Sieg über die Cholera

Ehrenkreuz für Santa Cruz, vor 125 Jahren.

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Im Herbst 1893 kam die Nachricht über eine Cholera-Epidemie in Spanien und in Europa nach Santa Cruz und zwang die Stadt, alle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und Schiffe aus „schmutzigen“ Häfen unter Quarantäne zu halten.

Am 29. September kam der italienische Dampfer Remo aus Rio Grande (Brasilien) auf dem Weg nach Genua in Santa Cruz an. Er kam mit einem „schmutzigen Patent“, so dass er vor dem Stadtteil Los Llanos ankern musste. Aber da die Überwachung nicht richtig funktionierte, kam es zum Kontakt mit dem Land. In der Folge wurde Santa Cruz von einer schrecklichen Epidemie der asiatischen Cholera heimgesucht.

Die Bewohner der Stadt reagierten sofort und waren weit davon entfernt, der Entmutigung zum Opfer zu fallen, sie waren bereit, gegen diesen neuen Eindringling zu kämpfen. Behörden und zahlreiche Ärzte entwickelten einen Plan, die Krankheit zu kontrollieren. Alle kämpften unermüdlich gegen die Krankheit, installierten Isolierkrankenhäuser in den Einsiedeleien von San Sebastián, San Telmo und Regla, desinfizierten Häuser, Straßen und Schluchten, bauten Wirtschaftsküchen für die Bedürftigsten und eröffneten öffentliche Spendenaktionen für die dringendsten Fälle. Dem Geist der Solidarität schloss sich auch ein Operetten-Ensemble an, das gerade zu Aufführungen in der Stadt war, ebenso wie acht Stierkämpfer, die aus Amerika auf dem Weg nach Spanien waren. Sie alle leisteten unschätzbare Hilfe. Am Ende der Epidemie bezahlte der Stadtrat ihnen die Heimreise.

Trotzdem kappten die Orte im Landesinneren alle Verbindungen mit der Hauptstadt. Die Panik war so groß, dass die Einwohner von Güímar eine Steinmauer auf der Straße bauten, um den Durchgang zu sperren. Aber leider erreichte die Krankheit auch den Süden der Insel. Durch diese Isolation wurden Nahrungsmittel, Holzkohle und Eis knapp. Zum Glück konnte die Kohle der Dampfschiffe verwendet werden. Auch das Eis, das für die Linderung der Betroffenen notwendig war, wurde von den Schiffen im Hafen bereitgestellt, so lange bis ihnen das Ammoniak für die Herstellung ausging. Danach schickte die Gemeinde La Orotava große Mengen Eis aus den Eishöhlen am Teide.

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Die zivilen und die Militärkrankenhäuser füllten sich, auch in den Kirchen war kein Platz mehr für die Kranken. Es gab nicht einmal mehr genügend Grabstätten für die Toten. Allein in San Andres starben 40 Menschen, und weil der alte nicht mehr ausreichte, musste man einen neuen Friedhof anlegen, der heute am Teresitas-Strand noch zu sehen ist. Insgesamt zählte man aber „nur“ 382 Tote, obwohl fast 9 % der Bevölkerung erkrankt waren. Santa Cruz hatte damals 19722 Einwohner.

Nach drei angstvollen Monaten erklärte am 11. Januar 1894 der Staatsanzeiger in Madrid die Stadt Santa Cruz offiziell als sauber und der Schiffsverkehr konnte wieder normal aufgenommen werden. Nach dem Glauben der Bevölkerung hörte die Epidemie im stark betroffenen Stadtteil Toscal oberhalb des Hafens nach einer Prozession auf, bei der der Herr des Leids von der Kirche San Francisco dort hin getragen wurde. Am 14. Januar wurde auf Wunsch des Pfarrers eine Straße nach dem Herrn des Leids benannt. Er ist auch als Señor de Santa Cruz bekannt und der Schutzpatron der Stadt. Sein Bildnis wurde von dem reichen Don José Carta gestiftet. (Einen Artikel über Carta und seine Wohnung gibt es hier: Casa de Carta)

Als Beweis für die aufopferungsvolle Arbeit und das Heldentum, das die Bewohner von Santa Cruz während der Epidemie bewiesen hatten, wurde vom Ministerrat am 23. April 1894 offiziell der Titel „Sehr begünstigt“ an die Stadt Santa Cruz verliehen, verbunden mit dem Zivilorden und dem Ehrenkreuz Erster Klasse mit Auszeichnung und Band. Bei den offiziellen Feierlichkeiten vor 125 Jahren unterzeichnete die regierende Königin Maria Christina von Österreich den Orden. Dieser Orden ist heute noch im unteren Teil des Stadtwappens von Santa Cruz zu sehen. Im Original des Ehrenkreuzes sieht man eine symbolische Abbildung der Hilfsbereitschaft.

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HMS Beagle vor Santa Cruz (Foto: El Día)

Schon mehrfach gab es davor ebenfalls Fälle, in denen ankommende Schiffe unter Quarantäne gestellt wurden. Als der berühmte Naturforscher Charles Darwin am 6. Januar 1832 mit seinem Schiff Beagle in der Bucht von Santa Cruz vor Anker ging, wurde er vom britischen Vizekonsul, Ärzten und Angestellten der Gesundheitsbehörde begrüßt, die ihm das Anlegen im Hafen verweigerten, denn er kam aus Davenport, England, wo es eine Cholera-Epidemie gab. Sie verlangten eine strikte Quarantäne von 12 Tagen.

Darwin war enttäuscht. Er wollte den Teide als Basis für seine Entfernungsberechnungen benützen und betrachtete sein erstes Unternehmen als gescheitert. „Hoch mit der Fock!“ rief er, ließ den Anker lichten und segelte weiter auf die Kapverden.

Seit 1513 schon war die Gesundheitskontrolle die erste Formalität, der sich ein ankommendes Schiff unterwerfen musste. Falls die Einfahrt wegen Krankheiten verweigert wurde, aber der Kapitän sich trotzdem entschied zu bleiben, mussten alle Passagiere und Matrosen zuerst in das Lazarett von Puerto Caballo, im Süden der Stadt, und sich dort 10 bis 15 Tage lang aufhalten. Ab 1523 wurde auch eigens ein Arzt beschäftigt, der diese Kontrollen übernahm.


Artikel-Nr. 26-23-138

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