Meine besten Strategien, wenn ich aufgeregt bin

von | Feb 20, 2023 | Bühne, Vortrag, Text | 0 Kommentare

Vor kurzem habe ich einen Workshop gegeben – zum ersten Mal seit langem. Ich war in meiner alten Uni zu Gast und arbeitete mit den Studierenden des ersten Semesters zum Thema „Gedichte sprechen!“. Eine Woche vorher merkte ich: Ich bin aufgeregt.

Ich war unruhig und dachte andauernd an den Workshop. Das Einschlafen fiel mir schwer. Zunächst war es eine vorfreudige Aufregung, doch am Morgen davor hatte ich Angst. Mein Herz klopfte heftig und in meinem Kopf rannten die Gedanken: Was, wenn das Konzept nicht aufging? Was, wenn die Studierenden nicht mitmachten? Was, wenn ich in irgendeiner Form versagte und hinter meinen eigenen oder fremden Erwartungen zurückblieb?

In diesem Moment fasste ich den Entschluss, diesen Artikel zu schreiben. Denn die Gedanken und Empfindungen, die mit der Aufregung kommen, kenne ich inzwischen, und ich weiß, dass auch viele andere damit zu tun haben. Hier teile ich meine besten Strategien mit Dir.

Wie stehst Du zu Deiner Aufregung?

Ich bin oft aufgeregt. Vor Bühnenauftritten meist nur ein bisschen. Vor dem ersten 1:1 Training mit neuen Kund*innen schon mehr. Definitiv vor Workshops und Seminaren. Manchmal auch vor einem Anruf oder einer Besprechung.

Und weißt Du was? Das ist ok. Es ist nichts Falsches daran. Die Strategien, die ich Dir vorstelle, machen nicht, dass es aufhört, aber sie helfen Dir, einen sicheren und gelassenen Umgang mit Deiner Aufregung zu finden.

Diese Akzeptanz ist der erste Schritt. Aufregung ist menschlich, und sie zeigt Dir, dass Dich eine Sache nicht kaltlässt. Etwas ist Dir wichtig. Und es fordert Dich heraus. Das ist gut!

Den Kreislauf unterbrechen

Eine gelassene Haltung zur eigenen Aufregung lohnt sich aber auch deswegen, weil sie sich dann nicht so hochschaukeln kann. Stell Dir vor, Du hast ein Telefongespräch vor Dir und bemerkst erste Anzeichen: Dein Herz klopft vielleicht, oder Du spürst ein Ziehen im Bauch. Wie ordnest Du diese Zeichen innerlich ein? Sagst Du Dir, dass das nicht sein darf? Dass es bestimmt noch schlimmer wird und bestimmt am anderen Ende der Leitung bemerkt wird?

Mein Tipp: Probier es mal anders. Registriere das Herzklopfen und auch die anderen Anzeichen, schau sie Dir an. Sag innerlich „Hallo Herzklopfen. Du bist also auch schon da. Dieser Anruf fordert mich ganz schön heraus.“

Wenn Du Deine Aufregung als etwas Normales und Ok-es einordnest, ist das wie eine Bremse. Die Aufregung ist da, und das ist ok. Aber sie steigert sich nicht ins Unermessliche.

Nach außen sieht man´s nicht

Vielleicht machst Du Dir auch Sorgen, dass die Aufregung sichtbar oder hörbar werden könnte. Dann beruhigt es Dich sicher zu hören, dass von dem, was Du selbst wahrnimmst, nur ein kleiner Anteil nach außen dringt.

Auf andere Gedanken kommen

Wenn sich bei mir die ersten Anzeichen von Aufregung einstellen, ist es oft noch eine ganze Weile hin, bis zum „großen Tag“. Ich möchte mich dann noch nicht rund um die Uhr mit dem Ereignis beschäftigen. In dieser Phase tut es mir gut, für Ablenkung zu sorgen.

Ich lese ein Buch oder schaue mir einen Film an. Manchmal koche ich oder treffe mich mit einer Freundin. Auch wenn ich sonst gerne mal für mich bin und die Stille genieße – wenn da gerade aufgeregte Gedanken in meinem Kopf rumrennnen, ist es mir lieber, etwas Programm zu haben. Also verbringe ich Zeit mit einer vertrauten Person oder verliere mich in einer Geschichte.

Ganz besonders am Abend vor dem Ereignis ist es mir wichtig, etwas anderes zu machen. Ich gebe mir also Mühe, mit meiner Vorbereitung bis zum Abend fertig zu sein und schalte dann ganz bewusst um. So bekommt mein Kopf nochmal etwas Ruhe und Distanz, und das Einschlafen fällt mir deutlich leichter.

Für manche mag es passen, am Abend vor einer Präsentation, nur als Beispiel, noch lange an der Vorbereitung zu sitzen. Ich habe aber für mich gemerkt, dass mir das nicht gut tut.

In Bewegung kommen

Kennst Du das, wenn die Aufregung alle Systeme im Körper beschleunigt? Wenn Dein Herz schneller schlägt, Dein Atem leicht und flach wird und Du ganz unruhig bist? In solchen Momenten hilft es mir sehr, wenn ich mich bewege.

Ich gehe dann gerne spazieren – Anfangs rase ich durch die Gegend, aber nach und nach werde ich langsamer. Die aufgestaute Energie wird allmählich abgebaut. Wenn ich wieder zu Hause bin, fühle ich mich meistens schon viel ruhiger.

Ich habe auch schon gehört, dass Leute vor einem aufregenden Ereignis joggen gehen oder Rad fahren. Wenn Du eine Lieblingssportart hast, kannst Du sie nutzen, um der Aufregung etwas entgegenzusetzen.

Dein System beruhigen

Sind wir aufgeregt, ist der sympathische Teil unseres Nervensystems aktiviert. Das ist der Teil, der in grauer Vorzeit dafür verantwortlich war, dass wir bei Gefahr entweder schnell weglaufen oder gut kämpfen konnten.

Auch ein Vortrag, ein wichtiges Gespräch oder ein Bühnenauftritt kann von unserem Nervensystem als Gefahr gedeutet werden. Also fährt es die körperliche Leistungsfähigkeit hoch und schüttet Stresshormone aus, die Dich antreiben.

Für einen Vortrag oder ein Gespräch brauchen wir aber nicht so viel Energie wie für eine Flucht vor wilden Tieren. Man könnte sagen, unser Nervensystem ist ein bisschen übereifrig – es will uns so unbedingt schützen, dass es übers Ziel hinaus geht.

Es gibt aber Möglichkeiten, sich selbst zu regulieren und das eigene Nervensystem zu beruhigen. Sie aktivieren den parasympathischen Teil des Nervensystems, das vom Vagusnerv gesteuert wird und für Entspannung, Verbindung und Verdauung zuständig ist.

Dazu gehören:

  • Atemübungen, die zu einer tiefen, ruhigen Atmung einladen
  • Stimmübungen, bei denen Du summst, seufzt oder tönst
  • Ruhiges Yoga
  • Meditation
  • Draußen sein
  • Mit lieben Menschen zusammen sein
  • Mit entspannten Menschen zusammen sein – Nervensysteme können sich auch gegenseitig regulieren

Wenn Du nach einer ganz konkreten Übung suchst, kannst Du es mal mit der Froschschenkel-Übung probieren, meiner Stimmübung des Monats Januar 🙂 Sie eignet sich wunderbar, um den ganzen Organismus zu beruhigen und den Atem zu vertiefen.

Ich liege auf dem Boden, die Beine aufgestellt und die Hände auf meinem Bauch abgelegt.

Ein bisschen verschlafen noch, aber schon am Froschschenkel-üben.

Mein Tipp: Nimm Dir schon vorher Zeit, um beruhigende Strategien für Dich zu finden, nicht erst, wenn Du aufgeregt bist. Je vertrauter Dir die jeweilige Übung ist, desto schneller und sicherer tritt die entspannende Wirkung ein.

Gut vorbereitet sein

Wie aufgeregt Du bist, hängt zu einem großen Teil davon ab, ob Du die Herausforderung als machbar einschätzt. Aber wie können wir das beeinflussen?

Eine Möglichkeit ist die Vorbereitung:

  • Arbeite Dich ins Thema ein, beschäftige Dich mit der Materie
  • Mach Dich mit der Situation vertraut: such den Ort auf, überlege, wer dort sein wird und probiere die Technik vorher schon einmal aus
  • Plane und übe Deinen Beitrag: das sieht bei einem Gespräch natürlich anders aus als bei einem Vortrag oder Auftritt, aber jede Situation kann (bis zu einem gewissen Grad) vorgeplant und geübt werden

Wenn Du Dich gut vorbereitest, kannst Du die Herausforderung besser einschätzen, und Du weißt ziemlich genau, was Du tun wirst. Mir persönlich gibt das eine Menge Sicherheit.

Ich hocke und schaue in die Kamera. Hinter mir liegen bunte Zettel auf dem Boden.

Die Vorbereitung für meinen Workshop in der Uni! Ich breite gerne alles auf dem Boden aus, dann kann ich es sehen UND mit meinen Händen hin und herbewegen.

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Kleine Interventionen, die Dir gut tun

Schließlich gibt es noch kleine „Interventionen“, die Du je nach Bedarf in Deinen Alltag einstreuen kannst. Ich trinke zum Beispiel gerne Zitronenmelissetee, der hat eine beruhigende Wirkung (und schmeckt mir).

Wenn Du gerne Musik hörst, gibt es vielleicht ein Lied, zu dem Du gerne tanzt, oder das Dich schon beim Hören entspannt. Ich mache morgens einfach das Radio an und schüttel meinen ganzen Körper einmal durch. Das hilft mir auch, wenn ich aufgeregt bin.

Ich stehe in einem hellen Raum mit großen Fenstern und schüttel mich - das lockert die Stimme!

Schütteln – das ist seit 2022 meine Morgenroutine, im Jahresrückblick habe ich davon berichtet. Auch bei Aufregung kann es hilfreich sein.

Wenn mir das Schütteln zu wild ist, klopfe und reibe ich meinen Körper sanft ab – wie eine trockene Dusche 😉 Aber natürlich kann auch eine echte (nasse) Dusche eine entspannende Wirkung haben!

Und schließlich hilft es mir sehr, über meine Aufregung und die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, zu sprechen. Nur für mich, schreibend, oder im Gespräch mit meinem Mann oder einer anderen vertrauten Person. Wenn ich ausspreche, wie es mir geht, bin ich nicht mehr allein damit. Und manchmal wird mir dabei klarer, was mir jetzt gut täte.

Das war auch schon mein letzter Tipp für Dich! Ich hoffe, es ist etwas dabei, was Dir hilft, damit Du in Zukunft ein Stückchen gelassener mit Deiner Aufregung umgehen kannst.

„Was, das war´s schon???“ – Wenn Du noch mehr zum Thema Aufregung lesen willst, kannst Du Dir noch diesen Artikel anschauen 🙂

Wie ist das denn bei Dir? Wie gehst Du damit um, wenn Du aufgeregt bist? Hast Du eine Lieblings-Strategie? Oder eine, die Du mal ausprobieren willst? Erzähl es mir in den Kommentaren.

Alles Liebe,
Deine Paula

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