Ansitzen, Hegen & Aufbrechen: Die Zeit der Jäger hat begonnen

Erstellt am 10. Oktober 2023 | 20:00
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Ina Aigner
Erfolg auf der Pirsch: Leobendorf-Gemeinderätin Ina Aigner.
Foto: privat
Der Autoverkehr ist ein größerer Feind für das Wild als Klimawandel, Schweinepest und durchziehende Wölfe: Dieses Bild zeigt sich nach einem NÖN-Rundruf. Plus: Wie hoch der Frauenanteil im Bezirk ist und wer der eifrigste Helfer des Jägers ist.

Jetzt beginnt die Hochsaison für die Waidmänner. Die NÖN hat nachgefragt, wo es Probleme gibt und wie es mit dem Nachwuchs bei der Jägerschaft aussieht.

Der Klimawandel führe sicher dazu, dass gewisse Arten Gewinner und andere Verlierer sein werden, sagt Bezirksjägermeister Andreas Arbesser: „Aufgabe der Jägerschaft ist es, für die heimischen Tierarten die Fauna und Flora - und nicht nur den für Wildtiere entsprechenden Lebensraum - und Voraussetzungen zu erhalten und zu verbessern.“ Die Jagd sei auch immer einem Wandel unterworfen.

Zwar sieht Arbesser den Konflikt mit Wölfen derzeit eher im Zusammenhang mit der Landwirtschaft und mit den in der Natur erholungssuchenden Menschen. Es stelle sich aber die Frage, ob generell genügend Lebensraum zur Verfügung steht und es sei abzuwarten, „wie weit sich der Wolf im besiedelten Gebiet aufhalten wird“.

Bei der oft genannten afrikanischen Schweinepest sind die Wildschweine betroffen. Entsprechende Konzepte sind bereits seit längerem gemeinsam mit den zuständigen Behörden und der Jägerschaft in Bearbeitung, beruhigt Arbesser. Nachwuchsprobleme gibt es übrigens keine: „Jedes Jahr absolvieren bei uns im Bezirk Korneuburg rund 30 bis 40 Jäger die Jagdprüfung, darunter circa 20 Prozent Frauenanteil, Tendenz steigend“, sagt Arbesser.

Arbessr
Bezirksjägermeister Andreas Arbesser
Foto: privat

Große Verluste verzeichnet die Jägerschaft beim Fallwild - jene Tiere, die auf der Straße oder bei Mäharbeiten verenden. Speziell im Herbst zur Brunftzeit sind Autofahrer für die Tiere eine größere Gefahr als die Flinte des Jägers. Bei Rehwild liegt die Fallmenge laut dem Bezirksjägermeister bei rund 25 bis 30 Prozent der Abschussquote, noch höher ist der Fallwildanteil beim Feldhasen.

Diese Tiere werden nicht mehr verzehrt und können nur noch entsorgt werden. Jäger sind aber bestrebt, das Wild direkt an den Endverbraucher zu liefern. „Wildbret ist generell ein hochwertiges Lebensmittel und soll auch letztendlich entsprechend vermarktet werden“, sagt Arbesser. Für einen hohen Qualitätsstandard ist ein sorgsamer Umgang mit dem Wild notwendig und geboten. Vom Erlegen und Aufbrechen, entsprechender Kühlung bis zur Verarbeitung muss ordentlich gearbeitet werden.

Wir schießen nicht auf alles Jägerin Ina Aigner

Seit rund zwei Jahren geht die Leobendorfer Gemeinderätin Ina Aigner im Ernstbrunner Wald auf die Pirsch. „Aus Liebe zur Natur“, wie sie sagt. Denn das Schießen mache nur rund fünf Prozent der investierten Zeit aus. Sie liebt die Ruhe beim Streifen durch das Revier, beobachtet gerne die Natur und die Tiere. Dabei entdeckt sie auch kranke Tiere. „Ich bin gerade hinter einem Reh her, das hinkt und Geschwüre an den Beinen hat, wie auf Wildkameras zu sehen ist“, sagt Aigner. Das werde wohl nur ein Hegeabschuss und kein Verzehr.

Grundsätzlich gilt für Aigner: „Wir schießen nicht auf alles.“ Ein Gutteil des Wildbrets landet nach der Verarbeitung in der eigenen Kühltruhe, was überbleibt, holt der Händler. Kaum Problem hatte Aigner mit den Männern, die in der Jägerschaft deutlich in der Überzahl sind: „Man kann sich behaupten“, sagt sie.

Junge Jäger verarbeiten das Wildbret

In der Jagdgesellschaft Ernstbrunn sind Frauen noch sehr rar. „Wir hoffen, dass welche dazukommen“, sagt Jagdleiter Rupert Göstl. Nicht alle, die die Prüfung machen, würden dann auch auf die Pirsch gehen. Insgesamt ist Göstl aber mit dem Jägernachwuchs im Revier zufrieden. Dabei zeigt so mancher frisch gebackene Waidmann besonderen Eifer: „Viele Junge verkochen das Wildbret für den Eigenbedarf“, führt er aus. Sogar Leberkäse und Würste würden hergestellt.

Zwar könne man damit der Teuerung ein Schnippchen schlagen, allerdings ist der Weg zur Pirsch nicht billig. „Erst die Jagdprüfung, dann die Ausrüstung und das Gewehr“, zählt der Jagdleiter auf. Für ein brauchbares Gewehr müsse man mindestens 2.000 Euro einkalkulieren, nach oben gibt es keine Grenzen.

Um auch Wild erlegen zu können, muss darauf geachtet werden, dass wenig Fallwild zusammenkommt. Die Jagdgesellschaft Ernstbrunn hat deshalb entlang vieler Straßen Wildreflektoren montiert. Der Erfolg: Die Menge des Fallwilds ging von 25 Prozent auf knapp über fünf Prozent der Abschussquote zurück, sagt Göstl. Dabei wurden die Straßen auch für Autolenker sicherer.

Hunde sind eifrige Helfer der Jäger

Jäger sind meist in Begleitung eines Hundes im Revier anzutreffen. Das hat praktische und organisatorische Gründe, erklärt Ulrike Rößger. Sie ist Züchterin in Oberolberndorf und ist auch Prüferin für die verschiedenen Ausbildungen eines Jagdhundes. Für jedes Jagdrevier ist die Zahl der registrierten Revierhunde verpflichtend vorgegeben. Im Bezirk legen jährlich rund 150 Jagdhunde die unterschiedlichen Prüfungen ab.

Dabei gibt es verschiedene Ausbildungsstufen, die sich auch nach der Hunderasse orientieren. Golden Retriever etwa eignen sich als Apportierhund, Dackel wiederum sind ideal, um in Bauten vorzudringen. An Prüfungen gibt es die Feld- und Wasserprüfung, eine Schweißergänzungsprüfung oder die Vollgebrauchsprüfung.

Epagneul Breton
Der Epagneul Breton ist der kleinste Vorstehhund für die Jagd.
Foto: privat

Bei Ausbildung und Einsatz eines Hunds für die Jagd „legen wir Wert auf das Wesen des Hundes“, sagt Rößger. Und natürlich gilt die Tierhalteverordnung mit entsprechendem Sachkundenachweis.

Zwar könne jeder Hund für bestimmte Aufgaben bei der Jagd gut sein, beliebt sind aber die Vorstehhunde. „Die Allrounder, die Wild aufspüren und auch apportieren können“, erklärt Rößger. Allerdings ist eine Trendwende zu bemerken: Der Jagdhund muss immer öfter auch als Familienhund geeignet sein. Dabei kommen neue Rassen zum Tragen.

Erst vor wenigen Tagen hielt Rößger in Stetteldorf und Absdorf Prüfungen für die kleinsten Vorstehhunde, die Epagneul Breton ab. „Anders als in seinem Ursprungsland Frankreich ist der Breton in Österreich noch ein echter Exot“, sagt die Hundeprüferin.

Die Hunde werden übrigens nicht nur für die Jagd gebraucht. Rößger: „Fast ebenso häufig sind die Nasen unserer Begleiter nach Wildunfällen gefragt, wenn es darum geht, angefahrenes Wild aufzufinden, um es nicht leiden zu lassen.“

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