Finanzbranche
Ben Tellings, Chef der Direktbank ING-Diba, erhebt ungeheuerliche Vorwürfe gegen die eigene Kaste. Besonders schlimm: Berater würden ahnungslosen Kunden riskante Produkte aufschwatzen.
Der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Direktbank ING-Diba, Ben Tellings, hat seine eigene Branche scharf kritisiert. „Viele Banken haben aus der Krise nichts gelernt. Sie machen einfach weiter wie vor der Krise“, sagte Tellings dem Hamburger Magazin „Stern“. So würden beispielsweise „schon wieder riskante Zertifikate als sichere Anleihe getarnt unters Sparvolk gebracht“. Nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 hatten deutsche Anleger mit vermeintlich sicheren Zertifikaten zum Teil einen Totalverlust erlitten.
Verantwortlich für das Gebaren der Branche seien Bankvorstände, die ihre „Berater oder besser Verkäufer“ dazu zwängen. „Wir Banker müssen uns nicht wundern, wenn wir in Verruf geraten und die Kunden das Vertrauen verlieren“, warnte der Vorstandschef. Tellings steht mit seiner Kritik nicht allein: Jüngst hatte Herbert Walter, Ex-Vorstandschef der Dresdner Bank, schwere Vorwürfe gegen die eigene Branche erhoben.
Die Mär von den 25 Prozent
„Es empört mich, dass meine Kollegen nach dieser verheerenden Finanzkrise auf das kurze Gedächtnis der Kunden setzen“, sagte Tellings. Auf die Frage des Magazins, ob die von der Deutschen Bank angepeilte 25-Prozent-Rendite mit fairen Mitteln zu erzielen sei, antwortete der Chef der ING-Diba: „Nein, nicht nachhaltig.“
Tellings forderte mehr staatliche Kontrolle von Banken und deren Angebote für private Kunden. „Sollte sich herausstellen, dass die Finanzbranche nicht in der Lage ist, die grundlegenden Fehlanreize in der Beratung zu beseitigen, dann ist der Gesetzgeber gefordert. Dann muss die Politik dafür sorgen, dass die Bevölkerung mit günstigen, transparenten Basisprodukten versorgt wird.“