Blog Belem – São Luis – Barreirinhas – Jericoacoara
Um 6 Uhr morgens im Hotel angekommen, tauchen bereits die ersten Sprachschwierigkeiten auf. Praktisch niemand spricht im Norden von Brasilien Englisch oder Spanisch, deshalb werden wir die nächsten Tage mit Händen und Füssen kommunizieren. Auch die Bestellung aus einer portugiesischen Menukarte entpuppt sich als «Menu Surprise».
An der Rezeption machen sie uns klar, dass Check-in Zeit erst um 14’00 ist. Wenn wir früher aufs Zimmer wollen, müssten wir 80 USD zahlen. Das ist viel mehr, als wir für eine Nacht bezahlen! Also warten wir in der eiskalt heruntergekühlten Lobby, bevor wir uns auf den Weg machen, um die Stadt zu besichtigen.
Am Morgen früh sind die Shops noch alle geschlossen, es stinkt in den Strassen nach Abfall und Urin, nicht wirklich reizvoll. Bei der Flussmündung findet jeden Tag der Mercado Ver-o-Peso (Fischmarkt) statt. In der Hafenmole herrscht Ebbe und unzählige Geier und Reiher streiten sich um die besten Fischresten, welche die Fischer wegwerfen.
Der Markt ist laut und überfüllt. Es ist spannend zu sehen, was da alles für verschiedene Fischarten und Crevetten angeboten werden. Gleich neben dem Fischmarkt gibt es noch verschiedenste Früchte, Gemüse, Fleisch, Nüsse sowie geheime Getränkemixturen der Kräuterhexen zu kaufen. Wir decken uns mit leckeren Pekan- und Cashew-Nüssen ein.
Sehenswürdigkeiten sind die Metropolitan Kathedrale und das kleine Fort Presepio, sowie die Kolonialbauten, die sich zum Teil in einem erbarmenswerten Zustand befinden.
Ein weiteres Highlight sind die Estação das Docas. Die alten Dockgebäude beherbergen jetzt verschiedene Restaurants, eine Brauerei, Eisdielen und eine Shopping-Meile.
Wir müssen unbedingt unsere Wäsche waschen lassen, der Regenwald hat da unangenehme Gerüche hinterlassen (eine leichte Untertreibung). Zu Fuss und per Taxi versuchen wir es bei fünf verschiedenen Internetadressen. Eine Wäscherei hat geschlossen, zwei gibt es gar nicht mehr und zwei weitere verlangen horrende Preise. Erst am nächsten Tag werden wir fündig. Mit der Angestellten kommunizieren wir mit Zetteli, welche wir vorher mit portugiesischen Sätzen gefüllt haben.
Nach einem einstündigen Flug landen wir in unserer nächsten Destination São Luis. Frankie, der Hostelbesitzer erwartet uns um 5.30 Uhr, wir erhalten ein kostenloses Frühcheck-in! Die Posada Frankie datiert aus dem Jahre 1860 und wurde von dem Dänen und ehemaligen Schiffsbauer komplett renoviert.
Wir geniessen unser Himmelbett und der schöne Parkettboden, in diesem Haus fühlen wir uns sehr wohl! Der kleine Innenpool unter einem grossen Mangobaum lädt zum Schwimmen ein, er ist erfrischend kühl und das tut gut, nach den gefühlten 43 Grad Hitze draussen!
Zu Fuss besuchen wir das kleine Stadtzentrum (UNESCO-Weltkulturerbe), auch hier gibt es leider viele heruntergewirtschaftete Gebäude. Charakteristisch für die Altstadt sind die mit portugiesischen Fliesen «Ajulejos» bedeckten Fassaden. Wir staunen ab den unzähligen Souvenirshops die es hier gibt, verglichen mit den wenigen Touristen! Zudem gibt es in allen Shops ähnliche Ware zu kaufen.
Am Abend zeigt uns Frankie noch seine neuste Errungenschaft: ein baufälliges Haus, welches er am Umbauen ist, um dort Langzeit-Zimmer zu vermieten. Das Haus hat Substanz, da ist aber noch viel Arbeit zu erledigen!
Frankie führt uns zu einer Cachaça-Bar, um den örtlichen Schnaps zu degustieren. In dem kleinen, unscheinbaren Laden sind alle Regale gefüllt mit verschiedensten Cachaça Destillaten der Marke Eigenbrau. Wir erhalten den Zuckerrohrsaft mit Maracuja, Zimt und Ingwer-Geschmack zum Probieren, der schmeckt lecker und hebt die Stimmung, hicks! Leicht angesäuselt und mit zwei kleinen Flaschen bewaffnet treten wir den Heimweg an.
Den Besuch des neu eröffneten Kulturzentrums Centro Cultural Vale Maranhão können wir wärmstens empfehlen! Nach dem Eintrag ins Gästebuch empfängt uns ein junger Mann mit rudimentären Englischkenntnissen. Er führt uns durch die Multi-Media Ausstellung. In einem Raum sitzen wir auf einer Schaukel und erhalten eine Virtual-Reality Brille aufgesetzt. Wir fühlen uns in schwebendem Zustand und blicken auf eine bunte, animierte Welt hinunter. Je mehr wir schaukeln, desto höher fliegen wir durch die virtuelle Umgebung, wirklich faszinierend!
Bei einer anderen Installation legen wir uns auf einem Liegestuhl. Mit der Brille werden wir in ein Strandszenario «gebeamt». Ein Heizstrahler sorgt für die Wärme und ein Ventilator für den Wind. Die Geräusche des Meeres aus dem Kopfhörer und das Bild eines gutgebauten Strand-Beaus (oder je nach Wahl einer Badenixe) vor den Augen lässt uns kurz vom Strandleben träumen.
Zusammen mit zwei weiteren Gästen aus dem Casa Frankie, Belinda aus der Schweiz und Julia aus Deutschland, fahren wir mit dem Taxibus fünf Stunden lang bis nach Barreirinhas. Die Mädels sind beide auch schon länger unterwegs und dank den interessanten Diskussionen verläuft die Fahrt wie im Fluge.
Die Stadt liegt an einem grossen Fluss und dient als Ausgangspunkt zum Nationalpark von Lençóis Maranhenses, den sogenannten «Bettlaken-Dünen». Der Tour-Guide Jhonatas, der über einen englischen Wortschatz von ca. 10 Wörtern verfügt, kann uns mit Händen und Füssen überzeugen, zwei Tagestouren bei ihm zu buchen.
Früh am Morgen werden wir von einem Offroad-Fahrzeug abgeholt, unterwegs laden wir noch weitere Passagiere auf und los geht es zur Fähre, wo wir über den Fluss setzen und unser Abenteuer im Nationalpark startet.
Es folgt eine coole Offroad-Tour durch die Sümpfe, manchmal muss das Geländefahrzeug durch einen Meter tiefen Bach hindurch, das klappt aber immer prima. Auf einer hohen Sanddüne halten wir an. Mit Jhonatas als Führer wandern wir zu dritt durch die beeindruckende Dünenlandschaft.
Was jetzt folgt, kann mit Worten schlecht beschrieben werden, auch Fotos können dem Wunder der Natur nie gerecht werden. Wir sind einfach überglücklich und bringen das breite Grinsen im Gesicht fast nicht mehr weg! Etwa sechs Stunden (inklusive Badezeit) wandern wir barfuss über die Dünen, schwimmen in fünf verschiedenen Lagunen und durchwaten unzählige weitere Lagunen.
Die ganze Zeit sind keine weiteren Touristen weit und breit zu sehen, kein Abfall verschandelt die wunderschöne Gegend, das ist Natur pur. Wir hören dem Rauschen des Windes zu und geniessen die angenehmen Temperaturen der Luft und das Baden im glasklaren, warmen Wasser. Hinter jeder Sanddüne wartet wieder ein neues zum Planschen einladendes Regenwasserbecken auf uns.
Als wir aus der letzten Lagune heraus waten, erschrickt Jhonatas, er sieht eine Schlange im Wasser! Die ist zwar winzig dünn und nur ca. 15cm lang, aber am besorgten Gesicht unseres Führers sehen wir an, dass das Vieh nicht ungefährlich ist.
Der Abenteuer noch nicht genug, ein Quad fährt uns entgegen. Das Essen wartet und wir werden abgeholt. Wir sitzen hinten auf dem Quad und flitzen durch die Dünen, später durch den Wald hindurch, alles auf hügeligen Sandpisten. Ein tolles Gefühl, wir müssen aber stets aufpassen, dass wir nicht herunterfallen, da wir uns nirgends gut festhalten können.
Nach dem überteuerten Mittagessen (ja, wir fühlen uns abgezockt), relaxen wir in der Hängematte, bevor wir die letzte Sanddüne hochklettern, um die Aussicht auf die Laguna Bonita zu geniessen. Der spektakuläre Sonnenuntergang bleibt uns wegen der Bewölkung verwehrt. Wir sind uns trotzdem einig, dass dieser Ausflug zu den schönsten Erlebnissen auf unserer gesamten Reise zählt!
Beim zweiten Tagesausflug werden wir mit dem Boot in der Lodge abgeholt. Da wir ganz vorne sitzen werden wir vom Wind «gesandstrahlt», sobald wir in die Nähe einer Düne kommen. Die Aussicht auf die Mangroven, die Palmen und Wälder ist eindrücklich, am Himmel hoch begleiten uns Geier und Adler.
Unterwegs halten wir an einer grossen Sanddüne, hier werden bei einem Restaurant eine Horde Affen angefüttert. Die sind natürlich ein willkommenes Fotosujet, obwohl, die Viecher haben es faustdick hinter den Ohren. Sie klauen alles, was nicht niet und nagelfest ist!
In einem kleinen Dorf machen wir einen weiteren Stopp, von wo aus wir den Leuchtturm besteigen können, um die tolle Rundumsicht auf die Umgebung und die Meereslagune zu geniessen. Wir gönnen uns danach einen leckeren «Caipi» an der Strandbar. Hmm, in Moni’s Drink schwimmen fünf Ameisen herum, muss das so sein?
Wieder zurück in der Lodge, informiert uns Jhonatas über unsere Weiterreise. Es ist nicht einfach und vor allem teuer, von hier aus nach Jericoacoara zu gelangen. Nach einigen Diskussionen, Telefonen und unterschiedlichen Preisvorstellungen (und mit leichtem Knurren seinerseits), finden wir schlussendlich eine Lösung. Dazu müssen wir jedoch einen Tag länger in unserer Lodge weilen.
Mit einem 4×4 Toyota werden wir pünktlich abgeholt. Anstelle der drei anderen Touristen, welche unterwegs aussteigen sollten, erwarten uns eine Französin und ein Brasilianer, beide auch mit dem Endziel Jeri (Abkürzung für Jeriocoacoara).
Auf der sechsstündigen Fahrt kurven wir praktisch über sämtliche Strassenbeläge. Es geht von geteerten Strassen (mit vielen fiesen, tiefen Löchern), «Bsetzistei» über Geröll bis zur Sandpiste, am Schluss dem Sandstrand entlang. Die Federung des Autos ist zwar in Ordnung, trotzdem werden wir so richtig durchgeschüttelt.
Geschwindigkeitsbegrenzungen und andere Verkehrszeichen werden in Brasilien einfach übersehen. Unser Fahrer fühlt sich auch mit 125 km/h in der 60-er Zone sehr wohl. Auch eine doppelte Sicherheitslinie ist kein Hindernis zum Überholen von langsameren Fahrzeugen oder zum Ausweichen der Schlaglöcher.
Im kleinen Städtchen Jeri gibt es nur Sandpisten, keine geteerten Strassen. Wir werden direkt bei unserem Appartement abgeladen. Die Wohnung ist geräumig und bestens eingerichtet, mit Terrasse und Blick auf einen kleinen Pool. Wir spazieren ins Zentrum, um unsere Essensvorräte aufzustocken, damit wir wiedermal selbst etwas feines Kochen können. Bei einem Glas Rotwein geniessen wir auf der Dachterrasse den Sternenhimmel und die Sternschnuppen.
In Jeri ist es fast Pflicht eine Buggy-Tour zu buchen, leider kann man diese Fun-Cars nicht selber fahren. Unser Chauffeur Jorge platziert uns hinten auf die Sitzfläche und wir fahren hinaus zum Nationalpark von Jericoacoara, wo wir auf die höchste Düne (über 70m hoch) raufklettern, um den Park zu überschauen.
Wir kurven über die holprige Sandpiste, Jorge ist zum Glück ein sehr vorsichtiger Fahrer, so rüttelt es nicht allzu stark. Unser Ziel ist der Lagoa do Paraiso, die Paradieslagune. Es gibt hier ein grosses Restaurant und einen Sandstrand. Das Coole ist, dass es hier Hängematten im Wasser gibt. Der Regenwassersee ist etwa einen Meter tief und so faulenzen wir in den Hängematten im warmen Wasser. Natürlich dürfen hier auch die obligatorischen Selfie-Fotos nicht fehlen.
Die Reise führt uns auch zur Laguna Azul, wo wir zu Fuss auf eine kleine Insel waten. Hier kann man sich direkt im Wasser an Stühle und Tische setzen. Wie der Name schon sagt, prägt dieser See seine sehr schöne Färbung.
Im Fischerdorf Prea verspeisen wir am Sandstrand frischen Fisch mit leckerem «Pirão». Pirão besteht aus Fischsud, Maniokmehl und Kokosmilch, sieht aus wie grober Kartoffelstock und schmeckt köstlich. Wir bestaunen die unerschrockenen Kite-Surf Profis, die zum Teil meterhohe Sprünge locker hinkriegen.
In der frühen Morgenstunde (später wird es viel zu heiss) wandern wir die drei Kilometer zum Pedra Furada. Das ist eine Felsenbrücke im Meer, deren Felsformation in verschiedenen Farben leuchtet. Das mitgebrachte Frühstück wollten wir eigentlich gemütlich beim Felsen verspeisen. Kleine, weisse Fliegen machen unseren Plan zunichte. Wir haben Angst, dass es sich hier um fiese Sandfliegen handelt (es waren zum Glück keine).
Die weiteren Tage in Jeri dienen zu unserer Entspannung. Am Abend besteigen wir die grosse Sanddüne, um mit einem Caipi in der Hand den Sonnenuntergang im Meer zu bestaunen. Danach zeigen die Einheimischen am Strand ihr Können im Capoeira, dem Kampftanz mit Ursprung aus der Zeit der afrikanischen Sklaven. Traditionell wird zu den Kämpfen Musik gespielt und gesungen. An den verschiedenen, mobilen Drinkständen entdeckt Moni ihren «Maracujoska», der besteht aus frisch gepresstem Marajucasaft, Vodka und Rohrzucker, Prost!
Die Weiterfahrt nach Fortaleza ist auch kein Zuckerschlecken. Zuerst fahren wir mit einem Jeep 50 Minuten lang über die Sandpiste bis nach Jijoca, danach mit dem Car (welcher in jedem Dorf anhält) weitere 6 ½ Stunden durch die Palmenlandschaften, bevor wir im Busterminal von Fortaleza ausgeladen werden.
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