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Freitag, 17. November 2023

1000x 7a

Ja, so ist es! Kürzlich konnte ich tatsächlich meine Route #1000 in den Graden 7a/7a+ durchsteigen 🥳 Mir geht's hier nicht ums Prahlen mit dieser Zahl, einer kleinen Genugtuung ist der Meilenstein aber wert und vor allem bietet er auch die Gelegenheit auf einen (hoffentlich interessanten) Rückblick auf mein Kletter(er)leben mit dem Schwierigkeitsgrad von UIAA 8. Nicht zuletzt ist der Beitrag aber auch dadurch motiviert, dass ein Kletterer vor Ort meine Jubiläumsbegehung fotografisch festgehalten hat und mir die Bilder nachher anonym hat zukommen lassen, vielen herzlichen Dank dafür!

In der When you Smile (7c) in Cresciano. Die 7a war das Aufwärmprogramm dafür 😉

Als ich zum Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er mit dem Klettern begann, war der Grad von 7a noch weit, weit weg. Klar, die Spitzenleute kletterten schon damals viel schwieriger (UIAA 8 wurde in der CH erstmalig ca. 1980 bezwungen). Aber zumindest nach meiner damaligen Wahrnehmung gab es fast niemanden, der diese Schwierigkeit meistern konnte. Mindestens aber war ich nicht in einer Umgebung oder mit Leuten bekannt, wo dies stattfand. Natürlich hatte ich damals den vagen Wunsch, besser und schwieriger zu klettern. Aber eben nicht das konkrete Ziel: einen bestimmten Grad zu erreichen oder dafür zu trainieren, das war absolut nicht auf dem Radar. Dafür fehlte mir die Peer Group, die ja ganz wesentlich definiert, was man als erstrebenswert und machbar taxiert. Kommt noch hinzu, dass die 7a-Routen damals noch viel dünner gesät waren als heute. Auch waren sie vielfach schlechter abgesichert, d.h. die Einstiegshürde war deutlich höher. Und natürlich gab es auch keine Kletterhallen, wo man hätte trainieren können, oder einfach mal so ohne nix in einen UIAA-Achter einsteigen. So war ich damals vorwiegend beim Bergsteigen oder auf schlecht abgesicherten, alpinen Kletterrouten unterwegs. In Klettergärten gingen wir nur selten und wenn, dann kletterten wir dort Routen, die wir sicher bewältigen konnten. 

Das ist sie, die #1000: Cenerentola (7a) in Cresciano.

So dauerte es dann über 7 Jahre Kletter"karriere", bis ich im Frühling 1997 mit der Route Indulgence in Volx (F) das erste Mal eine 7a punkten konnte. Damals war ich mit Studienkollegen während der Semesterferien für ein paar Wochen im Süden unterwegs. Die waren schon richtig ambitioniert und in höheren Graden unterwegs. Und siehe da, das färbte auch auf mich ab. Diesen Level hielt ich dann für einige Jahre +/- konstant bei. Er eröffnete mir neue Möglichkeiten, d.h. nun auch schwierigere MSL anzugehen, von welchen ich schon viele Jahre geträumt hatte - es gab noch so viel zu tun. Beim Sportklettern noch härter zu punkten war nicht etwas, das ich angestrebt hätte. So gingen wieder 7 Jahre vorbei. Erst im 2004 punktete ich dann das erste Mal eine 7b. Worauf erstmal eine intensive Gleitschirmphase folgte, wo ich nur reduziert kletterte und definitiv nicht stärker wurde. Erst nach deren Abschluss im 2007 erreichte ich den Grad von 7b wieder, bevor es dann mit 7c (2008) und 8a (2009) aufwärts ging. Notabene auch ohne echtes Training, nur mit häufigem Klettern, bzw. dem Einsteigen in bzw. Einüben von Routen dieser Schwierigkeit. Für weitere 7 Jahre stagnierte ich dann auf diesem Level, bevor ich mich im 2016 und damit bereits deutlich jenseits der 40-Jahre-Marke noch auf 8a+ und sogar 8b steigern konnte. Da war es dann tatsächlich eine etwas systematischere Herangehensweise, welche auch Off-the-Wall-Training inkludierte. Die wurde jedoch weniger durch den unbedingten Wunsch diese Grade zu klettern diktiert, sondern mehr durch andere Umstände im Leben. Spät kam der Mann auf den richtigen Pfad - oder den falschen, je nach Perspektive 🙄!

1000x gemacht hin oder her: meist ist es zwar keine Frage, dass ein rascher Punkt drin liegt. Eine Challenge ist's aber doch immer noch und wie das Bild zeigt, ohne Engagement geht eine 7a denn eben doch nicht her. Ist ja aber auch gut so, sonst wäre es ja nicht spannend oder der Erwähnung wert.

Zuletzt noch für die Zahlenfreaks zur Marke 1000: ob die ganz genau stimmt, sei dahingestellt. Sie ist zu hoch, weil Klettergrade keine besonders harte Währung darstellen und noch volatiler sind wie die türkische Lira. Sprich, einige als 7a gekletterte und notierte Routen gelten heute nicht mehr als solche, dafür habe ich nicht korrigiert. Andererseits ist sie zu klein, weil ich erst seit 2003 systematisch Buch führe und die einzelnen gepunkteten Längen bei MSL lange Zeit vernachlässigt hatte - dieser Fehler dürfte deutlich überwiegen. Zudem kommen von Indoor (wo ich wegen der Nicht-Permanenz der Routen kein Buch führe) sicher nochmals mehrere Hundert dazu. Kurzum, mit der Cenerentola in Cresciano habe ich einfach die tausendste Route im Grad 7a oder 7a+ in mein persönliches Logbuch geschrieben. Davon gelangen mir ~770 onsight, was auch zeigt, dass ich den Grad im Lauf der Jahre mehr oder weniger "mühelos" zu klettern gelernt habe und ihn sogar mal zum (verschärften) Aufwärmen nutze (ob dieser Bemerkung werden sich wohl manche ins Fäustchen lachen, die mich schon in einer 7a (oder noch tiefer bewerteten) Route haben herumlaborieren sehen 😂). Und weil's mich nun gerade selber interessiert: 7b/7b+ sind es aktuell ~510 Routen, bei 7c/7c+ nochmals ~225 und bei 8a/8a+ inzwischen doch auch ~65 (die Zahlen sind mit allen zuvor erwähnten Caveats). Zeigt vor allem eines: hier schreibt ein Mann, der viel Herzblut in die Kletterei investiert und die nötige Zeit dafür findet 😎

9 Kommentare:

  1. Hallo Marcel,gucke dir mal auf Youtube das Video Lords of Trad ua. Mit Adam Ondra an. Sie klettern unter anderen eine Route von 1964, der Erstbegeher ist auch mit dabei. Auch im Elbsandsteingebirge wurden schon sehr frueh 7er und 8er nach UIAA Bewertung geklettert Grüße Andreas

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    1. Hallo Andreas,

      Ja, absolut! Meine Bemerkung zum Grad UIAA 8 bezieht sich auf die Schweiz, weil ich damals (noch ohne automobile Fahrberechtigung) auf die erreichbaren Felsen in der Gegend fokussiert war. Habe gerade kurz nachgezählt. Heute gibt's im Klettergarten Galerie ~50 Routen in den Graden 7a und 7a+. Zu meinen Anfangszeiten war es ca. 1/10 davon, also etwa 4-5 Stück. Die Auswahl war also wirklich viel kleiner - auch wenn man, global gesehen, auch schon damals wahnsinnig harte Moves oder Routen ziehen konnte.

      Lg, Marcel

      PS: Video kannte ich schon - ist ein guter Tipp für alle, dies es noch nicht gesehen haben

      https://www.youtube.com/watch?v=dnSnd-xGtNI

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  2. Hallo Marcel, wenn ich bei uns hier auf der schwäbischen Alb die ersten 7er und 8er anschaue, die sind noch real, das heißt 7- musste auf jeden Fall eine deutliche Steigerung zu 6+ sein. Es gibt auch 6++ Touren, das sind alte 6er, weil den 7ten Grad noch nicht gab. Es wurde ja auch darüber diskutiert, bei der 6stufigen ScLa uu bleiben und die seitherigen 6er abzuwarten
    Schon krass aus heutiger Sicht. Grüße Andreas

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    1. Ja Andreas - es ist schon so, dass sich die Bewertungsmassstäbe im Lauf der Zeit geändert haben. Also konkret, verweichlicht. Andererseits kann man auch sagen, dass es sich eben herausgestellt hat, dass man die Schwierigkeit viel feiner differenzieren kann, wie man das zuerst in der noch von der geschlossenen Skala geprägten Zeit gemacht hat. Und das muss ja nicht schlecht sein.

      Deswegen ist ein Vergleich von früher zu heute via den gekletterten Schwierigkeitsgrad sicher nicht zulässig. Aber es gibt neben den geänderten Massstäben ja auch noch viele andere Unterschiede, die es früher schwieriger gemacht haben. Sicherlich gab es auch früher schon viele sehr starke Kletterer, da habe ich keine Zweifel. Bestimmt gab es auch schon vor 50 oder 100 Jahren Menschen, die mit dem gleichen genetisch-körperlichen Rüstzeug am Start waren wie die heutigen Spitzenleute. Klar hatten die nicht dieselben Möglichkeiten, um daraus (Kletter)fähigkeiten zu entwickeln. Sie haben aber sicher Leistungen vollbracht, die selbst nach heutigen Massstäben sehr aussergewöhnlich wären.

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  3. Hallo Marcel, zunächst herzliche Gratulation zu 1000x7a - sehr, sehr beeindruckend! :-) Neben 7a-Touren, die heute abgewertet wurden, sind da sicher auch etliche Touren dabei, die im Laufe der Zeit als schwieriger bewertet wurden. Spontan fällt mir Dein Bericht aus 2021 zur Traumfabrik an der Schafbergwand ein. Die 2. SL galt ja ursprünglich als 7a+. Deinen Schilderungen nach ist diese Seillänge - ohne Griff in Expressschlingen - eher 7c, oder härter. Gerade auf Steilplatten gab und gibt es ja die Haltung vieler Erstbegeher: „wenn es an der Haftungsgrenze gerade noch kletterbar ist, dann ist es genau 7a“. Hast Du ein „Gefühl“, wie es kam, dass sich die Haltung eingebürgert hat, dass grifflose Steilplatten am Haftungslimit in der Regel nicht schwerer als 6c bis 7a bewertet werden? Ganz liebe Grüße, schönes Wochenende, Rainer

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    1. Hallo Rainer,

      An die aufgewerteten 6c+ hatte ich gar nicht gedacht 🤔 Aber das ist eh ein Schwierigkeitsgrad, den ich vermeide wenn's geht. Fast so schwierig wie 7a, aber dann geht der Counter doch nicht eins hoch 😎 Anmerkung der Redaktion: die letzten 2 Sätze sind nicht so ganz ernst gemeint, können aber Körnchen der Wahrheit enthalten.

      Zur Traumfabrik: da hast du recht, allerdings habe ich diese L2 leider sowieso nicht gepunktet. Warum Platten oft so hart bewertet sind, kann ich auch nicht wirklich sagen. Vermutlich halt, weil es nicht so viel Physis braucht, wenn man die technischen Fertigkeiten mitbringt?!? Somit sind Platten halt etwas, wo das übliche "subjektive Empfinden" der erfolgreichen Begeher für die Bewertung zu ziemlich speziellen Blüten führen kann.

      Das beste Bewertungssystem wäre sicher eines, wo die Schwierigkeit einer Route daran gemessen wird, welcher Teil der Kletterpopulation sie noch durchsteigen kann (z.B. eine Route welche die Hälfte der globalen Kletterpopulation schafft, wäre eine 6b, schaffen sie nur noch 30% ist es 7a, schaffen sie nur noch 10% ist es 7c, usw.). Aber das lässt sich dann halt erst im Lauf der Zeit und bei vielbegangenen Routen anwenden, für Neutouren und Mauerblümchen ist das nix.

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  4. Hoi Marcel
    Es lebe das excel-Format! Auch ich entdecke immer wieder alpine Unternehmungen die es irgendwie nicht vom Kalender in die Routenliste gefunden haben ;-) So führe ich z.B. bloss eine Liste "Alpiner Touren oder Routen" ab 5 Seillängen... Das führt dann oft zu Diskussionen ob man denn zwei gekletterte Routen mit jemeils drei Seillängen einfach zusammenzählen darf/kann/soll/? Gilt das als Tourenbouch-Doping? Zum glück bin ich nicht Profi und muss daher nicht fürchten, dass mir irgend einmal von Erbsenzählern gewisse Tourentage nicht angerechnet werden!!!
    Es lebe der Bergsport mit Grüssen aus dem verschifften Baselbiet
    Patrik

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    1. Hoi Patrik,

      Jäää, das kommt eben davon wenn man zu viel klettert und sich nicht ausreichend der Verwaltung der Tourenstatistik widmet 😁 Aber ich bekenne mich dieser Sünde auch als schuldig. Aber immerhin hilft heute Onkle Google mit seinem Standortverlauf ziemlich zuverlässig auf die Sprünge bei der Frage wo ich war, wenn ich im Freizeitstress einer anhaltenden Schönwetterphase wieder mal die Buchführung unterlassen habe. Auf die von dir aufgeworfenen Fragen oder die Erörterung ob eine Route jetzt als 7a oder nur als 6c+ zählt, weiss der liebe Onkel aber leider keine Antwort 😂

      Lg und hoffentlich hörts bald uf mit seiche, Marcel

      PS: bei mir zählen die MSL ab 3 SL - so kommt man schneller auf 1000 😋

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  5. Gratulation! Ich habe letztes Jahr meine 100. Route ab 7b aufwärts geklettert. Hat nur schlappe 40 Jahre gedauert. 😉
    Klettern ist einfach ein Sport fürs ganze Leben. Immer weiter machen!
    Viele Grüße Arne

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