines akuten Volvulus bei Malrotation gedacht werden, was eine umgehende operative Intervention erfordert.

Cave

Bei akuter Ileussymptomatik mit galligem Erbrechen muss stets ein Volvulus ausgeschlossen werden.

Duplikaturen des Gastrointestinaltrakts

Angeborene Duplikaturen können im gesamten Gastrointestinaltrakt vom Larynx bis zum Anus auftreten, die häufigsten Lokalisationen sind Jejunum und Ileum. Die Gesamtinzidenz beträgt etwa 1:5.000, die Ursache ist unklar. Die Struktur imponiert in den meisten Fällen als zystische, seltener auch tubuläre Doppelung mit oder ohne Verbindung zum benachbarten Abschnitt des Gastrointestinaltrakts. Die Wand der Duplikatur besteht aus Muskulatur und Epithel des Verdauungstrakts, wobei auch ektope Schleimhaut gefunden werden kann. Die klinische Symptomatik wird vornehmlich durch den raumfordernden Charakter der Läsion bestimmt. Die Therapie besteht in der Resektion der Duplikatur, wobei im Bereich des Intestinums aufgrund der häufig gemeinsamen Wand eine Resektion des anliegenden Darmsegments oft nicht vermieden werden kann.

Malabsorption und chronische Diarrhö

Eine Malabsorption tritt auf, wenn die Resorptionsfunktion der Dünndarmschleimhaut beeinträchtigt ist, entweder durch eine Zerstörung der Mukosa (Infektion oder Inflammation), Fehlfunktionen der Enterozyten (z. B. kongenitale Diarrhöen), durch eine verkürzte Darmlänge oder eine Motilitätsstörung. Es kann eine globale Resorptionsstörung vorliegen, wie beim M. Crohn oder der Zöliakie, oder eine partielle Resorptionsstörung z. B. bei einem Saccharase-Isomaltase-Mangel, einer Chlorid- oder Natriumdiarrhö u. a.

Als Maldigestion wird der Mangel an Pankreasenzymen mit konsekutiver Steatorrhö bezeichnet.

Als Diarrhö wird üblicherweise eine Veränderung der Stuhlbeschaffenheit und -frequenz bezeichnet, mit Stuhlfrequenzen >5/d (Säuglingsalter) bzw. >3/d (>1. Lebensjahr) mit einem Stuhlgewicht von mehr als 10 g/kgKG/d (>200 g/d bei Erwachsenen) und einem hohen Wasseranteil über 80%. Pathogenetisch liegt der Diarrhö ein osmotischer oder sekretorischer Mechanismus, häufig eine komplexe Kombination von beidem zu Grunde. Unverdaute Nahrungsbestandteile führen zu einer osmotischen Diarrhö durch Bindung von Wasser, die Gärung unverdauter Zucker im Kolon führt zu Blähungen und Meteorismus sowie zur Entstehung saurer kurzkettiger Fettsäuren, die als reduzierende Substanzen nachgewiesen werden können. Bei einer aktiven sekretorischen Diarrhö werden Wasser und Elektrolyte aktiv von den Enterozyten sezerniert, der Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ist hierbei deutlich höher. Verursacht wird dies z. B. durch bakterielle Toxine oder virale Bestandteile. Als klassisches Beispiel kann das Choleratoxin genannt werden, welches in der Zelle zu einer Erhöhung der cAMP-Konzentration führt und dadurch die Chloridsekretion der Enterozyten über den CFTR-Kanal gesteigert wird, während gleichzeitig die Na+-Resorption über den ENaC-Kanal vermindert ist. Bei der Chloriddiarrhö liegt ein angeborener Defekt des Na+-unabhängigen Cl-/HCO3-Austauschers vor, der schon intrauterin zu einer sekretorischen Diarrhö führt.

Eine passive sekretorische Diarrhö liegt bei chronisch-inflammatorischen Prozessen wie beim M. Crohn durch Exsudation über die Schleimhaut vor. Hierbei kommt es durch die Schleimhautschädigung aber auch zu einer malabsorptiven osmotischen Diarrhö.

Klinik

Neben einer Diarrhö mit möglichen Bauchschmerzen, Meteorismus und Blähungen können zusätzliche Symptome einer zu Grunde liegenden Erkrankung vorliegen, wie perianale Fisteln bei einem M. Crohn etc.

Eine Malabsorption macht sich durch eine Gedeihstörung (fehlende Gewichtszunahme bzw. Gewichtsverlust mit Schneiden der Gewichtsperzentilen, Abfall des BMI, bei chronischem Verlauf auch eingeschränktes Längenwachstum) und Mangelversorgung z. B. von Eisen, Zink, Vitaminen etc. bemerkbar mit den entsprechenden Symptomen einer Anämie, Ekzemen, Osteopenie, Pubertas tarda u. a.

Diagnostik

Wichtig ist eine genaue Anamnese inkl. Ernährungsprotokoll und Stuhlvisite. Es sollte überprüft werden, ob die Symptomatik seit der Einführung bestimmter Nahrungsmittel besteht, mit der Einnahme bestimmter Nahrungsmittel assoziiert ist oder ob z. B. eine akute Infektion auslösend war. Die Menge und Beschaffenheit der Stuhlausscheidung, das Vorhandensein von Blutbeimengungen (Hinweis auf CED), Fettstühlen (Pankreasinsuffizienz) oder sauren Stühlen (Kohlenhydratmalabsorption) sollte verifiziert werden. Ein Fastentest kann klären, ob es sich ätiologisch um eine osmotische oder um eine sekretorische Diarrhö handelt. Während die osmotische Diarrhö unter Nahrungskarenz sistiert, persistiert die sekretorische Diarrhö.

Durch laborchemische, bildgebende und ggf. endoskopische Verfahren kann eine gastroenterologische Ursache nachgewiesen werden.

Für die kongenitalen Diarrhöen (s. u.) ist in fast allen Fällen die Diagnose molekulargenetisch möglich.

Eine diagnostische Hilfe bietet das folgende Stufenschema:

Diagnostisches Stufenschema bei chronischer Diarrhoe im Kindesalter

  • A.

    Alter, Anamnese, Familienanamnese, Gedeihen, Objektivierung Stuhlbeschaffenheit und -frequenz

  1. Stufe: Basisdiagnostik

    • Blutuntersuchungen:

      • Schilddrüsenstatus (Hyperthyreose)

      • Blutbild, BSG, CRP, Albumin (Hinweis auf chronisch entzündlich Darmerkrankung)

      • GPT, γGT, Lipase

      • Cholesterin, LDL, HDL

      • Eisenstatus, Zink, Vitamin D, Vitamin B12, Folsäure (Malabsorption)

      • Elektrolyte, Säure-Base-Status, Blutzucker

    • Mikrobiologische Untersuchungen (Infektiöse Enteritis):

      • Stuhlkulturen

      • PCR: Lamblien, Kryptosporidien, Amöben

      • Mikroskopie (Parasiten, Würmer)

      • Virusnachweis (auch CMV bei Immunsuppression)

      • Serologie (Yersinien, Campylobacter)

    • Zöliakie-Screening:

      • Serologie (IgA und IgG für tTG [Gewebetransglutaminase], EMA [Endomysiumantikörper], AGA [deamidierte Gliadinantikörper] und Gesamt-IgA)

    • Kohlenhydratmalabsorptionen:

      • H2-Atemteste (Laktose, Fruktose)

    • Nichtinvasive Tests/Stuhluntersuchungen:

      • Intestinale Inflammation: Calprotectin oder Laktoferrin

      • Exokrine Pankreasfunktion: Pankreaselastase

      • Okkultes Blut

    • Nahrungsmittelallergien:

      • Skin-Prick-Test, ImmunoCAP

    • Ultraschall Abdomen

  2. Stufe: Erweiterte Diagnostik

    • Endoskopie und Histologie (Standard-Histologie, PAS-Färbung, Elektronenmikroskopie)

    • Molekulargenetik (z. B. bei kongenitaler Diarrhö)

    • Spezielle Untersuchungen

      • Intestinale Immunhistochemie

      • Anti-Enterozyten-Antikörper (Autoimmunenteropathie)

      • Serum-Chromogranin und Katecholamine (Urin) (Phäochromozytom)

      • VIP im Serum (Vipom)

      • 5-Hydroxyindolessigsäure im Urin (Karzinoid)

      • Stuhl: Gallensäuren im Stuhl (chologene Diarrhö)

      • 75SeHCAT-Messung (Taurocholsäure: Gallensäuremalabsorption)

      • Intestinale Funktion: Na- und Cl-Konzentration; α1-Antitrypsin; reduzierende Substanzen, Steatokrit

      • H2-Atemtest-Glukose oder -Laktulose bei V. a. bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms

Malabsorptionssyndrome

Hierunter fallen die Zöliakie und Nahrungsmittelallergien wie die Kuhmilchproteinunverträglichkeit (Abschn. 22.10.3), der M. Crohn v. a. bei Dünndarmbeteiligung (Abschn. 22.11), chronische Infektionen wie eine Giardiasis und seltenere Ursachen wie eine Autoimmunenteropathie oder eine eosinophile Gastroenteropathie und Immundefekte. Ein postenteritisches Syndrom als Folge einer akuten Enteritis mit sekundärem Laktasemangel können ebenso wie Toddler’s Diarrhea (Abschn. 22.12.4) bei Kleinkindern eine chronische Diarrhö verursachen, verlaufen jedoch meist ohne Gedeihstörung oder Mangelerscheinungen.

Kongenitale Diarrhö

Unter dem Begriff kongenitale Diarrhö wird ein breites Spektrum unterschiedlicher Erkrankungen zusammengefasst, deren gemeinsames Merkmal eine im Neugeborenen- oder frühen Säuglingsalter beginnende Diarrhö darstellt. Es kann sich um selektive Resorptions- oder Transportstörungen durch Kanaldefekte (Natrium- oder Chloriddiarrhö) oder Enzymdefekte (primäre Laktasedefizienz, Saccharase-Isomaltase-Defizienz) handeln oder um Differenzierungs- bzw. Polarisationsstörungen der Enterozyten (Mikrovillus-Inclusion-Disease, Tufting-Enteropathy, syndromale Diarrhö) oder aber um immunologische Prozesse (IPEX-Syndrom, APECED, IL10-Rezeptor-Mangel oder IL10-Mangel u. a.) sowie weitere seltene Entitäten, die sich diesen Gruppen zuordnen lassen.

Die Therapie der kongenitalen Diarrhön richtet sich nach der Ursache, in vielen Fällen ist nur eine symptomatische Therapie mit zusätzlicher parenteraler Ernährung möglich. Eine Darmtransplantation ist die Ultima Ratio, die v. a. bei Gefäßkomplikationen und Problemen der parenteralen Ernährung in Erwägung gezogen wird.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Unter diesem Begriff werden echte Nahrungsmittelallergien, Intoleranzen bzw. selektive Malabsorptionen und die Zöliakie zusammengefasst.

Echte Nahrungsmittelallergien können IgE-vermittelte Sofortreaktionen sein oder T-Zell vermittelte Spätreaktionen. Die häufigsten Nahrungsmittelallergene sind Kuhmilcheiweiß, Hühnereiweiß, Weizenprotein, Nuss, Meeresfrüchte und Soja. Kinder mit atopischen Erkrankungen sind häufiger von Nahrungsmittelallergien betroffen.

Die Symptome, Diagnostik und Therapie der Nahrungsmittelallergie sind beispielhaft im Abschnitt Kuhmilchproteinintoleranz beschrieben.

Kuhmilchproteinintoleranz KMPI

Die KMPI ist gemeinsam mit der Hühnereiweißallergie die häufigste Nahrungsmittelallergie im Säuglings- und Kleinkindalter. Die Prävalenz in Europa bei Kindern im ersten Lebensjahr wird auf 2–3% geschätzt und nimmt in den darauffolgenden Lebensjahren ab. Eine KMPI kann gegen Casein, Laktalbumin oder Laktoglobulin gerichtet sein und kann entweder IgE-vermittelt als Sofortreaktion, als verzögerte T-Zell-Rektion oder als gemischte Reaktion auftreten.

Insbesondere bei gastrointestinalen Symptomen liegt häufig ein T-Zell-vermittelter Mechanismus zu Grunde und der Test auf spezifische IgE bleibt negativ.

Symptomatik

Eine KMPI v. a. vom verzögerten Typ geht häufig mit einer Proktokolitis einher mit blutigen z. T. dünnen Stühlen und Unruhe. Die Symptomatik ist unspezifisch und sowohl durch inflammatorische Veränderungen als auch durch eine resultierende Dysmotilität bedingt. Trinkschwierigkeiten mit Dysphagie und Gedeihstörung als auch ein verstärkter gastroösophagealer Reflux oder eine Obstipation können weitere Zeichen der verzögerten Reaktion sein.

Zeichen der Sofortreaktion sind ein orales Allergiesyndrom, Erbrechen, Durchfälle, obstruktive Atemwegsbeschwerden, Hautausschläge sowie Schock in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang zur Aufnahme von Milchprodukten.

Ein Food Protein Induced Enterocolitis Syndrom (FPIES) ist ein sepsisähnliches Krankheitsbild mit Fieber, CRP-Erhöhung und Schocksymptomatik, welches durch Nahrungsmittelproteine wie Kuhmilchprotein ausgelöst wird.

Diagnostik

Die Diagnostik bei einer vermuteten Sofortreaktion erfolgt mittels Nachweis spezifischer IgE oder einem Skin-Prick-Test, andere Tests haben keine Bedeutung.

Bei beeinträchtigenden Symptomen die eine Spätreaktion vermuten lassen und negativen spezifischen IgE-Antikörpern ist ein Auslassversuch über 2–4 Wochen gerechtfertigt, bei stillenden Müttern in Form einer strengen kuhmilchfreien Ernährung der Mutter. Bei schwer kranken Säuglingen ist ein Versuch mit einer aminosäurebasierten Formulanahrung über 2 Wochen sinnvoll.

Ist der Auslassversuch erfolgreich, sollte eine Reprovokation erfolgen. Treten die Symptome innerhalb von 2 Wochen erneut auf, gilt die KMPI als bewiesen und die Diät sollte über mindestens neun Monate und über den ersten Geburtstag hinaus eingehalten werden, bevor die nächste Reprovokation erfolgt. Die KMPI ist innerhalb der ersten 3 Lebensjahre meist selbstlimitierend.

Tritt unter der diagnostischen Auslassdiät keine Besserung ein, so ist die Diagnose einer KMPI unwahrscheinlich und es müssen ggf. weitere diagnostische Maßnahmen wie die Endoskopie mit Biopsieentnahme folgen.

Lakoseintoleranz

Die Laktoseintoleranz beruht auf einer verminderten Aktivität der Laktase der Enterozyten. Laktose kann nicht in Glukose und Galaktose gespaltet werden, das Disaccharid gelangt in den Dickdarm, wirkt osmotisch und wird zu kurzkettigen Fettsäuren fermentiert. Durchfälle, Bauchschmerzen und Meteorismus können resultieren. Die echte kongenitale Alaktasie, die sich unmittelbar nach der ersten Milchmahlzeit manifestiert, ist extrem selten. Die adulte Hypolaktasie (Laktasegen: LCT-13910 CC-Genotyp) manifestiert sich meist schleichend in der 2. Lebensdekade, bei uns sind 15–20% der Bevölkerung betroffen, die individuell tolerierte Menge an Laktose ist sehr unterschiedlich.

Soll die Assoziation der Laktoseaufnahme zu bestimmten Beschwerden bestimmt werden, ist die Genotypisierung nicht aussagekräftig: ein Laktose-H2-Atemtest oder ein mehrtägiger Auslassversuch mit Reprovokation kann die Diagnose erlauben.

Eine meist vorübergehende sekundäre Laktoseintoleranz entwickelt sich Gefolge von destruierenden Prozessen der Dünndarmschleimhaut, z. B. nach einer Enteritis (postenteritisches Syndrom), bei einer Zöliakie oder einem Dünndarm-Crohn. Nach Erholung der Darmschleimhaut verbessert sich die Toleranz wieder.

Die Therapie besteht in der Reduktion der Laktoseaufnahme nach individueller Verträglichkeit. Alternativ kann zur Nahrungsaufnahme Laktase eingenommen werden.

Zöliakie

Die Zöliakie ist eine immunmediierte entzündliche Dünndarmerkrankung mit möglicher Systembeteiligung die bei HLA DQ2/DQ8-positiven Menschen in jedem Lebensalter durch Verzehr von Getreideprodukten (Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel etc.) ausgelöst werden kann. Die Prävalenz in Deutschland liegt bei ca. 0,3% mit steigender Inzidenz.

Pathogenese

Die Pathogenese ist multifaktoriell und noch nicht komplett verstanden. Das Antigen der Zöliakie ist eine alkohollösliche Unterfraktion des Kleberproteins Gluten, das Gliadin. Als Autoantigen fungiert das Enzym Transglutaminase, welches im Endomysium lokalisiert ist und Gliadin deamidiert. Offenbar kommt es in Folge einer erhöhten Permeabilität der intestinalen Barriere für Makromoleküle zu einer erhöhten Konzentration von Gliadin im Zottenstroma. Dort führt das an die Transglutaminase gebundene deamidierte Gliadin über die Bindung an antigenpräsentierenden Zellen zur Aktivierung spezifischer T-Zellen und dann auch B-Zellen und damit zur Entzündung und Antikörperproduktion. Die Entzündungsreaktion führt zu den histologischen Veränderungen der Dünndarmschleimhaut, die nach der Marsh-Oberhuber-Klassifikation eingeteilt werden (Marsh 0= keine Veränderungen; Marsh 1= Vermehrung der intraepithelialen CD8-positiven Lymphozyten >30/100 Epithelzellen; Marsh 2=zusätzlich Kryptenhyperplasie; Marsh 3a–3c= zusätzlich Zottenatrophie). Die histologischen Veränderungen sind nicht zöliakiespezifisch sondern können auch beispielsweise beim M. Crohn, Nahrungsmittelallergien oder der Giardiasis gefunden werden.

Klinik

Man unterscheidet als Verlaufsformen:

  • klassische Zöliakie (Malabsorptionssyndrom, Gedeihstörung, Dystrophie),

  • symptomatische Zöliakie (kein Malabsorptionssyndrom aber z. B. unspezifische abdominelle Symptome, Obstipation, Veränderungen von Laborwerten etc.),

  • subklinische Verlaufsform (keine Symptome aber HLA DQ2/DQ8-positiv, Serologie positiv, Histologie Marsh 2 oder 3),

  • potenzielle (HLA DQ2/DQ8-positiv, Serologie positiv, Histologie Marsh 0 oder 1),

  • refraktäre Form, die v. a. bei Erwachsenen beschrieben wird (Persistenz von Symptomen trotz Therapie über 12 Monate).

Die Symptomatik ist vielfältig und häufig unspezifisch: abdominelle Beschwerden wie Dyspepsie, Flatulenz oder Wechsel der Stuhlgewohnheiten aber auch Obstipation sind möglich. Neuropsychiatrische Symptome wie Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Depressionen, Konzentrationsstörungen können Symptome der Zöliakie sein. Kleinwuchs ohne Dystrophie ist ein häufiges Symptom einer Zöliakie, auch eine Verzögerung der Pubertät kommt vor. Osteopenie und Zahnschmelzdefekte sind mögliche Symptome wie auch laborchemische Veränderungen, z. B. können eine Transaminasenerhöhung, eine Schilddrüsenfunktionsstörung oder eine Eisenmangelanämie die einzigen Hinweise sein. Eine Sonderform ist die IgA-Dermatitis herpetiformis Duhring.

Es existieren Erkrankungen bzw. Zustände die mit einem erhöhten Risiko für eine Zöliakie einhergehen und bei denen ein Screening sinnvoll ist. Dazu gehören v. a. Autoimmunerkrankungen wie der Diabetes mellitus Typ 1, die Hashimoto-Thyreoiditis, die Autoimmunhepatitis sowie der IgA-Mangel und genetische Syndrome wie das Down-Syndrom oder das Turner-Syndrom und erstgradige Verwandte von Zöliakieerkrankten. In diesen Gruppen sollten alle 1–2 Jahre die spezifischen Antikörper kontrolliert werden und/oder eine HLA-Typisierung im Vorfeld erfolgen.

Diagnostik

Zur Abklärung sollten unter glutenhaltiger Ernährung zöliakiespezifische Antikörper zusammen mit dem Gesamt-IgA bestimmt werden (Transglutaminase- und Endomysium-AK). Bei positiven Antikörpern sollte eine Dünndarmbiopsie von mindestens 6 verschiedenen Stellen im Duodenum gewonnen werden die nach der Marsh-Oberhuber-Klassifikation beurteilt wird.

Bei positiver zöliakiespezifischer Serologie, histologischem Nachweis von Marsh 2 oder 3 und Abfall der Antikörper unter glutenfreier Diät gilt die Diagnose als gesichert.

Bei IgA-Mangel sollen IgG-AK gegen Transglutaminase und deamidierte Gliadinpeptide bestimmt werden. Eine HLA-Typsisierung ist sinnvoll bei diskrepanten Befunden oder vor der Diagnostik begonnener glutenfreier Diät oder wenn auf eine Biopsie verzichtet werden soll. Ein Verzicht auf eine Biopsie ist nach Absprache mit einem pädiatrischen Gastroenterologen und den Sorgeberechtigten möglich bei Kindern mit klinischen Symptomen und Zeichen der Malabsorption bei denen der Transglutaminase-Ak-Titer >10-fach erhöht ist und gleichzeitig positive Endomysium-IgA-Antikörper aus einer zweiten unabhängigen Blutprobe sowie HLA-DQ2 oder -DQ8 nachgewiesen werden und zusätzlich die Symptome unter einer glutenfreien Diät verschwinden. Nach neueren Untersuchungen scheint auch allein ein mindestens 10-fach erhöhter Transglutaminase-AK-Titer ausreichend zu sein, um die Diagnose ohne Biopsie zu stellen.

Therapie

Bei symptomatischen und asymptomatischen Patienten mit gesicherter Zöliakie soll nach Ernährungsberatung eine lebenslange glutenfreie Diät erfolgen. Glutenhaltige Getreide sind Weizen, Dinkel, Grünkern, Roggen, Gerste, Triticale, Khorasan-Weizen, Emmer, Einkorn.

Erlaubte glutenfreien Getreide sind Hirse, Mais, Reis, Buchweizen, Quinoa, Maniok, Amaranth u. a.

Unter Diät sollen jährliche Kontrollen der anthropometrischen Daten, der Pubertätsentwicklung sowie eine Kontrolle der zöliakiespezifischen AK, der Leberwerte, Schilddrüsenhormone und des HbA1c–Werts erfolgen.

Bei negativer Zöliakiediagnostik und weizenassoziierten Symptomen muss auch an eine Weizenallergie (Diagnostik: spezifische IgE-AK, Pricktest) oder eine Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (Diagnostik: doppelblinde placebokontrollierte Belastung) gedacht werden.

Ileus

Unter einem Ileus versteht man die Unterbrechung der normalen Darmpassage entweder durch ein mechanisches Passagehindernis oder durch einen Ausfall der normalen prokinetischen Aktivität (mechanischer bzw. paralytischer Ileus). Die ursächliche Störung kann an jeder Stelle des Dünn- und Dickdarms lokalisiert oder auch primär generalisiert sein.

Ätiologie

Auslöser eines paralytischen Ileus sind chirurgische Eingriffe, Infektionen (Peritonitis, Sepsis), metabolische Entgleisungen (Hypokaliämie) oder Intoxikationen.

Ein mechanischer Ileus kann extraluminal durch Tumore, Briden, Darmduplikaturen, Herniationen oder intraluminale Stuhlmassen, Kotsteine, Mekonium oder Fremdkörper etc. bedingt sein.

Jeder Ileus führt durch die Darmdilatation zur Ausschüttung vasoaktiver Hormone, zu einer Störung der Mikrozirkulation mit Verlusten von Flüssigkeit und Elektrolyten sowie zur Translokation intraluminaler Bakterien und bakterieller Toxine. So wird auch ein mechanischer Ileus sekundär zu einem paralytischen Ileus mit Durchwanderungsperitonitis, Schock und Multiorganversagen.

Ein Mekoniumileus tritt hauptsächlich bei Neugeborenen mit zystischer Fibrose auf und ist im distalen Dünndarm lokalisiert. Bereits intrauterin kann dieser schon vorliegen und zu einer Dünndarmdilatation mit Perforation, Peritonitis und einem Mikrokolon führen.

Klinik

Ein mechanischer Ileus ist mit starken kolikartigen Schmerzen, Erbrechen (je nach Höhe gallig oder stuhlhaltig) und einem distendierten, schmerzhaften Abdomen sowie Stuhlverhalt verbunden. Fieber, Abwehrspannung und Tachykardie mit Hypotonie sind Zeichen der Peritonitis und Sepsis.

Ein paralytischer Ileus geht oft ohne die initialen kolikartigen Schmerzen einher. Oft fällt nur Erbrechen und Stuhlverhalt bei distendiertem Abdomen auf.

Diagnostik

Klinisch fällt neben dem distendierten Abdomen mit/ohne Abwehrspannung die beim mechanischen Ileus hochgestellte Peristaltik auf, später bzw. beim paralytischen Ileus auch primär die fehlende Persistaltik.

In der Übersichtsaufnahme des Abdomens bzw. im CT sind Spiegelbildungen zu sehen, ggf. auch die ursächliche Störung (CT). Auch sonographisch kann eine gesteigerte Pendelperistaltik oder ein Stillstand bei flüssigkeitsgefüllten Darmschlingen zu erkennen sein.

Therapie

Neben der Behandlung der Ursache muss eine symptomatische Therapie zur Stabilisierung der Vitalfunktion erfolgen: Flüssigkeitssubstitution, Elektrolytausgleich, Korrektur von Gerinnungsstörungen (Cave: DIC), ggf. Katecholamintherapie, antibiotische Therapie mit einem auch gegen anaerobe Darmkeime wirksamen Mittel, großlumige Magenablaufsonde, Schmerztherapie.

Die kausale Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache (Reposition bei Invagination, OP bei inkarzerierter Hernie, antibiotische Behandlung einer Peritonitis etc.). Im Notfall sind eine operative Exploration des Bauchraums und ggf. z. B. ein Entlastungsstoma notwendig.

Ein Mekoniumileus muss teilweise operativ beseitigt werden, teilweise ist eine Anus-praeter-Anlage notwendig.

Invagination

Bei der Invagination stülpen sich proximale Darmanteile in Achsrichtung in distale Abschnitte ein, woraus eine Obstruktion des Darmlumens resultiert. Eine Invagination kann in jedem Lebensalter auftreten, Häufigkeitsgipfel ist jedoch das 1. Lebensjahr. Die bevorzugte Lokalisation ist der ileozökale Übergang. Pathogenetisch werden lokale Gewebsvermehrungen in der Darmwand wie z. B. eine Hypertrophie der Peyer-Plaques im Rahmen einer Enteritis oder auch Darmpolypen diskutiert, welche als „Hypomochlion“ die Einstülpung begünstigen. In den meisten Fällen kann eine Ursache jedoch nicht gefunden werden.

Klinik und Diagnose

Die Invagination äußert sich zumeist in akut auftretenden, meist krampfartigen Bauchschmerzen. Im fortgeschrittenen Stadium stehen die klinischen Zeichen der Darmobstruktion bis hin zum Ileus im Vordergrund. Blutig-schleimige Stühle sind häufig bereits ein Zeichen der länger bestehenden Invagination mit der Gefahr der Darmwandnekrose. Die Diagnose kann zumeist sonographisch gestellt werden. Der radiologische Kontrastmitteleinlauf, welcher einen Passagestop im Kolon zeigt, erfolgt meist erst anschließend als therapeutische Maßnahme.

Therapie

Die hydrostatische Reposition mittels Kolonkontrasteinlauf unter Durchleuchtung ist je nach Dauer der bestehenden Invagination, Länge und Lokalisation des Invaginats sowie Erfahrung des Durchführenden in vielen Fällen möglich. Auch unter Sonographie gelingt dieses Manöver mitunter. Bei frustraner Reposition oder bereits bestehenden Zeichen einer Peritonitis oder Perforation ist die operative Lösung des Invaginats angezeigt.

Kurzdarmsyndrom

Ein Kurzdarmsyndrom ist ein Darmversagen („intestinal failure“) durch unzureichende Darmlänge, bei dem durch eine konventionelle Diät keine ausreichende Ernährung sichergestellt werden kann.

Die häufigste Ursache eines Kurzdarmsyndroms im Kindesalter ist Folge einer operativen Dünndarmresektion nach nekrotisierender Enterokolitis, Volvulus, Gastroschisis oder bei M. Hirschsprung. Dabei gilt eine Dünndarmrestlänge von >30 cm als kritisch notwendig, um ein Überleben ohne parenterale Ernährung zu gewährleisten, wobei bei Existenz der IC-Klappe auch kürzere Längen toleriert werden. Auch die Länge des verbliebenen Kolons hat eine Bedeutung z. B. in der Resorption von Flüssigkeit.

Symptome

Ein Kurzdarmsyndrom hat eine Diarrhö mit Malassimilation und Gedeihstörung mit Mangelerscheinungen (Abschn. 22.10.2) zur Folge.

Therapie

Die Therapie ist komplex und sollte nur in Zentren mit entsprechender Erfahrung durchgeführt werden. Der frühe und konsequente enterale Nahrungsaufbau idealerweise mit Muttermilch oder alternativ mit einer aminosäurebasierten Elementardiät ist wichtig, um ein Wachstum der Darmschleimhaut und des Darms zu ermöglichen. Die Ernährungsberatung hat einen hohen Stellenwert. Parallel erfolgt eine individualisierte parenterale Ernährung (PE) unter regelmäßigen Kontrollen der Blutwerte, des Urins auf Elektrolyte sowie der Entwicklung des Kindes. Als Zugangsweg eignen sich implantierbare Kathetersysteme wie ein Broviac-Katheter. Die Pflege des lebensnotwendigen Katheters nimmt eine zentrale Stellung in der Versorgung ein.

Eine medikamentöse Therapie mit Teduglutide (Glucagon-like-Peptid 2 (GLP2)-Analogon) führt zu einem Wachstum der Darmschleimhaut und Vergrößerung der Resorptionsfläche. Die Zulassung besteht ab dem ersten Lebensjahr. Durch darmverlängernde Operationen wie der Bianchi-OP oder der STEP-Prozedur (segmentale Transversoenteroplastik) kann in einigen Fällen eine enterale Autonomie erreicht werden.

Die Darmtransplantation ist die Ultima Ratio, die erst dann zum Einsatz kommt, wenn eine sichere parenterale Ernährung nicht mehr möglich ist.

Komplikationen

Die Komplikationen wie Thrombosen und Katheterinfektionen sind zum großen Teil durch den Gefäßzugang bedingt. Weitere Komplikationen sind bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms, D-Laktatazidose mit neurologischen Auffälligkeiten, Sepsis durch bakterielle Translokation, Verschiebungen in Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt, Mangelerscheinungen.

Prognose

Ein Teil der Patienten gewinnt die enterale Autonomie wieder, je nach Literatur von 44% nach 3 Jahren, 64% nach 5,1 Jahren.

Prognostisch günstig ist eine Dünndarmlänge von mindestens 10 cm bei erhaltener IC-Klappe, initiale Ernährung mit Muttermilch und Behandlung in einem Zentrum.

Die Mortalität ist insgesamt recht hoch und v. a. durch Katheterkomplikationen bedingt.

Intestinale Motilitätsstörungen

Morbus Hirschsprung

Der Morbus Hirschsprung ist eine Aganglionose eines umschriebenen Darmabschnitts, der durch ein Ausbleiben der von oral nach aboral ablaufenden Entwicklung des Plexus myentericus und submucosus des Darms in der 6.–12. Embryonalwoche entsteht. Folglich reicht der aganglionäre Teil immer von anal beginnend unterschiedlich weit nach oral, am häufigsten ist die kurzstreckige Form, die sich nur auf das Rektosigmoid beschränkt (80%), ist das gesamte Kolon betroffen, spricht man vom Zuelzer-Wilson-Syndrom (ca. 5%), in einem Prozent ist der komplette Magen-Darm-Trakt betroffen. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (4:1), die Inzidenz liegt bei ca. 1:5.000 Neugeborenen.

Ursache

In ca. 12% liegt eine bekannte chromosomale Störung vor, in 18% liegen assoziierte Fehlbildungen ohne bekannte chromosomale Störung vor und ca. 70% der Fälle treten sporadisch auf. Das durchschnittliche familiäre Wiederholungsrisiko liegt bei 4%, abhängig von Geschlecht und Ausmaß der Erkrankung bei Indexgeschwistern. Bei den familiären Formen und einigen sporadischen Fällen konnten Mutationen im RET-Protoonkogen auf Chromosom 10 nachgewiesen werden.

Symptome

Die meisten Kinder (ca. 90%) fallen in der Neugeborenenperiode durch verspäteten Mekoniumabgang (>24 h nach Geburt), erschwerten Stuhlabgang, abdominelle Distension, Erbrechen, Gedeihstörung oder Enterokolitis auf. Nach der Neugeborenenphase wird bei den Kindern häufig nach der Umstellung von Milchnahrung auf Beikost eine schwere chronische Obstipation mit Bleistiftstühlen oder dünnen Stühlen durch Überlaufenkopresis, explosionsartige Stuhlentleerung nach rektaler Untersuchung, Gedeihstörung oder das Bild eines Ileus- bzw. Subileus ggf. mit toxischem Megakolon bemerkt.

Diagnostik

Bei der körperlichen Untersuchung fällt ein enger Analkanal mit positivem Handschuhphänomen auf. In der Kolonkontrastuntersuchung kann mit Ausnahme eines ultrakurzen Segments ein Kalibersprung gesehen werden. Die histologische und immunhistochemische Untersuchung einer tiefen Rektumbiopsie (Saugbiopsie oder rektoskopisch offene Biopsie) ist beweisend und zeigt typische Veränderungen wie das Fehlen der intramuralen Ganglienplexus (Plexus myentericus und Plexus submucosus), eine Hyperplasie der cholinergen Nervenfasern und den immunhistochemischen Nachweis einer erhöhten Acetylcholinesterase (AChE). Zusätzlich können weitere Marker wie eine Verminderung des kalziumbindenden Proteins Calretinins hinweisend sein.

Eine anorektale Manometrie mit Nachweis einer fehlenden Relaxation des M. sphincter ani internus kann hinweisend sein, es gibt jedoch falsch-positive und -negative Befunde.

Eine molekulargenetische Diagnostik gehört nicht zur Routine.

Differenzialdiagnostisch müssen z. B. der Mekoniumpfropfileus, eine chronisch-intestinale Pseudoobstruktion oder hartnäckige Formen der habituellen Obstipation berücksichtigt werden.

Therapie

In der Neugeborenenperiode steht zunächst die Entlastung des Darms durch wiederholte vorsichtige Einläufe oder Einlage eines Darmrohrs im Vordergrund. Bei ausgeprägten Fällen erfolgt die Anlage eines entlastenden Anus praeters. Die definitive Korrektur-OP erfolgt zumeist im Alter von 6–12 Wochen. Hierbei wird das betroffene Segment entfernt und der proximale gesunde Darmabschnitt (Schnellschnitt intraoperativ) mit dem Rektumstumpf anastomosiert. Es existieren verschiedene klassische transabdominelle Operationsverfahren (z. B. OP nach Duhamel, OP nach Soave). Alternativ werden heutzutage minimal-invasive, laparoskopische Resektionsverfahren sowie die transanale endorektale Durchzugsoperation (OP nach De la Torre) ohne Laparotomie durchgeführt.

Als Spätkomplikationen werden die Inkontinenz (durchschnittlich ca. 8%), eine fortbestehende Obstipation (bis 30%), die Ausbildung einer Anastomosenstriktur und eine fortbestehende Enterokolitis beschrieben. Bei langstreckigem Befall mit Ausdehnung bis in den Dünndarm kann ein Kurzdarmsyndrom resultieren.

Intestinale Pseudoobstruktion

Bei der sehr seltenen chronisch-intestinalen Pseudoobstruktion (CIPO) handelt es sich um angeborene oder sekundär erworbene neuro- oder myopathische Störungen der propulsiven Motilität des Magen-Darm-Trakts mit Episoden von ileusähnlichen Zuständen ohne dass im eigentlichen Sinne eine mechanische Obstruktion vorliegt.

Es kann sich um primäre Formen mit Anlagestörungen des intestinalen Nervensystems (neurogene CIPO) oder der Darmmuskulatur (myogene CIPO) oder der interstitiellen Cajal-Zellen handeln. Sekundäre Formen können Folge einer Dermatomyositis, Sklerodermie, einer Neurofibromatose, einer Amyloidose, eines Diabetes mellitus, einer Strahlentherapie u. a. sein. Primäre neurogene Formen überwiegen im Kindesalter. Mitochondriopathien können mit den Symptomen einer CIPO einhergehen.

Klinik

Bei primären Formen können schon pränatal deutlich erweiterte Darmschlingen mit großer Blase und Polyhydramnion gesehen werden. Postnatal kommt es zu Erbrechen, Gedeihstörungen, aufgetriebenem Abdomen, Bauchschmerzen sowie Obstipation oft im Wechsel mit Diarrhö. Besonders bei myogenen Formen kommt es bei Beteiligung der Harnblase auch zu rezidivierenden Harnwegsinfektionen.

Diagnostik

Die Diagnostik ist schwierig und setzt sich zusammen aus Bildgebung, Histologie (Ganzwandbiopsien), Manometrie, ggf. Muskelbiopsien und Nervenleitgeschwindigkeit.

Ein mechanisches Hindernis muss ausgeschlossen werden.

Therapie

Falls keine Grunderkrankung zu behandeln ist, muss die enterale Ernährung forciert werden, häufig ist aber auch eine zusätzliche parenterale Ernährung notwendig. Eine medikamentöse Therapie kann mit Prokinetika versucht werden. Antibiotika werden zur Therapie der häufigen bakteriellen Fehlbesiedelung des Dünndarms eingesetzt. Entlastungsstomata sind teilweise notwendig. Die Dünndarmtransplantation ist die einzige kurative Therapie.

Prognose

Bessert sich die Symptomatik im ersten Lebensjahr nicht durch Ausreifung, ist die Erkrankung mit hoher Mortalität, Abhängigkeit von parenteraler Ernährung und deren Komplikationen wie Thrombose, Sepsis, chronischer Lebererkrankung verbunden.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Unter dem Begriff chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) werden der Morbus Crohn (MC), die Colitis ulcerosa (CU) sowie die ca. 7% primär nicht klassifizierbaren Fälle von IBD-U („inflammatory bowel disease unclassified“) zusammengefasst (Tab. 22.3). Der MC ist mit 2/3 der CED-Fälle dabei im Kindes- und Jugendalter häufiger als die CU und nimmt bei steigender Gesamtinzidenz stärker zu. Eine Manifestation ist in jedem Lebensalter möglich, in ca. 25% der Fälle wird die Diagnose vor dem 18. Lebensjahr gestellt.

MCCU
Befallmuster

Gesamter Magendarmtrakt möglich

Diskontinuierlicher Befall

Aphten, tiefe Schneckenspurulzera

Pflastersteinrelief

Begrenzt auf Kolon

Kontinuierlicher Befall distal beginnend

Fahrradschlauchaspekt

Back-Wash-Ileitis und zökaler Patch möglich

Histologie

Transmurale Entzündung möglich

Epitheloid-Zell-Granulome

Fokale Verteilung

Begrenzt auf Mukosa

Kryptenabszesse

Gestörte Kryptenarchitektur

Klinik

Gewichtsverlust, Wachstumsarrest, Pubertas tarda

Anämie, Leistungsknick

Chronische Bauchschmerzen

Fieber

Stuhlunregelmäßigkeiten, Durchfälle, seltener blutig

Orale und perianale Manifestationen: Aphten, Cheilitis, Fisteln, perianale Abszesse, Marisken, Fissuren, perianale Dermatitis

Führend blutige Diarrhö

Anämie

Selten Gewichtsverlust etc.

Extraintestinale SymptomeErythema nodosum, Pyoderma gangränosum, Uveitis, Arthritis, sklerosierende Cholangitis
Diagnostik

Anamnese, Familienanamnese, körperliche Untersuchung

Laborwerte: Fäkale Inflammationsmarker, Erreger im Stuhl inkl. Clostridien; Blut: CRP, BSG, Differenzialblutbild, Albumin, GOT, GPT, γGT, Lipase, Eisenstatus, ANCA, ASCA

Endoskopie: immer untere und obere, MRT-Sellink und/oder Videokapselendoskopie

Differenzialdiagnosen

Infektiöse (Entero)kolitis

Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Zöliakie, Kuhmilchproteinallergie u. a.

Appendizitis

Intestinale Polypen

Immunologische Erkrankungen

Funktionelle gastrointestinale Erkrankungen

Anorexia nervosa

Andere chronisch-inflammatorische oder konsumierende Erkrankungen

Infektiöse Kolitis

Meckel-Divertikel

Polypen

Therapie
Remissionsinduktion

Enterale Ernährungstherapie

Prednison, Budesonid (bei ileozökalem Befall)

TNFα-AK

Vedolizumaba

Antibiotika

Prednison

Cyclosporin A, Tacrolimus

TNFα-AK

Vedolizumab

5-ASA

Remissionserhaltung

Azathioprin, 6-Mercaptopurin

Methotrexat

TNFα-AK

Vedolizumab

5-ASA (nur milde Kolitis)

Partielle Ernährungstherapie

5-ASA, E. coli NIssle

Azathioprin, 6-Mercaptopurin

TNFα-AK

Vedolizumab

a α4β7-Integrininhibitor; Zulassung ab 18. Lebensjahr

Colitis ulcerosa

Bei der CU handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung des Kolons, die sich von aboral unterschiedlich weit nach oral ausbreitet und mit einer kontinuierlichen Entzündung der Mukosa einhergeht. Im Kindes- und Jugendalter ist die Pankolitis mit >60% die häufigste Form bei Erstmanifestation. Es gibt atypische Verläufe mit Backwash-Ileitis, zökalem Patch, Gastritis oder rektaler Aussparung.

Morbus Crohn

Der MC kann alle Abschnitte des Magen-Darm-Trakts befallen. Die Entzündung ist diskontinuierlich und kann transmural vorliegen, mit Neigung zu Stenosierung, Strikturen und Fistulierung. Der ileokolonische Befall ist im Kindes- und Jugendalter mit ca. 70% die häufigste Manifestationsform.

Die Klassifizierung der CED im Kindes- und Jugendalter erfolgt nach den Paris-Kriterien.

Ätiologie

Die genauen Ursachen der CED sind nicht bekannt, es handelt sich wohl um ein multiätiologisches Geschehen mit familiärer Häufung, Einflüssen von Umwelt und Ernährung sowie einer gestörten Interaktion von intestinalem Immunsystem mit dem Mikrobiom und Nahrungsmittelbestandteilen. Das intestinale Mikrobiom unterscheidet sich von dem darmgesunder Menschen.

Es spielen auch genetisch-bedingte Störungen im intestinalen Immunsystem und der Schleimhautbarriere eine Rolle: beim MC finden sich Mutationen im Kandidatengen CARD15 (caspase activation and recruitment domaine 15) u. a. in intestinalen Epithelzellen, was durch eine verminderte NFκB Aktivierung durch bakterielle Antigene zu einer verminderten Makrophagenaktivierung führt.

Klinik

Die führenden Symptome der CU sind blutige Durchfälle, weshalb die Diagnose relativ rasch gestellt wird. Fieber, Gewichtsabnahme, Anämie, können begleitend auftreten.

Beim MC stehen oft Symptome wie Gewichtsverlust, Wachstumsarrest, Pubertas tarda, Anämie, Fieber, chronische Bauchschmerzen im Vordergrund. Diarrhö und Blut im Stuhl können lange fehlen weshalb die Diagnose oft verzögert gestellt wird. Beim MC muss v. a. auf richtungsweisende orale (Aphten, Cheilitis granulomatosa) und perianale Befunde (Fistelöffnungen, Abszesse, Fissuren, Marisken, Dermatitis) geachtet werden.

Extraintestinale Symptome wie eine Arthritis, Uveitis, Erythema nodosum, Pyoderma gangränosum, sklerosierende Cholangitis sind bei beiden Erkrankungen möglich.

Die Symptomatik und der Verlauf der CU wird durch den PUCAI-Score, der des MC durch den PCDAI erfasst.

Diagnostik

Bei der körperlichen Untersuchung ist neben abdominellen Resistenzen (z. B. Walze im rechten Unterbauch) und Druckschmerzhaftigkeit auch auf Befunde der Mundhöhle und der Anogenitalregion zu achten sowie auf extraintestinale Symptome (Blässe, Gelenkbeteiligung, Hautsymptome).

In der Labordiagnostik stehen folgende Stuhl- und Blutuntersuchungen an erster Stelle: fäkale Inflammationsmarker wie Calprotectin oder Lactoferrin, Blutuntersuchungen mit Inflammationsmarkern CRP, BSG, Differenzialblutbild, Leberwerte, Gesamteiweiß, Albumin, Lipase, Eisenstatus, ASCA und ANCA. Ebenso müssen initial und bei jedem Schub bakterielle und virale sowie parasitäre Erreger als Ursache der Symptomatik ausgeschlossen werden, unter Immunsuppression auch CMV.

Sonographisch wird nach Darmwandverdickungen, Aufhebungen der Wandschichtungen und Hyperperfusion, Lymphadenopathie, freier Flüssigkeit und entzündlicher Begleitreaktion des umgebenden Mesenteriums gesucht.

Bei anhaltendem Verdacht muss eine obere und untere Endoskopie sowie ein MRT nach Sellink und/oder eine Videokapselendoskopie zur Darstellung des Dünndarms stattfinden (Porto-Kriterien). Gewebeproben aus allen Darmabschnitten werden histologisch untersucht.

Differenzialdiagnostisch sind andere Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts wie infektiöse Enterokolitiden, Zöliakie und andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten aber auch andere konsumierende Erkrankungen oder die Anorexia nervosa abzugrenzen.

Bei früher Manifestation vor dem 2. Lebensjahr, schweren oder therapieresistenten Verläufen ist immer auch an einen Immundefekt zu denken.

Therapie

Ziel der Therapie ist eine mukosale Remission, die es dem Patienten erlaubt am normalen Leben mit guter Lebensqualität teilzunehmen.

Nach dem Aufklärungsgespräch wird die Remissionsinduktion beim MC mit einer speziellen Ernährungstherapie, alternativ mit Kortikosteroiden oder TNFa-Antikörpern (Infliximab, Adalimumab) durchgeführt. Die exklusive Ernährungstherapie (EET) wird mit speziellen Flüssignahrungen hyperkalorisch über einen Zeitraum von ca. 8 Wochen durchgeführt. Budesonid kann beim MC bei ausschließlichem ileozökalem Befall eingesetzt werden. Antibiotika (Metronidazol, Ciprofloxacin) werden v. a. bei fistulierendem Verlauf über mehrere Wochen eingesetzt.

Bei der CU sind zur Induktion Kortikosteroide (Prednison 40–60 mg/d, Ausschleichen über ca. 10 Wochen), Cyclosporin A, TNFα-AK oder Tacrolimus möglich.

Zur Remissionserhaltung ist eine Dauertherapie über viele Jahre, meist mindestens über die Pubertät bis zum Abschluss des Wachstums notwendig. Hierzu geeignet sind beim MC Azathioprin, Methotrexat, TNFα-AK, Vedolizumab. Bei der CU kommen ebenfalls Azathioprin, TNFα-AK, Vedolizumab zum Einsatz, bei leichteren Verläufen bzw. begleitend 5-Aminosalicylate (z. B. Mesalazin), die bei einer Linksseitenkolitis bzw. Proktitis auch topisch rektal angewendet werden können sowie Probiotika (E. coli Nissle). Vedolizumab und Ustekinumab sind erst ab dem 18. Lebensjahr zugelassen. Weitere Medikamente sind in der Entwicklung und Erprobung.

Prognose

Es besteht ein hohes Rezidivrisiko, im Verlauf ist das Risiko an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken erhöht. Besonders beim MC ist das Mortalitätsrisiko vergleichsweise höher. Die psychiatrische Morbidität ist ebenso erhöht.

Dickdarm

Appendizitis

Die Appendizitis ist die Hauptursache des akuten Abdomens im Kindes- und Jugendalter und gleichzeitig die häufigste Indikation für eine notfallmäßige Operation in der Bauchhöhle.

Pathogenese

Eine Obstruktion des Lumens der Appendix z. B. durch Stuhlbestandteile, vergrößerte Lymphfollikel oder Abknickung fördert eine bakterielle Überwucherung, welche bei gestörter Mukosaschranke dann zur Entzündung der Appendixwand führen kann. Das Keimspektrum umfasst überwiegend die normale Darmflora, wobei gehäuft E. coli, Peptostreptococcus, Bacteroides fragilis und Pseudomonaden zu finden sind. Seltene Ursachen für eine Entzündung der Appendix stellen der M. Crohn, die zystische Fibrose, das Burkitt-Lymphom oder das Appendixkarzinoid dar.

Symptomatik

Typische Zeichen für eine akute Appendizitis sind zu Beginn häufig zunächst Appetitlosigkeit und periumbilikale Bauchschmerzen. Innerhalb der nächsten 24 Stunden wandert der Schmerz typischerweise in den rechten Unterbauch, häufig begleitet von Übelkeit, Erbrechen und Fieber. Bei fortgeschrittenem Befund finden sich zunehmend Zeichen einer lokalen oder auch generalisierten peritonitischen Reizung wie Klopf- und Loslassschmerz, Schmerzen bei Bewegung im Hüftgelenk oder eine Abwehrspannung des Abdomens. Gerade bei kleinen Kindern kann die Symptomatik auch wie eine Gastroenteritis mit Erbrechen und Diarrhö imponieren.

Diagnostik

Eindeutige laborchemische Konstellationen, die eine Appendizitis nachweisen oder ausschließen gibt es nicht. Normwertige Leukozytenzahlen sind zu Beginn einer Entzündung durchaus häufig, das CRP ist jedoch meist erhöht. Auch die milde Linksverschiebung im Differenzialblutbild ist typisch. Eine sehr hohe Leukozytenzahl kann auf eine Perforation oder eine andere Diagnose hinweisen. Die Urinanalyse dient dem Ausschluss einer Harnwegsinfektion, Erythrozyten und Leukozyten können allerdings auch bei akuter Appendizitis durch die Nähe zu Ureter und Blase nachgewiesen werden.

In der bildgebenden Diagnostik stellt die Sonographie mit einer Spezifität von mehr als 90% den Goldstandard dar. Schnittbildverfahren wie CT und MRT bleiben unklaren Befunden vorbehalten und spielen in der routinemäßigen Notfalldiagnostik nur eine untergeordnete Rolle. Letztendlich bleibt die akute Appendizitis eine klinische Diagnose, wobei laborchemische und radiologische Befunde durchaus normal sein können.

Differenzialdiagnosen

Wichtige Differenzialdiagnosen sind Lymphadenitis mesenterialis, Gastroenteritis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Meckel-Divertikel, Invagination, Harnwegsinfektionen oder auch die Pneumonie. Beim Mädchen sollte darüber hinaus stets an Erkrankungen des inneren Genitals und hier insbesondere an die Ovarialtorsion gedacht werden.

Therapie

Die Standardtherapie der akuten Appendizitis ist die Appendektomie, welche auch bei fortgeschrittenen Stadien mit Perforation und Peritonitis heutzutage bevorzugt laparoskopisch durchgeführt wird. Im Falle eines offenen Zugangs erfolgt dieser über einen querverlaufenden Hautschnitt im rechten Unterbauch.

Der Stellenwert der primär konservativen Therapie mittels Antibiotika bei leichtgradiger Appendizitis ist noch nicht abschließend geklärt. Bei V. a. perforierte Appendizitis mit Abszessbildung und Peritonitis ist jedoch die i.v.-Antibiotikatherapie, ggf. mit Drainageeinlage, vor einer Appendektomie im Intervall einige Wochen nach Abklingen der Symptome ein häufig praktiziertes Vorgehen bei komplikationslosem Verlauf.

Komplikationen und Prognose

Die Diagnose ist bei Kleinkindern und Säuglingen in Folge der häufig atypischen Symptomatik mitunter schwierig. Der rasche Krankheitsverlauf führt in dieser Altersgruppe zu einer höheren Quote an bereits perforierter Appendizitis zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. Aufgrund effizienter Antibiotika und der häufig frühzeitigen Diagnosestellung ist die Prognose der akuten Appendizitis jedoch insgesamt günstig. Insbesondere die perforierte Appendizitis birgt u. a. die Gefahr postoperativer Komplikationen wie Wundinfektionen, intraabdomineller Abszesse oder Verwachsungsbeschwerden bis hin zum Ileus.

Kolitis

Infektiöse Kolitis

Infektiöse Kolitiden werden vorwiegend durch Bakterien ausgelöst. Zu nennen sind hier Salmonella species, Shigellen, Clostridien, enteropathogene oder enterohämorrhaische E.-coli-Stämme wie auch durch Yersinien und Campylobacter.

Salmonellosen

Am häufigsten werden Salmonellosen durch nichttyphoide Salmonellenstämme wie S. enteritidis verursacht. Die Übertragung erfolgt über tierische Produkte, v. a. Geflügel oder seltener über den Menschen.

Die Symptome sind z. T. blutige Durchfälle, Tenesmen und Fieber.

Diagnostisch ist der Erregernachweis aus dem Stuhl.

Eine antibiotische Therapie ist nur in Ausnahmefällen bei jungen Säuglingen, Immunsuppression, bei gastrointestinaler Grunderkrankung wie einer CED oder sehr schweren Verläufen notwendig. Sepsis und Osteomyelitis sind möglich.

Shigellose

Shigella dysenteria ist der Erreger der Shigellen-Ruhr, die nur vom Menschen übertragen wird und unter schlechten hygienischen Bedingungen auftritt. Nach Erregernachweis aus dem Stuhl ist bei einer Kolitis eine antibiotische Therapie mit Cotrimoxazol über 5 Tage indiziert. Mögliche Komplikationen sind ein hämolytisch-urämisches Syndrom, Sepsis und toxische Enzephalopathie.

E. coli

Von E. coli existieren sechs pathogene Stämme, die zu Durchfall und einer Kolitis führen können (Tab. 22.4). Eine antibiotische Therapie ist meist nicht notwendig mit der Ausnahme erkrankter junger Säuglinge mit EPEC-Diarrhö (Cotrimoxazol).

PathogeneseWirkortEpidemiologieKlinik

EPEC

Enteropathogene E. coli

AdhärenzDünndarmSäuglinge und Kinder, EpidemienWässrige Diarrhö, besonders bei Säuglingen

ETEC

Enterotoxische E. coli

Adhärenz

Enterotoxine

DünndarmReisediarrhö, Säuglinge und Kleinkinder in EntwicklungsländernCholeraähnliche wässrige Durchfälle

EIEC

Enteroinvasive E. coli

Adhärenz

Mukosainvasion

Zytotoxin

KolonNahrungsmittelintoxikation, Trinkwasserverunreinigung, Kinder und ErwachseneBlutig-schleimige Diarrhö mit Tenesmen und Fieber

EHEC

Enterohämorrhagische E. coli

Adhärenz

Zytotoxin

KolonKinder und Erwachsene, NahrungsmittelintoxikationenWässrig-blutige Diarrhö, HUS als Komplikation

EAEC

Enteroaggregative E. coli

AdhärenzDünndarmReisediarrhö, Kinder in EntwicklungsländernWässrige Diarrhö, chronische Diarrhö

DAEC

Diffus adhärente E. coli

AdhärenzDünndarmKinder v. a. in EntwicklungsländernAkute und chronische Diarrhö, auch Harnwegsinfektionen

Clostridium difficile

Clostridium difficile ist ein grampositives, anaerobes, sporenbildendes Bakterium. Die Kolitis ist toxinvermittelt durch das Toxin A oder B.

Eine Clostridienkolitis tritt häufig folgend auf eine Antibiotikatherapie z. B. mit Aminopenicillinen u. a. auf (antibiotikaassoziierte Kolitis). Auch bei immunsupprimierten Patienten, unter längerfristiger Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren und bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist sie häufiger zu beobachten.

Ein gewisser Anteil der Bevölkerung und auch der Kinder, v. a. im ersten Lebensjahr ist asymptomatischer Träger von C. diff. Es ist ausgesprochen selten, dass Säuglinge vor dem ersten Geburtstag erkranken, evtl. fehlen die entsprechenden Rezeptoren zur Bindung des Toxins.

Symptome

Eine Erkrankung kann sich als einfache Diarrhö bis hin zu einer schweren hämorrhagischen Diarrhö mit Fieber und Zeichen der Sepsis bei ausgeprägten Verläufen mit pseudomembranöser Kolitis manifestieren.

Diagnostik

Der Nachweis des Toxins (PCR oder EIA) ist notwendig. Dieser Test eignet sich nicht zur Erfolgskontrolle der Therapie da das Toxin noch über viele Wochen ausgeschieden wird.

Therapie

Die Therapie besteht in der Beendigung der antibiotischen Therapie falls diese durchgeführt wird. In leichten Fällen ist dies ausreichend. In schwereren Fällen oder falls die Symptomatik nicht sistiert muss antibiotisch behandelt werden.

Medikament der ersten Wahl ist Metronidazol, bei fehlendem Erfolg oder Risikopatienten kommt orales Vancomycin zum Einsatz. Fidoxamycin ist noch nicht für das Kindesalter zugelassen.

Eine fäkale Mikrobiomtransplantation ist eine wirksame Alternative in therapieresistenten Fällen.

Als Komplikation kann ein toxisches Megakolon auftreten, welches lebensbedrohlich ist und die temporäre Anlage eines Entlastungsstomas (oder Kolektomie) erforderlich machen kann.

Nichtinfektiöse akute Kolitis

Abschn. 22.10.3 (Kuhmilchunverträglichkeit)

Obstipation

Eine Obstipation ist ein häufiges Problem im Kindesalter, welches für Patienten und die Familien oft eine erhebliche Belastung darstellt. Die Obstipation beginnt in bis zu 40% der Fälle im ersten Lebensjahr. Ein früher Beginn im ersten Lebensjahr hat häufiger organische Ursachen, wogegen es sich bei später auftretenden Formen meistens um funktionelle habituelle Störungen handelt. Eine einheitliche Definition der Obstipation ist schwierig, allgemein handelt es sich um eine erschwerte und unvollständige Defäkation. Die funktionelle Obstipation wird durch die Rom-IV-Kriterien definiert.

Rom-IV-Kriterien funktionelle Obstipation

Mindestens 2 der folgenden Symptome über einen Monat:

  • <3 Defäkationen/Woche

  • Mindestens eine Episode von Stuhlschmieren/Inkontinenz in der Woche nach Erlernen des Toilettengangs bzw. nach dem Erreichen eines Entwicklungsalters von 4 Jahren

  • Stuhlretention in der Anamnese (Rückhaltemanöver, bewusste Retention, schmerzhafte Peristaltik)

  • Stuhlgefülltes Rektum

  • Großkalibriger Stuhl der die Toilette obstruieren kann

Klinik

Durch eine funktionelle Obstipation, auch eine larvierte Form, können chronische Bauchschmerzen ausgelöst werden, ebenso Appetitverminderung mit resultierender Gedeihstörung. Häufig ist auch eine sekundäre Inkontinenz in Form einer Überlaufenkopresis bzw. Stuhlschmieren. Blutauflagerungen auf dem Stuhl können Folgen schmerzhafter Fissuren sein.

Bei zusätzlichen spezifischen Symptomen, Zweifel an der Diagnose einer funktionellen Obstipation oder Nichtansprechen auf eine adäquate Therapie sind die in Tab. 22.5 aufgeführten Differenzialdiagnosen zu bedenken.

NahrungsmittelunverträglichkeitenZöliakie
Kuhmilchproteinintoleranz
Endokrinologische UrsachenHypothyreose
MEN 2b
ElektrolytstörungenHypokaliämie, Hyperkalzämie
Medikamentös-toxischOpiate, Antidepressiva, Anticholinergika
Bleivergiftung
Vitamin-D-Intoxikation
Botulismus
Exokrine PankreasinsuffizienzMukoviszidose
NeuromuskulärM. Hirschsprung
Chronisch Intestinale Pseudoostruktion (CIPO) (muskulär oder neurogen)
Rückenmarkfehlbildungen, -trauma, Tethered Cord
Tonusstörungen der Bauchdeckenmuskulatur (M. Down, Prune-belly-Syndrom, Gastroschisis)
Anatomisch-obstruktivAnalstenose, Anus imperforatus, dystoper Anus
Raumforderungen im kleinen Becken (z. B. Teratom)

Warnsymptome, die auf eine organische Ursache hinweisen sind ein Beginn der Problematik im Neugeborenen- oder jungen Säuglingsalter, verzögerter Mekoniumabgang >48 h, Bleistiftstühle, blutige Stühle ohne Analfissuren, Gedeihstörung, Fieber, galliges Erbrechen, ausgeprägte abdominelle Distension, neurologische Symptome wie fehlender Anal- bzw. Cremasterreflex, Schwäche bzw. Reflexabschwächung der unteren Extremität, Hinweise auf eine Spina bifida occulta wie Haarbüschel oder Einziehungen/Grübchen über der Wirbelsäule, Hinweise auf Missbrauch wie anale Narben, ungewöhnliche Angst vor rektaler Untersuchung bzw. Inspektion der Analgegend, Entwicklungsverzögerung, psychiatrische Erkrankungen, Harninkontinenz.

Pathophysiologie

Bei der funktionellen Obstipation spielen neben genetischen und konstitutionellen Einflussfaktoren häufig initiale traumatische Ereignisse – z. B. schmerzhafte Fissuren oder Entzündungen des Analkanals und der perianalen Haut – eine Rolle, die zu einem Stuhlverhalt führen. Es schließt sich ein Vermeidungsverhalten mit weiteren Rückhaltetendenzen und weiterhin schmerzhafter Defäkation durch den harten und großkalibrigen Stuhl an. Die dauerhafte Füllung der Ampulle führt zu einem Verlust des Defäkationsreflexes und zu Stuhlschmieren bzw. Überlaufenkopresis. Somit entsteht ein Circulus vitiosus der rasch durchbrochen werden sollte, um eine Chronifizierung zu vermeiden.

Diagnostik

Die Diagnosestellung ist meist durch eine gute Anamnese und körperliche Untersuchung ohne weitere Zusatzuntersuchungen möglich. Im Zweifel an einer funktionellen Ursache z. B. beim Vorliegen von Warnsymptomen, krankheitsspezifischen weiteren Symptomen oder fehlendem Ansprechen auf eine adäquate Therapie sind zum Ausschluss organischer Ursachen folgende Laboruntersuchungen sinnvoll: zöliakiespezifische Antikörper, Schilddrüsenstatus, Elektrolyte (K, Ca, Mg), ggf. HbA1c-Wert, die Pankreaselastase im Stuhl.

Bei Säuglingen kann ein Auslassversuch von kuhmilchbasierter Nahrung über 2–4 Wochen als diagnostischer Test für eine möglicherweise zu Grunde liegende Kuhmilchproteinintoleranz (Abschn. 22.10.3) versucht werden.

Bei hochgradigem anamnestischem und klinischem Verdacht auf einen M. Hirschsprung (Abschn. 22.10.7) sollen tiefe Rektumbiopsate entnommen werden. Bei älteren Kindern kann auch zusätzlich eine anorektale Manometrie durchgeführt werden. Eine Sonographie dient zum Ausschluss von abdominellen Raumforderungen oder Kalibersprüngen z. B. bei Obstipation und leerer Ampulle.

Weitere bildgebende Verfahren wie eine MRT des Rückenmarks sind nach klinischer Indikation zu stellen.

Therapie

Ziel der Therapie ist eine im Idealfall tägliche schmerz- und angstfreie Defäkation.

Zu diesem Zweck steht am Beginn der Therapie eine Desimpaktation gefolgt von einer stuhlregulierenden medikamentösen Dauertherapie begleitet von Verhaltenstherapie/Stuhltraining sowie Aufklärung. Letztere sollte beim Vorliegen einer funktionellen Obstipation den Circulus vitiosus und die Information über das Fehlen einer organischen Störung beinhalten. Empfohlen werden soll eine ausgewogene Ernährung mit normalem Ballaststoffgehalt, altersgemäße normale Flüssigkeitsaufnahme, normale physische Aktivität.

Medikamentöse Therapie

Zur Desimpaktation sollen oral zu applizierende Präparate bevorzugt werden wie das osmotische Laxans Polyethylenglycol (PEG, Macrogol) in einer Dosierung von 1–1,5 g/kgKG/Tag über maximal 3–6 Tage. Wird eine orale Therapie nicht akzeptiert oder ist sie unzureichend, können Klysmata verabreicht werden.

Zur Dauertherapie ist PEG wirksamer als Laktulose. Die Dosierung muss individuell nach Wirkung gefunden werden und beträgt 0,2–1,0 g/kgKG/Tag. Alternativ kann Laktulose (1–2 g/kgKG/d) eingesetzt werden. Die Dauertherapie sollte langfristig erfolgen, bei anhaltendem Erfolg über mindestens einen Monat soll die Reduktion der Dauertherapie langsam ausschleichend durchgeführt werden. Bei windeltragenden Kindern soll die Therapie bis zur Sauberkeit erfolgen.

Prognose

Eine verzögerte und unzureichende Therapie ist mit einem schlechteren Therapieerfolg assoziiert. Rezidive sind häufig. Nach Studienlage erreichen ca. 80% der Kinder mit funktioneller Obstipation nach 10 Jahren eine Symptomfreiheit ohne Laxanzien.

Kleinkinderdiarrhö

Die chronische unspezifische Kleinkinderdiarrhö (Toddler’s Diarrhea) ist eine harmlose Veränderung der Stuhlkonsistenz die meist zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr auftritt und häufiger Jungen betrifft. Ursächlich wird von einer ungünstigen Nahrungszusammensetzung ausgegangen: unverdaute Nahrungsbestandteile, auch Fruchtzucker, erreichen das Kolon und führen zur Bindung von Wasser, bakterieller Zersetzung mit Gas- und Säurebildung.

Klinik

Der Stuhlgang ist dünn, säuerlich-aggressiv und kann unverdaute Nahrungsbestandteile enthalten. Die Frequenz kann mehr als 10 Stuhlgänge täglich betragen, z. T. im Wechsel mit Obstipation. Ansonsten ist das Wohlbefinden und Wachstum nicht beeinträchtigt. Gelegentlich können leichte Bauchschmerzen auftreten.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt bei typischer Klinik und nach Ausschluss von entzündlichen und infektiösen Darmerkrankungen sowie Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Laborbefunde aus Blut und Stuhl sind unauffällig, es liegt keine Malabsorption vor.

Therapie

Bewährt hat sich die Reduktion der Fruktosezufuhr z. B. durch Verzicht auf Fruchtsäfte und eine ausreichende Fettzufuhr von ca. 35% des Kalorienanteils. Der Anteil an Ballaststoffen sollte ausreichend aber nicht zu hoch sein.

Wichtig ist eine adäquate Aufklärung der Eltern über die eigentliche Harmlosigkeit und die Zusammenhänge der Symptome.

Darmpolypen

Darmpolypen kommen gelegentlich bei Kindern und Jugendlichen vor und sind oft Zufallsbefunde im Rahmen einer Endoskopie.

Sie können isoliert oder multipel als Polyposissyndrom auftreten, dabei kommt der gutartige juvenile Polyp mit Abstand am häufigsten vor. Juvenil bezieht sich auf histologische Kriterien. Polyposissyndrome stellen dagegen eine Präkanzerose dar. Tab. 22.6 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Arten der Polypen und Polyposissyndrome.

Syndrom ErblichkeitGendefekt LokalisationAlter bei ManifestationEntartungsrisikoTherapieHistologie
Juveniler PolypKeineUnbekanntKolonKeinsPolypektomieHamartom
Juvenile polyposis syndrome ADSMAD4; BMPR1A Gesamter Magendarmtrakt, v.a. RektosigmoidSpäte Kindheit, junges ErwachsenenalterCa. 50%PolypektomieHamartom
FAPADAPCKolon, Magen, Dünndarm, oft >100 PolypenSymptome ab der 2. Dekade, meist erst nach der 3. Dekade

Obligate Präkanzerose (Kolon)

Extrakolonische Tumore wie Hepatoblastom u. a.

Gardner-Syndrom (adenomatöse Polyposis coli mit Weichteiltumoren und Osteomen)

Turcot-Syndrom (adenomatöse Polyposis coli und ZNS-Tumoren, v. a. Medulloblastome)

KolektomieAdenom
AFAPADAPC; MYHMeist proximales Kolon, meist 10–100 PolypenSymptome meist ab der 5. DekadeJaKolektomie bei >20 Polypen, großen Polypen, nach HistologieAdenom
MAPARMYHKolorektal, duodenalSelten Jugendlichenalter, meist nach der 4. Dekade

Ja.

Auch Osteome

KolektomieAdenom
PJSADGesamter MagendarmtraktSpätes Kindes- bis JugendalterIn Duodenum, Jejunum, KolonPolypektomieHamartom

AD autosomal dominant; AFP familiäre adenomatöse Polyposis; AFAP attenuierte familiäre adenomatöse Polyposis; APC Adenomatöse Polyposis Koli; AR autosomal rezessiv; MAP mutY-Homolog (MYH)-assoziierte Polyposis; PJS Peutz-Jeghers-Syndrom

Polypen sind oft asymptomatisch, sie können aber durch eine intestinale Blutung oder Invagination auffallen. In schweren Fällen kann es zur Anämie, Hypalbuminämie und Gedeihstörung kommen.

Beim Vorliegen einer genetischen Mutation mit erhöhtem Risiko eines Kolonkarzinoms sollte bei der APC-Mutation ab dem 10. Lebensjahr, bei der mutYH-Mutation ab dem 18. Lebensjahr ein jährliches Screening stattfinden.

Anorektale Malformationen

Die Ätiologie anorektaler Malformation ist letztendlich unklar, vermutlich liegt eine Wachstumsstörung zwischen Septum urorektale und Kloakenmembran vor.

Die Inzidenz beträgt etwa 1:4.000, Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.

Begleitfehlbildungen, insbesondere urogenital, gastrointestinal und kardial sind nicht selten. Darüber hinaus finden sich anorektale Malformationen bei Kindern mit Trisomie 21 deutlich häufiger als in der Normalbevölkerung.

Die Klassifikation der anorektalen Malformationen erfolgt anhand der Lokalisation der Fistel. Je nach Geschlecht werden verschiedene Hauptformen definiert, daneben gibt es weitere seltene Fehlbildungen (Tab. 22.7).

HauptformenSeltene Varianten
Perineale FistelPouch-Kolon
Rektourethrale FistelRektumatresie
Rektovesikale FistelRektovaginale Fistel
Vestibuläre FistelH-Fistel
Kloakenfehlbildung
Ohne Fistel
Analkanalstenose

Klinik und Diagnose

Die postnatale Untersuchung zeigt eine fehlende oder ektope, fistelartige Analöffnung. Gelegentlich ist ein Stuhlaustritt aus dem Penis oder der Vagina zu beobachten. Eine Röntgenuntersuchung des Unterbauchs mit erhöhtem Gesäß oder die Sonographie von perineal können Hinweise auf den Abstand des Rektumblindsacks zur Analregion liefern. Mittels Miktionszysturethrogramm lassen sich häufig Fisteln zur Harnröhre oder Blase nachweisen. Begleitfehlbildungen anderer Organsysteme sollten ausgeschlossen werden.

Therapie

Ziel der Therapie ist der operative Durchzug des Rektums durch die zumeist hypoplastische Levator- bzw. Sphinktermuskulatur mit Formung eines kutanen Neoanus. Eine Fistelverbindung wird gleichzeitig unterbunden. Die möglichst zentrale Positionierung innerhalb der Muskulatur ist dabei maßgeblich für die spätere Kontinenz der Patienten. In der Regel wird bei den betroffenen Neugeborenen innerhalb der ersten 48 Lebensstunden zur Entlastung des Darms zunächst ein Kolostoma angelegt und der endgültige Korrektureingriff unter Anus-praeter-Schutz nach etwa 4–6 Wochen durchgeführt. Fehlbildungen mit vestibulärer bzw. perinealer Fistel können dagegen meist primär ohne Kolostoma postnatal korrigiert werden. Bis heute stellt die posteriore sagittale Anorektoplastik (PSARP) die klassische Korrekturoperation der anorektalen Malformationen dar. Hierbei wird der Rektumstumpf von der Gesäßfalte eingehend, unterhalb der Steißbeinspitze aufgesucht und unter Rekonstruktion der Muskulatur durchgezogen. Insbesondere bei Fisteln zur proximalen Harnröhre oder Harnblase werden jedoch zunehmend auch laparoskopische Techniken angewendet.

Komplikationen und Prognose

Die Güte der operativen Versorgung beeinflusst in hohem Maße das spätere Outcome. Eine Harninkontinenz kann nicht selten bei vaginalen Fisteln oder einer Verbindung zur Blase beobachtet werden. Möglicherweise ist diese aber auch durch eine operative Komplikation bedingt.

Die Beeinträchtigung der Stuhlkontinenz ist darüber hinaus maßgeblich von der Form der anorektalen Malformation sowie der Ausprägung der vorhandenen Muskulatur abhängig. Bei distalen Fisteln zum Perineum, zum Vestibulum oder der bulbären Harnröhre kann in den meisten Fällen nach operativer Korrektur eine gute Kontinenz erreicht werden. Hier bestehen häufiger Obstipationsbeschwerden. Bei Formen mit Fisteln zur prostatischen Harnröhre oder Harnblase muss dagegen mit Symptomen der Stuhlinkontinenz gerechnet werden. Die Verbesserung der Kontinenz mit konservativen Maßnahmen wie z. B. Anpassung der Ernährung, Einläufen oder einem „Bowel-Management“ ist jedoch bei fast allen Betroffenen möglich.

Kloakenfehlbildung

Die Kloakenfehlbildung kennzeichnet eine besondere Form der anorektalen Malformation, welche nur beim Mädchen auftritt. Rektum, Vagina und Harnröhre münden hierbei in einen gemeinsamen Gang, dem sog. „Common channel“. Äußerlich imponiert lediglich eine einzelne Öffnung innerhalb des Perineums bzw. der Labien. Bei fehlender Afteröffnung beim Mädchen muss stets an diese komplexe Fehlbildung gedacht werden.

Leber und Gallenwege

Diagnostik bei Lebererkrankungen

Lebererkrankungen betreffen das Leberparenchym, das Gallenwegsystem sowie die Gefäßsysteme des Portalvenensystems, der Leberarterien und Lebervenen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Anlagestörungen über autoimmune Erkrankungen bis hin zu infektiösen Erkrankungen.

Die körperliche Untersuchung berücksichtigt Größe, Struktur und Konsistenz von Leber und Milz. Bei der Untersuchung der Haut sollten auf Ikterus, Spider nävi, Teleangiektasien, Palmarerythem und ein Caput medusae als portalen Umgehungskreislauf geachtet werden.

Die laborchemische Basisdiagnostik gibt Auskunft über die Integrität der Leberzellen und über die Leberfunktion sowie die Funktionalität der Gallenwege. ALT und AST sowie die mitochondriale GLDH zeigen Alterationen der Hepatozyten an, sind aber unspezifisch da auch in anderen Zellen vorhanden. Die Lebersynthese kann durch die Bestimmung des Albumins, der CHE und der Gerinnungsparameter abgeschätzt werden. Bei einer Cholestase sind das direkte Bilirubin und meist die Gallensäuren, die γGT und AP erhöht. Im Rahmen der Cholestase kann es zu einer verminderten Resorption fettlöslicher Vitamine kommen (A, D, E, K), bei erniedrigtem Quick-Wert lässt die Bestimmung z. B. der Einzelfaktoren II und V die Differenzierung zwischen Vitamin-K-Mangel (nur Faktor II erniedrigt) und einem globalen Leberversagen (Faktor II und V erniedrigt) zu. Die Bestimmung des Ammoniaks zeigt die Entgiftungsleistung der Leber an, es ist erhöht z. B. bei Umgehungskreisläufen im Rahmen eines portalen Hypertonus oder bei Leberausfall. Bei akutem Leberversagen ist der Quick-Wert erniedrigt, ebenso wie die CHE und Albumin, NH3 ist erhöht, der Blutzucker typischerweise erniedrigt.

Die Sonographie ist die primäre Methode der Wahl zu Beurteilung der Leber und Gallengänge. Sie erlaubt eine Größenbestimmung der Leber und Milz, Beurteilung der Echogenität und Textur des Parenchyms, der Gallenwege und Gallenblase sowie der Perfusion und Weite von Pfortader, Lebervenen und -arterien.

Eine erweiterte Diagnostik z. B. bei Raumforderungen der Leber lässt die Kontrastmittelsonographie der Leber zu ebenso wie die MRT. Eine MRCP erlaubt die Beurteilung der feineren Strukturen der Gallenwege und des Pankreasgangs. In manchen Fällen ist eine ERCP zur Beurteilung der Gallengänge notwendig, ggf. auch zu interventionellen Maßnahmen (Steinextraktion, Gallecast, Dilatation von Stenosen).

Die perkutane Leberbiopsie ist eine einfache Methode um Material zur licht- und elektronenmikroskopischen histologischen Untersuchung zu gewinnen.

Eine Lebersequenzszintigraphie kann alternativ zur Diagnostik der extrahepatischen Gallengangsatresie angewendet werden.

Hepatitis und Transaminasenerhöhung

Die Ursache einer Hepatitis im Kindesalter ist vielfältig. Häufig liegt eine infektiöse Ursache zu Grunde, auch eine toxische oder autoimmunologische Genese ist möglich. Stoffwechselerkrankungen wie der M. Wilson, die hereditäre Fruktoseintoleranz, die Tyrosinämie Typ 1 oder Mitochondriopathien gehören im Kindes- und Jugendalter zur differenzialdiagnostischen Abklärung einer Transaminasenerhöhung (Tab. 22.8). Nicht selten liegt im Rahmen einer Adipositas eine NASH (Nichtalkoholische Steatohepatitis) vor.

UrsacheErkrankungDiagnostik
Infektiöse Erkrankungen

Hepatitis A–E

CMV

EBV

Herpes simplex

HHV 6+8

Parvovirus B19, Enteroviren, Adenoviren, HIV

Listeriose, Toxoplasmose, Leptospirose, Echinokokkose

Serologie und Erregernachweis
StoffwechselerkrankungenGalaktosämieGalaktose, Gal-1P, Gal-1P-Uridyl-Transferase
FruktoseintoleranzAldolase B-Gen
Tyrosinämie Typ 1Organische Säuren im Urin
M. WilsonKupfer im Lebergewebe, Genetik
M. Niemann Pick CNPC1- und NPC2-Gen
α1 AT-Mangelα1 AT-Phänotypisierung
Zystische FibroseSchweißtest, Genetik
MitochondriopathienLaktat, Pyruvat, AS, Acylcarnithine, Biopsie, Genetik
HämochromatoseEisen, Ferritin, Transferrinsättigung, Genetik
LCHAD-, VLCAD-MangelAcylcarnitine im Serum, organische Säuren im Urin
Glykogenosen Typ I, IIIb, IV, VI, IXBZ, Laktat, Harnsäure, Genetik
CDG-Syndrom (Ib)Isoelektrische Transferrinelektrophorese
M. Wolman, CholesterinestherspeichererkrankungenSaure lysosomale Lipase
M. GaucherGlukozerebrosidaseaktivität, Genetik
HarnstoffzyklusdefekteNH3, Aminosäuren im Plasma, organische Säuren im Urin
ImmunologischAutoimmunhepatitisANA, LKM, LC1, SMA-AK, Biopsie
Neonatale Hämochromatose (GALD)Klinik, Labor, Histologie
Systemischer Lupus erytematodesANA, anti-ds-DNA
ZöliakieTransglutaminase, Endomysium-AK, Dünndarmbiopsie, HLA-DQ2/8
Toxisch/Medikamentös

Paracetamol

Antiepileptika (Valproat)

Narkotika (Halothan, Enfluran)

Antibiotika , Antimykotika

INH

Kupfer

Knollenblätterpilz (Amanitine)

Organophosphate

Totale parenterale Ernährung

Drogen, Alkohol

Anamnese, Nachweis in Blut, Urin
Gefäßerkrankungen, Ischämie

Budd-Chiari

Pfortaderthrombose

VOD (venoocclusive disease)

Rechtsherzinsuffizienz

Schock,

Hypoxie, Ischämie

Sonographie, Leberbiopsie, Anamnese
Infiltrativ

Leukämie

Neuroblastom

Hepatoblastom

HCC

Bildgebung, ggf. Biopsie
AlimentärNASHBiopsie
Systemerkrankungen

Sepsis

Hypoxie

Zystische Fibrose

ARPKD

Makrophagenaktivierungssyndrom

Anamnese, Sonographie, spezifische Diagnostik der jeweiligen Erkrankung
Endokrinologisch

Hypopituitarismus

M. Addison

Cortisol, ACTH, Stimulationstest

Virushepatitis

Kap. 14

Störungen des Bilirubinstoffwechsels

Bei den Störungen des Bilirubinstoffwechsels fällt eine Erhöhung des Bilirubins im Blut auf. Diese kann indirekt (unkonjugiert) oder direkt (konjugiert) sein, diese Zuordnung ist wichtig. Von einer direkten Hyperbilirubinämie spricht man bei einem Anteil des direkten Bilirubins am Gesamtbilirubin über 20% oder einem Absolutwert von >2 mg/dl.

Ein Ikterus ist in der Regel ab einem Bilirubinwert von ca. 3 mg/dl sichtbar.

Eine unzureichende Konjugation des Bilirubins in der Leber durch eine erbliche Störung der UDP-Glukuronyltransferase wie beim M. Gilbert Meulengracht oder dem Crigler-Najjar-Syndrom führen zu einer v. a. indirekten Hyperbilirubinämie. Auch der physiologische Ikterus sowie der Muttermilchikterus des Neugeborenen zeichnen sich durch eine indirekte Hyperbilirubinämie durch verminderte Glukuronidierung aus.

Rotor- und Dubin-Johnson-Syndrom sind durch eine direkte Hyperbilirubinämie gekennzeichnet.

M. Gilbert-Meulengracht

Der autosomal rezessiv erbliche M. Gilbert-Meulengracht ist mit einer geschätzten Inzidenz von 3–13% eine häufige Störung ohne besonderen Krankheitswert. Es besteht eine deutliche Jungenwendigkeit. Eine Aktivitätsminderung der UDP-Glukuronyltransferase auf ca. 25% führt v. a. bei Infektionen und längerem Fasten zu einem Anstieg des Bilirubins, das 5 mg/dl selten übersteigt. Klinische Symptome treten selten auf. Die Diagnose erfolgt klinisch oder durch einen Fastentest, im Zweifel kann eine molekulargenetische Untersuchung der TATAA-Box in der Promotor-Region des UGT1A1-Gens erfolgen.

Bei einem Teil der Patienten liegt eine verringerte erythrozytäre Überlebensdauer vor. Eine ursächliche Beteiligung an einem neonatalen Ikterus prolongatus wird beschrieben. Die Verträglichkeit bestimmter Medikamente wie Paracetamol ist eingeschränkt.

Crigler-Najjar-Syndrom

Beim seltenen (Inzidenz ≤1:1.000.000) autosomal dominant vererbten Crigler-Najjar Syndrom (CN) liegt eine deutliche Reduktion der UDP-Glukuronyltransferase vor, beim Typ 1 fehlt sie vollständig, beim Typ 2 ist sie stark reduziert. Es kommt zu einer ausgeprägten indirekten Hyperbilirubinämie schon im Neugeborenenalter mit Gefahr des Kernikterus. CN Typ 2 spricht im Gegensatz zu Typ 1 auf Phenobarbital an welches bei Typ 2 dann auch therapeutisch eingesetzt wird. CN Typ 1 wird mit täglicher Phototherapie, oraler Kalziumgabe zur Bilirubinbindung und schließlich kurativ mit einer Lebertransplantation behandelt. Die Prognose des CN Typ 1 ist schlecht.

Dubin-Johnson Syndrom

Bei dieser autosomal rezessiv erblichen Erkrankung liegt eine Störung im Bilirubintransporter ABCC2 und MRP2 vor mit gestörter Exkretion von Bilirubin in die Galle. Meist tritt im jungen Erwachsenenalter eine konjugierte milde Hyperbilirubinämie bei ansonsten normaler Leberfunktion auf. Sehr selten kann intermittierend ein verstärkter konjugierter neonataler Ikterus auftreten.

Eine Analyse der Bilirubinmetabolite im Urin zeigt eine vermehrte Ausscheidung von Koproporphyrin I im Gegensatz zum üblichen Überwiegen einer Koproporphyrin III-Ausscheidung. Eine prinzipiell nicht notwendige Leberbiopsie zeigt dunkle lysosomale Pigmentablagerungen. Ein besonderer Krankheitswert besteht nicht, die Abgrenzung zu anderen Ursachen einer konjugierten Hyperbilirubinämie ist wichtig.

Rotor-Syndrom

Beim ebenfalls autosomal vererbten Rotor Syndrom handelt es sich um eine Störung der Wiederaufnahme des Bilirubins aus dem Blut in die Leberzelle durch Defekte im Organo-Anionen-Transporter OATP1B1 und OATP1B3. Die Bilirubinwerte sind moderat meist bis 5 mg/dl erhöht. Weitere Symptome oder Komplikationen bestehen nicht, eine Therapie ist nicht notwendig. Auch hier ist die Koproporphyrin-I-Ausscheidung im Urin erhöht. In einem Leberbiopsat finden sich keine Pigmentanreicherungen.

Cholestase

Als Cholestase wird eine verminderte Bildung oder ein reduzierter Transport von Galle bezeichnet, der zu einer Retention gallepflichtiger Substanzen führt. Eine Cholestase fällt üblicherweise durch eine Erhöhung des konjugierten Bilirubins und der Gallensäuren auf. Es handelt sich um eine hepatobiliäre Dysfunktion die stets zeitnah abgeklärt werden muss.

Nach der Ursache wird die Cholestase eingeteilt in

  • biliäre (obstruktive Erkrankungen der intra- oder extrahepatischen Gallenwege) oder

  • hepatozelluläre Ursachen (Defekte im Membrantransport, der Embryogenese oder metabolische Störungen).

Im Neugeborenenalter tritt eine Cholestase mit einer Inzidenz von ca. 1:2.500 auf. Die häufigsten Ursachen sind die extrahepatische Gallengangsatresie (25–40%), verschiedene genetische Erkrankungen wie das Alagille-Syndrom (25%), Stoffwechseldefekte wie die Tyrosinämie, Galaktosämie oder Gallensäuresynthesedefekte, anatomische Fehlbildungen wie Choledochuszysten und andere (Tab. 22.9).

ErkrankungDiagnostik/Genetik
Gallengangshypoplasie/-verlegung
Extrahepatische GallengangsatresieUS (kleine/fehlende Gallenblase, „triangular cord sign“), Leberbiopsie, ERCP, hepatobiliäre Szintigraphie, Intraoperative Cholangiographie
Alagille-Syndrom

Typische Fazies, Schmetterlingswirbel, Herzfehler (Pulmonalstenosen), Augenarzt, Leberbiopsie, Cholesterin ↑, γGT↑

JAG1-, NOTCH2-Gen

Choledochuszyste

US, ERCP, MRCP

Caroli-Syndrom: PKHD1-Gen (ARPKD)

Choledocholithiasis

US, ERCP, MRCP

ABCB4-, ABCB11-, ATP8B1-Gen

Neonatal sklerosierende CholangitisUS, ERCP, MRCP, Leberbiopsie
Idiopathische RiesenzellhepatitisHistologische Ausschlussdiagnose
Progressive familiäre intrahepatische Cholestase (PFIC)

γGT (↓→ in Typ 1+2, ↑ in Typ 3)

Leberbiopsie, Immunhistochemie, Genetik

PFIC1 mit begleitenden Fehlbildungen

Metabolische Erkrankungen, Speichererkrankungen u. a.
α1 AT-Mangel

α1 AT im Serum; α1 AT-Phänotyp (ZZ, SZ, MZ)

SERPINA1-Gen

Zystische Fibrose Neugeborenenscreening, Schweißtest, Pankreaselastase im Stuhl, CFTR-Gen
GallensäuresynthesedefekteGallensäureprofil im Urin: CYP7B1; AKR1D1 (SRD5B1); HSD3B7
Störung der GallensäurekonjugationGallensäureprofil im Urin: Genetik BAAT und SLC27A5
M. GaucherAP ↑, β-Glucocerebrosidase ↓, Chitotriosidase ↑, Knochenmarkbiopsie: Gaucher-Zellen
M. Niemann-Pick Typ C

Chitotriosidase ↑

NPC1-, NPC2-Gen

M. Wolman, LAL-Mangel

Lysosomale saure Lipase im Serum

Cholesterin ↑, LDL ↑, HDL ↓

Mitochondriale Erkrankungen

Laktat, Pyruvat, Acylcarnitine, ggf. Leber oder Muskelbiopsie mit Atmungskettenenzymen

SCO1-, SUCLG1-, BCS1L-, POLG1-, C10ORF2-, DGUOK-, MPV17-Gene

Neonatale intrahepatische Cholestase durch Citrin Deficienz (NICCD)

Citrullin ↑, α-Fetoprotein ↑, Ferritin ↑

SLC25A13-Gen

Peroxismale Erkrankungen (Zellweger-Spektrum u. a.)

Zellweger: Kraniofaziale Dysmorphie, mentale Retardierung, Hepatomegalie, multizystitsche Nierendysplasie, Katarakt, Optikusatrophie

VLCFA ↑, Plasmalogene, Phytansäure

TyrosinämieSuccinylaceton im Urin ↑; HCC-Risiko; FAH-Gen
GalaktosämieNeugeborenenscreening, Galactose-1-Phosphat-Uridyl-Transferase-Aktivität ↓
Congenital disorders of glycosylation (CDG)

Multisystemerkrankung: dysmorphe Facies, Strabismus, invertierte Mamillen, mentale Retardierung, Krampfanfälle, Gedeihstörung, Hepatomegalie, Diarrhö, Koagulopathie, Eiweißverlustenteropathie (CDG1b).

Triglyceride ↑, AT III ↓

Isoelektrische Transferrinelektrophorese

Endokrinologische Erkrankungen
HypothyreoseNeugeborenenscreening (TSH ↑)
Panhypopituitarismus

Glukose ↓, Cortisol ↓, TSH ↓, fT4 ↓, IGF1 ↓, IGFBP3 ↓

MRT-Schädel

Toxische Ursachen
Parenterale ErnährungAusschlussdiagnose
MedikamenteParacetamol
Immunologische Erkrankungen
Gestational alloimmune liver disease (GALD)Ferritin ↑, Nachweis extrahepatischer Eisenablagerungen
Neonataler Lupus erythematosus

ANA, anti-RoSSA, anti-La/SSB, anti-U1RNP Antikörper

EKG (kongenitaler AV-Block?)

Hämophagozytierende Lymphohistiozytose (HLH)Fieber (>7 d), Hepatosplenomegalie mit Leberfunktionsstörung, Pancytopenie, sCD25 ↑, Ferritin ↑, Triglyceride ↑, Fibrinogen ↓
Infektiöse Erkrankungen
Sepsis, Harnwegsinfektion, TORCH, Hepatitis A–E, EBV, HIV, Echo-, Adeno-, Coxsackievirus, Parvovirus B19, HHV 6-8, VZV, Lues, LeptospirosePCR, Erregernachweis, Serologie
Gefäßmalformationen
Portosystemische ShuntsUS, MRT, unerklärliche Galaktosämie (Screening +), Hyperammonämie
Multiple HämangiomeUS, MRT
Kongestives HerzversagenEchokardiographie (z. B. Herzfehler bei Trisomie 21)
Budd-Chiari-SyndromUS
Verschiedenes
ARC-Syndrom

Arthrogryposis multiplex congenita, faziale Dysmorphie, Gedeihstörung, renal tubuläre Azidose, Thrombozytenfunktionsstörung, Ichthyosis

VPS33B-Gen

Microvillus inclusion disease (MVID)

Schwere sekretorische wässrige Diarrhö, Biopsie mit E-Mikroskopie

MYO5B-Gen

Neonatale LeukämieAML > ALL
Genetische ErkrankungenTrisomie 21, Trisomie 18

US Ultraschall

Bei einem am 14. Lebenstag noch sichtbaren Ikterus soll bei einem Neugeborenen eine Bestimmung des direkten und indirekten Bilirubins durchgeführt werden. Der Beurteilung der Stuhlfarbe kommt eine besondere Bedeutung zu, um Hinweise auf eine Obstruktion bzw. Atresie der Gallenwege zu erhalten. Eine rasche Abklärung v. a. behandelbarer Ursachen wie u. a. einer Gallengangsatresie, Galaktosämie oder Tyrosinämie ist wichtig um irreversible Schäden zu vermeiden.

Eine breit angelegte Diagnostik die neben den Basislaborwerten auch eine Stoffwechseldiagnostik, infektiologische und molekulargenetische Diagnostik sowie bildgebende Diagnostik, die außer der Basissonographie ggf. eine Lebersequenzszintigraphie oder ERCP auch zum Ausschluss einer Gallengangsatresie umfasst, ist oft notwendig. Auch eine Leberbiopsie ist häufig unumgänglich. Molekulargenetische Untersuchungen können in vielen Fällen zur Diagnose führen und invasive Diagnostik überflüssig machen.

Extrahepatisch bedingte Cholestase

Eine extrahepatische Cholestase kann verursacht werden durch eine Gallengangsatresie, Gallengangsfehlbildungen wie Choledochuszysten, Raumforderungen wie Tumore, Papillenstenosen (z. B. postentzündlich) oder durch eingedickte Galle oder Gallensteine.

Gallengangsatresie

Die Gallengangsatresie ist eine seltene Erkrankung des Neugeborenen bzw. jungen Säuglingsalters mit einer geschätzten Inzidenz von 1:8.000–1:18.000. Es ist der häufigste Grund für eine Lebertransplantation im Kindesalter.

Die Ätiologie der entzündlichen Reaktion der Gallenwege und Leber ist nicht genau bekannt, vermutlich sind es exogene Trigger wie Viren, die in einer vulnerablen Phase auf ein möglicherweise genetisch disponiertes Individuum treffen und eine immunologische Reaktion auslösen. Der Prozess der Fibrosierung und Obliteration der extrahepatischen Gallenwege kann schon intrauterin beginnen, er manifestiert sich allerdings typischerweise innerhalb der ersten drei Lebensmonate.

Die syndromale Form ist eine genetische Fehlbildungssymptomatik mit embryonaler Störung der Duktalplattenentwicklung.

Klinik

Nach einem meist symptomfreien Intervall kommt es zu einem Ikterus mit Entfärbung des Stuhlgangs, dunklem Urin, Gedeihstörung. Es existiert eine syndromale Form mit Situs inversus, Polysplenie, präduodenaler Pfortader und kardialen Fehlbildungen und in über 80% die häufigere nichtsyndromale Form. Es kommt rasch zur Entwicklung einer Leberzirrhose mit allen ihren Komplikationen wie einer portalen Hypertension.

Diagnostik

Die Diagnose sollte rasch gestellt werden um eine entsprechende Therapie einzuleiten und den Prozess der Entwicklung einer Zirrhose aufzuhalten.

Die Differenzialdiagnosen sind aus Tab. 22.9 ersichtlich, dabei sind bei acholen Stühlen v. a. das Alagille-Syndrom, der α1-Antitrypsinmangel, Choledochuszysten, das Syndrom der eingedickten Galle, CF und metabolische sowie Speichererkrankungen der Leber zu beachten.

Neben dem direkten Bilirubin und den Gallensäuren im Serum ist die γGT meist deutlich erhöht (γGT > ALT). Sonographisch kann ein Fehlen oder eine sehr kleine Gallenblase auffallen, daneben ein „triangular cord sign“ (fibrosierter Gallenweg ventral der Pfortaderbifurkation).

Der Nachweis fehlender Gallengänge kann durch eine hepatobiliäre Sequenzszintigraphie oder eine ERCP gelingen, manchmal ist auch die intraoperative Cholangiographie nötig. Die Auflösung der MRCP ist meist nicht hoch genug.

Eine Leberhistologie ist zur Abgrenzung von anderen Erkrankungen bei unklarer Diagnose nötig. Typische Veränderungen sind Dukt-Proliferationen, Galle-Plugs und die portale Fibrose.

Therapie

Die Hepatoportoenterostomie nach Kasai ist eine therapeutische Option in den ersten Lebenswochen, die vielen Patienten ein Langzeitüberleben ermöglicht. Bei dieser Operation werden die obliterierten extrahepatischen Gallenwege entfernt und eine biliodigestive Anastomose zwischen fibrotischem Gallengang im Bereich der Leberpforte und einer hochgezogenen Dünndarmschlinge angelegt. Nur wenn es hierbei gelingt, genügend kleine Gallenwege in der Leber zu eröffnen, kann ein Galleabfluss erzielt und der Krankheitsverlauf begünstig werden.

Komplikationen sind Anastomoseninsuffizienz, aufsteigende Cholangitiden, Blutungen und Ulzerationen der Y-Roux-Schlinge, insuffiziente Ableitung der Galle und die biliäre Zirrhose auch im Rahmen der Grundproblematik.

Der Ikterus und eine gewisse Cholestase bestehen oft trotz Kasai-OP in unterschiedlichem Ausmaß und machen eine Substitution fettlöslicher Vitamine, eine spezielle Diät und die Gabe von Ursodesoxycholsäure nötig.

Fast alle Kinder benötigen bis zum Eintritt in das Erwachsenenalter eine Lebertransplantation.

Intrahepatische Cholestase

Eine intrahepatische Cholestase kann durch infektiöse, genetisch-metabolische, endokrinologische, vaskuläre und andere Ursachen bedingt sein (Tab. 22.9).

Gallensäuresynthesestörung

Durch sehr seltene Enzymdefekte (Inzidenz ca. 1–9:1.000.000) in der Synthese von Gallensäuren aus Cholesterin entstehen toxische Metabolite die zu einer progredienten Leberschädigung mit Cholestase durch reduzierten Gallefluss führen können. Von 9 bekannten Enzymdefekten führen 7 zu einer Cholestase, der 3-β-Hydroxy-C27-Steroid-Oxidoreduktase-Mangel (Typ 1) ist die häufigste Form.

Zur Diagnosestellung ist ein Gallensäuremetabolit-Profil im Urin notwendig.

Die Therapie besteht bei den meisten Formen in der oralen Substitution von Gallensäuren wie Cholsäure oder Desoxycholsäure.

Progressive familiäre intrahepatische Cholestase (PFIC)

Es handelt sich hierbei um seltene verschiedene autosomal rezessiv erbliche Störungen der Gallensäure- bzw. Phospholipidsekretion an der kanalikulären Membran der Hepatozyten durch unterschiedliche Kanal- und Transporterdefekte mit einer geschätzten Inzidenz von 1:50.000–100.000. Es werden mindestens 3 Typen unterschieden, die sich in Manifestationsalter, Begleitsymptomen, Höhe der γGT unterscheiden (Tab. 22.10). Typ 1 wird auch als M. Byler, Typ 2 als Byler-Syndrom bezeichnet. Es resultiert eine veränderte Zusammensetzung der Galle die auch zu entzündlichen Veränderungen der Gallenwege führen kann (Typ 3). Die Diagnosestellung kann immunhistochemisch aus der Biopsie und molekulargenetisch erfolgen. Die Therapie ist symptomatisch, der starke Juckreiz kann oft nur durch eine partielle biliäre Diversion behandelt werden, eine Lebertransplantation ist im Verlauf häufig notwendig.

PFIC 1PFIC 2PFIC 3
ProteinFIC1BSEP-MangelMDR3-Mangel
Gen/ChromosomATP8B1/18q21-q22ABCB11/2q24ABCB4/7q21
FunktionAminophospholipidtransportGallensäuretransportPhosphatidylcholintransport
Alter bei ManifestationSäuglingsalterNeonatal/frühes SäuglingsalterSpätes Säuglingsalter bis Erwachsenenalter
VerlaufModerat, End-stage liver disease in der ersten LebensdekadeSchnelle Progression zur Zirrhose in den ersten LebensjahrenEnd-stage liver disease in erster oder 2. Lebensdekade
Extrahepatische SymptomeDiarrhö, Pankreatitis, sensorineurale Schwerhörigkeit, KleinwuchsNicht vorhandenNicht vorhanden
Risiko für LebertumoreNicht erhöhtErhöhtNicht erhöht
Risiko für CholesteringallensteineNicht erhöhtErhöhtErhöht
γGTNormalNormalErhöht
GPTGering erhöhtModerat erhöhtGering erhöht

FIC Familial Intrahepatic Cholestasis Protein; BSEP Bile Salt Export Pump; MDR Multidrug Resistance

Der benignen rekurrierenden intrahepatischen Cholestase (BRIC1 und BRIC2) liegt ebenfalls wie bei PFIC1/PFIC2 eine Mutation des FIC1-Gens bzw. ABCB11-Gens zu Grunde. Es kommt intermittierend zu cholestatischen Episoden mit Ikterus, Juckreiz und Allgemeinsymptomen, zwischenzeitlich sind die Patienten beschwerdefrei. Der Beginn liegt meist in der 2. oder 3. Lebensdekade. Eine Schwangerschaft kann z. B. einen Schub auslösen. Die Langzeitprognose ist gut.

Intrahepatische Gallengangshypoplasie

Eine intrahepatische Gallengangshypoplasie zeichnet sich durch eine numerische Verminderung der portalen Gallengänge mit Cholestase aus. Sie kann entweder isoliert oder als syndromatische Form vorliegen (Alagille Syndrom oder arteriohepatische Dysplasie).

Alagille-Syndrom

Das Alagille-Syndrom ist ein seltenes autosomal dominant vererbtes Fehlbildungssyndrom durch Mutationen im JAG1-Gen auf dem kurzen Arm von Chromosom 20 (20p12), welches das Protein Jagged 1 codiert. Jagged 1 ist ein Ligand des transmembranösen Rezeptorproteins Notch 1, das in der Organogenese zur Zelldifferenzierung, -proliferation und Apoptose benötigt wird. Auch Mutationen im Notch2-Gen kommen vor. Eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation existiert nicht.

Symptome

Im Neugeborenenalter fallen viele Patienten durch eine Cholestase mit Ikterus und entfärbten Stühlen auf. Ursache ist eine Rarefizierung intrahepatischer Gallengänge. Später begleitet oft ein ausgeprägter Pruritus die Cholestase. Die typische Facies zeigt eine hohe, breite Stirn, tiefliegende Augen und Hypertelorismus sowie ein schmales Kinn. Wirbelfehlbildungen (Schmetterlingswirbel; Abb. 22.9), kardiale Fehlbildungen wie Pulmonalarterienstenosen, Pulmonalarterienhypoplasie, Fallot-Tetralogie, VSD, ASD, Aortenstenosen sind beschrieben. Am Auge können ein Embryotoxon posterior sowie eine Drusenpapille gesehen werden.

Nierenauffälligkeiten bzw. renale Funktionsstörungen mit Harnkonzentrationsstörungen, Nephrolithiasis, hypoplastischen Nieren kommen ebenfalls vor. Eine mentale Entwicklungsretardierung ist evtl. eher Folge eines komplizierten Verlaufs als Teil des Syndroms.

Initial und im Verlauf können die Patienten durch eine Blutung, z. B. intrakraniell, auffallen, dies kann bedingt sein durch eine Koagulopathie durch Vitamin-K-Mangel oder durch zerebrale Gefäßfehlbildungen.

Diagnostik

Zur Abklärung müssen weitere Organfehlbildungen durch Sonographie, Röntgen der Wirbelsäule, Echokardiographie und augenärztliche Untersuchung ausgeschlossen werden. Die Diagnose eines Alagille-Syndroms ergibt sich aus der Kombination spezifischer Symptome wenn 3 der 7 Kardinalsymptome vorliegen.

Laborchemisch fällt die Cholestase mit hoher γGT, hoher AP, erhöhten Gallensäuren im Serum und einem deutlich erhöhten Cholesterin auf. Der Quick-Wert kann deutlich vermindert sein, ebenso können die weiteren fettlöslichen Vitamine A, D und E vermindert sein.

In der Leberhistologie sind die kleinen intrahepatischen portalen Gallengänge in der Zahl vermindert, dieser Befund kann bei jungen Säuglingen noch nicht ausgeprägt sein. Duct-Proliferate finden sich im Gegensatz zur Gallengangsatresie nicht.

Eine molekulargenetische Diagnostik ist möglich.

Differenzialdiagnostisch müssen v. a. bei Neugeborenen die extrahepatische Gallengangsatresie, der α1-Antitrypsinmangel, Infektionen und andere Erkrankungen mit Cholestase abgegrenzt werden.

Therapie

Die Therapie der Cholestase ist symptomatisch und umfasst eine Gabe von Ursodesoxycholsäure, Vitaminsubstitution und Therapie des Juckreizes z. B. durch Phenobarbital, Rifampicin, Naltrexon, Ondansetron u. a. oder auch eine partielle biliäre Diversion.

Bei ca. 20% der Patienten ist im Verlauf eine Lebertransplantation notwendig. Bei einem großen Teil der Patienten bessert sich die Lebersituation im Verlauf.

Die Therapie der kardialen Fehlbildungen in Abhängigkeit von der Ausprägung erfolgt medikamentös bzw. interventionell oder operativ.

Stoffwechselerkrankungen mit intrahepatischer Cholestase

Mit intrahepatischer Cholestase einhergehende Stoffwechselerkrankungen sind in Tab. 22.9 aufgeführt. Die Abklärung dieser unterschiedlichen Erkrankungen muss rasch erfolgen, da ggf. eine schnelle Therapieeinleitung notwendig ist (z. B. Galaktosämie, Tyrosinämie, Harnstoffzyklusdefekte; Kap. 3).

M. Wilson

Der M. Wilson ist eine autosomal-rezessiv vererbte Störung im Kupferstoffwechsel. Das über den Darm aufgenommene Nahrungskupfer kann nicht über die Galle eliminiert werden und lagert sich in bestimmten Geweben wie Leber, ZNS, Nieren u. a. bevorzugt ein. Die Inzidenz liegt bei 1:30.000–100.000, es sind weit über 300 Mutationen bekannt.

Ursächlich ist eine Mutation im ATP7B-Gen auf Chromosom 13q14.3 und die dadurch bedingte Funktionsstörung in der für die Kupferausscheidung in die Galle und den Einbau von Kupfer in apo-Coeruloplasmin benötigten membranständigen Typ-P ATPase. Es kommt zu einer toxischen Leberzellschädigung, Coeruloplasmin wird vermindert produziert und Kupfer wird vermehrt an andere Plasmaproteine wie Albumin gebunden, an die es weniger stark gebunden ist, das freie Kupfer im Serum steigt an und es resultieren Ablagerungen in Hepatozyten, Stammganglien und anderen Geweben.

Symptome

Die Symptome des M. Wilson fallen erst auf, wenn es zu einer erheblichen Kupfereinlagerung gekommen ist, die zu einer entsprechenden toxischen Gewebeschädigung führt. Eine Erhöhung der Transaminasen findet sich meist erst nach dem 3. Lebensjahr und ist oft ein Zufallsbefund. Eine Manifestation als akute Hepatitis und auch als akutes Leberversagen ist möglich. Später kommt es zu einer Leberinsuffizienz mit Synthesestörungen, Zirrhose und portaler Hypertension.

Neurologische Symptome werden frühestens in der 2. Lebensdekade gesehen. Es kommt dabei zu Konzentrationsstörungen, Sprachstörungen, und parkinsonähnlichen Symptomen wie Flapping-Tremor und Rigor aber auch Wesensveränderungen.

Der Kayser-Fleischer Corneal-Ring durch Kupferablagerungen ist beim Vorliegen neurologischer Symptome fast immer zu finden.

Eine Coombs-negative hämolytische Anämie ist Folge einer Kupfertoxizität. Andere Organbeteiligungen wie eine Kardiomyopathie oder Tubulopathie sind selten.

Diagnostik:

Die Diagnose kann durch die Zusammenstellung der folgenden Befunde anhand des „Leipzig“-Scores gestellt werden (Tab. 22.11).

SymptomPunktwerte
-10124
Kayser-Fleischer Ring (Spaltlampe)NeinJa
Typische neurologische SymptomeNeinJa
Erniedrigung des Coeruloplasmins>0,2 g/l0,1–0,2 g/l<0,1 g/l
Coombs-negative hämolytische AnämieNeinJa
Erhöhte Kupferausscheidung im Urin (± D-Penicillamin) NormalJa, 1- bis 2-faches der Norm>2-faches der Norm bzw. >5-faches nach Penicillamin
Erhöhtes Kupfer im LebertrockengewichtNormal<5-faches der Norm (<250 μg/g)>250 μg/g
Positive Genetik Nein1 Mutation2 Mutationen

0–1 Punkt: unwahrscheinlich, 2–3 Punkte: möglich, ≥4: sehr wahrscheinlich

Eine molekulargenetische Untersuchung ist für die Diagnosestellung nicht unbedingt erforderlich.

Therapie

Ziel der lebenslangen Therapie ist die „Entkupferung“ des Organismus sowie die Verhinderung der erneuten Akkumulation von Kupfer.

Dazu eingesetzt werden Chelatbildner wie D-Penicillamin (Zieldosis 20–30 mg/kgKG/d) oder das besser verträgliche Trientin (Triethylentetraminhydrochlorid, Zieldosis 20 mg/kgKG/d). Zinkacetat kann im späteren Verlauf zur Hemmung der Kupferresorption im Darm eingesetzt werden.

In fortgeschrittenen Verläufen und bei akutem Leberversagen ist eine Lebertransplantation ultima ratio.

Zur Therapieüberwachung wird die Kupferausscheidung im Urin verwendet.

α1-Antitrypsinmangel

Das Glykoprotein α1-Antitrypsin (α1 AT) wird v. a. in der Leber produziert und dient als Proteaseninhibitor (PI), wie z. B. der Neutrophilenelastase. Durch eine autosomal rezessive Mutation im PI-Gen auf Chromosom 14 kann beim α1 AT-Mangel das defekte α1 AT nicht aus den Hepatozyten ausgeschleust werden und akkumuliert dort was zur Funktionsstörung und zum Untergang der Hepatozyten mit Cholestase und Fibrose/Zirrhose führt. Ein Fehlen von α1 AT in der Peripherie führt zu einer überschießenden Proteasenaktivität, die sich v. a. in der Lunge im Sinne eines interstitiellen Emphysems manifestieren kann.

Diagnose

Hinweisend ist eine Erniedrigung des α1 AT im Serum, da α1 AT auch als Akute-Phase-Protein fungiert, kann aber ein falsch hoher Serumwert vorliegen. Diagnostisch wegweisend ist die PI-Typisierung (normal: PI-MM; Leberschädigung: PI-ZZ; meist nur Lungenschädigung: PI-MZ, PI-SZ). Histologisch findet sich α1 AT als PAS-positive Einschlüsse in den Hepatozyten.

Lungenschädigungen treten in der Regel erst nach der 2. Lebensdekade auf, die Lungenerkrankung kann in schweren Fällen durch eine wöchentliche intravenöse α1 AT-Substitution aufgehalten werden. Die Therapie der Leberbeteiligung ist rein symptomatisch, in einigen Fällen ist eine Lebertransplantation notwendig.

Reye-Syndrom

Das Reye-Syndrom ist eine mitochondriale Funktionsstörung meist bei Kindern unter 12 Jahren, die mit Virusinfektionen wie Varizellen oder Influenza und der Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) assoziiert wird und mit einem nichtinflammatorischen Hirnödem mit Bewusstseinsstörung und einer Leberfunktionsstörung durch akute fettige Degeneration einhergeht. Die genaue Ursache und Pathogenese ist noch unklar. Die Inzidenz ist rückläufig seitdem ASS bei Kindern mit großer Zurückhaltung eingesetzt wird.

Die Patienten fallen ca. eine Woche nach einem Infekt mit einer plötzlichen eintretenden Enzephalopathie mit Erbrechen, Verwirrung, Bewusstseinsstörung, Hyperventilation, Lethargie, Krampfanfällen bis hin zum Koma auf. Die Transaminasen sind erhöht bei meist normalem Bilirubinwert, Hypoglykämien und Hyperammonämie werden regelmäßig gesehen.

Differenzialdiagnostisch sind v. a. Intoxikationen, Stoffwechseldefekte, Meningitis/Enzephalitis, Schädel-Hirn-Trauma, intrakranielle Blutungen auszuschließen.

Die Therapie ist symptomatisch und zielt auf eine Senkung des intrakraniellen Drucks und eine Stabilisierung der Organfunktionen, die Mortalität liegt bei 20–40% bedingt durch das Hirnödem, neurologische Residuen sind bei Überlebenden häufig.

Portale Hypertension

Eine portale Hypertension entsteht durch eine portale Widerstandserhöhung >10 mm Hg bzw. einen hepatovenösen Druckgradienten >4 mmHg. Die Ursachen der portalen Hypertension können sein:

  • ein prähepatischer Block, dem meist eine Pfortaderthrombose zu Grunde liegt (Z. n. Nabelvenenkatheter, Thrombophilie),

  • ein intrahepatischer Block bei hepatobiliärer Erkrankung mit Fibrose/Zirrhose,

  • ein posthepatischer Block durch eine venookklusive Erkrankung (VOD), Lebervenenthrombose oder Rechtsherzinsuffizienz.

Folge der portalen Widerstandserhöhung ist die Ausbildung von Umgehungskreisläufen sowie das Einschwemmen aktiver Mediatoren in die systemische Zirkulation. Es entstehen Ösophagus- und Fundusvarizen, rektale Varizen, ein Caput medusae bei Reperfusion der V. umbilicalis sowie eine Splenomegalie mit Hyperspleniesyndrom.

Die Symptomatik kann bestimmt sein durch die Grunderkrankung (Lebererkrankung, Herzinsuffizienz etc.), es kann als erstes Symptom aber auch eine Ösophagusvarizenblutungen auftreten z. B. bei einer zuvor nicht bekannten Pfortaderthrombose mit unauffälligen Leberwerten und normaler Leberfunktion. Ein Hyperspleniesyndrom kann durch linksseitige Oberbauchschmerzen durch Kapselspannung auffallen oder durch eine Thrombopenie, Neutropenie und/oder Anämie.

Vasoaktive Mediatoren können durch eine pulmonale Vasodilatation zu einem hepatopulmonalen Syndrom mit vermehrtem intrapulmonalem Rechts-links-Shunt und entsprechender Belastungsdyspnoe und Zyanose führen.

Ein Aszites kann sich ebenso entwickeln durch erhöhten Gefäßdruck der die Kapazität der Lymphgefäße übersteigt, vermehrtes Blutangebot im portalen System durch vasoaktive Substanzen und ggf. ein vermindertes Albumin.

Diagnostik

Dopplersonographisch lassen sich Veränderungen des portalen Flussprofils bis hin zur Flussumkehr finden. Dabei lassen sich das Leberparenchym, die Gallenwege, die Lebervenen und die Milzgröße beurteilen. Das Ausmaß der Ösophagus- bzw. Fundusvarizen und einer hypertensiven Gastropathie lassen sich endoskopisch beurteilen. Laborchemisch können sich Zeichen des Hypersplenismus finden sowie mögliche Veränderungen im Rahmen einer zu Grunde liegenden Lebererkrankung.

Therapie

Falls möglich muss die ursächliche Erkrankung behandelt werden (Herzinsuffizienz, VOD, …), dies ist in vielen Fällen nicht möglich, sodass eine rein symptomatische bzw. palliative Therapie notwendig ist.

Eine Lebertransplantation ist häufig die einzige kurative Maßnahme.

Ein portosystemischer Shunt (z. B. splenorenaler Shunt, portocavaler Shunt, TIPS) als Palliation kann zur Überbrückung bis zu einer Lebertransplantation angelegt werden, die Hauptkomplikation ist eine hepatische Enzephalopathie. Im Falle einer Pfortaderthrombose kann häufig ein Meso-Rex-Shunt die ursprünglichen Perfusionsverhältnisse wieder herstellen.

Eine akute gastrointestinale Varizenblutung ist ein Notfall und muss umgehend gestoppt werden (Abschn. 22.7). Akut blutungsgefährdete Varizen können prophylaktisch ligiert werden. Die Anwendung von β-Blockern wie Propranolol kann den Druck im Pfortadersystem senken.

Akutes Leberversagen (ALV)

Als ALV wird ein plötzlich eintretendes Leberversagen bei Patienten ohne bekannte chronische Lebervorschädigung (<26 Wochen) bezeichnet mit:

  • Zeichen der hepatozellulären Schädigung (Transaminasenerhöhung, kann in Einzelfällen auch fehlen) und

  • einer Koagulopathie (Lebersynthesestörung) trotz Vitamin-K-Gabe mit

  • einer INR >2 ohne Enzephalopathie, >1,5 mit Enzephalopathie.

Die Genese des ALV ist vielfältig, sie unterscheidet sich v. a. zwischen Neugeborenen und älteren Kindern. Insgesamt ist ein ALV ein seltenes Ereignis. In einer nordamerikanisch-europäischen Erhebung betrug die Mortalität ohne Transplantation in den ersten 21 Tagen 11%, 34% wurden transplantiert und 55% erholten sich spontan. Das Vorhandensein einer Enzephalopathie geht mit einer schlechteren Prognose einher.

Ursachen

ALV im Neugeborenenalter

In den ersten 28 Lebenstagen sind die häufigsten Ursachen eine neonatale Hämochromatose/Gestational Alloimmune Liver Disease (GALD), eine HSV-1 Infektion und eine Tyrosinämie Typ 1. Andere Ursachen sind andere Stoffwechselerkrankungen, Sepsis, Asphyxie, Gefäßkomplikationen, die hämophagozytierende Lymphohistiozytose u. a. (Tab. 22.12). In bis zu 50% der Fälle bleibt die Ätiologie ungeklärt.

Idiopathisch, unbekanntNeonatale Riesenzellhepatitis
Immunologisch

Alloimmun: GALD

Autoimmunhepatitis

Infektiös

Hepatitis A, B, C, E, HSV, PVB19, Adenoviren, Enteroviren, CMV, …

Listeriose

Toxoplasmose

Bakterielle Sepsis

Stoffwechselerkrankungen

Tyrosinämie Typ 1

Galaktosämie

Mitochondriopathien

Harnstoffzyklusdefekte

Gallensäuresynthesedefekte

α1-Antitrypsinmangel

Fruktoseintoleranz

M. Wilson

LCAD-Mangel

Akut systemischSepsis
Hypoxisch-ischämisch (Schock, Asphyxie)
Hämatoonkologisch

Hämophagozytierende Lymphohistiozytose (HLH)

Leukämie

Non-Hodgkin-Lymphom

Histiozytose

Neuroblastom, Hepatoblastom

Gefäßkomplikationen

Budd-Chiari-Syndrom

Venoocclusive Disease

Medikamentös-toxisch

Knollenblätterpilz

Paracetamol

Valproat, INH, Ketoconazol u.v.a.m.

ALV jenseits der Neugeborenenperiode

Hier dominieren infektiöse Ursachen (Hepatitis A, Adenoviren etc.), medikamentös toxische Auslöser, Stoffwechselerkrankungen wie der M. Wilson oder die Autoimmunhepatitis, die sich mit einem ALV manifestieren können.

Symptome

Die Kinder können durch ein septisches Erscheinungsbild mit allgemeinem Verfall, einem Ikterus oder selten einer Blutung (Hirnblutung, gastrointestinale Blutung) auffallen. Der Hinweis auf ein ALV ergibt sich meist aus den Laborwerten. Diagnostisch hinweisend können die Anamnese (Aborte und IUGR [Intrauterine Wachstumsretardierung] bei GALD, Herpesinfektion der Mutter, Konsanguinität häufig bei Stoffwechseldefekten), die Laborparameter (oft normale Transaminasen und nicht messbarer Quick-Wert bei GALD; sehr hohe Transaminasen und sehr hohes Ferritin bei HSV-1, hohes Laktat bei Mitochondriopathien) sowie sonographische Befunde (persistierender Ductus venosus und ggf. Zeichen der Leberzirrhose bei GALD) sein.

Diagnostik

Die initiale Diagnostik sollte umfassen:

  • Eine genaue Anamnese der Schwangerschaft, Konsanguinität, Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme,

  • Sonographie des Abdomens inkl. Doppler der Lebergefäße und des Schädels,

  • Laboruntersuchungen:

    • Leberwerte und Cholestaseparameter: GPT, GOT, GLDH, γGT, Bilirubin gesamt und direkt, AP,

    • Gerinnung: Quick (INR), Fibrinogen, ATIII, Faktor II und Faktor V,

    • Lebersyntheseparameter: Albumin, Eiweiß, CHE,

    • Ammoniak, Laktat, Blutzucker, Säure-Base-Haushalt,

    • Ferritin,

    • AFP,

    • Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Lipase, CRP,

    • Differenzialblutbild,

    • Virologie (HSV, Enteroviren, Adenoviren, Parvovirus, CMV, Hepatitisviren).

  • Bei älteren Kindern auch:

    • Paracetamolspiegel,

    • Autoantikörper: ANA, LKM, SMA, LC1,

    • Coeruloplasmin.

Therapie

Initial muss umgehend eine kardiorespiratorische Stabilisierung des Kindes erfolgen, eine Stabilisierung der Gerinnung evtl. mit vorsichtiger Gabe von Gerinnungsfaktoren und Vitamin K. Die Wertigkeit einer generellen Gabe von ACC beim nichtparacetamolinduzierten ALV ist unklar. Wichtig ist eine Aufrechterhaltung einer Homöostase im Flüssigkeits-, Elektrolyt-, Säure-Base-und Glukosehaushalt. Ein Hirnödem muss vermieden bzw. adäquat behandelt werden ebenso wie eine möglicherweise vorliegende Hyperammonämie.

Bei Neugeborenen muss bis zum Erhalt der Diagnose umgehend eine Therapie mit Aciclovir sowie eine laktosefreie Ernährung mit Proteinrestriktion begonnen werden. Bei V. a. eine Tyrosinämie z. B. bei gleichzeitigem Vorliegen einer renalen Tubulopathie ist eine Therapie mit NTBC (Nitisinon) möglich, welches den Erkrankungsverlauf günstig beeinflusst. Besteht der V. a. eine GALD müssen ein Blutaustausch und eine anschließende IgG-Infusion erfolgen um die maternalen Alloantikörper zu entfernen.

Bei älteren Kindern erfolgt die spezifische Therapie gemäß dem klinischen Verdacht bzw. der Diagnose: bei Paracetamolintoxikation ACC, bei Knollenblätterpilzintoxikation Silibilin, immunsuppressive Therapie bei AIH etc.

In vielen Fällen erholt sich Leberfunktion wieder, einige Patienten benötigen eine Lebertransplantation, falls Aussicht auf Erholung besteht auch eine auxiliäre temporäre Transplantation (Abschn. 22.13.6).

Lebertransplantation

In Deutschland werden jährlich ca. 100–120 Patienten unter 18 Jahren lebertransplantiert. Die häufigsten ursächlichen Grunderkrankungen sind die Gallengangsatresie, Stoffwechselerkrankungen (zystische Fibrose, α1-Antitrypsinmangel, M. Wilson u. a.) PFIC, Lebertumore und das akute Leberversagen. Die Indikation zur Lebertransplantation kann neben einer Lebersynthese- und Entgiftungsstörung ein schwerer portaler Hypertonus, nicht beherrschbarer Pruritus, ein hepatopulmonales oder hepatorenales Syndrom, eine Enzephalopathie oder drohende schwerwiegende Komplikationen z. B. durch die ursächliche Stoffwechselerkrankung sein. Kontraindikationen sind Sepsis, schwere Herzinsuffizienz und schwere neurologische Beeinträchtigung.

Die Lebertransplantation wird entweder als Verstorbenenspende oder als Lebendspende durchgeführt. Bei der Lebendspende wird per se eine adäquate Leberteilentnahme vorgenommen. Ein Verstorbenenorgan kann als Split-Leber mehreren Empfängern zugeführt werden. Nach akutem Leberversagen wird bei der auxiliären temporären partiellen orthotopen Lebertransplantation (APOLT) ein Teil der Eigenleber des Empfängers belassen, in der Hoffnung, dass dieses sich nach einer Zeit wieder erholt, die Spenderleber wird dann nach Beendigung der Immunsuppression atrophieren.

Prognose

Das akute postoperative Überleben der Lebertransplantation liegt bei über 90%. Akute Komplikationen sind Gefäßkomplikationen, Infektionen und eine akute Abstoßung. Die langfristige Prognose wird bestimmt von chronischer Abstoßungsreaktion, Cholangitiden, posttransplantations Cholangiopathie, Nebenwirkungen der Immunsuppressiva wie Niereninsuffizienz, PTLD, Infektionen. Die durchschnittliche 10-Jahre-Überlebensdauer nach Transplantation beträgt derzeit ca. 80%, Lebend- und Verstorbenenspende unterscheiden sich nicht wesentlich.

Zur Immunsuppression werden v. a. die Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Ciclosporin A (CsA), Prednison sowie Basiliximab zur initialen Induktionstherapie eingesetzt. Mycophenonlatmofetil und die mTor-Antagonisten Everolimus und Sirolimus kommen nur individuell zum Einsatz. Bei den Calcineurininhibitoren sind v. a. die Nephro-, Neurotoxizität, diabetogene Potenz, Blutdruckanstieg und Hyperlipidämie, beim CsA auch Hirsutismus und Gingivahyperplasie als Nebenwirkungen zu beachten. Wichtig ist eine frühzeitige Anbindung von Patienten mit chronischen Lebererkrankungen an ein Transplantationszentrum sowie eine frühzeitige Verlegung bei akutem Leberversagen.

Cholelithiasis

Gallensteine werden im Kindes und Jugendalter mit einer Inzidenz von bis zu 1,9% angegeben, am häufigsten treten sie bei Mädchen ab der Pubertät auf. Allerdings kommen Gallensteine auch schon bei Neugeborenen vor.

Die Gallenflüssigkeit besteht aus fünf verschiedenen Hauptbestandteilen: Wasser, Phospholipiden, Cholesterin, Gallensäuren und Bilirubinabbauprodukten. Eine lithogene Galle entsteht bei Veränderung der Zusammensetzung und Überschreiten des Löslichkeitsproduktes dieser Substanzen. Ihre Funktion besteht einerseits in der Elimination v. a. lipophiler Substanzen aus dem Organismus und in der Resorption von Fetten und fettlöslichen Vitaminen aus dem Chymus.

Es werden drei Arten von Gallensteinen beschrieben: nicht schattengebende Cholesterinsteine, verkalkte Bilirubinsteine und gemischte Steine. Die Bilirubinsteine treten v. a. bei hämolytischen Erkrankungen auf.

Prädispositionen für die Entstehung von Gallensteinen sind neben den hämolytischen Erkrankungen Adipositas, Hypothyreose, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, zystische Fibrose, Cholestase, Cholangitis, Leberzirrhose, parenterale Ernährung und bestimmte Medikamente wie z. B. Ceftriaxon. Auch sind autosomal rezessiv erbliche Prädispositionen für die Entstehung von Gallensteinen beschrieben, die z. T. mit der Progressiven familiären intrahepatischen Cholestase assoziiert sind (ABCB4-Gen).

Symptome

Gallensteine können durch typische Koliken mit rechtsseitigen, akut auftretenden Oberbauchschmerzen auffallen, die v. a. auch bei sehr fettreichen Speisen auftreten können. Rezidivierendes Erbrechen und Übelkeit können ebenso Symptome von Gallensteinen sein. Ein Verschlussikterus kann aus im Ductus hepaticus gelegenen Steinen resultieren. Oft sind Gallensteine aber auch nur Zufallsbefunde im Rahmen einer Sonographie.

Diagnostik

Die Sonographie ist die diagnostische Bildgebung der Wahl bei Gallensteinen. Intrahepatische Gallensteine oder Steine im Ductus hepaticus/choledochus können oft nur durch eine MRCP oder ERCP dargestellt werden. Laborchemische Veränderungen von γGT und AP oder des Bilirubins finden sich meist nur bei Steinen im Gangsystem.

Therapie

Asymptomatische Steine <2 cm Größe können beobachtet werden, bei kleineren nicht schattengebenden Steinen bis 5 mm Größe kann ein Versuch einer Therapie mit Ursodesoxycholsäure über mehrere Monate versucht werden. Symptomatische Steine sollen operativ entfernt werden.

Choledochuszyste

Die kongenitalen segmentalen Erweiterungen des Gallengangsystems werden nach Todani in 5 Formen eingeteilt. Die Inzidenz ist in westlichen Ländern mit 1:100.000–1:150.000 insgesamt gering, Mädchen sind häufiger betroffen (4:1). Die Diagnose wird meist in den ersten beiden Lebensjahren gestellt, regelmäßig handelt es sich aber auch um sonographische Zufallsdiagnosen.

Die Ätiologie ist unbekannt, möglicherweise spielt ein Rückfluss von Pankreassekret im Rahmen eines Long-Common-Channel eine Rolle. Beim Typ V handelt es sich um die Caroli-Krankheit, eine Ziliopathie mit intrahepatischen Gallengangszysten. Beim Caroli-Syndrom besteht gleichzeitig eine kongenitale Leberfibrose. Die Vererbung erfolgt autosomal rezessiv und es besteht eine Assoziation mit einer polyzystischen Nierenerkrankung.

Klinik

Mögliche Symptome sind Ikterus evtl. mit entfärbten Stühlen, Oberbauchschmerzen, Hepatomegalie, Erbrechen und Gedeihstörung. Es besteht ein erhöhtes Risiko für Pankreatitiden, Cholangitiden, Gallensteine und ein cholangiozelluläres Carcinom im späteren Leben.

Diagnostik

Die Diagnostik wird mittels Sonographie und MRCP gestellt, ein ERCP ist oft nicht notwendig. Laborchemisch können erhöhte Cholestaseparameter und eine Pankreatitis auffallen.

Therapie:

Die Therapie besteht in der operativen Entfernung der Zyste mit Rekonstruktion der Gallenwege durch eine biliodigestive Anastomose.

Autoimmune Lebererkrankungen

Autoimmunhepatitis

Bei der Autoimmunhepatitis (AIH) handelt es sich um eine seltene (Inzidenz ca. 0,4:100.000 Kinder), chronisch-entzündliche autoimmune Erkrankung der Leber, die sich sowohl schleichend als auch akut bis hin zum fulminanten Leberversagen manifestieren kann. Mädchen sind mit ca. 75% häufiger betroffen.

Die Ätiologie ist unbekannt, es findet sich eine HLA-assoziierte genetische Prädisposition.

Die AIH im Kindesalter wird nach Antikörpermuster eingeteilt in die AIH1 und AIH2 (Verhältnis ca. 2:1). Die Kombination von AIH und sklerosierender Cholangitis wird als autoimmunsklerosierende Cholangitis (ASC) bezeichnet. Die AIH2 tritt bei jüngeren Kindern, z. T. bei Neugeborenen auf und zeigt meist einen schwereren Verlauf.

Kennzeichnend für die AIH1 ist der Nachweis von ANA und Anti-SMA, für die AIH2 von LKM1-Antikörpern und selten LC1-Antikörpern.

Die AIH ist häufig assoziiert mit anderen Autoimmunerkrankungen bzw. Erkrankungen wie der Autoimmunthyreoiditis, dem Diabetes mellitus Typ I, der PSC, der Colitis ulcerosa oder der Zöliakie und dem nephrotischen Syndrom.

Symptome

Die Symptomatik ist oft schleichend mit Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit und Müdigkeit, häufig handelt es sich auch um einen Zufallsbefund erhöhter Transaminasen. Außerdem kann primär ein Ikterus auffallen aber es kann auch zu einem akuten Leberversagen kommen. Grundsätzlich unterscheidet sich die Symptomatik nicht von einer Hepatitis anderer Ursache, z. B. einer viralen Hepatitis, daher muss die AIH bei jeder Hepatitis bzw. Transaminasenerhöhung in die differenzialdiagnostische Erwägung einbezogen werden.

Diagnose

Die Diagnose wird gestellt aus Anamnese, Klinik, Laborbefunden, histologischen und bildgebenden Befunden. Laborchemisch finden sich erhöhte Autoantikörper (ANA, LKM, SMA, LC-1), Erhöhungen der Transaminasen, der γGT, des Bilirubins und in ca. 80–90% auch des Gesamt-IgG. Die Lebersyntheseparameter können beeinträchtigt sein.

Schon geringe Anstiege der Autoantikörper (für ANA und SMA Titer ≥1:20 und für LKM1 ≥1:10) können im Kindesalter hinweisend sein. SLA/LP-Antikörper können bei AIH1 und 2 vorkommen, sie sind mit einem schwereren Krankheitsverlauf und höherer Rezidivrate assoziiert.

Histologisch finden sich neben dem Hauptkriterium der „Interface Hepatitis“ u. a. ein lymphoyztäres oder lymphoplasmazelluläres Infiltrat in den Portalfeldern mit Überschreiten der Grenzlamelle, Übergreifen auf das Läppchen, ballonierten Hepatozyten und/oder pyknotische Einzelzellnekrosen.

Zum Ausschluss einer ASC ist immer eine MRCP notwendig.

Die einzelnen Befunde ergeben im modifizierten IAIHG-Score („international autoimmune hepatitis group“; Tab. 22.13) eine Punktzahl, die ab 7 Punkten die Diagnose einer AIH unter Ausschluss anderer Ursachen (z. B. Infektionen) zulässt.

Variable GrenzwertPunkte
ANA und/oder SMA≥1:201
≥1:402*
LKM1≥1:102*
SLA/LPPositiv2*
IgG und/oder Immunglobuline>Obere Norm (ON)1
>10% > ON2
LeberhistologieMit AIH vereinbar1
Für AIH typisch2
Fehlen einer VirushepatitisJa2

*Summe aller Autoantikörper maximal 2

Therapie

Die Therapie erfolgt immunsuppressiv, Standardmedikamente sind Prednison zur Induktion (2 mg/kgKG/d Startdosis, Reduktion über 8 Wochen) und in niedriger Dosis zur Erhaltungstherapie (0,2 mg/kgKG/d) kombiniert mit Azathioprin (1–2 mg/kgKG/d). Budesonid kann eine alternative zu Prednison auch in der Dauertherapie sein. Weitere Alternativmedikamente sind MMF oder Tacrolimus.

Verlauf und Prognose

Bei Manifestation mit akutem Leberversagen ist in bis zu 40% der Fälle eine Transplantation notwendig. Bei Manifestation zeigen sich in ca. 30 % histologisch bereits Zeichen der Zirrhose.

Unter adäquater Behandlung wird in ca. 10% eine Lebertransplantation notwendig, unbehandelt ist die Zirrhoseprogression mit Leberversagen rasch. Bei der AIH1 gelingt es teilweise nach einigen Jahren in Remission unter Therapie die Medikation erfolgreich zu beenden.

Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)

Die PSC ist mit einer geschätzten jährlichen Inzidenz von 1:500.000 eine sehr seltene Erkrankung im Kindesalter. Sie tritt gehäuft bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auf (Colitis ulcerosa: M. Crohn = 9:1) und kann deren Manifestation vorausgehen. Die genaue Ätiologie ist unbekannt, neben einer genetischen Disposition werden immunologische Mechanismen vermutet, möglicherweise durch verstärkte Translokation von Darmbakterien („leaky gut“). Häufig lässt sich p-ANCA, seltener ANA oder SMA nachweisen, eine Assoziation zu den HL-Antigenen HLA-B8, HLA-DR1, DR3 und HLA-DRw52a ist beschrieben.

Es kommt zu einer zunehmenden Fibrosierung der intra- und extrahepatischen Gallenwege mit Cholestase und biliärer Zirrhose als möglichem Endstadium.

Symptome

Die Symptome sind unspezifisch, häufig finden sich Allgemeinsymptome wie Ermüdbarkeit, Leistungsschwäche, Oberbauchschmerzen, Ikterus, Juckreiz. Die Transaminasen, die AP, IgG und der Bilirubinwert sind meist erhöht. Diagnostisch beweisend sind die typischen perlschnurartigen Einziehungen der Gallenwege in der MRCP oder ERCP sowie die Histologie.

Therapie

Therapeutisch kann Ursodesoxycholsäure (UDCA) eingesetzt werden in einer Dosis von 15–20 mg/kgKG/d. NorUDCA scheint in Zukunft vielversprechend für den Einsatz bei einer PSC zu sein. Der Progress wird dadurch allerdings nicht aufgehalten.

Segmentale Stenosen müssen ggf. mittels ERCP dilatiert werden.

Komplikationen sind Cholelithiasis, Cholangitis, Zirrhose sowie cholangiozelluläres Karzinom.

Eine Variante ist die Small-Duct-PSC, die nur histologisch gesichert werden kann und in den bildgebenden Verfahren nicht zu erkennen ist.

Im Kindesalter ist die autoimmunsklerosiernde Cholangitis (ASC) eine besondere Verlaufsform die v. a. auch Zeichen der Autoimmunhepatitis zeigt und auf eine immunsuppressive Therapie anspricht, die Veränderungen der Gallenwege lassen sich jedoch kaum aufhalten.

Eine Lebertransplantation ist die definitive Therapie bei fortschreitender Erkrankung.

Pankreas

Das Pankreas hat endo- und exokrine Funktionen. In den Langerhans-Inseln werden aus A-, B-, D- und PP-Zellen Insulin, Glukagon, Somatostatin, pankreatisches Polypeptid PP und vasoaktives intestinales Polypeptid VIP gebildet.

Der exokrine Drüsenanteil produziert Verdauungsenzyme in den Azinuszellen und Bikarbonat sowie Wasser (Abschn. 22.14.2). Ein Erwachsener produziert täglich 1,5–3 l Pankreassekret.

Fehlbildungen

Pankreas anulare

Ein Pankreas anulare entsteht aus einer fehlenden Verschmelzung des ventralen und dorsalen Anteils des Pankreas. Häufig führt es zu einer Duodenalstenose oberhalb der Papille mit einer Transportstörung und nichtgalligem Erbrechen, das schon im Neugeborenenalter (intrauterin: „double bubble“) auffallen kann. Häufig sind Kinder mit M. Down betroffen. Die Therapie ist chirurgisch z. B. durch eine Duodenoduodenostomie.

Pankreas divisum

Dabei handelt es sich um die häufigste Pankreasfehlbildung. Die Verschmelzung des ventralen und dorsalen Teils des Pankreas bleiben aus, es persistieren zwei Ausführungsgänge (Ductus pancreaticus major et minor). Meistens treten keine Symptome auf, selten kann es durch Abflussbehinderungen zu Pankreatitiden kommen.

Long common channel

Ein „long common channel“ ist ein langstreckiger gemeinsamer Ausführungsgang von Gallengang und Pankreasgang. Es kann zu biliärem Reflux in den Pankreasgang kommen mit rezidivierenden Pankreatitiden.

Exokrine Pankreasinsuffizienz

Die exokrine Pankreasinsuffizienz geht mit einer verminderten Freisetzung von Verdauungsenzymen (Lipase, Trypsin, Chymotrypsin, Elastase, Amylase etc.) in den Darm einher. Die Freisetzung der Verdauungsenzyme wird indirekt durch Cholezystokinin (CCK) aus dem Dünndarmepithel getriggert. Die CCK-Freisetzung wird durch vorverdaute Nahrungsbestandteile induziert, CCK führt zur Gallenblasenkontraktion und intrapankreatischen Acetylcholinfreisetzung, welches die Produktion und Abgabe der Enzyme stimuliert. Die Enzyme Trypsin, Chymotrypsin und Elastase werden als Proenzyme (Trypsinogen, Chymotrypsinogen, Proelastase) sezerniert und erst im Dünndarm aktiviert, so wird das Pankreas vor Autolyse geschützt. Aktiviertes Trypsin dient dabei als Aktivator für die restlichen Proenzyme.

Der exokrinen Pankreasinsuffizienz können primäre organische Störungen des Pankreas zu Grunde liegen oder funktionelle Störungen durch eine verminderte CCK-Freisetzung aus dem Duodenum, z. B. bei einer Zerstörung der Dünndarmmukosa bei Zöliakie oder M. Crohn sowie bei einer zu schnellen Magenentleerung z. B. nach Magenoperationen.

Organische Störungen des Pankreas treten bei chronischen Pankreatitiden wie bei den hereditären Pankreatitiden oder der zystischen Fibrose auf. Auch syndromale Erkrankungen wie das Shwachman-Bodian-Diamond-Syndrom, das Johanson-Blizzard–Syndrom und Mitochondriopathien wie das Pearson-Syndrom sind mit einer exokrinen Pankreasinsuffizienz vergesellschaftet.

Folge des Mangels an Verdauungsenzymen sind Fettstühle, Diarrhö, Maldigestion mit Gedeihstörung, teilweise Bauchschmerzen und Meteorismus, Mangel an fettlöslichen Vitaminen. Während die Kohlenhydrat- und Proteinverdauung z. T. von Enzymen des Speichels, des Magens und der Dünndarmmukosa (Peptidasen, Saccharidasen) übernommen wird, ist die Fettverdauung weitgehend abhängig von der Pankreaslipase.

Diagnostik

Stimulationsteste wie der CCK-Sekretin-Test ebenso wie die Bestimmung der Stuhlfettausscheidung werden kaum noch durchgeführt. Bei der Bestimmung der Fettausscheidung muss die Zufuhr genau bilanziert werden, ebenso die Ausfuhr. Die Fettbestimmung im Stuhl kann z. B. mittels Spektroskopie erfolgen. Die Fettausscheidung sollte 7% der aufgenommenen Menge nicht überschreiten.

Die Bestimmung der Pankreaselastase aus dem Stuhl ist eine einfache und relativ zuverlässige Methode mit einer Spezifität und Sensitivität von ca. 90%. Eine falsche Erniedrigung des Werts liegt häufig bei Diarrhö mit kurzer Passagezeit und Verdünnung vor. Eine leichte und moderate exokrine Pankreasinsuffizienz wird nicht gut erfasst. Ein alternatives Verfahren ist der 13C-Atemtest mit markierten gemischten Triglyceriden.

Bildgebende Verfahren wie die Sonographie, MRCP oder ERCP können Veränderungen wie Verkalkungen oder Gangunregelmäßigkeiten nach rezidivierender Entzündung zeigen, diese Veränderungen korrelieren aber nicht mit der exokrinen Funktion. Daher dient die Bildgebung v. a. der Ursachenabklärung und Verlaufskontrolle. Das MRCP kann mit einer Sekretinstimulation verbunden werden, um die Sekretionsleistung des Pankreas beurteilen zu können. Standards in der Pädiatrie fehlen hierzu aber.

Therapie

Die Therapie besteht in der oralen Enzymsubstitution (Pankreatin) mit hohem Lipaseanteil, dazu werden in der Regel Schweinepräparate eingesetzt, die zum Schutz vor Magensäure verkapselt sein müssen aber trotzdem im Duodenum rasch freigesetzt werden sollen. Diese Präparate müssen während oder unmittelbar nach jeder fetthaltigen Mahlzeit eingenommen werden und sollten am besten auf die aufgenommene Fettmenge abgestimmt sein. Allgemein gilt bei Jugendlichen bei Hauptmahlzeiten eine Dosis von 25.000–40.000 E und bei Zwischenmahlzeiten von 10.000 E als Richtwert, auf das Gramm Fett bezogen 1.000–2.000 E/g. Da die Freisetzung erst bei einem pH-Wert > 5,5 eintritt, kann zur Verbesserung der Wirkung eine Säureblockade des Magens mit Protonenpumpeninhibitoren durchgeführt werden.

Syndrome mit exokriner Pankreasinsuffizienz

Shwachman-Bodian-Diamond-Syndrom (SBDS)

Es handelt sich um eine autosomal rezessiv erbliche Erkrankung mit exokriner Pankreasinsuffizienz und Knochenmarkdysfunktion, weiteren Stigmata und Retardierung. Ursache sind Mutationen im SBDS-Gen auf Chromosom 7. Im Kindesalter kommt es zur Pankreasinsuffizienz, im Blutbild fallen Neutropenie, eine leichte Thrombopenie und Anämie auf. Ichthyose, Knochenanomalien wie metaphysäre Dysostose oder Pectus carinatum und eine psychomotorische Retardierung können vorkommen. Ein Minderwuchs ist häufig. Das Risiko für die Entwicklung einer Leukämie ist erhöht.

Das Pankreasgewebe wird lipomatös umgebaut, es kann im Verlauf aber zu einer Verbesserung der Pankreasfunktion kommen.

Die Therapie besteht in der Substitution von Pankreasenzymen, ggf. G-CSF, wenn nötig einer Knochenmarktransplantation.

Johanson-Blizzard-Syndrom (JBS)

Das JBS wird autosomal rezessiv vererbt, meist liegt eine Mutation im UBR1-Gen auf Chromosom 15 vor, das für die Ubiquitin-Protein-Ligase UBR1 codiert, die auch am Zellwachstum des Pankreas beteiligt ist.

Hauptsymptome neben der Pankreasinsuffizienz sind Minderwuchs, Mikrozephalie, mentale Retardierung, Innenohrschwerhörigkeit, Aplasie der Nasenflügel, Hypothyreose, Fehlen von Zähnen. Weitere Fehlbildungen können vorkommen. Die Therapie ist symptomatisch.

Pearson-Syndrom

Es handelt sich um eine Depletion mitochondrialer DNA mit verminderter Funktion von Enzymen der Atmungskette.

Hauptsymptome der im frühen Kleinkindalter beginnenden Erkrankung sind die Pankreasinsuffizienz und Störungen des Knochenmarks (makrozytäre sideroblastische Anämie, oft Neutropenie und Thrombopenie), zusätzlich können Tubulopathien der Nieren, eine Hepatopathie sowie neuromuskuläre Symptome vorliegen. Die Lebenserwartung ist eingeschränkt. Wird das Kleinkindalter überlebt ändert sich die Symptomatik und es entwickelt sich häufig ein Kearns-Sayre-Syndrom mit progressiver externer Ophthalmoplegie und Myopathie.

Pankreatitis

Akute Pankreatitis

Eine akute Pankreatitis tritt im Kindes- und Jugendalter mit einer geschätzten Inzidenz von 1:10.000 auf. Während bei Erwachsenen Alkohol die Hauptursache ist, sind die Ursachen bei Kindern biliär, medikamenten- oder infektassoziiert, idiopathisch, hereditär, traumatisch, metabolisch oder systemisch (Tab. 22.14).

MechanischAnatomische Anomalien (z. B. „long common channel”)
Obstruktionen (Steine, Tumoren)
Trauma
InfektiösCoxsackie-B-Viren
Echoviren
Herpesviren
Masern, Mumps, Röteln
HIV
Hepatitis A, B, E
Campylobacter
E. coli O157
Yersinien
Salmonellen
Parasiten
MetabolischHypertriglyceridämie
Hyperkalzämie
Malnutrition
Niereninsuffizienz
MedikamenteAsparaginase
Azathioprin, 6-Mercaptopurin
Valproat
Vincristin
Cisplatin
Statine
Furosemid, Thiazide
Kalzium
SystemerkrankungenSchock
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Primär sklerosierende Cholangitis
Systemischer Lupus erythematodes
Panarteritis nodosa
Hämolytisch urämisches Syndrom
Juvenile rheumatoide Arthritis
Purpura Schoenlein Henoch
Zöliakie
Hereditär/idiopathischPRSS1
SPINK1
CFTR
Carboxypeptidase A1 (CPA1)
Chymotrypsin-C-Mangel

Der Verlauf der Pankreatitis kann milde sein mit einer ödematösen Verlaufsform oder selten fulminant als hämorrhagisch-nekrotisierende Pankreatitis, die mit mindestens einer Komplikation vergesellschaftet ist.

Symptomatik

Typisches Symptom ist der akut einsetzende Oberbauch- bzw. epigastrische Schmerz, der gürtelförmig bis in den Rücken ausstrahlen und auch diffus sein kann. Inappetenz, Erbrechen und Übelkeit sind häufig. Die Körpertemperatur kann erhöht sein. Je nach Ursache kann ein Ikterus vorliegen. Der Bauch kann gebläht und ausladend sein und eine gummiartige Abwehrspannung zeigen. Bei schwereren Verläufen können ein paralytischer Ileus, Aszites, linksseitiger Pleuraerguss, ein positives Cullen-Zeichen [periumbilikal auftretende, bläuliche Flecken (Ekchymosen)] und Grey-Turner-Zeichen [in den Flanken auftretende, bläuliche Flecken (Ekchymosen)] auftreten, letztere sind ungünstige Zeichen schwerer Verläufe.

Die resultierende systemische Inflammationsreaktion (SIRS) kann zu einer Schocksituation mit Hypotension, Tachykardie und Organschäden führen (z. B. Niereninsuffizienz). Zudem kann es zu einer bakteriellen Superinfektion v. a. durch Darmbakterien mit resultierender Sepsis kommen.

Diagnostik

Neben der Klinik wird zur Diagnosestellung eine mindestens 3-fache Erhöhung der Lipase (oder Pankreasamylase) sowie entsprechende Auffälligkeiten in der Bildgebung gefordert. Im Ultraschall kann sich das Pankreas als hyperechogen und vergrößert darstellen, der Pankreasgang kann erweitert oder unregelmäßig sein, Flüssigkeitsverhalte können sichtbar sein (akute Zysten oder Pseudozysten). Allerdings ist das Pankreas auf Grund seiner retroperitonealen Lage und der Darmüberlagerung häufig nur schwer darzustellen. Die Bildgebung der Wahl zur exakten Darstellung der Verhältnisse auch von Komplikationen sind MRT und CT.

Therapie

Falls eine Behebung der Ursache möglich ist wie z. B. bei Steinen im Gangsystem muss dies umgehend erfolgen. Ansonsten ist die Therapie symptomatisch und umfasst v. a. die Flüssigkeitstherapie, Kalorienzufuhr, schnellen enteralen Nahrungsaufbau und eine suffiziente Schmerztherapie. Eine adäquate, aggressive und sehr früh begonnene Volumentherapie v. a. bei dehydrierten oder hypotensiven Patienten verhindert weitere Organschäden und stellt eine Gewebeoxygenierung sicher. Hier können Ringer-Laktat-Lösungen eingesetzt werden.

Hyperglykämien sollten vermieden werden, durch ein SIADH kann eine Hyponatriämie entstehen.

Der frühe Beginn enteraler Ernährung reduziert die Mortalität, wahrscheinlich durch Stabilisierung der enteralen Barriere, Verringerung bakterieller Translokation und Verminderung der systemischen Inflammation. Spätestens am 2.–3. Krankheitstag sollte die enterale Ernährung wieder aufgenommen werden, eine längere Karenz muss vermieden werden. Bei Inappetenz soll die Nahrungszufuhr ggf. über eine gastrale oder jejunale Sonde gegeben werden.

Eine Antibiotikatherapie soll nur nach Indikation erfolgen, z. B. bei klinischen Sepsiszeichen

Zur Schmerztherapie können Nichtopioide wie Metamizol oder Ibuprofen eingesetzt werden, bei stärkeren Schmerzen ist die Kombination mit einem Opioid notwendig. Die Problematik des Sphinkter-Oddi-Spasmus durch reine μ-Agonisten ist nicht hinreichend belegt, sodass auch Morphin in der Schmerztherapie der akuten Pankreatitis meist problemlos eingesetzt wird.

Prognose

Die Prognose der schweren akuten Pankreatitis ist – in Abhängigkeit von der Ursache – im Kindesalter deutlich besser als bei Erwachsenen. Die Prognose einer primären isolierten Pankreatitis (Mortalität 0–1%) ist besser als einer sekundären Pankreatitis im Rahmen anderer Erkrankungen (Mortalität bis 7%).

Chronische Pankreatitis

Die im Kindesalter seltene chronische Pankreatitis ist durch rezidivierende Entzündungsschübe des Pankreasparenchyms und Ersatz durch fibrotisches Bindegewebe mit der Folge eines fortschreitenden Verlusts der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion gekennzeichnet. Es kommt zu charakteristischen Komplikationen wie z. B. Pseudozysten, Pankreasgangstenosen, Duodenalstenosen, Kompression der Gallenwege, einer Malnutrition sowie einem chronischen Schmerzsyndrom. Schmerzen stellen das Hauptsymptom von Patienten mit chronischer Pankreatitis dar. Die chronische Pankreatitis stellt einen Risikofaktor für ein Pankreaskarzinom dar.

Ätiologie

Die häufigste Ursache ist eine zystische Fibrose (2% der CF-Patienten), daneben existieren andere genetische Mutationen wie PRSS1, SPINK-1, weitere Mutationen im CFTR-Gen und CTRC-Gen, die zu einer chronischen, bzw. hereditären Pankreatitis führen können. Eine Autoimmunpankreatitis ist im Kindesalter extrem selten. Eine Hyperkalzämie z. B. bei primärem Hypoparathyreoidismus oder eine Hypertriglyceridämie ist ebenfalls mit dem Risiko einer chronischen Pankreatitis assoziiert. Ob Ganganomalien wie das Pankreas divisum alleine zu einer chronischen Pankreatitis führen ist nicht eindeutig belegt.

Von einer hereditären Pankreatitis spricht man, wenn entweder zwei oder mehr Fälle von rezidivierender akuter oder chronischer Pankreatitis in zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Generationen einer Familie vorliegen oder wenn die Pankreatitis mit einer bekannten krankheitsverursachenden genetischen Mutation assoziiert ist. Der hereditären Pankreatitis (0,3:100.000) liegt meist eine autosomal dominante Trypsinogenmutation (PRSS1, kationisches Trypsinogen, Chromosom 7q35) zu Grunde, sie ist für ca. 60% der Fälle einer idiopathischen chronischen Pankreatitis verantwortlich. Es kommt zu einer fehlenden Inaktivierung von Trypsin im Pankreas und damit zu einer Autolyse mit Inflammation und chronischer Destruktion. Ungefähr 30% der idiopathischen Pankreatitiden sind durch autosomal rezessiv erbliche SPINK-1-Mutationen (Serinprotease-Inhibitor, Kazal-Typ-1) verursacht.

Weitere autosomal rezessive Mutationen des „Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance-Regulator“(CFTR)-Gens ohne Zeichen einer zystischen Fibrose können ebenfalls rezidivierende Pankreatitisschübe auslösen.

Diagnostik

Bei Kindern und Jugendlichen mit Zeichen der chronischen Pankreatitis v. a. bei positiver Familienanamnese sollte eine molekulargenetische Abklärung von PRSS-1 und im zweiten Schritt von SPINK-1, CFTR, CPA1- und CTRC-Mutationen erfolgen. Die Bildgebung (Sonographie, MRCP) dient dem Nachweis von Zeichen der Gangschädigung und Komplikationen.

Therapie

Die Therapie des akuten Schubs entspricht der Therapie der akuten Pankreatitis.

Die weitere Therapie ist symptomatisch und umfasst die Substitution von Pankreasenzymen bei exokriner Insuffizienz, Ernährungsberatung, eine Schmerztherapie sowie endoskopische und operative Verfahren bei Komplikationen.

Peritoneum

Peritonitis

Eine Peritonitis wird durch Erreger – meist Bakterien – aber auch chemisch verursacht durch Mekonium, Blut, Pankreassekret oder Galle.

Man unterscheidet eine primäre von einer sekundären Peritonitis (Tab. 22.15). Während die sekundäre Peritonitis durch eine Perforation eines Hohlorgans, eine transmurale Durchwanderung oder einen iatrogenen Eingriff entsteht, handelt es sich bei einer primär spontanen bakteriellen Peritonitis um eine bakterielle Entzündung, oft bei Vorliegen von Aszites, ohne Hinweis auf eine anderweitige intraabdominelle Ursachen der Infektion (Kap. 25).

Sekundäre Peritonitis
Perforation eines Hohlorgans

Mekoniumileus

Nekrotisierende Enterokolitis, fokale intestinale Perforation

Appendizitis

Meckel-Divertikel

Cholezystitis, Gallenblasenempyem

Magen-Darm-Ulzera

Divertikel

Purpura-Schoenlein-Henoch

Transmurale Durchwanderung

Ileus, toxisches Megakolon

Omphalitis

Gastroenteritis

Invagination

Iatrogen

Peritonealdialyse

Operationen, Laparoskopie, PEG-Anlage

Primäre Peritonitis
Spontane bakterielle Peritonitis
Meist bei Aszites durch chronische Lebererkrankung, Pfortaderthrombose, nephrotisches Syndrom oder Herzinsuffizienz

Bei den sekundären Formen finden sich meist Mischkulturen während bei der primären spontanen Peritonitis meist nur ein Erreger nachgewiesen werden kann. Die häufigsten Erreger sind E. coli, Klebsiellen und grampositive Erreger wie Pneumokokken, Streptokokken, seltener Anaerobier und Pilze.

Symptomatik

Eine Peritonitis geht mit Fieber, einem gewölbten Abdomen mit Abwehrspannung, Schmerzen und deutlich reduziertem Allgemeinzustand einher. Initial kann die Entzündung und Abwehrspannung noch lokalisiert sein wie bei einer Appendizitis. Mit Fortschreiten kommt es zu Sepsis und Schocksymptomatik. Erbrechen ist häufig, falls nicht ursächlich, kann sich ein sekundärer paralytischer Ileus einstellen.

Die Entzündungsparameter im Blut sind meist deutlich erhöht (CRP, Leukozytose mit Linksverschiebung).

Eine primäre spontane bakterielle Peritonitis kann auch schleichend mit nur geringer Symptomatik beginnen.

Diagnostik

Eine Bildgebung ist notwendig zur Ursachenabklärung und zum Ausschluss von Perforationen. Nach einer initialen Sonographie bietet sich hier v. a. das CT an. Eine Parazentese kann zum Erregernachweis und ggf. Entlastung durchgeführt werden. Eine laparoskopische Exploration ist häufig notwendig.

Therapie

Die Therapie besteht in der Stabilisierung der kardiopulmonalen Situation, adäquater Schmerztherapie, einer antibiotischen Therapie mit einem Cephalosporin der 3. Generation und z. B. Metronidazol sowie bei einer sekundären Peritonitis der chirurgischen Behebung der Ursache. Ein Kinderchirurg muss immer hinzugezogen werden.

Aszites

Aszites bezeichnet die Ansammlung von Flüssigkeit im peritonealen Raum. Es kann sich um ein Exsudat (Peritonitis), um ein Transsudat (portaler Hypertonus bei Lebererkrankung, Pfortaderthrombose, Herzinsuffizienz, Eiweißmangel durch nephrotisches Syndrom, interstinalen Eiweißverlust, Mangelernährung) oder um einen malignen Aszites (Peritonealkarzinomatose) handeln. Ebenso kann ein chylöser Aszites oder ein Aszites durch Blut oder Darminhalt oder eine rupturierte Pankreaszyste vorliegen.

Pathophysiologie

Die Ursachen der Entstehung sind je nach der Genese verschieden. Während beim nephrotischen Syndrom v. a. der Eiweißmangel und der verminderte kolloidosmotische Druck verantwortlich sind, sind bei der portalen Hypertension und chronischen Lebererkrankung weitere Mechanismen beteiligt.

Symptome

Allgemeine Symptome des Aszites sind distendiertes Abdomen, Bauchschmerzen, ggf. Dyspnoe und eingeschränkte Diurese. Weitere Symptome hängen meist von der Grunderkrankung ab.

Diagnose

Der Aszites ist im Ultraschall darstellbar. Ist keine Ursache ersichtlich, sollte eine Paracentese erfolgen um Untersuchungsmaterial zu gewinnen (Zellen, Leukozyten, Eiweiß, Amylase, Kreatinin, Triglyceride, mikrobiologische Kultur). Ein Exsudat zeigt im Gegensatz zum Transsudat einen hohen Eiweiß und Zellgehalt, ein chylöser Aszites hohe Triglyceride und Lymphozyten.

Therapie

Die Therapie sollte zunächst die Grunderkrankung und auslösende Ursache berücksichtigen. Der Aszites kann durch Flüssigkeits- und Kochsalzrestriktion sowie den Einsatz von Diuretika wie Spironolacton (1–6 mg/kgKG/d) evtl. in Kombination mit einem Schleifendiuretikum reduziert werden. Abhängig von der Genese muss Albumin infundiert werden.

Footnotes

1 Bio genetische Prädisposition, individuelles Schmerzempfinden, Vorerkrankungen mit Einfluss auf das enterale Schmerzempfinden u. a.; Psycho Coping-Strategien, Belastbarkeit, psychische Stabilität u. a.; Sozial Familie, Peer-Group, Schule.

Contributor Information

C. Hünseler, ed.nleok-ku@relesneuh.hpotsirhc.

M. Dübbers, ed.nleok-ku@srebbeud.nitram.