Kosten senken – aber wie?

Wie Stiftungen bei Stiftungsfonds & CO. den Rotstift richtig ansetzen

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Kosten senken
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Beim Kauf von Stiftungsfonds bzw. stiftungsgeeigneten Fonds steht auch für Stiftungen immer stärker der Kostenaspekt im Vordergrund. Einmal weil die Renditen speziell auf der Anleiheseite schlichtweg sehr schmal sind, andererseits weil die Kosten an manchen Punkten gefühlt nicht mit der Leistung der Fondsprodukte korrespondieren. Umso wichtiger ist es, die Stellschrauben zu kennen, die Stiftungen drehen können, um Kosten bei der Fondsanlage zu reduzieren. Und Stellschrauben gibt es genug. Nachdem in einem anderen Beitrag auf die Frage „Kosten senken – aber welche?“ eingegangen wurde beschäftigt sich dieser Beitrag mit dem „wie“ der Kostensenkung.

Grundsätzlich ist die Antwort auf die Frage der passenden Vermögensverwaltungsdienstleistung recht einfach: einfach das Billigste kaufen. Denn bei den meisten Dienstleistungen gibt es keinen Zusammenhang zwischen Qualität und Preis. Entsprechend sollten Sie bei preiswert produzierenden Dienstleistern wie unabhängigen Honorarberatern, Direktbanken oder RoboAdvisor fündig werden. Diese können häufig kostengünstiger anbieten als mit hohen Kosten belastete Großkonzerne und Filialbanken. Doch nicht jedem Stiftungsvorstand ist der Gang zum billigsten ganz geheuer.


Häufig vermutet man hinter einem Schnäppchen ein schlechtes Produkt oder versteckte Kosten. Außerdem ändert sich die Preispolitik immer wieder. So kommen derzeit häufig Banken auf Stiftungen zu, um Preise für Kontoführung oder Wertpapierverwahrung zu erhöhen. Da ist es wichtig, Preissenkungsspielräume bei anderen Dienstleistungen zu kennen. Doch dazu ist es notwendig, die Kostenstruktur und die Preispolitik des Finanzsektors zu verstehen. Denn nur wenn man die Situation des Gegenübers versteht, ist man in der Lage, eine Strategie zur kostengünstigen Vermögensanlage zu entwickeln. Daher wird zunächst die Preispolitik des Finanzsektors dargestellt, bevor daraus abgeleitet einige grundsätzliche Antworten auf die Frage „Kosten senken – aber wie? gegeben werden.

DREI BESONDERHEITEN DES FINANZSEKTOR – VIELE MÖGLICHKEITEN, KOSTEN ZU SENKEN

Der Finanzsektor weist ein paar Besonderheiten auf, deren Kenntnis findigen Anlegern die Möglichkeit gibt, Dienstleistungen zu sehr günstigen Preisen einzukaufen. Die erste Besonderheit ist die starke Skalierbarkeit der Dienstleistungen und die damit verbundenen sehr geringen variable Kosten, welche die meisten Produkte auszeichnen. Ob auf dem Depotsystem ein Wertpapier oder 100 Wertpapiere verbucht werden, verursacht ähnliche Kosten. Ob der Portfoliomanager die Anlagepolitik bei einem Depot von 1 Mio. oder von 100 Mio. umsetzt ist unerheblich. Beides verursacht den gleichen Aufwand. Die variablen Kosten einer Dienstleistung sind also praktisch null. Damit kostet das Offerieren einer (zusätzlichen) Dienstleistung die Bank also praktisch nichts. Außerdem bringt jedes zusätzliche bezahlte Produkt oder jedes zusätzliche Volumen einen hohen Gewinnbeitrag.



VERANSTALTUNGSTIPP: Frank Wettlauffer wird gemeinsam mit Philipp Hof von Haus des Stiftens zum Thema Kosten der Fondsanlage im Rahmen des zweiten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen am 12.5. diskutieren. Das Programm finden Sie unter www.vtfds2021.de, vorab folgen Sie dem Event via Twitter unter dem Hashtag #vtfds2021.

STIFTUNGEN SOLLTEN DAS TRAGFÄHIGKEITSPRINZIP KENNEN

Aufgrund der geringen variablen Kosten richten sich die Preise von Finanzprodukten nicht nach den Kosten, sondern nach dem sogenannten Tragfähigkeitsprinzip. Wo der Kunde bereit ist zu zahlen, wird genommen. Entsprechend sind Aktienfonds mit höherer Gewinnerwartung teurer als gemischte Fonds, obwohl offensichtlich der Aufwand bei letzterem höher ist. Außerdem ist die Finanzindustrie sehr kreativ darin, Kosten zu verstecken, bzw. dort anfallen zu lassen wo der Kunde wenig preissensibel ist. Im Gegenzug werden Dienstleistungen mit hoher Preissensibilität unter den Kosten oder sogar kostenlos angeboten.

LOCKANGEBOTE WIE IM SUPERMARKT

Genauso wie der Lebensmitteleinzelhandel Lockangebote unter Kosten verkauft, in der Hoffnung, die Kosten durch den Verkauf anderer Ware wieder einzuspielen handelt auch die Finanzindustrie. Kostenloses Girokonto, keine Negativzinsen, kostenlose Depotverwahrung, kostenlose Beratung – alles in der Hoffnung, durch den Verkauf von Produkten Quersubvention betreiben zu können. Wenn Ihnen also ein sehr günstiges Angebot gemacht wird, heißt das grundsätzlich nicht, dass die Qualität schlecht ist. Allerdings bedeutet es, dass Sie an anderer Stelle aufpassen müssen, nicht zu viel zu bezahlen.

LOCK-IN EFFEKTE FÜHREN ZU VERHANDLUNGSMACHT

So wenig Aufwand die Bereitstellung eines zusätzlichen Produktes macht, so viel Aufwand bereitet Banken die Neukundengewinnung. Beides führt dazu, dass ein bestehender Kunde sehr wertvoll für eine Bank ist. In Verbindung mit den geringen variablen Kosten gibt Ihnen dies viel Verhandlungsmacht. Denn grundsätzlich möchte die Bank Sie als Kunden nicht verlieren. Allerdings ist auch für Stiftungen das Eingehen einer neuen Bankverbindung ein mühsames Unterfangen, welches man nicht allzu häufig machen möchte. Entsprechend dieses sogenannten Lock-in-Effektes haben also beide Geschäftspartner die Möglichkeit, von dem jeweiligen Partner Zugeständnisse zu erzielen. Dabei kommt es auf das jeweilige Verhandlungsgeschick an.

VIELES WIRD VON FAST ALLEN ANGEBOTEN

Eine dritte Besonderheit der Finanzsektors ist die Tatsache, dass es weder Patentschutz noch Ausschließlichkeit gibt. Dies führt zum einen dazu, dass sich alle Marktteilnehmer imitieren, d.h. sehr viele Produkte und Dienstleistungen von fast allen angeboten werden. Somit können Sie den daraus resultierenden großen Preiswettbewerb zu Ihren Gunsten nutzen und haben durchaus Verhandlungsmacht. Interessant ist aber auch ein anderer Aspekt: Denn nicht nur Produktanbieter, sondern auch Stiftungen haben die Möglichkeit, fleißig zu imitieren.

Zusammen genommen resultieren aus den genannten Besonderheiten nun folgende Handlungsempfehlungen für StiftungsentscheiderInnen:

SCHNÄPPCHEN KAUFEN

Die Angewohnheit, Lockangebote zu machen in der Hoffnung, durch Quersubvention Erträge zu generieren können Schnäppchenjäger unter den Stiftungen ausnutzen. Sie fragen die jeweils subventionierten Dienstleistungen nach aber achten darauf, für die anderen Produkte nicht zu viel zu bezahlen. Konkret geht es meistens darum, dass das Vermögensverwaltungsprodukt wie z.B. Fonds sehr teuer ist. Achten Sie also beim Kauf nicht nur auf das – direkt sichtbare – einmalige Ausgabeaufgeld. Viel wichtiger ist die jährlich wiederkehrende Gesamtkostenbelastung etwa des Stiftungsfonds, die zum großen Teil aus Management- und Vertriebsgebühr besteht. Schauen Sie sich diese vor dem Kauf an. Besonders günstig ist die Gesamtkostenbelastung bei ETFs, institutionellen Fondstranchen oder sogenannten „Clean Shares“, d.h. Fonds ohne Kosten für den Vertrieb.

CLEVER VERHANDELN

Sind Sie nun in der Situation, mit dem Geschäftspartner zu verhandeln, ist es wiederum sinnvoll, sich dessen Preisverhandlungsspielraum bewusst zu machen. Wie oben begründet, ist dieser bei Finanzdienstleistungen grundsätzlich sehr groß. Allerdings verhindern starre Preisvorgaben, welche die Profitabilität sichern sollen, dass Kundenberater zu großzügig sind. Daher ist es sinnvoll, dem Partner das Entgegenkommen zu erleichtern. Dies gelingt, indem Sie das Entgegenkommen als begründbare Ausnahme von den für alle anderen Kunden gültigen Preisregeln darstellen. Vielleicht gibt es ja für gemeinnützige Stiftungen eine andere Preispolitik. Ebenso ist eine jährliche Spende in Höhe der gewünschten Kostenreduktion häufig eine Win-Win-Situation.

AUF KOSTENGÜNSTIGERE PRODUKTE AUSWEICHEN

Sinnvoll ist es auch, auf kostengünstigere Produkte ausweichen. Aus den gesparten Kosten lässt sich dann locker die geforderte Gebühr für das Girokonto oder die Verwahrgebühr bezahlen. Eventuell kann der Wechsel mit einer Aufstockung versüßt werden. Grundsätzlich ist die Konzentration aller Gelder bei einer Bank besser als eine Streuung. Insbesondere weil sich die Produkte gleichen. Aufgrund des hohen Aufwands der Kundengewinnung sind Finanzdienstleister auch immer zu Preiszugeständnissen bereit, wenn Sie Kunden mitbringen. Warum sich nicht mit anderen Stiftungen zusammenschließen und gemeinsam zur Bank gehen? Die diversen Vermögenspoolingfonds von Stiftungen haben gezeigt, dass dabei Kosteneinsparungen von über 50% möglich sind.

SELBER MACHEN

Damit kommen wir zu größten Kostensenkungsmöglichkeit: dem Selbermachen.

Während man für Zahlungsverkehr, Wertpapierkauf, Depotführung etc. auf die – preiswerten – Dienstleistungen der Finanzindustrie angewiesen ist, bietet sich bei der teuren Kerntätigkeit der Vermögensverwaltung das Selbermachen an. (eventuell unter Hinzunahme eines (Honorar-)Beraters) Insbesondere für kleinere Vermögen ist dies die einzige Möglichkeit Kosten zu sparen, da die Betreuung durch eine Bank zu teuer ist.



LESETIPP: Wie Stiftungen ohne Vorwissen ganz einfach selber anlegen können, darum dreht es sich in einem lesenswerten Artikel, der ganz konkret den Weg zur passenden Vermögensanlage aufzeigt. https://www.stiftungen.org/themen/kapital-und-wirkung/einfach-selbst-machen-der-weg-zur-passenden-geldanlage.html?L=1

WIDER DER UNLUST

Mir ist bewusst, dass neben der Unlust, sich mit Finanzfragen zu beschäftigen und dem Vergnügen, von dem Finanzberater verwöhnt zu werden, insbesondere eins dem Selbermachen im Wege steht: Die Furcht vor der Verantwortung. Drei Wege gibt es, um diese Angst zu senken: Zum ersten ist es die Erkenntnis, dass das Anlegen viel weniger kompliziert ist als viele denken. Die Beachtung drei einfacher Grundsätze führt zum Anlegen wie ein Profi (siehe auch Lesetipp). Zum zweiten befreit die Befolgung von Anlagegrundsätzen und die eventuelle Involvierung „besserwisserischer“ Gremienmitglieder von Verantwortung.

IMITIEREN SIE

Drittens gibt es die Möglichkeit der Imitation von Profis: Wenn Stiftung A eine Anlage tätigt, kann dies Stiftung B auch machen. (Das häufig vorgetragene Argument, jede Stiftung sei individuell, bedeutet in der Praxis oft: Jeder Verantwortliche hat individuelle Vorstellungen über die richtige Kapitalanlage. Diese individuellen Vorlieben sollten zugunsten einer effizienten und kostengünstigen Vermögensverwaltung zurückstehen.) Wenn der Vermögensverwalter, der mit der Verwaltung der Hälfte des Stiftungsvermögens betraut ist, eine Anlage tätigt, kann dies die Stiftung mit der anderen Hälfte imitieren. Im ersten Fall zahlt man gar keine Verwaltungsgebühren, im zweiten Fall nur die Hälfte. Theoretisch könnten besonders sparsame sogar einen RoboAdvisor mit z.B. 100.000,– EUR beauftragen und die verbleibenden € 10.000.000,– genauso anlegen wie der Roboter. (Vgl. zu der Eignung von RoboAdvisor: https://www.wettlauffer.ch/media/robo_advice_sus_2019-02_wettlauffer.pdf).

ZUSAMMENGEFASST

Es ist ein Rat, der kein Rat ist, sondern eine Lehre aus vielen Jahren Erfahrung am Kapitalmarkt. Stiftungen sollten lernen, zu imitieren, sie sollten kopieren was das Zeug hält. Denn darüber nutzen sie das Wissen anderer, managen das Stiftungsvermögen aber in Eigenregie. Natürlich hat das Selbermachen seine Fallstricke, und für viele Stiftungen dürfte die Fondsanlage immer noch eine sehr gute und sehr zeitgemäße Art der Veranlagung des Stiftungsvermögens sein, aber der Kauf von Fonds und das Zusammenstellen eines Portfolios aus Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds sollte einen Selbermach-Faktor enthalten. Stellschrauben drehen sich nämlich nicht von allein.

P.S.: Lesen Sie auch den Artikel zu den Kostenarten von Frank Wettlauffer in der Ratgeber-Rubrik auf www.fondsfibel.de.