Lernziele

Dieser CME-Beitrag bietet einen Überblick über wichtige und lebensbedrohliche Ursachen der Atemnot bei Erwachsenen sowie über die Akuttherapie. Er stellt wichtige anamnestische und klinische Befunde dar, die bei der Eingrenzung der Differenzialdiagnosen von Nutzen sind. Nach der Lektüre dieses Beitrags

  • kennen Sie die Definitionen und pathophysiologischen Grundlagen der Dyspnoe.

  • sind Sie mit den wichtigsten klinischen Zeichen eines (drohenden) respiratorischen Versagens vertraut.

  • ist Ihnen der Unterschied zwischen hyperkapnischem und hypoxämischem Lungenversagen bekannt.

  • kennen Sie die Grundlagen des akuten Notfallmanagements.

  • können Sie die wichtigsten Differenzialdiagnosen benennen.

Hintergrund

Etwa 10 % aller präklinischen Notfälle sind respiratorische Notfälle [1]. Wie bei jedem anderen notfallmedizinischen Symptom kann eine akut lebensbedrohliche Situation vorliegen, die ein sofortiges Handeln erfordert. Viele Patienten mit schwerer Dyspnoe erreichen das Krankenhaus mit dem Rettungsdienst in Begleitung des Notarztes, hier liegen entscheidende Vitalparameter vor und erste therapeutische Maßnahmen wie die Sauerstoff(O2)-Gabe haben stattgefunden. Alle anderen Patienten müssen in der Notaufnahme einer strukturierten Ersteinschätzung unterzogen werden, die auch die Bestimmung der Vitalparameter umfasst.

Definitionen

Als Atemnot oder Dyspnoe wird eine als unangenehm empfundene erschwerte Atemtätigkeit bezeichnet. Unterschieden werden muss die akute (Dauer < 48 h) von der chronischen Form (Dauer > 48 h). Dyspnoe bezeichnet die subjektive Äußerung von Atemnot, die meist mit einer Tachypnoe (Atemfrequenz > 20/min) und einer verminderten O2-Sättigung einhergeht (ohne O2-Gabe < 92 %; mit O2-Gabe < 95 %).

Funktional kann die Atemnot in folgende Kategorien eingeteilt werden:

  • Zusammenhang mit körperlicher Belastung:

    • Belastungsabhängig (Belastungsdyspnoe)

    • Nicht belastungsabhängig (Ruhedyspnoe)

  • Zusammenhang mit der Lage:

    • Lageabhängig (Orthopnoe)

    • Nicht lageabhängig

  • Art des Beginns:

    • Plötzlich

    • Langsam

Zu berücksichtigen ist, dass die angegebenen O2-Sättigungswerte nur für Patienten gelten, die nicht an niedrigere Werte adaptiert sind. So kann bei adaptierten Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung [„chronic obstructive pulmonary disease“ (COPD)] auch eine O2-Sättigung von 88 % als ausreichend erachtet werden.

Pathophysiologie der Dyspnoe

Dyspnoe als subjektives Symptom beruht auf komplexen neurophysiologischen Mechanismen, die im Vergleich zur Neurophysiologie des Sehens, Hörens oder des Schmerzes in vielen Bereichen unverstanden sind. Verschiedene Behinderungen des Atemmechanismus und des Gasaustauschs führen zum Gefühl der Luftnot oder auch des behinderten Atmens. Sie können entsprechend unterschiedlich empfunden und differenziert geschildert werden [2].

Es gibt eine Vielzahl sensorischer Afferenzen, die die Atmungsfunktionen erfassen und an das Zentralnervensystem vermitteln. Zusätzlich ist eine Behinderung der Atmung auch durch eine zentralnervöse Erfassung der motorischen Aktivität gekennzeichnet, die einerseits bewusst (kortikal), andererseits auch unbewusst (medullär) gesteuert wird. Beide motorischen Steuerungszentren sind eng miteinander verknüpft und eine erhöhte bewusste Atemarbeit ist eine häufige, aber bei Weitem nicht die einzige Erklärung einer Dyspnoe.

Atemnot kann unterschiedliche Ursachen haben [3]:

  • Gesteigerter chemischer oder neuronaler Atemantrieb

  • Erhöhte Atemarbeit

  • Verminderte neuromuskuläre Kraft

Schweregrad

Da Atemnot ein subjektives Symptom ist, lässt sich der Schweregrad einer Dyspnoe nur unter Einbeziehung des Patienten bewerten. Bekannte Skalen, die sich mit der Einteilung der Dyspnoe befassen, sind die Klassifikation der New York Heart Association (NYHA), die Borg-Skala, der Dyspnea Differentiation Index (DDI), die Dyspnoeskala der American Thoracic Society (ATS) und der Shortness of Breath Questionnaire der University of California, San Diego (UCSD-SOBQ; [4]).

Unterschieden werden in Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Pathophysiologie

  • das hyperkapnische Lungenversagen, ein Versagen der Atempumpe mit ventilatorischer Insuffizienz und erhöhter Totraumventilation (z. B. bei dekompensierter COPD), und

  • das hypoxämische Lungenversagen, eine Oxygenierungsstörung durch intrapulmonalen Shunt (z. B. bei kardialem Lungenödem oder Pneumonie).

Epidemiologie

Dyspnoe ist ein häufiges Haupt- oder Leitsymptom von Patienten, die eine Notaufnahme aufsuchen oder vom Rettungsdienst dorthin transportiert werden.

In Deutschland werden etwa 5–8 % aller internistischen Notaufnahmepatienten aufgrund einer akuten Atemnot behandelt [5]. Die Ursachen sind vielfältig und keineswegs für eine Diagnose spezifisch. In einer prospektiven Beobachtungsstudie bei älteren Patienten waren die häufigsten einer akuten Atemnot zugrunde liegenden Diagnosen [6]

  • Herzinsuffizienz,

  • Atemwegsinfekte,

  • eine exazerbierte COPD,

  • eine Lungenarterienembolie (LAE) und

  • Asthma bronchiale.

Weitere häufige Diagnosen sind ein akutes Koronarsyndrom (ACS), Herzrhythmusstörungen, Tumorerkrankungen und Nierenversagen. Bei einem Drittel bis zur Hälfte der Dyspnoepatienten lassen sich ≥ 2 Diagnosen nachweisen, die zu einem akuten respiratorischen Versagen beitragen können. Bei 95 % der Dyspnoefälle kann eine der folgenden 7 Ursachen ausgemacht werden:

  • Kardial:

    • Herzinsuffizienz

    • Kardiale Ischämie

  • Bronchokonstriktorisch:

    • COPD

    • Asthma bronchiale

  • Pulmonal-parenchymatös

    • Pneumonie

  • Pulmonal-vaskulär:

    • LAE

  • Anämie

  • Angststörung

  • Metabolische Azidose

Das Vorliegen einer Dyspnoe hat eine relevante prognostische Bedeutung für die Patienten. In der CHARITEM-Studie von 2012 war die Mortalität der Patienten mit dem Leitsymptom akute Atemnot deutlich höher als die von Patienten mit Brustschmerz oder Bauchschmerz (9,4 % vs. 0,9 % vs. 5,1 %; [5]). Im Rahmen einer eigenen unveröffentlichten Studie waren in einem Zeitraum von 8 Wochen insgesamt 9,3 % (n = 226) aller internistischen Notfallpatienten wegen Dyspnoe in der Klinik vorstellig geworden, der Altersdurchschnitt betrug 73,4 Jahre bei einem fast ausgeglichenen Geschlechterverhältnis (50,1 % männlich; 49,9 % weiblich). 7,1 % dieser Patienten waren akut intensiv- und weitere 8,8 % überwachungspflichtig. Die Krankenhausmortalität dieser Dyspnoepatienten lag bei 12,4 %.

Eine frühzeitige diagnostische Abklärung und zielgerichtete Therapie ist von entscheidender Bedeutung, denn eine inadäquate Initialtherapie von Dyspnoepatienten erhöht die Mortalität [1].

Ersteinschätzung

Ein frühzeitiger Arztkontakt zur raschen Festlegung der nächsten diagnostischen Schritte und einer oft symptomatischen Initialtherapie ist von entscheidender Bedeutung für die zügige Beseitigung der oft als sehr bedrohlich empfundenen Dyspnoe. Jede Notaufnahme, in der es aufgrund eines hohen Patientenzustroms zu Wartezeiten kommen kann, muss über eine reliable und valide Methode der Ersteinschätzung verfügen, die gewährleistet, dass ein zeitgerechter Arztkontakt stattfindet. In den hierzulande üblichen 5-stufigen Ersteinschätzungssystemen , z. B. im Emergency Severity Index (ESI) und Manchester Triage System (MTS), werden deswegen Patienten, die unter akuter Luftnot leiden, der Dringlichkeitsstufe 1 (rot) oder 2 (orange) zugeordnet.

Die Bestimmung der Vitalparameter ist bei Dyspnoepatienten obligatorisch. Das ersteinschätzende Pflegepersonal sollte die häufigsten und bedrohlichsten Ursachen der Dyspnoe kennen und auch einen exspiratorischen von einem inspiratorischen Stridor unterscheiden können.

Vitalparameter

Atemfrequenz, Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur als Vitalparameter sind bei luftnötigen Patienten immer zu erheben. Die Atemfrequenz ist ein besonders wichtiger Parameter. Sie hat prognostische Relevanz in Bezug auf die Gesundheitsstörung, die der Dyspnoe zugrunde liegt [7]. Eine Atemfrequenz > 25/min ist ein Warnzeichen für eine schwere Störung und muss zu weiteren diagnostischen und therapeutischen Schritten führen.

Pulsoximetrie

Gesunde Personen zeigen eine O2-Sättigung (SpO2) von ≥ 95 %. Ältere Menschen und Patienten, die übergewichtig sind oder stark rauchen, halten oft nur ein Niveau zwischen 92 und 95 %. In der Notaufnahme gilt eine O2-Sättigung < 92 % als Warnzeichen, auch wenn Patienten, die an eine Hypoxämie adaptiert sind, deutlich niedrigere O2-Sättigungen haben können, ohne dass dabei eine Luftnot empfunden wird.

Zu beachten ist, dass die Pulsoximetrie zur Bestimmung der O2-Sättigung bei einer Kohlenmonoxid(CO)-Vergiftung trotz schwerer Hypoxämie fälschlicherweise hohe Werte anzeigt. Verlässliche Werte sind generell nur bei ausreichender kapillärer Durchblutung zu erwarten. Besonders hilfreich ist es, wenn bei chronisch Lungenkranken Ausgangswerte der O2-Sättigung bekannt sind.

Sauerstoffapplikation als Erstmaßnahme

Bevor bei Patienten mit Luftnot eine eingehendere Untersuchung stattfindet, ist bereits bei der Ersteinschätzung die Behandlung mit O2 einzuleiten. In den allermeisten Fällen ist dadurch zumindest eine Linderung des quälenden Symptoms zu erreichen. Bei Patienten mit Gefahr einer Kohlendioxid(CO2)-Retention ist das Risiko der Verschlechterung zu bedenken. Die Wirkung der O2-Therapie erfordert eine Kontrolle der O2-Sättigung und eine zeitnahe Blutgasanalyse.

Ziel einer O2-Gabe ist die Anreicherung der Inspirationsluft mit O2, um den arteriellen O2-Gehalt des Bluts zu erhöhen. Hierfür stehen verschiedene Applikationsverfahren zur Verfügung, die sich in ihrer Effektivität unterscheiden. Es wird so viel O2 angeboten, dass folgende Zielwerte erreicht werden:

  • O2-Sättigung (SpO2) 90–94 %

  • paO2 ≥ 70 mmHg

Bei chronisch Lungenkranken sind oft auch deutlich niedrigere Werte der O2-Sättigung bzw. des O2-Partialdrucks ausreichend.

Im Folgenden sind die verschiedenen Methoden der O2-Gabe aufgeführt.

Nasensonde

Hierbei handelt es sich um ein Niedrigflusssystem. Nicht das gesamte Inspirationsvolumen wird mit O2 versorgt, ein Teil des Volumens besteht aus Raumluft. Die O2-Konzentration hängt von der O2-Flussrate und vom Atemzugvolumen des Patienten ab. Eine Erhöhung des Flussvolumens um 1 l/min führt zu einer Steigerung der O2-Konzentration um 4 %. Die Effektivität der Methode hängt von einem ausreichenden Atemzugvolumen durch die Nase bei geschlossenem Mund ab. Der maximale Gasfluss sollte 6 l/min nicht überschreiten (1 l/min = 24 % FiO2 bis 6 l/min = 44 % FiO2).

O2-Brille

Die O2-Brille ist ein Niedrigflusssystem. Die O2-Konzentration ist mit der der Nasensonde vergleichbar. Der maximale Gasfluss beträgt 8 l/min = 30–50 % FiO2

Gesichtsmaske

Die Gesichtsmaske wird auf Mund und Nase aufgesetzt und mit einem Gummiband am Kopf fixiert. Die Exspirationsluft wird über seitliche Löcher in der Maske abgeleitet. Der Gasfluss sollte mindestens 5 l/min betragen, da es bei einem niedrigen Gasfluss zu einer CO2-Ansammlung in der Maske kommen kann. Empfohlen sind 8–10 l/min, was einer FiO2 von 40–60 % entspricht.

Gesichtsmaske mit O2-Reservoir (Reservoirmaske)

Bei diesem System kommt es zu einem konstanten O2-Fluss in das Reservoir, wodurch bei Flussraten von mindestens 6 l/min eine O2-Konzentration von über 60 % erzielt werden kann. Eine Erhöhung des Flussvolumens um 1 l/min führt zu einer Steigerung der O2-Konzentration um bis zu 10 %. Aufgrund von Undichtigkeiten bieten diese Masken jedoch nur eine FiO2 von höchstens 80–90 % an.

Insbesondere bei der akuten Exazerbation einer COPD wird meist keine hohe FiO2 benötigt. Ein hoher O2-Bedarf sollte immer auch an alternative Diagnosen denken lassen, z. B. eine LAE bei COPD.

Anamnese

Eine Befragung von Patienten mit schwerer Lufnot gestaltet sich oft schwierig. Hier stehen Sofortmaßnahmen zur Beseitigung der Luftnot im Vordergrund. Von entscheidender Bedeutung ist die Abklärung, wie schnell und unter welchen Umständen sich die Luftnot entwickelt hat (nach oder unter körperlicher Belastung, in Ruhe, während oder nach dem Essen), zudem die Frage nach kardialen oder pulmonalen Vorerkrankungen, begleitenden Schmerzen – insbesondere Thoraxschmerzen – und anderen Begleitsymptomen wie einem Kollaps. Die Dramatik der Entwicklung ist sicherlich ein guter Indikator für die Schwere der Störung und die notwendigen weiteren zeitnahen diagnostischen und therapeutischen Schritte. Wichtig ist im Übrigen auch die Beurteilung der Sprache, da Schwellungen im Bereich der Epiglottis zu einer typischen kloßigen Sprache führen, die Rekurrensparese dagegen zu Heiserkeit.

Vorerkrankungen und Medikation

Ist die Luftnot nicht allzu stark ausgeprägt, können weitere anamnestische Daten erhoben werden. Wichtig ist es, Vorerkrankungen, die Medikation und auch die Regelmäßigkeit der Medikamenteneinnahme zu erfragen. Patienten, die aufgrund ihrer Erkrankung schon einmal intubationspflichtig waren, haben ein erhöhtes Risiko für einen erneut schweren Erkrankungsverlauf und eine erneut erforderliche Intubation. Ebenso relevant sind

  • kurz zurückliegende und längerfristige Immobilisationen,

  • Tumorerkrankungen,

  • Beinschwellungen und -schmerzen,

  • kardiale Vorerkrankungen,

  • allergische Dispositionen,

  • Fieber,

  • Husten und

  • Auswurf.

Expektorat

Wie sich der Charakter des Expektorats verändert, ist gleichfalls von Bedeutung und ermöglicht eine weitere Eingrenzung der Diagnose. Während gelblicher Auswurf auf eine infektiöse Genese hinweist, ist Bluthusten mit einer Reihe anderer Diagnosen verbunden, darunter LAE, Tuberkulose und Bronchiektasen; auch bei Malignomen kann es zu blutigem Auswurf kommen, wenn Tumoren eine Gefäßstruktur erodieren. Weißes oder rötlich tingiertes, schaumiges Sputum ist für das Lungenödem typisch.

Thoraxschmerz

In Verbindung mit Atemnot treten Thoraxschmerzen bei einer Reihe von Krankheiten auf, u. a. bei ACS, Pneumothorax und LAE. Wichtig ist, bei Thoraxschmerzen nach auslösenden Manövern, d. h. nach einer Atem- oder Bewegungsabhängigkeit, zu fragen. Zu beachten ist, dass Patienten mit ACS oder LAE nicht selten ausschließlich über Atemnot klagen. Gerade bei Patienten mit atem- oder bewegungsabhängigen Thoraxschmerzen darf nicht vergessen werden, nach einem stattgehabten Trauma zu fragen.

Tabak und Drogen

Informationen über den Tabak- und Drogenkonsum können auch Hinweise auf mögliche Differenzialdiagnosen sein. Tabakkonsum erhöht das Risiko für eine Reihe chronischer Erkrankungen (COPD, Krebserkrankung), während inhalativer Drogenkonsum zur „Cracklunge“ oder zum „acute respiratory distress syndrome“ (ARDS) führen kann. Nichtinhalativer Konsum oder eine Überdosierung von Medikamenten wie Opioiden und Acetylsalicylsäure kann ebenfalls eine akute Lungenschädigung hervorrufen.

Psychiatrische Erkrankungen

Psychogene Ursachen einer akuten Atemnot stellen eine Ausschlussdiagnose in der Notaufnahme dar. Organische Ursachen müssen zuvor gründlich erwogen werden. Allerdings ist bei Patienten unter 40 Jahren ohne Vorerkrankungen die psychogene Dyspnoe, z. B. durch Angst- bzw. Panikattacken oder im Rahmen eines Hyperventilationssyndroms, nicht selten als ursächlich anzusehen [8].

Körperliche Untersuchung

Klinische Warnzeichen

Der Notarzt führt eine orientierende körperliche Untersuchung durch und achtet bei allen Patienten mit akuter Atemnot besonders auf Anzeichen für ein drohendes respiratorisches Versagen. Hierfür genügt eine kurze Inspektion. Viele Patienten mit Atemnot sind ängstlich, sitzen aufrecht (Orthopnoe) und setzen die Atemhilfsmuskulatur ein. Sie sind tachypnoisch und schwitzen stark (Diaphorese). Meist sind sie nicht in der Lage, Fragen mit mehr als ein paar Worten zu beantworten. Stridor oder Keuchen können hörbar sein.

Einziehungen

Einziehungen treten bei Obstruktion der Atemwege auf, z. B. bei Asthma, COPD oder Fremdkörpern, Sie können suprasternal (Jugulum), interkostal und subkostal zu beobachten sein und deuten auf eine extreme Atemnot hin. Der Einsatz von Hilfsmuskeln zeigt die Ermüdung der Atemmuskulatur an, konsekutiv besteht die Gefahr für ein Atemversagen.

Starkes Schwitzen

Starkes Schwitzen spiegelt die starke sympathische Stimulation bei schweren Erkrankungen wie Herzinfarkt oder schwerem Asthmaanfall wider. Zyanose ist dabei eher ungewöhnlich und zeigt eine schwere Hypoxämie oder Methämoglobinämie an.

Bewusstseinsveränderungen

Bewusstseinsveränderungen, z. B. Agitation oder Somnolenz, sind bei Dyspnoepatienten ein Hinweis auf eine schwere Hypoxämie oder Hyperkapnie. Diese können auch toxinbedingt sein, z. B. durch eine Salicylatüberdosierung oder CO, bzw. eine andere pathologische Ursache haben, z. B. Hypoglykämie oder Sepsis.

Die Atemexkursionen sowie Thoraxasymmetrien können wichtige Hinweise auf einen Pneumothorax oder sogar Spannungspneumothorax sein.

Klinische Zeichen für eine bedrohliche Dyspnoe („yellow flags“) sind

  • Einziehungen und der Einsatz von Hilfsmuskulatur,

  • eine kurze, fragmentierte Sprache,

  • die Unfähigkeit, flach auf dem Rücken zu liegen,

  • eine ausgeprägte Diaphorese und marmorierte Haut sowie

  • Agitation oder andere Bewusstseinsstörungen.

Die klinischen Zeichen für ein drohendes respiratorisches Versagen („red flags“) umfassen

  • einen reduzierten Bewusstseinszustand,

  • die Unfähigkeit, eine suffiziente Atemtätigkeit zu erhalten,

  • Agitation und

  • Schaukelatmung.

Objektive Zeichen eines drohenden respiratorischen Versagens sind

  • eine Atemfrequenz ≥ 25/min,

  • eine periphere SpO2 ≤ 92 % bei Raumluft (für COPD-Patienten  ≤ 88 %),

  • ein arterieller paO2 ≤ 70 mmHg und

  • ein arterieller paCO2 > 45 mmHg mit pH  < 7,35.

Akutes respiratorisches Versagen wird definiert durch die Erfüllung von mindestens einem der folgenden Kriterien:

  • Atemfrequenz  > 25/min

  • SpO2 < 92 % bei Raumluft (< 95 % bei O2-Gabe)

  • paO2 ≤ 60 mmHg

  • paCO2 ≥ 45 mmHg bei pH  ≤ 7,35

Die Notwendigkeit eines Notfallatemwegsmanagements mit invasiver oder nichtinvasiver Beatmung muss rasch erkannt werden, akut lebensbedrohliche Zustände sind sofort zu beheben. Bei bestehender Indikation darf eine Intubation nicht verzögert werden. Liegt eine akut exazerbierte COPD, ein kardiales Lungenödem oder eine schwere Pneumonie vor, kann die frühzeitige nichtinvasive Beatmung einer erforderlichen Intubation vorbeugen.

Indikationen für eine Intubation sind

  • eine O2-Sättigung unter hoch dosierter O2-Gabe, die anhaltend  < 85 % liegt,

  • eine therapieresistente Obstruktion mit respiratorischer Erschöpfung,

  • Polytrauma, instabiler Thorax, Gesichtsschädel- oder Halsverletzungen,

  • eine trotz Therapie ansteigende Atemfrequenz  > 30–35/min oder eine Ateminsuffizienz bzw. unzureichende Atemarbeit, Schnappatmung oder Apnoe,

  • eine Verschlechterung des neurologischen Status (Glasgow Coma Scale  < 9) mit Unfähigkeit, die Atemwege frei zu halten, oder fehlendem Schluckreflex,

  • eine Verschlechterung der kardialen Situation oder hämodynamische Instabilität und

  • ein trotz Therapie ansteigender paCO2 > 50 mmHg.

Akut lebensbedrohliche Ursachen einer Dyspnoe sind

  • Obstruktionen der Luftwege (Soforttherapie: Freimachen und Sicherung der Atemwege, Intubation oder chirurgische Schaffung eines Atemwegs),

  • ein Spannungspneumothorax (Soforttherapie: Entlastung über Kanüle im zweiten oder dritten Interkostalraum (ICR) medioklavikulär, dann Thoraxdrainage),

  • eine Herzbeuteltamponade (Soforttherapie: Perikardpunktion),

  • offene Thoraxwunden (Soforttherapie: steriler Verschluss und Thoraxdrainage),

  • ein massiver Hämatothorax (Soforttherapie: Thoraxdrainage und ggf. Notfallthorakotomie – bei Evakuation  von > 1500 ml Blut oder persistierender Blutung von > 200 ml/h für mehr als 2–4 h) und

  • ein instabiler Thorax bei Rippenserienfraktur mit Lungenkontusion (Soforttherapie: ggf. Intubation zur „inneren Schienung“).

Allgemeine Untersuchungsbefunde

Sobald die orientierende Untersuchung abgeschlossen ist und alle notwendigen Erstmaßnahmen zur Behandlung der Dyspnoe eingeleitet sind, wird eine gründlichere körperliche Untersuchung durchgeführt. Zu beachten ist, dass ein unauffälliger Herz-Lungen-Befund eine signifikante Erkrankung nicht ausschließt. Die Sensitivität und Spezifität der Lungenuntersuchung mit Auskultation und Perkussion sind oft zu gering, um die Diagnose einer Pneumonie oder akut dekompensierten Herzinsuffizienz zu stellen.

Inspektion

Bei der Inspektion wird die Haut auf Verfärbungen untersucht: Sind die Finger gelblich verfärbt? Finden sich Trommelschlegelfinger oder ein Palmarerythem? Veränderungen finden sich bei Hypoxämie oder schlechter Durchblutung, bei allergischer Reaktion und nach Trauma. Besonders wichtig ist, wie bei jedem schwer Erkrankten, die Beurteilung der kapillären Füllungszeit (Rekapillarisierungszeit). Diese sollte weniger als 2 s betragen. Das Vorhandensein peripherer Ödeme kann auf eine Herzinsuffizienz als Ursache der Atemnot hinweisen.

Pathologische bzw. abnorme Atemgeräusche

Stridor tritt bei Atemwegsobstruktion auf. Ein inspiratorischer Stridor weist auf eine Obstruktion oberhalb der Stimmbänder hin, z. B. durch Fremdkörper, Epiglottitis oder ein Angioödem. Er sollte als besonderes Warnsymptom einer drohenden Verlegung der Luftwege betrachtet werden. Exspiratorischer Stridor oder gemischt in- und exspiratorischer Stridor weist auf ein Hindernis unterhalb der Stimmbänder hin, z. B. Krupp, eine bakterielle Tracheitis oder Fremdkörper. Die Perkussion ist unter Notfallbedingungen oft schwer zu beurteilen, dennoch weist eine komplette Dämpfung auf einen massiven Erguss und ein hypersonorer Klopfschall auf einen Pneumothorax hin. Giemen tritt bei Obstruktion unterhalb des Trachealniveaus auf und wird bei Asthma bronchiale, Anaphylaxie, einem Fremdkörper in einem Hauptbronchus, akuter dekompensierter Herzinsuffizienz oder einem soliden Tumor gefunden.

Knistern und Rasselgeräusche deuten auf das Vorhandensein von intraalveolärer Flüssigkeit hin, wie sie bei einer Lungenentzündung oder dekompensierten Herzinsuffizienz zu finden ist. Es kann aber auch bei Lungenfibrose zu hören sein. Das Fehlen von Knistern schließt das Vorhandensein einer Lungenentzündung, dekompensierten Herzinsuffizienz oder Lungenfibrose nicht aus. Verminderte Atemgeräusche können durch Zustände, die das Eindringen von Luft in die Lungen verhindern, verursacht werden. Solche Zustände finden sich u. a. bei schwerer COPD, schwerem Asthma, (Spannungs-)Pneumothorax und Hämatothorax.

Stauung

Ein erhöhter Jugularvenendruck mit Halsvenenstauung und hepatojugulärem Reflux kann bei einer Rechtsherzbelastung beispielsweise im Rahmen einer LAE, bei einer dekompensierten Herzinsuffizienz oder einer Perikardtamponade vorhanden sein.

Arrhythmien und Herzgeräusche

Arrhythmien und Herzgeräusche können als Hinweis auf eine kardiale Ursache der Luftnot dienen. Ein S3-Herzton – auch S3-Galopp oder dritter Herzton genannt – ist für eine linksventrikuläre systolische Dysfunktion typisch, insbesondere bei dekompensierter Herzinsuffizienz. Er begleitet die frühdiastolische Füllungsphase des Herzens. Ein S4-Herzton (S4-Galopp, vierter Herzton) findet sich bei linksventrikulärer Dysfunktion und tritt als spätdiastolischer Ton bei der atrialen Kontraktion auf. Er kann bei schwerer, nicht eingestellter Hypertonie, Aortenklappenstenose, hypertropher Kardiomyopathie, ischämischer Herzkrankheit oder akuter Mitralinsuffizienz vorhanden sein. Gedämpfte oder entfernt hörbare Herztöne können auf eine Perikardtamponade zurückgehen, müssen aber immer im Zusammenhang mit dem allgemeinen klinischen Befund interpretiert werden. Ein Pulsus paradoxus kann auftreten, wenn die rechtsventrikuläre Herzfunktion beeinträchtigt ist, wie etwa bei schwerem Asthma, LAE oder Herzbeuteltamponade.

Nach Ersteinschätzung, Einleitung der O2-Gabe und gezielter und rascher körperlicher Untersuchung ist die Festlegung der weiteren Diagnostik und Therapie abhängig von der vermuteten ursächlichen Störung.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Akut dyspnoische Patienten müssen zielgerichtet auf das Vorliegen besonders bedrohlicher Störungen evaluiert werden. Die bedrohlichsten Störungen betreffen die oberen Luftwege, die unteren Luftwege sowie das Lungenparenchym und das kardiovaskuläre System. Hier helfen wenige gezielte Fragen, die Wahrnehmung der Körperposition und der Atemexkursionen sowie eine sehr gezielte körperliche Untersuchung, um die grundlegende Richtung der weiteren Diagnostik und Therapie festzulegen.

Tab. 1 zeigt die zehn häufigsten Diagnosen von stationären Patienten mit dem Leitsymptom Atemnot (n = 1497) in einer Berliner Notaufnahme. Die Differenzialdiagnosen mit hohem Mortalitätsrisiko werden im Folgenden dargestellt.

Tab. 1 Häufigkeit von Diagnosen mit Leitsymptom Dyspnoe. (Modifiziert nach [5])

Dyspnoe durch Verlegung der oberen Atemwege

Tracheale Fremdkörper

Tracheale Fremdkörper sind eine seltene Ursache der akuten Atemnot bei Erwachsenen. Bei Kindern, älteren Menschen und psychiatrisch kranken Personen muss eine Fremdkörperaspiration als Ursache der Dyspnoe stets in Betracht gezogen werden. Häufig sind es Lebensmittel, Münzen, Knochen, Zahnersatz, Tabletten, aber auch eine Vielzahl anderer Objekte, die in den Mund genommen, verschluckt und in den oberen und unteren Atemwegen steckenbleiben können.

Angioödeme

Angioödeme können eine erhebliche Schwellung der Lippen, der Zunge, des hinteren Rachens und Kehlkopfs (Glottisödem) verursachen. Die Symptomatik kann sich über Minuten bis Stunden entwickeln und zu einer lebensbedrohlichen Atemnot führen. Die Haut kann gerötet oder normal aussehen, juckt aber in der Regel nicht. Obwohl erstmals vor über einem Jahrhundert beschrieben, sind Pathophysiologie, Ursache und Behandlung des Angioödems noch nicht vollständig verstanden. Es werden verschiedene Typen unterschieden. Das Angioödem kann durch

  • eine Allergie,

  • nichtsteroidale Antirheumatika,

  • Angiotensin-converting-enzyme(ACE)-Inhibitoren und

  • das Komplement (C1-Esterase-Inhibitor-Mangel oder nicht funktionsfähiges Allel)

bedingt sein.

Anaphylaxie

Oft durch Nahrungsmittel, Insektenstiche und verschiedene Medikamente ausgelöst, kann eine Anaphylaxie mit schweren Schwellungen der oberen Atemwege und der Zunge einhergehen, die bis hin zu einer kompletten Okklusion führen können.

Anzeichen und Symptome entwickeln sich über Minuten bis Stunden. Begleitet werden können sie von

  • Haut- und Schleimhautbefunden wie

    • Urtikaria/Nesselsucht,

    • Hautrötung und

    • oropharyngealer Schwellung;

  • einer Beeinträchtigung der Atmung, z. B. durch

    • Atemnot,

    • Stridor oder

    • Hypoxämie;

  • Herz-Kreislauf-Symptomen wie

    • Hypotonie,

    • Tachykardie oder

    • Synkope;

  • Magen-Darm-Beschwerden wie

    • Bauchschmerzen und

    • Erbrechen.

Infektionen

Eine Reihe von Mund-Rachen-Infektionen kann akute Atemnot verursachen. Die Epiglottitis entwickelt sich in der Regel mit schnell fortschreitenden Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Heiserkeit, kloßiger Sprache und Fieber. Obwohl für lange Zeit eine vorwiegend pädiatrische Erkrankung, tritt die Epiglottitis immer wieder auch bei Erwachsenen auf. Pertussis (Keuchhusten) kann mit schweren Hustenanfällen einhergehen, ist aber klinisch oft schwer zu diagnostizieren. Tiefe Weichteilinfektionen des Halses, wie die Ludwig-Angina, die schwere Angina tonsillaris und Peritonsillar- oder Retropharyngealabszesse können Schwellungen und Schmerzen bedingen, die sich z. T. in einer akuten Atemnot mit Stridor äußern.

Verletzungen der Atemwege

Verletzungen durch stumpfe oder penetrierende Verletzungen des Kopfes oder Halses können Blutungen verursachen; resultierende anatomische Veränderungen und Schwellungen können die Atemwege beeinträchtigen und zu akuter Atemnot führen. Nach einem stumpfen Trauma der Halsregion muss bei Patienten, die über starke Nackenschmerzen und Dysphonie sowie Atemnot klagen, eine Kehlkopffraktur vermutet werden. Bei Patienten, die Gesichtsverbrennungen oder eine Rauchgasinhalation erlitten haben, besteht ein erhöhtes Risiko für eine rasch fortschreitende Schädigung der Atemwege, sodass eine dringliche Evaluation geboten ist. Die Indikation zur frühzeitigen Intubation ist dabei großzügig zu stellen.

Pulmonale Ursachen der akuten Dyspnoe

Lungenarterienembolie

Die Diagnose einer LAE sollte bei jedem Patienten mit akuter Atemnot in Betracht gezogen werden. Risikofaktoren sind

  • eine tiefe Venenthrombose oder LAE in der Anamnese,

  • längere Ruhigstellung,

  • kurz zurück liegende Traumata oder Operationen (insbesondere orthopädische Eingriffe),

  • Schwangerschaft,

  • Krebserkrankungen,

  • Schlaganfall oder Parese,

  • orale Kontrazeptiva,

  • Rauchen sowie

  • eine bekannte persönliche oder familiäre Gerinnungsstörung (Hyperkoagulabilität).

Es ist sinnvoll, das Risiko für eine LAE strukturiert mit gut evaluierten Scores wie dem Wells- oder dem Geneva-Score einzugrenzen. Die Symptomatik kann sehr unterschiedlich sein, aber eine akute, in Ruhe aufgetretene Dyspnoe und Tachypnoe sind die häufigsten Anzeichen. Eine große Zahl der betroffenen Patienten hat zum Zeitpunkt der Diagnose keine bekannten Risikofaktoren. Andere embolische Phänomene sind eine Fettembolie , insbesondere nach Fraktur langer Röhrenknochen, und die Fruchtwasserembolie bei Schwangeren.

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Die akute Exazerbation einer COPD manifestiert sich häufig in einer akuten Atemnot. Meist verschlimmert eine virale oder bakterielle Infektion der Atemwege die Grunderkrankung des Patienten.

Typische Charakteristika einer COPD-Exazerbation sind die drei Anthonisen-Kriterien, d. h., die Zunahme von

  • Dyspnoe,

  • Husten und

  • Sputummenge bzw. Sputumpurulenz.

LAE sind bei Patienten mit COPD gehäuft und können in bis zu 25 % der Fälle für scheinbare COPD-Exazerbationen verantwortlich sein. Dies sollte in Betracht gezogen werden, wenn sich der Zustand des Patienten unter der durchgeführten Therapie nicht verbessert.

Asthma

Asthma-bronchiale-Exazerbationen gehen meist mit Atemnot und pulmonalem Pfeifen oder Giemen einher. Zeichen einer schweren Erkrankung umfassen den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, eine kurze, abgehackte Sprache, Schweißausbrüche, Unruhe und eine fehlende Beschwerdebesserung unter Standardtherapie. Extreme Müdigkeit, Zyanose, und Verwirrtheit sind Zeichen eines drohenden Atemversagens.

Pneumothorax und Spannungspneumothorax

Jeder einfache Pneumothorax kann sich zu einem lebensbedrohlichen Spannungspneumothorax (Abb. 1) entwickeln. Neben Traumata und iatrogenen Ursachen wie der Anlage eines zentralen Venenkatheters erhöht eine Reihe von weiteren pulmonalen Erkrankungen das Risiko für die Entwicklung eines Pneumothorax.

Abb. 1
figure 1

Spannungspneumothorax links in einer Röntgenaufnahme des Thorax

Risikofaktoren für einen primären Spontanpneumothorax sind Rauchen, eine positive Familienanamnese und das Marfan-Syndrom. Die Patienten sind in der Regel zwischen 20 und 30 Jahre alt und klagen über plötzlich einsetzende Atemnot sowie einen pleuritischen Brustschmerz, der meist in Ruhe begonnen hat.

Patienten mit bestimmten Lungenerkrankungen, einschließlich COPD, zystischer Fibrose/Mukoviszidose, Tuberkulose und einer Pneumocystis-Pneumonie bei AIDS-Erkrankung, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines sekundären Spontanpneumothorax.

Patienten, die ein Thoraxtrauma erlitten haben oder einen schweren Husten haben, können über Atemnot mit pleuritischem Brustschmerz klagen und ein subkutanes Emphysem über der Supraklavikular- und vorderen Halsregion sowie ein Pneumomediastinum mit oder ohne Pneumothorax aufweisen.

Bronchopulmonale Infektionen

Bronchopulmonale Infektionen wie schwere Bronchitis oder eine Pneumonie (Abb. 2) können Atemnot und Hypoxämie verursachen. Produktiver Husten, Fieber und pleuritische Schmerzen in der Brust sind häufige, aber unspezifische Anzeichen. Der Beginn der Dyspnoe ist bei diesen Patienten in der Regel nicht akut, es sei denn, dass eine chronische Lungenerkrankung zugrunde liegt. Zum Beweis der Pneumoniediagnose anhand eines neuen oder progredienten Infiltrats ist eine Röntgenaufnahme des Thorax notwendig. Die Diagnose einer Pneumonie kann aber auch bei Vorliegen eines fokalen Auskultationsbefunds in Kombination mit einer typischen klinischen Symptomatik gestellt werden.

Abb. 2
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Lobärpneumonie im rechten Mittellappen in einer Röntgenaufnahme des Thorax

„Acute respiratory distress syndrome“

Ein ARDS kann zu einer rasch fortschreitenden Atemnot mit akuter Zustandsverschlechterung, Hypoxämie und bilateralen Infiltraten auf den Röntgenaufnahmen des Thorax führen (Abb. 3). Das klinische Bild ist oft schwer von der akut dekompensierten Herzinsuffizienz zu unterscheiden. Neben der Suche nach dem Auslöser können die Bestimmung des „brain natriuretic peptide“ (BNP) und die Durchführung einer Echokardiographie diagnostisch hilfreich sein. Mögliche Ursachen eines ARDS sind

Abb. 3
figure 3

„Acute respiratory distress syndrome“ bei Rippenserien- und Klavikulafraktur in einer Röntgenaufnahme des Thorax

  • Sepsis;

  • ein schweres Trauma mit Schock („Schocklunge“);

  • die Inhalation toxischer Substanzen, z. B.

    • Aspiration,

    • thermische Schädigung,

    • wasserfreies Ammoniak,

    • Chlor,

    • Beinaheertrinken;

  • Infektionen:

    • Malaria tropica,

    • schweres akutes respiratorisches Syndrom (SARS) und

    • Hantavirus;

  • Bluttransfusionen (transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz);

  • Drogenintoxikation:

    • Kokain,

    • Opioide und

    • Acetylsalicylsäure;

  • Fettembolie und

  • Fruchtwasserembolie.

Unabhängig von einer Pneumonie kann auch eine schwere Sepsis zu einem Lungenversagen führen.

Thoraxtrauma

Ein Thoraxtrauma kann zu einer Lungenkontusion, einem Pneumothorax oder einer Lazeration führen. Zu unterscheiden sind stumpfe und penetrierende Traumata. Beide können Ursache einer akuten Atemnot sein.

Rauchgasinhalation

Ein Rauchgasinhalationstrauma durch Inhalation toxischer Gase kann zu akuter Atemnot führen, die aber auch mehrere Stunden nach Exposition verzögert auftreten kann. Das klinische Bild gleicht dem eines ARDS (s. oben). Mehr als 80 % der durch Verbrennung verursachten Todesfälle sind auf ein Inhalationstrauma zurückzuführen. Rauchgas, das sich bei einem Brand entwickelt, enthält neben Ruß (Erstickungs- und Reizgase) die Giftgase CO und Cyanid (CN). Ruß im Bereich von Mund, Gesicht oder Nase deutet immer auf eine Rauchgasinhalation hin. Bei Cyanidvergiftung ist der Bittermandelgeruch in der Ausatmungsluft typisch. In 75 % der Todesfälle durch Brand ist eine reine Cyanidvergiftung oder eine Mischintoxikation mit CN und CO die Ursache.

Lungenblutungen

Lungenblutungen aufgrund einer Verletzung oder einer Grunderkrankung, z. B. einer Krebserkrankung oder Tuberkulose, können akute Atemnot verursachen und zu chronischer oder akuter Anämie mit vitaler Bedrohung führen.

Kardiale Ursachen der akuten Dyspnoe

Gemeinsame Ursache der Dyspnoe bei Herzerkrankungen ist die resultierende Linksherzinsuffizienz, die als Endzustand in einem Lungenödem resultiert (Abb. 4). Die Ursachen der kardialen Schwäche können vielfältig sein.

Abb. 4
figure 4

Globalinsuffizienz mit Lungenödem in einer Röntgenaufnahme des Thorax

Häufige Ursache ist ein ACS. Patienten, die einen Myokardinfarkt erleiden, insbesondere ältere Menschen, können als einziges Symptom eine akute Atemnot aufweisen. Bei Patienten, deren Hauptsymptom die Atemnot ist, wird ein zugrunde liegender Myokardinfarkt häufig nicht erkannt. Nicht selten liegen bei Patienten mit kardialer Ursache der Dyspnoe eine Kardiomyopathie und/oder Herzrhythmusstörungen vor. Klappendysfunktionen sind ebenfalls mögliche Ursachen, insbesondere die Aortenklappenstenose muss bedacht und ggf. ausgeschlossen werden.

Bei Patienten mit genuiner Herzinsuffizienz wird der „low output failure“ vom „high output failure“ unterschieden. Der „low output failure“ kann nach Volumenüberladung durch eine systolische oder diastolische Dysfunktion oder Obstruktion der Ausstrombahn verursacht werden, z. B. bei Aortenklappenstenose, hypertropher Kardiomyopathie oder schwerer arterieller Hypertonie. Die Symptome reichen von leichter Atemnot bei Anstrengung bis hin zum schweren Lungenödem, das eine dringliche Therapie erforderlich macht. Die akut dekompensierte Herzinsuffizienz gehört zu den häufigsten Ursachen von akutem Lungenversagen bei Patienten über 65 Jahre.

Der „high output failure” kann durch eine Reihe von Vorerkrankungen ausgelöst werden, so etwa durch eine schwere Anämie, Beriberi (Thiaminmangel), Hyperthyreose oder Schwangerschaft. Anzeichen können Tachykardie, eine hohe Pulsamplitude und ein Schwirren („bruit“) über den Karotiden sein.

Schließlich ist die Perikardtamponade eine notfallmedizinisch relevante Ursache der akuten Dyspnoe. Die klassische Trias von Hypotonie, gestauten Halsvenen und gedämpften Herztönen führt zur Diagnose, ist aber oft nicht zu beobachten.

Neurologische Ursachen der akuten Dyspnoe

Obwohl die Dyspnoe nicht das Hauptsymptom des Patienten mit akutem Schlaganfall ist, können im Verlauf eines Schlaganfalls verschiedene Atemstörungen auftreten. Dazu gehören Aspirationspneumonien, das neurogene Lungenödem und eine Reihe abnormer Atemmuster mit konsekutiver Hypoxämie oder Hyperkapnie, die ein invasives Atemwegsmanagement erforderlich machen können. Eine Reihe von neuromuskulären Erkrankungen hat aufgrund einer Schwäche der Atemmuskulatur im fortgeschrittenen Stadium oft eine chronische Atemnot zur Folge, die sich durch zusätzliche Auslöser wie bronchopulmonale Infekte zu einer verstärkten oder akuten Dyspnoe entwickeln kann. Beispiele sind die multiple Sklerose, das Guillain-Barré-Syndrom, die Myasthenia gravis und die amyotrophe Lateralsklerose.

Toxische und metabolische Ursachen einer akuten Dyspnoe

Verschiedene Toxine können Störungen der Atemfunktion verursachen und eine Dyspnoe auslösen. Eine Organophosphatvergiftung bewirkt einen Bronchospasmus. Erdöldestillate und Paraquat können ebenfalls Atembeschwerden verursachen.

Bei der Salicylatvergiftung führt die Stimulation des medullären Atemzentrums zu Hyperventilation und respiratorischer Alkalose, gefolgt von metabolischer Azidose. In Fällen mit schweren Vergiftungen kann es zum Lungenödem kommen. Auffällige extrapulmonale Anzeichen sind Fieber, Tinnitus, Schwindel, Erbrechen, Durchfall und in schweren Fällen auch Veränderungen des psychischen Zustands.

Die CO-Vergiftung kann mit Tachypnoe und akuter Atemnot einhergehen. In schweren Fällen ist auch die Entwicklung eines Lungenödems möglich. Extrapulmonale Anzeichen sind in der Regel deutlicher, aber oft unspezifisch. So können Kopfschmerzen, Unwohlsein, Brustschmerzen und Bewusstseinsstörungen auftreten. Die O2-Sättigung in der Pulsoximetrie spiegelt nicht die Beladung der Erythrozyten mit O2 wider, sondern ist durch eine hohe CO-Bindung an Hämoglobin verfälscht.

Metabolische Azidosen führen zu einer oft schweren kompensatorischen Tachypnoe, die gelegentlich als Dyspnoe empfunden wird. Dies ist unabhängig davon, ob die Azidose durch Ingestion von sauren Valenzen wie Ethylenglykol, Salicylaten oder Methanol, durch Akkumulation von sauren Valenzen aus dem endogenen Stoffwechsel wie Ketonen und Laktat oder durch die fehlende Ausscheidung bei Urämie bedingt ist.

Akute Anämien können aufgrund einer mangelhaften O2-Transportkapazität eine Dyspnoe auslösen.

Das akute Thoraxsyndrom ist eine potenziell lebensbedrohliche Komplikation der Sichelzellenanämie und wird vorwiegend in der afroamerikanischen Bevölkerung gesehen. Die Patienten klagen in der Regel über starke Brustschmerzen, akute Atemnot und haben Fieber. Die Röntgenaufnahme des Thorax zeigt ein frisches Infiltrat, ausgelöst durch eine (Infarkt-)Pneumonie.

Andere Ursachen

Bei Patienten mit Lungenkrebs ist Atemnot zum Zeitpunkt der Diagnose ein häufiges Symptom. Sie tritt in etwa 25 % der Fälle auf. Atemnot kann durch

  • extra- oder intraluminale Obstruktionen der Atemwege,

  • obstruktive Pneumonien oder Atelektasen,

  • eine lymphangitische Tumorausbreitung,

  • Tumorembolien,

  • einen Pneumothorax,

  • Pleuraergüsse sowie

  • Perikarderguss oder -tamponade

verursacht werden.

Ein Pleuraerguss als Folge von Infektionen, Aszites, Pankreatitis, Krebs, dekompensierter Herzinsuffizienz oder Traumata kann eine schwere akute Atemnot verursachen. Auch intraabdominelle Erkrankungen wie Peritonitis, Hohlorganperforation oder Darmverschluss können zu starken Schmerzen bei der Atmung und schwerer Kurzatmigkeit führen. Durch Malignome oder Lebererkrankungen ausgelöster Aszites kann die Bauchhöhle so stark dehnen, dass Druck auf das Zwerchfell entsteht. Daraus resultiert dann eine Erhöhung der Atemarbeit. In solchen Fällen bessert sich die Symptomatik oft nach Parazentese (Aszitespunktion).

Während der Schwangerschaft ereignet sich eine Reihe von physiologischen Veränderungen, die die Atemfunktion beeinträchtigen können. Hierzu gehören eine Zunahme der Minutenventilation, eine Abnahme der funktionellen Residualkapazität, eine Abnahme des Hämatokrit und ein Zwerchfellhochstand. Etwa zwei Drittel der Frauen klagen im Verlauf einer normalen Schwangerschaft über Dyspnoe.

Allerdings erhöht die Schwangerschaft auch das Risiko für mehrere potenziell lebensbedrohliche Erkrankungen, die sich durch eine Atemnot äußern können, insbesondere die LAE. Ein Lungenödem kann ebenfalls im Rahmen einer Reihe von Krankheiten entstehen, die mit einer Schwangerschaft einhergehen, z. B. bei Präeklampsie, Fruchtwasserembolie oder peripartaler Kardiomyopathie.

Hyperventilation im Rahmen einer Angst- oder Panikstörung ist eine Ausschlussdiagnose in der Notaufnahme, die meist junge Frauen betrifft und mit typischen perioralen und akralen Parästhesien einhergeht. Selbst bei jungen gesunden Patienten mit einer bekannten Angststörung ist es ratsam, eine Anamnese und körperliche Untersuchung durchzuführen, um organische Ursachen der Atemnot auszuschließen. Diese Zuwendung ist für die Patienten oft so beruhigend, dass die Störung sich schon während der Anwesenheit des Arztes bei gleichzeitiger Rückatmung in einen Beutel deutlich verbessert.

Angst ist aber auch häufig bei Patienten mit einer schweren medizinischen Erkrankung zu beobachten. So finden sich bei COPD-Patienten 3-mal häufiger Angststörungen als in der allgemeinen Bevölkerung [9]. Bei diesen Patienten sollte primär stets bis zum Beweis des Gegenteils eine Exazerbation als Ursache der Atemnot vermutet werden.

Abb. 5 fasst die wesentlichen Dyspnoeursachen zusammen.

Abb. 5
figure 5

Wichtige Ursachen der akuten Dyspnoe

Fazit für die Praxis

  • Störungen, die einer Dyspnoe zugrunde liegen können, sind breit gefächert. Anamnese und klinischer Befund geben wichtige Hinweise auf die mögliche Ursache und helfen bei der differenzialdiagnostischen Eingrenzung.

  • Pathophysiologisch unterscheidet man zwischen dem hyperkapnischen und hypoxämischen Lungenversagen.

  • Anzeichen für ein drohendes respiratorisches Versagen („red flags“) sind ein reduzierter Bewusstseinszustand, die Unfähigkeit, eine suffiziente Atemtätigkeit zu erhalten, Agitation und Schaukelatmung.

  • Hauptziele des initialen Managements von Dyspnoepatienten sind die Optimierung der Oxygenierung, die Beurteilung der Notwendigkeit für ein Notfallatemwegsmanagement (invasive/nichtinvasive Beatmung), die Identifikation und Soforttherapie lebensbedrohlicher Ursachen der Dyspnoe und differenzialdiagnostische Überlegungen zur wahrscheinlichsten Ursache der akuten Atemnot.

CME-Fragebogen

Wie lange muss eine Dyspnoe anhalten, damit sie nicht mehr als akut, sondern als chronisch klassifiziert wird?

> 8 h

> 12 h

> 24 h

>  48 h

> 72 h

Welche der folgenden Diagnosen ist die häufigste Ursache für akut aufgetretene Dypsnoe bei Patienten, die sich in der Notambulanz vorstellen?

Herzinsuffizienz

Asthma bronchiale

Metabolische Azidose

Angststörungen

Bronchialkarzinom

Ab welcher Atemfrequenz sollte eine Atemstörung als schwerwiegend eingestuft werden?

> 12/min

> 18/min

> 25/min

> 30/min

> 40/min

Ein Patient, bei dem keine Vorerkrankungen bekannt sind, stellt sich mit akuter Dyspnoe in der Notambulanz vor. Die initiale Blutgasanalyse zeigt einen pO2 von 50 mmHg. Sie entscheiden sich zur Gabe von O2. Welchen Ziel-pO2sollten Sie anstreben?

> 60 mmHg

> 70 mmHg

> 80 mmHg

> 90 mmHg

> 100 mmHg

Sie vermuten bei einem schwer dyspnoischen Patienten aufgrund der Klinik und der Auskultation einen Spannungspneumothorax. Wo sollte die Entlastung mittels Kanüle schnellstmöglich bevorzugt erfolgen?

1./2. ICR parasternal

2./3. ICR medioklavikulär

3./4. ICR, vordere Axillarlinie

4./5. ICR, mittlere Axillarlinie

4./5. ICR, hintere Axillarlinie

Was ist die häufigste Ursache für Todesfälle im Rahmen von Bränden?

CO-Vergiftung

CO2-Vergiftung

Hypoxämie

Rußvergiftung

Cyanidvergiftung

Welche der folgenden Ursachen einer akuten Herzinsuffizienz kann zum sog. „high output failure“ führen?

Anämie

Hypertrophe Kardiomyopathie

Aortenklappenstenose

Diastolische linksventrikuläre Dysfunktion

Schwere arterielle Hypertonie

Ein 35-jähriger Patient aus Ghana stellt sich in der Notambulanz mit schweren Thoraxschmerzen, Dyspnoe und Fieber von 40,5 °C vor. In der Röntgenaufnahme des Thorax zeigt sich ein keilförmiges Infiltrat. Was ist am ehesten Ursache für die vorliegenden Symptome?

Malaria tertiana

Sichelzellenanämie

β-Thalassämie

Hämorrhagisches Fieber

Parasitäre Pneumonie

Welche Störung liegt pathophysiologisch dem hypoxämischen Lungenversagen zugrunde?

Versagen der Atempumpe mit ventilatorischer Insuffizienz und erhöhter Totraumventilation

Toxische Schädigung der alveolären Strukturen

Oxygenierungsstörung durch intrapulmonalen Shunt

Diffuse Schädigung des Lungenparenchyms mit Surfactant-Abbau

Bronchiale Hyperreaktivität mit Schleimhautödem

Welches klinische Zeichen gilt als sog. „red flag“ für ein drohendes respiratorisches Versagen?

Kurze, fragmentierte Sprache

Unfähigkeit, flach auf dem Rücken zu liegen

Ausgeprägte Diaphorese

Schaukelatmung

Einziehungen und Einsatz von Hilfsmuskulatur