Die Schmerzstärke ist kein brauchbarer Parameter im Diagnose- und Therapiemanagement einer Nierenkolik: Starke Schmerzen deuten nicht unbedingt auf große Steine oder eine schlechte Prognose hin.

Je stärker der Schmerz, umso schneller folgen häufig diagnostische und therapeutische Interventionen. Ob der Schmerz bei einer Nierenkolik tatsächlich ein guter prognostischer Faktor ist, um die Dringlichkeit eines Eingriffs abschätzen zu können, war Gegenstand aktueller Untersuchungen.

figure 1

© reineg / stock.adobe.com

Starke Schmerzen treten eher bei Patienten mit kleinen Steinen auf.

Die Urologen sind der Frage nachgegangen, ob die Größe eines Nierensteins mit der Schmerzstärke korreliert und ob sich aus dieser Information möglicherweise wichtige Vorhersagen für den Verlauf gewinnen lassen. Dafür nutzten sie Daten von 2.206 Patienten, bei denen während der Erstversorgung in sechs Kliniken per Computertomografie (CT) eine Nierenkolik bestätigt worden war. Die Patienten wurden nach der Schwere ihrer Schmerzen in zwei Gruppen eingeteilt: starker Schmerz (numerische Rating-Skala [NRS] 8-10) und weniger starker Schmerz (NRS < 8). Der Verlauf bei Patienten mit einer Steingröße > 5 mm wurde über 60 Tage hinweg beobachtet. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer lag bei 49 Jahren.

Die Analyse der im Vorfeld des CT vorliegenden Daten ergab, dass die Schmerzstärke mit einer Sensitivität von 52 % und Spezifität von 46 % auf einen großen Stein (> 5 mm) hinwies. Starke Schmerzen traten eher bei Patienten mit kleinen Steinen auf. Mit jedem Anstieg des Schmerz-Scores um eine Einheit sank die adjustierte Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines großen Steines um 4 %. Zudem kamen große Steine vergleichsweise seltener bei Männern vor oder bei einer Zuweisung des Patienten über den Notdienst. Dagegen waren Hydronephrose und ein höheres Alter positiv mit der Steingröße assoziiert. Keiner dieser untersuchten Faktoren, einschließlich Schmerz, hatte jedoch Einfluss auf die 60-Tage-Prognose. Blieben in den Rechenmodellen allerdings Steingröße und -lokalisation unbeachtet, zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Klinikeinweisung innerhalb von 60 Tagen respektive einer Notfallintervention und der Hydronephrose, dem männlichen Geschlecht und dem zunehmenden Alter. In der multivariablen Analyse wurde der schwache negative Zusammenhang zwischen Steingröße und Schmerzstärke bestätigt: Für jeden Millimeter zunehmender Steingröße sank die Wahrscheinlichkeit für starken Schmerz um 3 %. Zudem zeigte sich erneut der verringernde Einfluss des Alters und der renalen versus urethralen Steinlokalisation auf den Schmerz.

Fazit: Den Autoren der Studie zufolge sind starke Koliken nicht mit einer besonders hohen Gefahr für eine Obstruktion oder einen ungünstigen Verlauf gleichzusetzen. Andererseits solle man im Blick haben, dass ohne Kenntnis von Größe und Lokalisation der Stein bei älteren Patienten und bei moderater bis schwerer Hydronephrose ein erhöhtes Risiko bestehe, dass der Stein nicht von selbst abgehe und eine Notfallintervention erforderlich werde.

Gourlay K et al. Does pain severity predict stone characteristics or outcomes in emergency department patients with acute renal colic? Am J Emerg Med. 2021; 45: 37-41