Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags werden Sie die nachfolgenden Punkte bewusster in Ihre Alltagspraxis einbeziehen:

  • Anamnese und klinische Untersuchung erlauben auch heute noch in 80 % der Fälle eine richtige Diagnosestellung.

  • Apparative Tests dienen dann einzig der Bestätigung der Verdachtsdiagnose.

  • Nur selten sind apparative Tests die einzige Möglichkeit zur Feststellung einer Diagnose.

  • Die subjektiv geschätzte Vortestwahrscheinlichkeit ist unabdingbar für die Bewertung apparativer Tests.

Einführung

Im Zeitalter der hochtechnisierten Medizin werden Anamnese und klinische Untersuchung zunehmend in den Hintergrund gedrängt [1]. Für die Beurteilung apparativer Untersuchungen gilt: Aufgrund des Bayes-Wahrscheinlichkeitstheorems ist die persönliche, subjektiv geschätzte Vortestwahrscheinlichkeit unabdingbar in der Bewertung nachfolgender apparativer Tests. Diese probabilistische Sichtweise lässt sich leicht umsetzen, indem man anstelle von Vortestwahrscheinlichkeiten (wobei es nota bene nicht um einzelne Prozente, sondern nur um „tief“, „mittel“, „hoch“ geht) Vortestchancen (z. B. „tief“ ≈1:4) beurteilt und diese dann mit den Likelihood-Ratios, die meistens aus der Literatur bekannt sind, multipliziert, um so auf die Chance für das Vorliegen einer Krankheit nach Durchführung eines apparativen Tests zu kommen [21].

Gezielte Anamnese pulmonaler Leitsymptome

Einige Untersuchungen, die zur Differenzialdiagnose wichtig sind, werden ergänzend in diesem Abschnitt genannt.

Dyspnoe

Als Dyspnoe wird eine als unangenehm bewusste Wahrnehmung der Atmung bezeichnet. Als Erstes sollte eine akute Dyspnoe (auftretend innerhalb Minuten bis Stunden) von einer chronischen Dyspnoe (sich schleichend entwickelnd und persistierend) abgegrenzt werden. Die Differenzialdiagnosen und das klinische Vorgehen sind bei den beiden Formen grundsätzlich verschieden.

Die wichtigsten Ursachen einer akuten Dyspnoe sind: Asthmaanfall, Exazerbation einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), Aspiration, hypertensive Krise oder Myokardischämie mit Lungenödem, Lungenembolie, Pneumonie, Pneumothorax sowie Panikattacke („Hyperventilation“). Erwähnt sei auch die Dyspnoe im Rahmen einer „großen“ Kussmaul-Atmung bei Azidose im Rahmen eines Diabetes oder auch einer renalen Erkrankung. Auch Obstruktionen im Bereich der oberen Luftwege müssen erwähnt werden, wie etwa eine „vocal cord dysfunction“ (VCD), einseitige oder insbesondere beidseitige Rekurrensparese, Reinke-Ödem und letztlich auch Tumoren im Bereich der oberen Atemwege. Auf die Differenzialdiagnose der kardialen Dyspnoe wird hier verzichtet.

Merke

Dyspnoe kann definiert werden als eine bewusste unangenehme Wahrnehmung der Atmung.

In dieser Situation kann die Messung der forcierten exspiratorischen Vitalkapazität (FVC) und des Einsekundenvolumens (FEV1) mittels eines Mikrospirometers sehr hilfreich sein, ebenso wie die Bestimmung des Peak-Flows mittels Peak-Flow-Meter.

Routinemäßig wird immer die Sauerstoffsättigung perkutan mittels Pulsoxymeter geprüft. Dabei ist aber wichtig zu wissen, dass eine zusätzliche arterialisierte Blutgasanalyse unabdingbar ist, da nur so der paCO2 als Zeichen der erschöpften Atempumpe erfasst werden kann. Daneben wird der Wert benötigt, um die alveoloarterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz sowie den pH-Wert und den Basenexzess zu erfassen.

Bei einer chronischen Dyspnoe unterteilt man praktisch am einfachsten 3 Gruppen:

  • Herzkrankheiten (Herzinsuffizienz) und hypertensive Entgleisung,

  • Lungenkrankheiten (obstruktive und restriktive Ventilationsstörungen) und

  • Sonstiges (pulmonale Hypertonie, neuromuskuläre Erkrankungen, Anämie und Hyperthyreose).

Zur Einteilung des Schweregrads einer Dyspnoe wird in der pneumologischen Literatur oft die MRC-Dyspnoe-Skala (Medical Research Council) verwendet. Diese ist im Wesentlichen vergleichbar mit der ursprünglich für Herzkrankheiten entwickelten Klassifikation gemäß NYHA (New York Heart Association), aber allgemein weniger bekannt. Die MRC-Skala hat 5 Grade, wobei Grad 1 „keine Dyspnoe“ in der NYHA-Klassifikation nicht vorkommt. Bei der pulmonalen Hypertonie wurde noch eine weitere Bezeichnung, die „funktionelle WHO-Klasse“ eingeführt, die aber mit der NYHA-Einteilung fast identisch ist. Die offizielle NYHA-Klassifikation wurde bereits 1928 bei einer Konferenz in New York vorgeschlagen und mit geringen Adaptationen bis heute beibehalten:

  • Klasse I (keine Dyspnoe bei alltäglichen Belastungen),

  • Klasse II (Dyspnoe bei alltäglicher Belastung),

  • Klasse III (Dyspnoe bereits bei leichter Belastung) und

  • Klasse IV (Dyspnoe bei allen körperlichen Aktivitäten oder sogar in Ruhe).

Werden diese einfachen Fragen nach „Dyspnoe“ ungezielt verwendet, ist die Korrelation zwischen verschiedenen Untersuchern gerade mal 0,5, was einer Entscheidung mittels Münzwurf entspricht. Obwohl es noch keine validierten Fragebögen gibt, sollte man sich konkrete Fragen nach dem Auftreten der Dyspnoe zurechtlegen, wie z. B.:

  • Klasse I: Tritt die Luftnot nur bei starken körperlichen Belastungen auf, die das alltägliche Maß übersteigen?

  • Klasse II: Tritt die Luftnot bereits beim Treppensteigen von bis zu 2 Stockwerken in normalem Tempo ein?

  • Klasse III: Tritt die Luftnot bereits bei reduziertem Fußgängertempo auf einem ebenen Weg ein?

  • Klasse IV: Tritt die Luftnot bereits bei geringster Belastung, wie z. B. in der Wohnung in ein anderes Zimmer gehen, Zähne putzen, sich waschen oder anziehen auf?

Vor allem Klasse IV wird regelmäßig missinterpretiert als „Dyspnoe in Ruhe“, und in den medizinischen Dokumentationen ist ohne Benutzung von konkreten Fragen die am häufigsten angegebene Klasse „II–III“, was völlig nutzlos ist.

6-min-Gehtest

Der 6‑min-Gehtest ist heute bei chronischer Dyspnoe die Untersuchung der Wahl, um eine körperliche Limitation zu quantifizieren [2]. Der Patient wird aufgefordert, auf einer 30 m langen, geraden Strecke während 6 min so weit und so schnell zu gehen, wie es ihm gerade noch angenehm ist. Dabei darf er nicht angespornt, sondern nur jede Minute über die noch verbleibende Zeit informiert werden. Pausen sind erlaubt. Dabei läuft aber die Stoppuhr weiter. Obwohl der Sollwert dieses Tests nur approximativ mittels einer Formel bestimmt werden kann, spricht eine Gehstrecke von >440 m für eine nur leichte und eine solche <165 m für eine schwere körperliche Einschränkung mit einer deutlich erhöhten Sterblichkeit. Am Ende des Gehtests wird der Grad der Erschöpfung mit der von 1 (sehr leicht) bis 10 (sehr schwer) reichenden Borg-Skala dokumentiert.

Gesundheitsbezogene Lebensqualität

Neben dem Schweregrad der Dyspnoe, der 6‑min-Gehstrecke und der Lungenfunktion ist die Analyse der Lebensqualität für eine umfassende Beurteilung eines Patienten unabdingbar. Dabei unterscheidet man zwischen sog. generischen, die allgemeine Lebenszufriedenheit messenden und die für eine bestimmte Krankheit spezifischen, sog. gesundheitsbezogenen Fragebögen. Die generische Lebensqualität wird z. B. mit dem SF-36-Fragebogen, dem EURO-QOL-Instrument und dem Nottingham Health Profile (NHP) bestimmt und hauptsächlich für klinische Studien verwendet.

Ganz anders ist heute die Bedeutung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität [3]. Sie sollte eigentlich bei jedem Patienten eingesetzt werden, ist doch die Korrelation zwischen Schweregrad von Dyspnoe, 6‑min-Gehstrecke, Lungenfunktion und Lebensqualität nur eine lockere (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Vier unabdingbare Parameter für eine umfassende Beurteilung des Patienten. Nur lockere Korrelation zwischen den 4 Messgrößen (r = 0,42–0,62). Rot einige aus der Literatur bekannte Werte

So kann ein Patient mit COPD und einer Einsekundenkapazität von lediglich 30 % noch recht zufrieden sein und subjektiv nur wenig Atemnot verspüren. Anderseits ist u. U. ein Patient mit Lungenfibrose, einer Vitalkapazität von 70 % und einer 6‑min-Gehstrecke von 500 m infolge seiner Tachypnoe und des chronischen quälenden Hustens massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt. Gut bekannt ist auch die Problematik des „near-fatal“ Asthmaanfalls. Diese Patienten weisen oft eine verminderte Empfindung der Atemnot auf, was dazu führt, dass sie die Verschlechterung der Lungenfunktion erst quasi „5 vor 12“ verspüren. Dies ist ein Grund, weshalb Asthmapatienten, die schon einmal einen bedrohlichen Asthmaanfall hatten, täglich ihren Peak-Flow messen sollten.

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität stellt heute einen der wichtigsten Endpunkte für klinische Studien dar. Sie ist auch für ökonomische Betrachtungen essenziell, werden doch aus den daraus ermittelten Daten qualitätsassoziierte Lebensjahre berechnet. Und letztlich ist sie wesentlich für die Beurteilung des Verlaufs einer Krankheit und somit für die alltägliche Praxis [4]. Für die COPD ist der St. George’s Respiratory Questionnaire (SGRQ) wohl der bedeutendste [5]. Er beinhaltet 76 krankheitsbezogene Fragen, unterteilt in 3 Gruppen (Symptome, allgemeine Aktivität und Auswirkung auf das eigene Dasein).

Weitere oft verwendete Instrumente sind der Chronic Respiratory Disease Questionnaire (CRDQ) und der neue Living with COPD Questionnaire (LCOPD). Für die tägliche Praxis bei der Führung von COPD-Patienten ist der COPD Assessment Test (CAT) sehr gut geeignet. Dieser Test wurde von der pharmazeutischen Industrie entwickelt und wird kostenlos und unkompliziert zur Verfügung gestellt. Die 8 Fragen beziehen sich auf das tägliche Leben und können vom Patienten bereits im Wartezimmer ausgefüllt werden. Sie bieten dem Arzt eine rasche Orientierung über den gesundheitlichen Zustand in den letzten Tagen und Wochen. Beim Asthma gehört der Juniper Asthma Quality of Life Questionnaire (AQLQ-Juniper) zu den von der Pharmaindustrie unabhängigen Fragebögen. Neben dem Asthma Control Questionnaire (ACQ) und dem Pediatric Asthma Quality of Life Questionnaire (PAQLQ; [6]) wurde auch hier kürzlich mittels neuester ausgeklügelter Methodik analog dem LCOPD die Asthma Life Impact Scale (ALIS) erstellt und validiert. Für das Asthma wurde von der pharmazeutischen Industrie ein Test entwickelt, der mit lediglich 5 einfachen Fragen auskommt, der Asthma Control Test (ACT). Er wird daher von den Patienten sehr gut angenommen.

Auch für die pulmonale Hypertonie wurde ein Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität, der Cambridge Pulmonary Hypertension Outcome Review (CAMPHOR) entwickelt und validiert [7]. Das Instrument ist bereits in viele Sprachen übersetzt worden und kann bei dieser seltenen und nur mit sehr teuren Therapien behandelbaren Krankheit für ökonomische Kosten-Nutzen-Aspekte und anderseits als Endpunkt für therapieorientierte Studien dienen. Es ist eine noch wenig bekannte Tatsache, dass im Vergleich zu den anderen 3 wichtigen Endpunkten (NYHA-Klasse, 6‑min-Gehstrecke, „brain natriuretic peptide“) der CAMPHOR eine gute Sensitivität bezüglich einer für den Patienten spürbaren Verschlechterung hat.

Schnarchen, Apnoe und Hypersomnie

Schnarchen ist häufig (etwa 50 % der über 50-jährigen Männer). Das „einfache“ Schnarchen, das Lautstärken bis zu 80 dB erreichen kann, ist eine akustische Störung für die Umgebung, macht aber die Schnarcher selbst nicht krank. Es kommt durch ein Flattern der im Schlaf erschlafften oberen Atemwege zustande.

Kommt es durch die intermittierende Widerstandserhöhung zu Aufwachreaktionen („arousals“) und damit zu einer Fragmentierung des Schlafmusters, treten Symptome auf. Diese bestehen aus vermehrter Einschlafneigung tagsüber und neuropsychologischen Störungen (Vergesslichkeit, Depression usw.). Solche Störungen des Schlafs treten insbesondere beim eigentlichen obstruktiven Schlafapnoesyndrom auf. Dabei kommt es intermittierend, bis 2‑mal/min, zu einem vollständigen Verschluss der oberen Atemwege trotz fortgesetzter Atembewegungen des Zwerchfells (paradoxes Atemmuster von Abdomen und Thorax). Sistiert die Atmung für 10 und mehr Sekunden, spricht man von einer Apnoe (Fremdanamnese, Tonaufzeichnung). Das Schlafapnoesyndrom ist deutlich häufiger bei Männern und wird durch Übergewicht sowie Alkoholgenuss begünstigt.

Zur Quantifizierung des Symptoms der vermehrten Einschlafneigung (Hypersomnie) dient die Epworth-Sleepiness-Scale (ESS) [8].

Dabei wird erfragt, wie leicht es dem Patienten fällt, in 8 definierten alltäglichen Situationen einzuschlafen. Gemeint ist nicht nur das Gefühl, müde zu sein, sondern auch wirklich einzuschlafen. Die Fragen beziehen sich auf das übliche tägliche Leben der vergangenen Wochen. Die Wahrscheinlichkeit einzuschlafen wird für jede Frage bzw. Situation mit 0–3 Punkten bewertet:

  • 0 = würde nie einschlafen,

  • 1 = würde kaum einschlafen,

  • 2 = würde möglicherweise einschlafen,

  • 3 = würde mit großer Wahrscheinlichkeit einschlafen.

Die Fragen lauten: Wie leicht fällt es Ihnen einzuschlafen bei folgenden Situationen:

  1. I.

    Sitzen und Lesen,

  2. II.

    Fernsehen,

  3. III.

    Sitzen an einem öffentlichen Ort (z. B. Theater, Sitzung, Vortrag),

  4. IV.

    als Mitfahrer im Auto während einer Stunde ohne Halt,

  5. V.

    Abliegen, um auszuruhen am Nachmittag, wenn es die Umstände erlauben,

  6. VI.

    Sitzen und mit jemandem sprechen,

  7. VII.

    ruhig sitzen nach Mittagessen ohne Alkohol,

  8. VIII.

    im Auto beim Stopp an einer Verkehrsampel während einiger Minuten.

Der Score reicht somit von 0 bis 24. Er dient v. a. der Einschätzung des Schweregrads und des Verlaufs eines Schlafapnoesyndroms. Während die meisten Gesunden einen Score bis 10 aufweisen, liegen die Werte bei einem Schlafapnoesyndrom öfters höher. Die häufigsten Ursachen für eine vermehrte Einschlafneigung sind aber v. a. Schlafmangel, schlechte Schlafhygiene und medizinische Probleme wie gastroösophagealer Reflux oder Herzinsuffizienz.

Die Narkolepsie ist eine seltene Störung einhergehend mit

  • kurzen, oft wiederholten Schlafattacken, die nicht nur bei den beschriebenen schlaffördernden Situationen, sondern auch bei normaler körperlicher Aktivität auftreten können,

  • Kataplexie (abrupter, reversibler, einige Sekunden bis 30 min dauernder Verlust des Muskeltonus, häufig ausgelöst durch Emotionen),

  • Schlaflähmung (Gefühl beim Einschlafen oder Aufwachen, sich nicht mehr bewegen zu können) und oft damit einhergehend

  • hypnagoge Halluzinationen (Träume beim Einschlafen bzw. Aufwachen).

Andere Symptome bei Lungenkrankheiten

Der Husten ist ein komplexer physiologischer Abwehrmechanismus. Häufige Ursachen eines akuten Hustens sind eine Aspiration (Frage nach Verschlucken, Dysphagie) und eine akute Bronchitis (Frage nach grippalen Symptomen). Die wichtigste Ursache eines chronischen Hustens (>8 Wochen) ist die chronische Bronchitis (Definition gemäß WHO: täglicher Husten während mindestens 3 aufeinanderfolgender Monate während 2 Jahren). In weit über 90 % sind dabei Raucher mit oder ohne COPD betroffen. Andere Differenzialdiagnosen sind eine postvirale bronchiale Hyperreagibilität, ein „Post-Nasal-Drip-Syndrom“ im Rahmen einer chronischen Sinusitis (Gesichts- oder Kopfschmerzen, „Eiterstraße“ oder pflastersteinartige Schleimhaut an der Rachenhinterwand durch Hypertrophie des Waldeyer-Rings), ein nicht diagnostiziertes Asthma bronchiale (nächtlicher Husten, Zunahme des Hustens in Kälte, während oder nach Belastung, während Pollensaison, bei Aufenthalt in schimmligen Räumen), ein gastroösophagealer Reflux, ein Lungenkarzinom (Raucheranamnese), Medikamente (v. a. ACE-Hemmer) und die Lungenfibrose. Auch eine kardial bedingte Lungenstauung kann mit Husten, der im Liegen oder bei Anstrengung zunimmt, als einzigem Symptom einhergehen.

Besteht ein produktiver Husten, soll bei der Untersuchung Sputum gewonnen und inspiziert werden. Man bittet den Patienten, mit starken Hustenstößen das Sekret von tief unten herauf zu husten und in ein bereitstehendes Gefäß zu spucken. Wird zu diagnostischen Zwecken, z. B. bei Verdacht auf Pneumozystispneumonie bei HIV-Patienten oder bei Verdacht auf Mykobakterien Sputum benötigt und vom Patienten aber keines expektoriert, kann mittels Inhalation von 3%iger Kochsalzlösung in den meisten Fällen Sputum provoziert werden.

Bereits der makroskopische Aspekt des Sputums kann gewisse differenzialdiagnostische Hinweise geben, je nachdem, ob die Sputumbeschaffenheit weißlich-mukös (Asthma bronchiale, Lungenfibrose, bronchioloalveoläres Karzinom), gelblich-eitrig (akute Bronchitis, Pneumonie, Bronchiektasen, Lungenabszess, Tuberkulose), grünlich-eitrig (Pseudomonasinfekt), eitrig-stinkend (Anaerobierabszess), schaumig und evtl. blutig tingiert (kardiales Lungenödem) schleimig-batzig (ABPA, allergische bronchopulmonale Aspergillose) oder eben blutig (s. oben) ist. Thoraxschmerzen sind in diesem Zusammenhang ein besonderes Alarmsymptom. Atemabhängige Schmerzen sprechen, abgesehen von der akuten Perikarditis, zumeist für eine Affektion der Pleura. Differenzialdiagnostisch kommen v. a. eine Pleuropneumonie, eine akute (virale) Pleuritis, ein Pneumothorax und eine Lungenembolie infrage. Besteht eine lokale starke Druckdolenz ist das diagnostisch für eine (spontane) Rippenfraktur. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass dies eine klinische Diagnose darstellt. Ein Röntgenbild ist für diese Diagnose oft unbrauchbar und dient eher dem Ausschluss einer anderen Ursache, z. B. eines Pneumothorax.

Bei der Hämoptoe unterscheidet man 2 Schweregrade (wie so oft in der Medizin unter Verwendung von Anglizismen):

  • die „Minor-Hämoptoe“: nur blutig tingiertes Sputum,

  • die „Major-Hämoptoe“: reines Blut, Quantität unterschiedlich: wenige Milliliter bis mehrere Hundert Milliliter.

Bei der Ersteren sind häufige Ursachen eine hämorrhagische Bronchitis (Leck eines kleinen Blutgefäßes bei akuter oder chronischer Bronchitis), ein Lungenkarzinom, eine Lungenembolie sowie allenfalls eine Lungenstauung bei Herzinsuffizienz. Häufige Ursachen für eine „Major-Hämoptoe“ sind die Ruptur einer Bronchialarterie bei Bronchiektasen, ein Lungenkarzinom mit Arrosion einer größeren Pulmonalarterie, Tuberkulose, Aspergillom, agenetische Lungenzysten sowie arteriovenöse Malformationen.

Dumpfe, nicht genau lokalisierbare Thoraxschmerzen mit Druckgefühl retrosternal oder einem Brennen und ggf. Ausstrahlung in Kiefer und linken Arm, evtl. verstärkt bei Anstrengung, sind klassisch für eine Angina pectoris. Stark atemabhängige und stechende Schmerzen schließen diese Diagnose praktisch aus.

Pathognomonisch für eine akute Aortendissektion ist die Trias perakuter, vernichtender und interskapulär ausstrahlender Thoraxschmerz, der von den Schultern in die unteren Extremitäten wandern kann, und eine Blutdruckdifferenz links-rechts oder oben-unten. Beim Stridor handelt es sich um ein mit bloßem Ohr hörbares, hochfrequentes Geräusch in Abhängigkeit vom Atemzyklus. Ein vorwiegend inspiratorischer Stridor tritt bei variablen extrathorakalen Atemwegsstenosen (Larynx), ein in- und exspiratorischer Stridor bei fixierten intra- oder extrathorakalen Stenosen (Struma, zentrales Lungenkarzinom) auf.

Physikalische Untersuchung der Lungen

Inspektion

Die Thoraxform entspricht bei vielen Gesunden dem athletischen oder asthenischen Typ: Symmetrie und ein epigastrischer Winkel von 90° sind die Hauptkennzeichen. Abweichungen von dieser Form sind konstitutionelle Spielarten des Normalen. Leichte Thoraxdeformitäten sind häufig und haben keine Auswirkung auf die Lungenfunktion. Eine schwere Kyphoskoliose hingegen verursacht eine restriktive Ventilationsstörung und kann zu einer progredienten respiratorischen Insuffizienz führen. Die Trichterbrust (Pectus excavatum) ist gekennzeichnet durch eine Eindellung des kaudalen Anteils des Sternums. In schwereren Fällen sind das ganze Sternum und auch der knorpelige Anteil der Rippen abgesenkt. Selten ist dann einmal eine chirurgische Korrektur notwendig. Unter einer Hühnerbrust (Pectus carinatum) versteht man das schiffskielähnliche Hervortreten des Brustbeins bei nach vorn gelagerten Rippenansätzen, was aber ohne krankheitsrelevante Bedeutung ist.

Deformationen des Thorax mit Einziehen eines Hemithorax können sich bei einer Pleuraschwarte, nach Pneumektomie oder nach einer Thorakoplastik entwickeln. Ist der sagittale Thoraxdurchmesser verlängert und somit der Thoraxquerschnitt rund und nicht mehr oval, so spricht man etwas despektierlich von einem Fassthorax. Eine Tendenz zu dieser Umformung ist ein normaler Alterungsvorgang. Dieser wird beschleunigt und gesteigert bei einem Lungenemphysem, bei dem es aufgrund des Elastizitätsverlusts der Lunge zur Überblähung mit konsekutiven Veränderungen der Thoraxform kommt. Der Brustkorb befindet sich dann manchmal in einer fast fixierten Einatmungsstellung. Das Brustbein steht höher, die Rippen verlaufen horizontal, und die Interkostalräume sind verbreitert. Zudem wird die obere Thoraxapertur nach kranial verlagert, sodass der Abstand zwischen Jugulum und der Inzisur am Oberrand des Schildknorpels (Abb. 2), die sog. maximale laryngeale Distanz bei rekliniertem Kopf („maximal laryngeal height“), auf 4 cm oder weniger abnimmt [9].

Abb. 2
figure 2

Maximale laryngeale Distanz (Abstand zwischen Jugulum und der Inzisur am Oberrand des Schildknorpels) bei rekliniertem Kopf normalerweise >4 cm

Die Beurteilung der Atmung beinhaltet die Messung der Atemfrequenz, des Atemrhythmus, der Atemsymmetrie und -synchronie.

Im Liegen werden beim Gesunden während der ruhigen Normalatmung rund 2 Drittel des Atemzugvolumens durch den Zwerchfellanteil der Atmung (abdominales Kompartiment) verschoben. Im Stehen verhält es sich umgekehrt, indem die Thoraxexkursion den größeren Anteil beiträgt (thorakale Atmung). Der unterschiedliche Beitrag von Thorax und Abdomen ist eine Folge der je nach Körperlage unterschiedlichen Zwerchfellposition in der Atemruhelage. Es gibt keinen Unterschied im Atemtyp thorakal vs. abdominal zwischen Männern und Frauen. Wichtig ist der Hinweis, dass die Beurteilung der Atmung und v. a. ihrer Symmetrie und Synchronie durch die Palpation der entsprechenden Bereiche unterstützt werden sollte (Abb. 4). Mittels „palpationsunterstützter Inspektion“ sind diskrete Veränderungen viel besser feststellbar, insbesondere die exspiratorische Anspannung der Bauchmuskulatur im Rahmen einer schweren bronchialen Obstruktion.

Die Atemfrequenz ist das pulmonale Vitalzeichen. Die normale Atemfrequenz des Erwachsenen beträgt 8–20 pro Minute. Sie kann natürlich nicht im eigentlichen Sinne inspiziert, sondern muss „unauffällig“ während der Anamnese bestimmt werden. Das normale Verhältnis der zeitlichen Dauer von Inspiration und Exspiration beträgt 2:3. Eine bronchiale Obstruktion (Asthmaanfall, exazerbierte COPD) verlängert das Exspirium.

Eine flache und beschleunigte Atmung findet man bei einer Lungenfibrose oder Pleuritis. Die Tachypnoe ist eines der wichtigsten klinischen Zeichen und kommt neben Lungen- und Herzkrankheiten auch bei Lungenembolie oder psychogen (Panikattacke) vor. Sie ist definiert durch eine Atemfrequenz >20/min. Eine erhöhte Atemfrequenz stellt grundsätzlich einen Alarmbefund dar und ist z. B. bei einer Pneumonie eine Indikation für eine sofortige Krankenhauseinweisung. Eine Bradypnoe (Atemfrequenz <8/min) wird bei Opiatintoxikation beobachtet. Als Kussmaul-Atmung wird eine langsame und in Folge vergrößerter Atemzugvolumina vertiefte Atmung bezeichnet, die bei metabolischer Azidose auftritt. Eine eingeschränkte Thoraxexkursion <3 cm gilt als eines der diagnostischen Kriterien bei M. Bechterew.

Die Atemperiodik der Cheyne-Stokes-Atmung ist gekennzeichnet durch eine zyklische Zu- und Abnahme der Atemtiefe, gefolgt von Apnoen (Abb. 3). Die häufigste Ursache ist eine Verlängerung der Kreislaufzeiten durch „low output“ bei schwerer Herzinsuffizienz, wodurch die respiratorisch bedingten paCO2-Schwankungen verzögert wahrgenommen werden und dann zu einer Schwingung im Regelkreis führen.

Abb. 3
figure 3

Cheyne-Stokes-Atmung. In der Ventilationsphase naturgemäß Abfall des alveolären paCO2. Verspätete Auswirkung der gleichzeitigen Erhöhung des alveolären paO2 auf das arterielle paO2, Atempause durch dessen Anstieg nach der Ventilationsphase

Bei der Biot-Atmung handelt es sich um eine völlig unregelmäßige, chaotische Atmung, die bei Atemdepression durch Medikamente und Hirnschäden im Bereich der Medulla oblongata beobachtet werden kann. Eine sog. Schnappatmung ist gekennzeichnet durch ruckartige Bewegungen mit bradypnoischen, kurzen Atemzügen und apnoischen Pausen. Dieses Phänomen wird bei Intoxikationen, schwerer zerebraler Schädigung und in der Agonie kurz vor dem Tod beobachtet. Seufzer sind unwillkürliche, mehrmals pro Stunde auftretende, vertiefte Atemzüge. Sie sind physiologisch und dienen zur Wiedereröffnung von kleinen kollabierten Lungenabschnitten (Mikroatelektasen).

Durch eine Überblähung der Lungen (Elastizitätsverlust bei Emphysem, erhöhter exspiratorischer Widerstand) kommt es zur Abflachung des Zwerchfells. Dieses ist dadurch als Inspirationsmuskel in einer ungünstigen Ausgangsposition (Laplace-Gesetz). In dieser Situation wird die auxiliäre Atemmuskulatur (syn. Atemhilfsmuskulatur) rekrutiert. Man kann eine sicht- und tastbare Aktivierung des M. sternocleidomastoideus, der Mm. scaleni und des M. trapezius feststellen. Zur aktiven Exspiration wird zudem die Bauchmuskulatur (Bauchpresse) gebraucht. Bei schwerer Lungenüberblähung (Lungenemphysem) sind die Zwerchfelle völlig flach oder sogar leicht nach kaudal gekrümmt. Ihre Kontraktion kann zu einer inspiratorisch sichtbaren lateralen Einziehung der unteren Thoraxapertur führen („Hoover-Zeichen“). Der stark dyspnoische Patient mit obstruktiver Ventilationsstörung stützt sich häufig in sitzender Position auf den Schultergürtel ab, was die Wirksamkeit der Atemhilfsmuskulatur begünstigt. Zudem atmet er oft durch die halb geschlossenen Lippen aus (Lippenbremse), um den häufigen exspiratorischen Bronchialkollaps zu vermindern. Fällt das Zwerchfell (Innervation: C3–4) als wichtigster Inspirationsmuskel im seltenen Fall einer bilateralen Parese aus, z. B. bei einer Infektion durch das Frühsommermeningoenzephalitisvirus, ist die Atmung nur noch im Sitzen möglich. Dies wird als Orthopnoe bezeichnet und ist ansonsten meist ein Zeichen für eine Linksherzinsuffizienz.

Das Gegenteil ist die sog. Platypnoe (oder Orthodeoxie-Platypnoe-Syndrom), was bedeutet, dass es im Sitzen zu einer Sauerstoffdesaturation teils mit Atemnot kommt. Dieses Phänomen ist zumeist Folge eines Rechts-links-Shunts, der im Sitzen verstärkt wird. Dem kann ein erhöhter pulmonaler Gefäßwiderstand mit Öffnung des Foramen ovale, z. B. nach Pneumonektomie, zugrunde liegen, aber auch eine meist basal liegende arteriovenöse (AV‑)Malformationen (M. Osler) oder ein hepatopulmonales Syndrom mit Verlust des pulmonalvaskulären Tonus.

Eine asymmetrische Atmung mit einer einseitigen Einschränkung der Thoraxbewegungen wird bei anatomisch bedingter Fixation (Pleuraschwarte), Pleuraerguss, einseitiger Zwerchfelllähmung (idiopathisch, nach Herzoperationen usw.) nach Lungenresektion sowie bei reflektorischer Schmerzhemmung (Pleuritis, Lungenembolie mit Pleurareizung, Rippenfraktur, subphrenischer Abszess, Pankreatitis) beobachtet.

Eine nichtsynchrone Bewegung von Thorax und Abdomen wird als paradoxe Atmung bezeichnet (Abb. 4). Bei der physiologischen inspiratorischen Auswärtsbewegung des Thorax kommt es in diesem Fall zu einer passiven Einwärtsbewegung des Abdomens, zumeist verursacht durch die Ermüdung der Zwerchfellmuskulatur (länger anhaltende Erhöhung der Atemarbeit, verminderte Zwerchfelldurchblutung im Schock) und insbesondere bei gleichzeitiger Überblähung der Lunge (exazerbierte COPD, schweres Asthma). Dies ist ein untrügliches Zeichen einer nahenden respiratorischen Erschöpfung bzw. der Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung.

Abb. 4
figure 4

Bei paradoxer Atmung gibt es keine synchrone Bewegung von Thorax und Abdomen mehr. Nur noch passive Bewegung des erschöpften Zwerchfells bei der Inspiration durch die anderen Atemmuskeln (Anheben des Thorax) nach oben, d. h. Bewegung des Abdomens nach unten. Untrügliches Zeichen einer lebensgefährlichen respiratorischen Dekompensation. (Mod. nach [10])

Neben der Atemfrequenz und dem subjektiven Befinden des Patienten ist eine paradoxe Atmung bei der Indikationsstellung einer Beatmung weitaus wichtiger als andere Parameter, wie z. B. die Blutgaswerte. Der Begriff ist leider nicht spezifisch und wird auch verwendet, um die paradoxe inspiratorische Einziehung eines Teils des Thorax bei Rippenserienfraktur zu beschreiben.

Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel („clubbing“) werden praktisch ausschließlich bei angeborenen Herzvitien, idiopathischer Lungenfibrose, zystischer Fibrose, Bronchiektasen, Lungentumoren und praktisch nie bei anderen Lungenkrankheiten, wie z. B. COPD oder Asthma, festgestellt. Im Rahmen von Lungentumoren kann es auch zu einer hypertrophen Osteoarthropathie (Pierre-Marie-Bamberger) mit schmerzhaften Gelenkschwellungen und Knochenneubildung an den langen Röhrenknochen kommen. Häufigste Ursache ist neben dem Lungenkarzinom (paraneoplastisch) die zystische Fibrose. Die Ätiologie dieser Veränderungen ist unbekannt. Während früher das Bonmot galt, Trommelschlegelfinger sind vorhanden, wenn der Chef es sagt, gibt es heute dafür klare klinische Kriterien, die zumindest einen internationalen Konsens darstellen (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

ad Kriterien für das Vorliegen von Trommelschlegelfingern („clubbing“). b Distaler Fingerdurchmesser („distal phalangeal depth“, DPD) größer als interphalangealer Durchmesser im Bereich des Gelenks („interphalangeal depth“, IPD). Hyponychialer Winkel (grüne Linie) >180° („offiziell“, aber didaktisch ungeschickt >195°). d Beim Schamroth-Zeichen kein Spalt beim Zusammenhalten beider Daumenendglieder mehr sichtbar, sondern schnabelartiges Auseinandergehen der Fingernägel

Das Yellow-Nail-Syndrom ist eine sehr seltene Störung mit Wachstumsverlangsamung und Verdickung sowie Gelbfärbung der Nägel und tritt gehäuft mit chronischen Pleuraergüssen oder anderen Lymphödemen sowie Polypen der Nasennebenhöhlen auf. Es kann mit anderen Krankheiten (z. B. Karzinom) assoziiert oder idiopathisch sein, sich in jungen Jahren oder im höheren Lebensalter bilden und auch spontan zurückbilden. Die Ursache ist unbekannt.

Palpation

Wie erwähnt, spielt die Palpation bei der Inspektion von Atemrhythmus, -symmetrie, -synchronie und Atemhilfsmuskulatur eine wichtige unterstützende Rolle.

Unter dem Stimmfremitus versteht man die palpierbaren Vibrationen der Thoraxwand, die bei niederfrequenter, tiefer Phonation auftreten. Beide Hände werden flach an die Thoraxwand angelegt, und der Patient wird aufgefordert, mit möglichst tiefer Stimme „99“ zu sagen (Abb. 6). Das lufthaltige Lungenparenchym leitet die Erschütterungen nur gedämpft weiter. Über Infiltrationen des belüfteten Lungengewebes sind sie verstärkt. Der Stimmfremitus ist abgeschwächt, wenn die Schallleitung durch reflektierende Medien wie Flüssigkeit oder Luft behindert wird (Pleuraerguss, Pleuraschwarte, Pneumothorax). Ein pathologischer Stimmfremitus kann besonders gut bei einseitigen Lungenerkrankungen bestimmt werden.

Abb. 6
figure 6

Untersuchung des Stimmfremitus. (Aus [10])

Perkussion

Die Perkussion (Abb. 7) dient einerseits der Feststellung der unteren Lungengrenzen (abgrenzende Perkussion) und andererseits der vergleichenden Prüfung korrespondierender Abschnitte der rechten und linken Lunge (vergleichende Perkussion).

Abb. 7
figure 7

Perkussion: Legen des Zeigefingers der einen Hand als Plessimeter (griechisch πλέσσειν = klopfen) auf den Thorax und Beklopfen mit zusammengelegtem Zeige- und Mittelfinger. (Aus [10])

Bei der abgrenzenden Perkussion beginnt man mit dem „Klopfen“ über dem lufthaltigen Lungengewebe dorsal bzw. lateral und bewegt sich dann nach kaudal. Die unteren Lungengrenzen befinden sich direkt paravertebral auf Höhe der 10. Rippe, in der Skapularlinie auf Höhe der 9. Rippe und in der mittleren Axillarlinie auf Höhe der 8. Rippe. Je nach Abweichung von diesen Grenzen kann eine Restriktion oder eine Überblähung vermutet werden. Oft ist dann auch die respiratorische Verschieblichkeit des Zwerchfells zwischen maximaler In- und Exspiration auf <4 cm vermindert.

Bei der vergleichenden Perkussion fragt man sich, ob die Schallqualitäten der beiden Lungen identisch oder einseitig verändert (hypersonor oder gedämpft) sind. Eine Dämpfung ist dann vorhanden, wenn sich kein lufthaltiges Gewebe unter der Thoraxwand befindet (Pleuraerguss, Pleuraschwarte, Konsolidation von Lungenparenchym, Zwerchfellparese). Ein hypersonorer Klopfschall (Schachtelton) findet sich bei vermehrtem intrathorakalem Luftgehalt (Pneumothorax, schweres Emphysem).

Auskultation

Der Patient sollte, wenn möglich, sitzend oder stehend untersucht werden. Man lässt ihn durch den geöffneten Mund atmen. Alle Lungenabschnitte vorn und hinten werden während mindestens einer ganzen Atemphase auskultiert. Das Atemgeräusch entsteht durch turbulenten Luftfluss in den zentralen Atemwegen (Abb. 8). Dieser „Tongenerator“ ist direkt über der Trachea als fauchendes Geräusch hörbar. Das normale Atemgeräusch ist nichts anderes als das durch die lufthaltige Lunge wegfiltrierte Geräusch des zentralen „Tongenerators“. Ein abnormes Atemgeräusch kann nur bei einseitigen bzw. lokalisierten Veränderungen festgestellt werden. Das Atemgeräusch wird bei Verdichtungen des Lungengewebes verschärft und bei fehlender Belüftung abgeschwächt sein oder fehlen.

Abb. 8
figure 8

Normales Atemgeräusch durch Abfilterung der hohen Frequenzen des durch Turbulenzen in den größeren Atemwegen erzeugten fauchenden „zentralen“ Atemgeräuschs

Hört man in dieser Situation keine Nebengeräusche („silent chest“), lässt man den Patienten ein Tiffeneau-Manöver durchführen, wodurch erstens das Geräusch hörbar und zweitens die forcierte exspiratorische Zeit messbar ist. Beträgt Letztere mehr als 9 s, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine obstruktive Ventilationsstörung vor.

Die pulmonalen Nebengeräusche werden aufgrund ihrer akustischen Eigenschaften in Giemen (oder Pfeifen), Brummen, feine und grobe Rasselgeräusche (Rasseln) eingeteilt. Giemen (Pfeifen) und Brummen entstehen durch Oszillation der pathologisch veränderten und/oder verengten Bronchien („Materialschwingungen“ aufgrund des Bernoulli-Gesetzes während der Exspiration, d. h. bei obstruktiven Ventilationsstörungen). Rasselgeräusche hingegen sind intermittierende kurze Geräusche, die v. a. durch den in-, aber auch exspiratorischen Luftstrom durch mehr oder weniger große sekrethaltige Bronchien zustande kommen (Bronchitis, Lungenödem, Pneumonie). Es muss betont werden, dass die Alveolen normalerweise keine Geräusche machen (vgl. Unwort „vesikuläres“ Atemgeräusch), da sich dort ja keine Luft bewegt. Beispielhaft dafür ist die Pneumozystispneumonie, die lediglich ein alveolenfüllender Prozess ist und deshalb mit dem Bild von bilateralen azinären Infiltraten im Thoraxröntgenbild und fehlenden Nebengeräuschen einhergeht.

Analog der Physik des Atemgeräuschs können die Rasselgeräusche bei einer Pneumonie noch als „klingend“ umschrieben werden, was aber keine „offizielle“ Bezeichnung darstellt. Lässt man den Patienten das Wort „66“ sprechen, fällt die Verstärkung der Zischlaute über dem pneumonischen Infiltrat auf. Dies wird als positive Bronchophonie bezeichnet. Ohrnahe hochfrequente beidseitige inspiratorische Rasselgeräusche („Knisterrasseln“, „velcro rales“, „Sklerosiphonie“) sind pathognomonisch für eine Lungenfibrose. Sind sie nur einseitig und dabei diskreter vorhanden, kann es sich auch um ein diskretes Pleurareiben oder eine Pneumonie handeln.

Es gibt interessante Untersuchungen über Art, Zeitpunkt und Ausdehnung der Rasselgeräusche [11]. Sind sie feinblasig, eher frühinspiratorisch und auch in den höheren Lungenabschnitten hörbar, spricht das für eine Lungenfibrose. Bei der COPD sind die Rasselgeräusche eher grobblasig, basal und über die ganze Inspirationszeit hörbar. Bei der Linksherzinsuffizienz sind sie häufiger fein- als grobblasig, basal und eher gegen Ende der Inspiration hörbar.

Ein inspiratorisches Quietschen („inspiratory squeak“ oder „inspiratory squawk“) ist ein nicht seltenes Phänomen. Es wurde nur einmal in der Literatur 1977 durch Geddes [12] beschrieben, die Lungentransplantationsspezialisten kennen es aber sehr gut. Es ist nach Transplantation ein pathognomonisches Zeichen für eine konstriktive Bronchiolitis obliterans. Ansonsten findet man es gelegentlich auch bei der exogen allergischen Alveolitis und anderen Lungenkrankheiten mit Befall der kleinsten Luftwege.

Abschließend muss mit Vehemenz betont werden, dass die genannten Begriffe auf einer schon seit 1971 bestehenden und anlässlich eines International Lung Sound Symposiums bestätigten Nomenklatur beruhen [13, 14]. Alle anderen Unwörter wie „feucht“, „trocken“, „Vesikuläratmen“ oder „kontinuierlich“ und „diskontinuierlich“ usw. sollten nicht mehr verwendet werden.

Evidenzbasierte Anamnese und Untersuchung

Anamnese und klinische Untersuchung werden gemeinhin als „lästige Notwendigkeiten“ betrachtet. Dabei ist es klar, dass sich auch heute in der Zeit der hoch technisierten Medizin mittels Anamnese und Untersuchung weit über 80 % der Diagnosen stellen lassen [15, 16, 17, 18]. All die modernen Technologien sind zumeist nur dazu da, die Vermutungsdiagnose zu bestätigen.

Neben dieser Tatsache muss mit Nachdruck betont werden, dass die auf Anamnese und Untersuchung basierende, ganz persönliche subjektive Vortestwahrscheinlichkeit die Grundlage für die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Krankheit nach Erhalt des Testresultats (Laborwert, Röntgenbefund usw.) ist. Dies ist begründet auf dem Bayes-Theorem, das besagt, dass die (Nachtest‑)Wahrscheinlichkeit einer Krankheit erstens durch die Qualität eines Tests (Sensitivität und Spezifität), und zweitens durch die subjektiv eingeschätzte Vortestwahrscheinlichkeit bestimmt ist (Abb. 9). Dies kann gut am Beispiel der Lungenembolie erklärt werden. Bei einer mittleren bis niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit schließt ein negativer D‑Dimer-Test eine Lungenembolie mit großer Wahrscheinlichkeit aus. Bei hoher Vortestwahrscheinlichkeit ist eine Lungenembolie aber trotz eines negativen Tests ziemlich wahrscheinlich, was heißt, dass man in dieser Situation gar kein D‑Dimer bestimmen, sondern gleich eine computertomographische Pulmonalisangiographie durchführen sollte. Anzumerken ist, dass die bekannten klinischen Scores zur Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit (Wells-Score, Geneva-Score) zwar didaktisch nützlich, aber keineswegs der rein subjektiven Einschätzung des erfahrenen Arztes überlegen sind.

Abb. 9
figure 9

Probabilistischer diagnostischer Prozess mittels vereinfachtem Bayes-Theorem [10]

Ein Problem dieses probabilistischen Vorgehens ist, dass oft behauptet wird, die Anwendung des Bayes-Theorems sei mathematisch kompliziert und deshalb in der Praxis nicht anwendbar. Dies ist aber keineswegs der Fall. Die etwas komplizierte Bayes-Formel kann nämlich einfach umgesetzt werden mittels der sog. Likelihood-Ratio (LHR) und unter Verwendung von Chancen statt Wahrscheinlichkeiten (Abb. 9).

Eine bestimmte LHR+ besagt, dass die Nachtestchance für das Vorliegen einer Krankheit nach Durchführung eines apparativen Tests der subjektiven Vortestchance eines Arztes multipliziert mit der LHR+ entspricht. Die LHR sind meistens aus der Literatur bekannt (Tab. 1) oder können aus Sensitivität und Spezifität berechnet werden. Nicht selten sind diese LHR denjenigen von apparativen Tests, wie z. B. der Bestimmung des „brain natriuretic peptide“ (BNP), ebenbürtig (Tab. 1). Mathematische Bedenken gibt es hierbei nicht, da es in praxi nur um grobe Einschätzungen geht, also z. B. einer hohen (4:1), mittleren (1:1) oder niedrigen (1:4) Vortestchance (entsprechend einer Vortestwahrscheinlichkeit von 80, 50 oder 20 %). Bei Tests mit hoher Sensitivität ist nur ein negatives Testresultat hilfreich, bei spezifischen Tests ein positives. Wie man aus Tab. 1 entnehmen kann, beeinflussen Anamnese und Untersuchung die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer bestimmten Krankheit enorm. So erhöht die Kombination aus Nikotinkonsum >40 „pack years“, Alter ≥45 Jahre und eine maximale laryngeale Distanz ≤4 cm die Chance für eine COPD um das 59-Fache! Andererseits verringert ein bekanntes Asthma bronchiale bei Pneumoniesymptomatik die Chance für das Vorliegen einer Pneumonie um das 10-Fache. Anamnese und Untersuchung haben auch eine wichtige prognostische Aussagekraft, so z. B. eine asynchrone Atmung bei einer Exazerbation einer COPD [19] oder der bestens bekannte CRB-65-Score („confusion“, Verwirrtheit; „respiratory rate“, Atemfrequenz ≥30/min; Blutdruck ≤60 mmHg diastolisch, <90 mmHg systolisch; Alter >65 Jahre) bei einer Pneumonie [20].

Tab. 1 Evidenzbasierte Anamnese und Untersuchung mittels vereinfachtem Bayes-Theorem: aus der Literatur bekannte Likelihood-Ratios (LHR)

Fazit für die Praxis

  • Auch heute noch können 80 % aller Diagnosen mittels Anamnese und klinischer Untersuchung gestellt werden.

  • Weitere, zumeist apparative Tests dienen meist nur noch der Bestätigung der Diagnose.

  • Eine kompetente Anamnese und klinische Untersuchung machen nicht selten teure und/oder zeitaufwendige Explorationen unnötig.

  • Die aufgrund des klinischen Eindrucks gewonnene subjektive Einschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Krankheit ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung weiterer Testresultate.

  • Anamnese und klinische Untersuchung sind von größter Bedeutung zum Aufbau eines für die weitere Betreuung wichtigen Vertrauensverhältnisses mit den Patienten.