Karl-Theodor zu Guttenberg

Ex-Minister gesteht „Hochmut“ in seinem Buch „Vorerst gescheitert“
Samstag, 16.11.2013 | 00:42
Guttenberg-Buch wird ausgeliefert
dpa Guttenbergs Buch ist schon ein Bestseller
  • FOCUS-online-Korrespondentin (Berlin)

„Vorerst gescheitert“ lautet der Titel eines umfassenden Gesprächbands, mit dem sich der einstige Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg der Union keine Freunde macht.

Ernst blickt Karl-Theodor zu Guttenberg vom Titel des Buches, das heute erscheint. Es wirkt seriös. Schon allein die Farben der Cover-Gestaltung im Rot, Weiß und Blau der amerikanischen Flagge vermitteln den Eindruck, dass etwas Schwergewichtiges daherkommt. Dabei fällt dieses Buch mit einer Geste des „Hier bin ich“ vom Himmel, wie man sich einen Sprung Frank Sinatras auf dem Broadway vorstellt. Mit einem Aplomb, wie der Freiherr aus Franken vor nicht allzu langer Zeit auf dem Times Square posierte. Das Opus aus dem Herder Verlag hat das politische Deutschland überrascht. Und es lässt weitere Überraschungen erahnen. Denn es heißt „Vorerst gescheitert“, wobei die Betonung in dem gesamten Werk auf dem ersten Wort liegt.

Fehlende Selbstreflexion


Der zurückgetretene Verteidigungsminister nutzt die Bühne, die ihm von „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo aufgebaut wurde: Guttenberg holt aus zu einer großen Erklärung der Doktorarbeit, über die er stürzte, zu einer weitläufigen Erklärung seiner Person, zu einem Rundumschlag gegen die Politik und einer Interpretation der Weltläufe. Dabei präsentiert sich ein Mensch, der zwar Fehler einräumt, aber sich ihrer nicht schämt, der in großer Selbstgewissheit Erklärungsmuster für persönliches Versagen bietet, aber kein Schuldeingeständnis einlösen mag. Ein Mensch, der es als selbstverständlich hinnimmt, dass ihm Fragen zum Wesen der Politik und der Zukunft der Welt gestellt werden, ohne zu hinterfragen, woher er eigentlich die Autorität für die Antworten nehmen soll.

Hochmut und Überforderung


Dem Leser des Mammut-Interviews begegnet ein in Teilen seltsam zu sich selbst in Distanz stehender Interviewter. Das zeigt schon die Wortwahl. Er habe den „Hochmut“ besessen zu glauben, er könne die Dissertation schaffen, sagt Guttenberg. „Mir hat komplett die notwendige Selbstreflexion gefehlt. Ich hätte etwas aufgeben müssen, was bereits fehlerhaft angelegt war.“ Er habe „die Augen vor der Überforderung verschlossen“, wobei er anfügt: „Das politische Leben hat mich nicht überfordert, wohl aber die parallele wissenschaftliche Arbeit“.

Mit dem „Abfassen dieser Doktorarbeit“ habe er die „denkbar größte Dummheit meines Lebens begangen“, sagt Guttenberg. „Das bedauere und bereue ich von Herzen.“ Dabei wird deutlich, dass er sich ungerecht behandelt fühlt. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe vorsätzlich getäuscht. Auf die Frage, warum er nicht einfach zugebe, er habe abgeschrieben, antwortet er: „Weil es ein Unterschied ist, ob man das absichtlich macht, oder ob das Abschreiben das fatale Ergebnis einer chaotischen und ungeordneten Arbeitsweise ist. Das ist für mich ganz wichtig, weil es auch etwas mit der eigenen Ehre zu tun hat.“
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Memo des Chefredakteurs: Zu Guttenberg wird Mr. Seltsam

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