Johannes Meissl: „Es geht nicht um ausgefahrene Ellbogen“

Erstellt am 22. August 2023 | 14:00
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Johannes Meissl
Beim Unterrichten: Geiger, Uni-Vizerektor und Sommerakademie-Leiter Johannes Meissl.
Foto: Andrej Grilc
Elf Tage lang hat sich Johannes Meissl mit der von ihm geleiteten Sommerakademie von Wiens Universität für Musik, kurz: ISA, heuer wieder am und um den Semmering einquartiert. Und spricht über Stammgäste und Aufbrüche, Leckerbissen und Tributes, Ellbogen, Solokonzerte - und eine verordnete Pause im nächsten Jahr.

NÖN: Gerade ist die 33. Internationale Sommerakademie, kurz: ISA, von Wiens Musik-Universität gestartet – mit einem ganz speziellen „Welcome“ im Reichenauer Schloss. Wie war das? Und was kommt noch?

Johannes Meissl: Das war sehr schön. Es waren alle Teilnehmenden da – und viele Stammgäste. Und wir hatten eine Keynote zu unserem Jahresthema „We and me“. Da ging's um das Gemeinsame, aber auch um das Ungewisse. Je mehr man sich an Gewissheiten versucht, umso fader wird's ja!

Ungewöhnliches gab es in den letzten Jahren auch bei der ISA immer mehr. Gleich am Eröffnungswochenende gab's nicht nur Klassik, sondern auch Jazz. Es kommt aber auch noch Film und Schauspiel. Wie passt das zusammen?

Meissl: Das Öffnen und das Weiterführen passiert alles innerhalb des Möglichen. Wir haben die Jam-Sessions letztes Jahr zum ersten Mal gemacht. Wir haben auch die ISA-Community wieder eröffnet, in der es heuer um das „Wasser“ geht, mit offenen Programmen, wo alles integriert wird und die auch in einer Abschlussveranstaltung münden. Auch die Schauspielsachen im Gerhardthof entwickeln sich weiter.

Und doch ist die ISA ja erstmal eine Sommerakademie - mit höchstem (künstlerischem) Anspruch.

Meissl: Es geht bei der ISA um höchste Qualität - aber nicht um ausgefahrene Ellbogen. Natürlich herrscht ein Wettbewerb. Aber uns geht es um gegenseitigen Respekt und die Bewahrung der Integrität. Und um die Bereitschaft für eine flexible Hierarchie. Das bedeutet auch, dass sich die einzelnen auch immer verändern. Ich bin am Schluss eines Konzerts, wenn wir fertig gespielt haben, nicht mehr derselbe wie am Anfang. Aber natürlich können nicht alle in einer Gesellschaft immer nur Kammermusik machen - dazu bin ich Realist genug!

Wie sieht es mit den Orten aus? Gibt's da auch Neues, Ungewöhnliches, Ungewisses?

Meissl: Wir haben lauter ganz schöne Locations. Und auch sehr romantische Orte. Heuer sind wir das erste Mal auf den Berg gegangen, ins Panoramarestaurant im Liechtensteinhaus statt ins Südbahnhotel - da gab's ja bekanntlich Probleme mit Paulus Manker [Anm.: zu erleben heute, Dienstag, und übermorgen, Freitag, 25. August, jeweils 17 Uhr]. Wir sind auch wieder in die wunderbare Kirche in Prigglitz zurückgekehrt, und wir sind mit dem ORF-NÖ-Benefiz für „Licht ins Dunkel“ wieder im Casino Baden [Anm.: ebenfalls heute, Dienstag, 19 Uhr]. Das wird sicher sehr gut! Ein besonderer Leckerbissen war die Matinée am Sonntag, mit dem Simply Quartet und dem Trio Chagall - die spielen zusammen, dass einem die Ohren wackeln!

Spielen Sie selbst auch? Oder unterrichten - und programmieren - Sie „nur“?

Meissl: Nur ein einziges Konzert, das wir einem unserer Lehrenden, Hatto Beyerle, zu seinem 90er widmen [Anm.: am Samstag, 26. August, um 11 Uhr im Schloss Reichenau]. Ich hab' schon viel gespielt, in diesem Sommer. Und so kann ich mich ein bisschen mehr dem Unterricht widmen. Aber im Herbst spiele ich einen Bach-Solo-Abend in Oberösterreich, mit dem Artis Quartett spielen wir Georg Friedrich Haas, den haben wir noch nie gespielt. Und an der mdw, der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien, starten wir eine neue Rektoratsperiode, da müssen wir viel vorbereiten.

Und wie geht es bei der ISA nächstes Jahr weiter?

Meissl: Wir haben beschlossen, dass wir 2024 Pause machen. 2025 gibt's wieder eine ISA, darauf haben wir uns festgelegt - aber dafür müssen wir uns Zeit geben. Es gibt soviel, was schon im Vorhof ist. Wir müssen aber auch eine neue Struktur entwickeln. Die ISA ist ein Riesen-Aufwand. Und wie und wo es weitergeht, ist ergebnisoffen. 2024 wird ein komischer Sommer, aber dann kommt die Super-ISA!

www.isa-music.org