Zusammenfassung
Der 1990 in den meisten Staaten der Region begonnene Prozeß der Auflösung der Einparteisysteme und einer wenigstens formalen Demokratisierung setzte sich 1991 fort. Während in São Tomé und Príncipe eine durch Wahlen herbeigeführte Machtablösung erfolgte und in Gabun bereits 1990 im Rahmen einer Nationalkonferenz eine Änderung des politischen Systems — wenn auch nicht der tatsächlichen Machtverhältnisse — eingeleitet worden war, untermauerte die Opposition in den übrigen Staaten mit Aktionen zivilen Ungehorsams, Streiks und Demonstrationen ihre Forderungen, in deren Mittelpunkt die Einführung eines Mehrparteiensystems, eine Amnestie für alle politischen Gefangenen, der freie Zugang der Opposition zu den Medien und, als wichtigster Punkt, auf den sich schließlich alle Bemühungen konzentrierten, die Durchführung einer souveränen Nationalkonferenz standen. Das Anliegen der Opposition bestand zwar offiziell in einer Neuordnung des politischen Systems der jeweiligen Staaten auf demokratischer Basis, doch lag das Ziel eindeutig in der durch eine Nationalkonferenz legitimierten Durchsetzung eines Machtwechsels. Es konnte daher nicht ausbleiben, daß die um ihren Machterhalt bemühten Staatschefs sich mit allen Mitteln einer solchen Konferenz widersetzten, zumal das Beispiel Kongos, wo die Nationalkonferenz zu einer Abrechnung mit dem alten Regime und zur Entmachtung des Staatspräsidenten führte, nicht gerade ermutigend wirkte. Obwohl alle Staaten der Region versuchten, sich durch eine Änderung der Verfassung, mit der meist eine Gewaltenteilung eingeführt wurde, sowie durch die Zulassung eines Mehrparteiensystems ein demokratisches Image zu geben, ließ sich die Opposition damit nicht zufriedenstellen. Wachsende politische Unruhen führten zu schrittweisen Zugeständnissen der herrschenden Regime: In Zaire ließ Präsident Mobutu die Einberufung einer Nationalkonferenz zu, die Obstruktionspolitik des Regimes und die Uneinigkeit der Opposition verhinderten allerdings einen geregelten Ablauf. Der zentralafrikanische Präsident Kolingba schlug die Organisation einer nationalen Debatte vor, lehnte jedoch eine souveräne Nationalkonferenz ab. Nach Monaten der Konfrontation leitete Präsident Biya in Kamerun im Rahmen einer von ihm initiierten “dreiseitigen Konferenz” (Staatsvertreter, unabhängige Persönlichkeiten, politische Parteien) einen Dialog mit der Opposition ein. Die Konfliktbereitschaft der Opposition wurde durch die Hinhaltetaktik und die Ausweichmanöver der einzelnen Regime eher noch verschärft, wobei v.a. Zaire an den Rand eines Bürgerkrieges geriet. Versuche der Regierungen, durch repressive Maßnahmen Ruhe und Ordnung herzustellen, blieben ergebnislos und riefen zusätzlich die Kritik der ausländischen Geber hervor.
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© 1992 Leske + Budrich, Opladen
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Weiss, M. (1992). Zentralafrika. In: Hofmeier, R., Diederichsen, T. (eds) Afrika Jahrbuch 1991. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92531-2_27
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92531-2_27
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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