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Nr. 23 – 6. Juni 2009

H I N T E RG R U N D

Zeitzeugen

Säbelrasseln in Korea

Pjöngjang zündelt weiter

Nordkoreas »Geliebter Führer« reizt die Welt bis an die Grenze des Tolerierbaren

Kim Jong-il – Der „Geliebte Führer“ ist ein Mysterium. Einige zweifeln daran, daß er noch lebt. Vom Westen wird er wegen seiner Plateau-Schuhe, der immer gleichen Sonnenbrille oder der toupierten Fönwelle gern belächelt. Im eigenen Land agiert er jedoch als rücksichtsloser Diktator und ist gefürchtet. Sein Volk leidet. Zwischen 1996 und 1999 sollen eine Million Nordkoreaner verhungert sein.

Kim Jong-un – Vom 25jährigen Sohn des nordkoreanischen Diktators ist nicht viel bekannt. Nach Berichten des südkoreanischen Geheimdienstes wurde er im Januar 2009 von seinem Vater als Nachfolger im Amt des Generalsekretärs der kommunistischen Partei der Arbeit Koreas benannt. Seine Schulbildung erhielt Jong-un in einer Schweizer Schule, die er 1998 als 14jähriger ohne Abschluß verließ. Der ehemalige Schuldirektor berichtet, daß Jong-un gut Englisch (die Unterrichtssprache) spreche. Nach Aussagen eines früheren Mitschülers begeisterte er sich vor allen Dingen für Basketball und Filme mit Jean Claude van Damme.

Wen Jiabao – Der chinesische Regierungschef zügelt die Medien in seinem Land nicht mehr, wenn sie Nordkoreas Verhalten harsch kritisieren. Offenbar wird Pjöngjang auch für die großen Nachbarn im Norden zur „strategischen Belastung“. Auf Schutz kann Kim Jongil von dieser Seite nicht hoffen.

Barack Obama – Als blamierter Visionär muß sich Obama spätestens nach dem nordkoreanischen Atombombenversuch fühlen. Schon nach seiner Rede über eine „atomwaffenfreie Welt“ Anfang April in Prag, die Nordkorea mit einem Test einer Langstreckenraktete begleitete, zerschellte seine Vision an den Realitäten dieser Welt. Diktatoren und Terroristen halten sich nicht an Sonntagsreden. Jetzt fordert Obama eine Bestrafung und Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime.

Machmud Ahmadinedschad – Der iranische Präsident fühlt sich ebenfalls von Visionen getrieben. Nach einer Hetzrede gegen Israel vor der Uno im Jahr 2005 bekannte er, daß er sich von einem Licht umgeben gesehen habe, berichtete die „FAZ“. Angesichts des nordkoreanischen Nuklearprogramms reibt er sich jetzt die Hände, denn nun kann er seines umso leichter voranbringen.

Das Regime in Nordkorea hat seinem zweiten Atomtest weitere Drohungen folgen lassen. Experten rechnen vorerst nicht mit einer militärischen Auseinandersetzung mit Südkorea, weil Nordkorea dabei nur verlieren könnte. Die Folgen für die Stabilität der Region sind dennoch gravierend. Der kommunistische Diktator Nordkoreas Kim Jong-il reizt die Welt und versetzt die Nachbarstaaten in Aufregung. Nach dem zweiten Atombombentest drohte die Regierung in Pjöngjang offen mit einem Militärschlag. Die Regierung in Seoul wiederum teilte unlängst mit, das Land werde dem von den USA geführten Programm zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen beitreten. Pjöngjang hatte bereits früher erklärt, dies als „Kriegserklärung“ zu betrachten. Jeder „feindliche Akt gegen unsere Republik“ werde einen „starken Militärschlag“ nach sich ziehen, hieß es aus Pjöngjang. Nordkorea könne nicht mehr für die Sicherheit der Schiffahrt vor seiner Westküste garantieren. Die amerikanische Initiative, in der Südkorea bisher nur Beobachter war, erlaubt unter anderem die

Durchsuchung verdächtiger Schif- Selbstmordkommando für das fe. nordkoreanische Militär und ist Auch wenn Nordkorea sich mit daher wenig wahrscheinlich. Die dieser Quasi-Kriegserklärung nicht Raketentests und Atombombenvermehr länger an den nach dem Ko- suche alarmieren dennoch die rea-Krieg vereinbarten Waffenstill- Nachbarstaaten wie etwa Japan, stand von 1953 gebunden fühlt, das nun eigene Atomwaffen anstresind kriegerische Auseinanderset- ben könnte. Wer nach Gründen für das Säbelzungen, zumal mit atomaren Waffen, derzeit wohl kaum zu befürch- rasseln sucht, wird in der Innenpoten. litik Nordkoreas fündig, offenbar Potentielle Verbündete Nordko- will das Regime von inneren Proreas wie Rußland bleme ablenken. Schon lange haloder China rückten in Erklärun- Kim Jong-il will von ten sich Gerüchte, gen von dem Redaß der Diktator internen gime ab und fornach einem derten entschlos- Problemen ablenken Schlaganfall nicht mehr voll handsene UN-Erklärungen und gegelungsfähig sei. Der benenfalls Sanktionen. Rußland, 67jährige „Geliebte Führer“, der das derzeit den Vorsitz im Sicher- die Macht von seinem Vater, dem heitsrat führt, will zudem seine mi- „Ewigen Präsidenten“ Kim Il-sung litärische Aufklärung an der nord- nach dessen Tod 1994 übernomkoreanischen Grenze verstärken. men hatte, will offenbar die Macht Auch für den US-Präsidenten, der dem jüngsten seiner drei Söhne, jüngst in Prag die Vision einer dem 25jährigen Kim Jong-un überatomwaffenfreien Welt verkündet geben. Das stößt in der kommunihatte, ist die Entwicklung eine star- stischen Erb-Diktatur offenbar auf ke Herausforderung. Widerstände, die der Diktator Eine militärische Auseinander- durch außenpolitische Drohmanösetzung mit Südkorea und damit ver zu kontern versucht. mit den USA, heißt es aus militäriDie Entwicklung der beiden koschen Kreisen, gliche aber einem reanischen Staaten, die – ähnlich

wie Deutschland – nach einem Krieg die Teilung erlebten, könnte gegensätzlicher kaum sein. Während der Süden ein wohlhabendes Land geworden ist, blieb der Norden bettelarm. Bedeutenden Anteil am Aufstieg Südkoreas hat die Christianisierung des Landes. Seit 1960 erlebt das Christentum, das lange Zeit hart unterdrückt wurde, einen beispiellosen Aufstieg. Heute sind rund 26 Prozent der Bevölkerung Christen, die fast alle aktiv am Leben der Kirchen teilnehmen. Am Sonntag sind in Seoul die Kirchen so voll wie bei uns am Heiligabend. Südkoreaner, befragt wegen einer Wiedervereinigung, reagieren in der Regel skeptisch auf die Perspektive, das nordkoreanische Armenhaus übernehmen zu sollen. Die Wiedervereinigung nach deutschem Vorbild gilt vielen als Negativbeispiel. Werden die Probleme Nordkoreas jedoch nicht bald gelöst, ist das Land auf dem besten Weg, ein sicherheitspolitisches Problem der ganzen Welt zu werden. Weniger die USA, sondern vor allem China ist heute als ehrlicher Makler gefragt. Sonst rückt ein präventiver Militärschlag immer näher ins Blickfeld. H. E. Bues

Den Feind provozieren: Ein nordkoreanischer Soldat fotografiert einen südkoreanischen Grenzsoldaten.

aum weniger Sorgen als die Verbreitung von Atomwaffen macht Sicherheitsexperten die Verbreitung von Trägersystemen, mit denen nukleare Sprengköpfe in weit entfernte Ziele gebracht werden können. Und so war es eine kalte Dusche, als zu Beginn dieser Woche bekannt wurde, daß Nordkorea offenbar einen neuerlichen Raketentest vorbereitet. Bei einem Test im April war eine nordkoreanische Rakete vom Typ Taepodong 2 über Japan geflogen, dann aber weit vor dem Ende ihrer theoretischen Flugbahn auseinandergebrochen und in den Pazifik gestürzt. Der Test hat nicht nur die unmittelbaren Nachbarn Koreas alarmiert, sondern auch die USA: Im Erfolgsfall könnte diese Rakete Alaska oder

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US-Gebiete sind bereits in Reichweite Hawaii und damit US-amerikanisches Territorium erreichen. Asiatische Bevölkerungszentren wie Tokio oder Peking liegen schon jetzt in der Reichweite nordkoreanischer Raketen, deren Zielgenauigkeit allerdings bezweifelt wird. Die Meldungen über einen neuen Raketentest kamen zu einem Zeitpunkt, als der Weltsicherheitsrat noch immer an einer harten Antwort auf die fortgesetzten Provokationen der Diktatur in Pjöngjang gearbeitet hat. Das Bild vielseitiger Provokationen wurde komplettiert durch die Meldung, daß Nordkorea den Nordteil des Gelben Meeres für die Schiffahrt gesperrt habe. Dies kann mit den Vorbereitungen eines Raketentests zusammenhängen, aber auch mit einem alten Streit um den Verlauf der Seegrenze mit Südkorea westlich der koreanischen Halbinsel. Während Japan und Südkorea harte Sanktionen durch den Weltsicherheitsrat einforderten, erneuerte US-Vizeaußenminister James Steinberg die Sicherheitsgarantie für Südkorea. K. B.

Bild: InterTopics

»Scharfe Sanktionen nötig« Selbst China und Rußland wollen Raketentests nicht mehr tolerieren

WO C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U TS C H L A N D D A S O S T P R E U S S E N B L AT T

Chefredakteur Hartmut Koschyk, der Parlamentarische Geschäftsführer der CSULandesgruppe und Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, gilt als einer der besten Korea-Kenner in der deutschen Politik.

PAZ: Die unmittelbare Kriegsgefahr in Korea scheint gebannt. Was sind die mittelfristigen Auswirkungen des Atomtests? Hartmut Koschyk: Nordkorea stellt damit seine grundsätzliche Abrüstungsbereitschaft in Frage und damit auch die bisherigen Verhandlungsbemühungen der Sechs-Parteien-Gespräche. Beschließt der Sicherheitsrat schärfere Sanktionen, wird Nordkorea wahrscheinlich mit einer Verhärtung seiner Position reagieren. Die Frage, warum sich Nordkorea für diesen Weg entschieden hat – handelt es sich um eine falsche Beurteilung der internationalen Lage, interne Machtkämpfe des Regimes um die Nachfolge Kim Jong-ils − ist wichtig für die mittelfristige Entwicklung. Die Meldungen darüber, ob Kim Jongil seinen Sohn bereits als Nachfolger installiert hat, sind bisher

noch rein spekulativ. Dazu läßt sich derzeit keine verläßliche Aussage treffen.

Koschyk: Möglicherweise müssen wir uns auf eine zunehmende Zahl an Nuklearmächten einstellen, aber wir sollten uns unter keinen Umständen damit abfinden. Alle Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft müssen auf eine weltweite nukleare Abrüstung und auf Maßnahmen zur Eindämmung des Handels mit Nukleartechnologie und -wissen gerichtet sein.

PAZ: Wie beeinflußt die Entwicklung in Nordkorea das Verhältnis zwischen China und Rußland? Koschyk: Beide haben kein Interesse an einem atomar bewaffneten Nordkorea. Eine große Sorge für beide Staaten ist der Zerfall Nordkoreas, soPAZ: Was bleibt übrig wohl wegen der mögvon US-Präsident Balichen Instabilität als rack Obamas Vision eiauch wegen der Bener Welt ohne Atomfürchtung, daß die in waffen? Südkorea stationierten Koschyk: Das Ziel ist US-Truppen dann an Hartmut Koschyk absolut richtig. Dazu die Grenze vorrücken gibt es keine Alternatikönnten. China hat zwar mehr ve. Kurzfristig geht es darum zu Einfluß auf Nordkorea, der aktuel- verhindern, daß immer mehr Staale Nukleartest zeigt aber, daß auch ten und möglicherweise auch dieser nicht sehr weitreichend ist. nicht-staatliche Akteure wie terroFür die Beziehungen zwischen ristische Gruppen Zugriff auf NuRußland und China spielt Nordko- klearwaffen bekommen. Deshalb rea aber als Streitthema keine her- müssen die Sanktionen gegen ausgehobene Rolle. Nordkorea scharf sein und auch in der Nuklearfrage mit dem Iran PAZ: Indien, Pakistan, Israel, muß die Staatengemeinschaft ihre Nordkorea − müssen wir uns auf Maßnahmen verschärfen. Hier eine Welt mit zehn oder 20 Nu- muß die internationale Gemeinschaft an einem Strang ziehen. klearmächten einstellen?

Konrad Badenheuer (V. i. S. d. P.) Chefin vom Dienst, Leserbriefe, Bücher: Rebecca Bellano; Politik, Wirtschaft: Hans Heckel; Kultur, Lebensstil: Silke Osman; Geschichte, Ostpreußen heute: Dr. Manuel Ruoff; Heimatarbeit, EDV: Florian Möbius; Ostpreußische Familie: Ruth Geede. Freie Mitarbeiter: Wilhelm v. Gottberg, Sophia E. Gerber (Venedig), Dr. Richard G. Kerschhofer (Wien), Hans-Jürgen Mahlitz, Liselotte Millauer, Jean-Paul Picaper. Verlag: Landsmannschaft Ostpreußen e.V., Anschrift von Verlag und Redaktion: Buchtstraße 4, 22087 Hamburg. Für den Anzeigenteil gilt: Preisliste Nr. 31. Druck: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co.KG, Fehmarnstraße 1, 24782 Büdelsdorf. – ISSN 0947-9597. Die Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) und erscheint wöchentlich zur Information der Mitglieder des Förderkreises der LO. Bezugspreise pro Monat seit 1. Januar 2006: Inland 8,30 Euro einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer, Ausland 10,50 Euro, Luftpost 14,50 Euro. Abbestellungen sind mit einer Frist von einem Monat zum Quartalsende schriftlich an den Verlag zu richten. Konten: HSH Nordbank, BLZ 210 500 00, Konto-Nr. 192 344 000. Postbank Hamburg, BLZ 200 100 20, Konto-Nr. 84 26-204 (für Vertrieb). Für unverlangte Einsendungen wird nicht gehaftet.

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