Deutschlandticket: Wenn die Bahn mehrfach abbucht

An sich sollte es eine tolle Sache werden: Das 49-Euro-Ticket der Bahn. Für relativ wenig Geld in ganz Deutschland Bus und Bahn fahren. Gerade für Menschen mit einem schmalen Geldbeutel eine Möglichkeit, zu sparen. Der Haken: Das Ticket gibt es nur online und auch nur im Abo mit Bankeinzug.

Sorgten die Bestellung und die Auslieferung schon für Ärger, so taucht jetzt ein noch viel größeres Problem auf, das einige Menschen an den Rand der Verzweiflung treibt. „Am 25. Mai rief mich eine Frau an, völlig aufgeregt“, erinnert sich Beate Ehl von der Caritas in Lichtenfels. „Bei einer Kontrolle ihres Kontos im Online-Banking war ihr aufgefallen, dass die Bahn mehrfach die Kosten für das Ticket abgebucht hatte.“

Fünfmal am gleichen Tag

Bei der gemeinsamen Durchsicht im Online-Banking stellte sich heraus, dass insgesamt fünf Abbuchungen am gleichen Tag erfolgt waren, mit fünf verschiedenen Ticketnummern. Eine Gegenkontrolle zeigte, dass nur ein Ticket im Besitz der Frau war.

„Am Anfang dachte ich noch: Gut, das kann ja ‘mal passieren. Doch das änderte sich schnell“, so Beate Ehl weiter. „Es meldeten sich noch zwei weitere Personen mit dem gleichen Problem.“ Unter anderen Herr A (Name der Redaktion bekannt).

Weil es kein Einzelfall ist

Auch bei ihm waren am 25. Mai insgesamt vier Tickets abgebucht worden, am 1. Juni erneut. „Das sind fast 300 Euro, die falsch sind“, so Herr A. weiter im Gespräch mit dieser Redaktion. Er zeigt die Seite im Online-Banking, bei der wieder vier Abbuchungen mit vier verschiedenen Ticketnummern zu sehen sind.

Beate Ehl riet den Betroffenen, sich an die Bahn zu wenden, doch deren Mitarbeiter verwiesen sie an die Hotline. „Ich habe dann auch versucht, dort anzurufen. Das mache ich fast täglich, bei irgendwelchen Hotlines anrufen. Doch nach gut 45 Minuten Warteschleife habe ich aufgegeben.“

Briefe an die Bahn geschrieben

Die kontoführenden Institute wurden informiert und Rücklastschriften in die Wege geleitet.

„Wenn jemand ein Konto hier bei der Sparkasse, der Postbank oder der Raiffeisenbank hat, ist das ja nicht so problematisch, da haben wir ja noch Filialen vor Ort und da wurde auch sofort reagiert“, erläutert die Beraterin von der Caritas. „Bei anderen Banken ist leider nicht mehr der Fall, dass es noch Filialen gibt. Also habe ich entsprechende Briefe vorbereitet und auch einen an die Bahn geschrieben, in denen ich den Sachverhalt erläutere und die Rücklastschriften ankündige.“

Beate Ehl fragte sich auch, ob die Kunden eventuell einen Fehler bei der Eingabe gemacht haben. „Das kann ich nicht beantworten, aber was wäre das für ein System, in dem das möglich wäre?“, wirft sie die Frage in den Raum. „Und außerdem müssten ja dann die entsprechende Anzahl an Tickets vorliegen, was auch nicht der Fall ist.“

Einzelfälle? Daran ist kaum zu glauben. Doch wo liegt der Fehler? Für die Betroffenen ist dies eine dramatische Situation. „Die Abbuchung für Mai erfolgte am und um den 25., also zu einem Datum, an dem die finanzielle Decke eh schon dünn ist“, so die Fachfrau. „Und wenn, was ich jetzt befürchte, am Anfang des neuen Monats das noch einmal passiert, geraten die Menschen schnell in eine dramatische Situation.“ Unter denen, die sich gemeldet hatten, waren ausschließlich Menschen, die ihr Konto online führen. „Doch was ist mit denen, die ihre Auszüge nur einmal im Monat per Post erhalten? Da dauert es, bis sie es merken beziehungsweise wenn sie am Automaten kein Geld bekommen.“ Die Dunkelziffer könnte also noch wesentlich höher sein.

Die Kontoauszüge prüfen

Ehl empfiehlt Nutzern des Deutschlandtickets, als erstes die Kontoauszüge umgehend zu prüfen. Werden Fehlbuchungen festgestellt, sofort mit der Bank oder Sparkasse Kontakt aufnehmen und eine Rückbuchung veranlassen. „Bis zu sechs Wochen kann dies geschehen, aber wer kann so lange auf so viel Geld verzichten?“

Wer sein Konto online führt, sollte versuchen, von dort aus die Rückbuchung zu veranlassen. Das Geld ist in der Regel sehr schnell wieder auf dem Konto. „Aber bitte aufpassen, dass man die ,richtigen‘, also die falschen, Ticketnummern zurückbuchen lässt.“

Was verursacht den Fehler?

Offen bleibt die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass solche fehlerhaften Abbuchungen vorgenommen wurden. Liegt hier ein Fehler im System vor oder wurde die Seite der Bahn gehackt? Die Servicehotline ist jedenfalls zurzeit chronisch überlastet.