Hakenkreuz vor Eingang geschmiert

Neonazis drohten Bauhaus Dessau: Konzert von Band "Feine Sahne Fischfilet" abgesagt
Donnerstag, 18.10.2018 | 21:37
Feine Sahne Fischfilet
dpa/Daniel Karmann Die Verfassungsschützer in Mecklenburg-Vorpommern hatten Feine Sahne Fischfilet zwischenzeitlich wegen „linksextremistischer Bestrebungen“ im Blick.

Das Bauhaus Dessau hat ein umstrittenes Konzert der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet auf seiner historischen Bühne verhindert. Die Stiftung Bauhaus Dessau pochte beim ZDF per Hausrecht auf die Absage. Der Sender hatte das Konzert für den 6. November geplant.

Das Bauhaus solle nicht zum Austragungsort politischer Agitation und Aggression werden, teilte die Stiftung am Donnerstag mit. Das ZDF reagierte mit Bedauern. Es werde nun nach einem anderen Veranstaltungsort für die Aufzeichnung des Konzerts zum aktuellen Album der Band im Rahmen der Reihe zdf@bauhaus gesucht.

Rechte Gruppen machten mobil

Rechte Gruppierungen hätten in sozialen Netzwerken gegen das Konzert mobil gemacht, teilte eine Bauhaus-Sprecherin mit. Das Bauhaus, das zum Unesco-Welterbe gehört, befürchte Demonstrationen vor der eigenen Tür, ähnlich wie im benachbarten Köthen. Dort gab es zuletzt mehrere Demos von Rechtsextremen. In der Nacht zum Donnerstag war laut der Bauhaus-Chefin auf dem Boden vor dem Eingang des Hauptgebäudes ein Hakenkreuz geschmiert worden.

Feine Sahne Fischfilet war vor einigen Jahren wegen Gewaltaufrufen gegen Polizisten im Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern genannt worden. Die Band war zuletzt etwa bei einem Konzert gegen Rechtsextremismus in Chemnitz aufgetreten.

Die Diskussion über das Konzert bewegt auch die Landespolitik in Sachsen-Anhalt. Als schwer bis nicht nachvollziehbar hatte ein Regierungssprecher die Einladung der polarisierenden Punkband bezeichnet. In Staatskanzlei und Kulturministerium gab es die Befürchtung, dass die Marke Bauhaus beschädigt werden könnte.

Kritik von linken Parteien

SPD, Linke und Grüne sehen den Versuch der Einflussnahme. "Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Freiheit von Medien und Kunst und in die Programmautonomie des ZDF, den wir ausdrücklich zurückweisen", hieß es aus der Linken-Fraktion. Die SPD-Fraktion zeigte sich "sehr besorgt" über die Intervention.

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Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann ergänzte: "Vage Indizien einer Bedrohungslage, die durch die Anmeldung einer rechtsextremen Kundgebung in der Nähe des Veranstaltungsortes auftreten, dürfen kein Grund sein, das Konzert abzusagen."

Auch aus den sozialen Netzwerken kommt scharfe Kritik an der Entscheidung der Stiftung. Diese sei ein "Armutszeugnis für die Stiftung", schreibt ein Twitter-User wütend. Ein anderer macht weist auf die Schikanierung der Vertreter der Kunstrichtung Bauhaus durch die Nationalsozialisten hin: "Die Stiftung des Bauhaus, dass ab 1933 von Nazis schikaniert, geschlossen und verfolgt wurde, untersagt ein ZDF Konzert einer antifaschistischen Band in ihrem Haus."

1933 hatten die Nazionalsozialisten das Bauhaus zur Selbstauflösung gezwungen. Viele Bauhaus-Vertreter emigrierten daraufhin, etwa ins heutige Israel. In Tel Aviv bauten jüdische Bauhausarchitekten über 4000 Gebäude im Bauhaus-Stil. Die Stadt besitzt auch deswegen heute den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes.

Kein Platz für politisch extreme Positionen im Bauhaus

Die Stiftung teilte weiter mit, gleich nach Ankündigung des Konzerts mit Feine Sahne Fischfilet sei in sozialen Netzwerken eine Mobilisierung rechter Gruppierungen gegen die Veranstaltung beobachtet worden. Klar sei: "Das Bauhaus Dessau ist historisch und zeitgenössisch ein Ort für alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Nationalität. Politische extreme Positionen, ob von rechts, links oder andere finden am Bauhaus Dessau keine Plattform, da diese die demokratische Gesellschaft - auf der auch das historische Bauhaus beruht - spalten und damit gefährden."

Die Stiftung wies zudem darauf hin, dass es keine gemeinsame Programmplanung von Bauhaus und ZDF für die Konzertreihe gibt. Erst kurz vor Beginn des Vorverkaufs werde das Bauhaus über das jeweilige Künstlerprogramm informiert. "Die Programmhoheit und damit die Verantwortung hat das ZDF."

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