Bewegungssehen (Psychologie)

Bewegungssehen (Psychologie)

Biopsychologie – Kognitive Psychologie

Definition

Bewegungssehen gehört zur visuellen Wahrnehmung und ist der Prozess der Ableitung der Geschwindigkeit und Richtung von Elementen in einer Szene, die auf visuellen Inputs, sowie auf Körperempfindungen und Erfahrungen basiert.

Obwohl dieser Prozess für die meisten Beobachter einfach erscheint, hat er sich aus computertechnischer Sicht als ein schwieriges Problem erwiesen und ist in Bezug auf die neuronale Verarbeitung außerordentlich schwierig zu erklären.

Bewegungssehen wird von vielen Disziplinen studiert, einschließlich der Psychologie (d.h. der visuellen Wahrnehmung).

Männer und Frauen zeigen überraschende Unterschiede in der Bewegungswahrnehmung

17.08.2018 Eine in der Zeitschrift Current Biology publizierte Studie zum Bewegungssehen hat einen unerwarteten Unterschied zwischen Männern und Frauen entdeckt. Die psychologischen Befunde zeigen, dass Männer visuelle Bewegungen deutlich schneller sehen als Frauen.

Wenn man sich schwarze und weiße Balken auf einem Bildschirm ansieht, die sich nach links oder rechts bewegen, brauchen Versuchsteilnehmer normalerweise nur etwa eine Zehntelsekunde und oft viel weniger für die richtige Einstufung, fanden die Psychologen.

Test zum Bewegungssehen

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Bild: Gerd Altmann

Aber im Vergleich zu Männern brauchten Frauen regelmäßig etwa 25 bis 75 Prozent länger bei diesem Test zum Bewegungssehen.

Die Forscher um Scott Murray von der Universität Washington, Seattle sagen, dass die schnellere Wahrnehmung der Bewegung bei Männern nicht unbedingt eine bessere visuelle Verarbeitung widerspiegeln muss.

Schwächung der neuronalen Aktivität?

Sie stellen fest, dass ähnliche Leistungssteigerungen bei der gleichen Aufgabe bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störung oder Depression und bei älteren Personen beobachtet wurden. Die Wissenschaftler spekulieren, dass Prozesse im Gehirn, die die neuronale Aktivität herunterregulieren, unter diesen Bedingungen gestört sind und auch bei Männern schwächer sein könnten.

Um die Ergebnisse zu bestätigen, fragten die Neurowissenschaftler andere Forscher, die die gleiche Aufgabe in ihren eigenen Experimenten verwendet hatten, nach zusätzlichen Daten, um so eine größere Anzahl von Studienteilnehmern auswerten zu können. Und diese unabhängigen Daten zeigten das gleiche Muster von Geschlechtsunterschieden.

Ursache unklar

Sie berichten, der beobachtete Geschlechtsunterschied beim Bewegungssehen könne nicht durch generelle Unterschiede in der Geschwindigkeit der visuellen Verarbeitung, allgemeinen visuellen Unterscheidungsfähigkeiten oder potenziellen motorischen Unterschiede erklärt werden. Die Unterschiede sind auch auf den funktionellen MRT-Aufnahmen des Gehirns nicht ersichtlich.

Insgesamt zeigen die Befunde, wie sich Geschlechtsunterschiede unerwartet manifestieren können. Sie unterstreichen auch die Bedeutung der Einbeziehung des Geschlechts als Faktor bei der Gestaltung und Analyse von Wahrnehmungs- und kognitiven Studien.

Die Psychologen sagen, dass die Ergebnisse als Beleg dafür dienen, dass sich die visuelle Verarbeitung bei Männern und Frauen in einer Weise unterscheidet, die bisher nicht beobachtet wurde. Sie böten auch ein neues Fenster zu den Unterschieden in den neuronalen Mechanismen, die visuelle Informationen verarbeiten.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Current BiologyCurrent Biology – DOI: 10.1016/j.cub.2018.06.014