SCHWAIG — Äußerst sachlich verlief die Gemeinderatssitzung zur Verabschiedung des Haushalts- und Finanzplans für 2016 in Schwaig. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von nur 0,52 Euro nimmt die Gemeinde wiederum eine Ausnahmestellung im Landkreis ein. Insgesamt umfasst das Zahlenwerk Einnahmen und Ausgaben in Höhe von fast 28 Millionen Euro.
Kämmerer Norbert Laugner hatte den von ihm vorgelegten Haushaltsentwurf für 2016 sehr anschaulich dargestellt und kommentiert. Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hätten oberste Priorität. Diesem Grundsatz stimmten alle Fraktionen in vollem Umfang zu. Auch wenn der in der Gemeinde immer noch unterdurchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz von 300 v.H. für sprudelnde Einnahmen sorge, sollte man nicht vergessen, dass sich das schnell ändern könne, mutmaßte Laugner. Anstößen der Fraktionen von SPD und Bündnis90/Die Grünen, die Gewerbesteuerhebesätze entsprechend anzupassen, wollten die anderen Fraktionen zurzeit nicht folgen.
Schwaigs 1. Bürgermeisterin Ruth Thurner ging in ihren Ausführungen zunächst auf Probleme bei der diesjährigen Gestaltung des Haushalts ein. Durch die Nullzinspolitik fehlten der Gemeinde wesentliche Erträge aus der Anfang des Jahres 13,5 Millionen Euro starken Rücklage, die aufzufangen waren. Aufgrund der Tarifentwicklung und des beschlossenen Stellenplans stiegen die Personalkosten um 11,3 Prozent auf 4,3 Millionen Euro, das ist ein Fünftel der Ausgaben des Verwaltungshaushalts.
Betreuung für alle Kinder
Grund dafür sind die erweiterten Angebote der Kinderbetreuungseinrichtungen in der Gemeinde. Thurner betonte in diesem Zusammenhang, dass es bisher gelungen sei, jedem Kind einen Platz in einer Krippe, einem Kindergarten oder Hort zu sichern. Das sei aber voraussichtlich in Zukunft nicht mehr in jedem Fall möglich, obwohl die Gemeinde enorme Anstrengungen unternehme, ihre Kapazitäten zu erweitern. Sie wies darauf hin, dass ein Rechtsanspruch auf Hortplätze nicht bestehe, die Gemeinde bezuschusse aber jeden Hortplatz monatlich mit 273 Euro, während der durchschnittliche Elternbeitrag bei 140 Euro liege.
Ein großes Anliegen der Gemeinde sei auch der Öffentliche Nahverkehr. Der neue barrierefreie Ortsbus, die Fortführung der Buslinie 40 und die Nightliner N 2 und N 13 schlagen mit rund 250 000 Euro zu Buche. Die Sanierung der Schulen und Spielplätze seien ebenso im Haushaltsentwurf berücksichtigt wie die Kosten für Bücherei, Sportanlagen und Hallenbad. Straßenbau und Sanierung von Abwasseranlagen, vorbereitende Arbeiten für den weiteren Ausbau des Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetzes sowie die Maßnahmen beim Klimaschutz waren weitere Kostenpunkte, die Thurner ansprach. Sie schloss ihren Bericht mit den Worten: „Bleiben wir weiterhin bodenständig und solide und konzentrieren wir uns auf die Aufgaben, zu deren Erfüllung wir verpflichtet sind“.
Reaktionen der Fraktionen
Petra Oberhäuser stimmte für die CSU uneingeschränkt dem Haushalt zu, betonte jedoch, dass die Fraktion dem zusätzlich benötigten Besprechungszimmer in der Kita „BlickWinkel“ nur nach kritischem Abwägen aller Argumente zugestimmt habe, denn „Kosten von über 100 000 Euro für eine nutzbare Fläche von 30 Quadratmetern liegen uns schwer im Magen“. Zu der im Raum stehenden Diskussion um die Nutzung des Areals der ehemaligen Nordschule erklärte Oberhäuser, dass die CSU-Fraktion gegen eine Federführung der Gemeinde bei der Bebauung des frei werdenden Areals sei.
Doris Bassimir sagte für die Freien Wähler, dass besonders der Zuzug von jungen Familien in die Gemeinde erfreulich sei, der die Einwohnerzahl zum 30. Juni 2015 auf 8584 Bürgerinnen anwachsen ließ. Positiv sei auch die Tatsache, dass 2016 wieder ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt und alle geplanten Maßnahmen aus Eigenmitteln finanziert werden könnten. Auch Bassimir stellte klar, dass die Freien Wähler gegen eine Bebauung des Nordschulareals unter Federführung der Gemeinde sind.
Für die SPD sprach Bernd Küstner. Als Einziger brachte er Steuererhöhungen ins Gespräch, falls die Einnahmen nicht mehr so üppig sprudeln sollten. Dem von ihm vorgetragenen Antrag der SPD-Fraktion, der im Wesentlichen die Bebauung des Nordschulareals durch die Gemeinde forderte, konnten sich die Fraktionen der CSU und der Freien Wähler nicht anschließen. Sie stimmten dagegen, so dass lediglich sechs Räte von SPD und Grünen dafür waren.
Irmingard Fritsch (Bündnis 90/Die Grünen) hob hervor, dass der Haushaltsentwurf eine gute Basis für die Gestaltung des Zusammenlebens und den Erhalt einer hohen Lebensqualität in Schwaig sei, das sich als familienfreundliche Kommune präsentiere. Zur Bebauung der letzten beiden freien Grundstücke am Nordschulareal und in der „Schwaiger Mitte“ stellte sie die Frage, wie sich diese beiden Flächen am sinnvollsten im Sinne der Bürgerwünsche und der Nachhaltigkeit nutzen ließen und kritisierte: „In der Schwaiger Mitte ist die Umsetzung der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung seit nunmehr drei Jahren überfällig“. Für die Bebauung des Nordschul-Geländes forderten die Grünen ein Überdenken des momentan eingeschlagenen Weges. Fritsch regte weiter an, dass die Gemeinde gemeinsam mit dem Unterstützerkreis konkrete Integrationsmaßnahmen für Asylsuchende entwickeln und fördern solle. Das alles koste Geld und notfalls würde die Fraktion einer Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes um zehn Punkte zustimmen.
Alle Fraktionen, auch Karola Hagen-Brosche von der FDP, stimmten dem Haushaltsentwurf der Gemeinde Schwaig für 2016 zu.
ZUM THEMA
SCHWAIG (bu) — Schwaig muss keine Kredite aufnehmen, um seine Investitionen zu finanzieren, dafür entnimmt die Gemeinde (wie schon im Vorjahr) rund sechs Millionen Euro aus der Rücklage. Die wichtigsten Zahlen aus dem Etat 2016 im Überblick:
Aus der Gewerbesteuer erhält Schwaig einen Anteil von 6,5 Millionen Euro, aus der Einkommenssteuer 5,8 Millionen Euro. Beide Summen sind im Vergleich zu 2015 leicht gestiegen. 830 000 Euro bringt die Grundsteuer B in die Kasse, 640 000 Euro die Vermietungen. Im Verwaltungshaushalt (Laufende Kosten) erwirtschaftet die Kommune einen Überschuss von knapp 660 000 Euro, der als Zuführung im Vermögenshaushalt für Investitionen genutzt werden kann, das ist mehr als dreimal so viel wie 2015.
Größter Posten auf der Ausgabenseite ist – wie in anderen Kommunen auch – die Umlage an den Landkreis in Höhe von 5,64 Millionen Euro, gefolgt von den Personalkosten mit 4,3 Millionen Euro und der Gewerbesteuerumlage mit 1,6 Millionen Euro.
Die Gemeinde investiert in vielen Bereichen: Neubau der Kinderkrippe in der Reichswaldstraße (2,1 Millionen Euro), Abriss der Nordschule (300 000 Euro), Wege-Sanierungen (360 000 Euro), Entwicklung der Ortsmitte (270 000 Euro), Breitbandausbau (300 000 Euro), Sanierung des Turnhallendachs, der Umkleidekabinen und Einbau von Schallschutzdecken in den Klassenzimmern (300 000 Euro), Neubau einer Halle für die Feuerwehr (220 000 Euro); Beckenfliesen und Hallendecke im Schwimmbad (300 000 Euro). Für viele dieser Investitionen erhält die Gemeinde allerdings anteilsmäßig Fördergelder.
Schwaiger Geheimsitzungen notwendig?
Im Bericht über die Sitzung des Schwaiger Gemeinderats kam das Thema „Bebauung des Nordschul-Areals“ etwas zu kurz.
Bernd Küstner wies als Vorsitzender der SPD-Fraktion ausdrücklich darauf hin, dass er wesentliche Informationen nur aus nichtöffentlichen Sitzungen habe und deshalb sehr vorsichtig formulieren müsse. Im ursprünglichen Antrag der SPD vom 04.11.2015 wurde beantragt, dass die Gemeinde das Grundstück nicht verkaufen, sondern selbst bebauen sollte. Der Antrag wurde jetzt so abgeändert, dass die Gemeinde statt „selbst bebauen“ eine Kooperation mit einem Investor eingehen solle. Wie das genau funktionieren kann, darf der Öffentlichkeit allerdings nicht gesagt werden. Küstner wies darauf hin, dass die Änderung des Antrags die Folge einer nichtöffentlichen Sitzung sei.
Diese Geheimhaltung sowie fehlende Diskussionen führen fast zwangsläufig zu Spekulationen und begünstigen Missverständnisse. Im Bericht der PZ wird von einer „Bebauung des Nordschulareals durch die Gemeinde“ gesprochen, obwohl der geänderte Antrag dies nicht mehr vorsieht. CSU und Freie Wähler sprachen sich gegen eine Federführung der Gemeinde bei der Bebauung des frei werdenden Areals aus. Muss es denn eine „Federführung“ der Gemeinde sein? Eine Kooperation kann auch bedeuten, dass die Gemeinde das Grundstück in die Zusammenarbeit einbringt und den Rest macht ein Investor, der sich damit auskennt. Die konkreten Möglichkeiten einer Kooperation können allerdings leider nicht öffentlich diskutiert werden: Geheim.
Die SPD möchte erreichen, dass die Gemeinde nicht ohne zwingende Notwendigkeit jedwede Möglichkeit der Einflussnahme auf die Art der Bebauung und der Wohnungsbelegung aus der Hand gibt. Wenn sich ein Investor heute zu sozialem Wohnungsbau verpflichtet, dann gilt dies nur für 25 Jahre. Es kann nur spekuliert werden, was danach mit den Wohnungen passiert. Es weiß heute auch niemand, was in 25 Jahren aus Sicht der Gemeinde wünschenswert sein wird.
Durch den Verzicht auf den Verkauf könnte sich die Gemeinde Schwaig „25 Jahre Zeit erkaufen“. In knapp 25 Jahren kann entsprechend den dann aktuellen Rahmenbedingungen neu entschieden werden. Warum soll die Gemeinde heute ihren zukünftigen Einfluss auf die Gestaltung von Wohnraum freiwillig aufgeben? Die Gemeinde hat derzeit eine Pro-Kopf-Verschuldung von 0,52 €, so dass sie nicht zwingend auf den Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks angewiesen ist.
Wegen der aktuellen Null-Prozent-Zinspolitik kann derzeit mit sicheren Geldanlagen kein Geld mehr verdient werden. Es wird sogar schwierig, eine Rendite oberhalb der Inflationsrate zu erzielen, wenn man auf spekulative Anlagemöglichkeiten verzichtet. Der Kaufpreis für das Grundstück und das anzulegende Geld ist allerdings geheim, weil er nur nichtöffentlich behandelt wurde. Hier wird über einen Betrag in vermutlich 7-stelligem Bereich gesprochen und die Öffentlichkeit darf nichts darüber erfahren!
Wenn der Gemeinderat demnächst darüber entscheiden soll, welcher der 4 (?) interessierten Investoren das Grundstück bekommt, dann hat die Öffentlichkeit keinen einzigen Entwurf zur geplanten Bebauung gesehen. Niemand konnte im Gespräch mit der Verwaltung oder mit Gemeinderäten Fragen stellen oder Ideen mit einbringen. Transparentes Handeln einer Gemeindeverwaltung sieht anders aus. Durch den Ausschluss der Bevölkerung bei der Behandlung wichtiger Themen entsteht der Eindruck, dass „die da oben“ alles alleine regeln. Später beklagen dann Politiker wieder zu geringe Wahlbeteiligungen. Beklagen darf man dies, darüber verwundert sollte aber niemand sein.