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Chancenlos in Fröttmaning

Symbolbild: Bayerns Kim springt höher als der VfB. (Foto: Imago/Bernd Feil/M.i.S.)

Aleksandar Pavlovic und Raphael Guerreiro gegen eine der stabilsten Mittelfeldzentralen der bisherigen Bundesligasaison? Da müsste doch was drin sein, dachten sich die VfB-Fans vor dem Spiel. Falsch gedacht. Die Schützlinge von Sebastian Hoeneß wirken ausgerechnet beim Südgipfel fahrig und zeitweise ziemlich überfordert.

Nach dem ganzen Gerede über die Champions-League dürfte der Mannschaft spätestens seit Sonntagabend klar sein, dass europäische Spitzenteams noch eine Nummer zu groß sind. Vorstandschef Wehrle sprach neulich von „gesundem Wachstum“. Der Dämpfer gegen klar überlegene Bayern dürfte den Spielern helfen, nicht zu schnell zu viel zu wollen.

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Bayern-Trainer Thomas Tuchel hat den VfB ernst genommen – das kann man wohl sagen. Mit einer für den Rekordmeister etwas ungewohnten, aber höchst effizienten Herangehensweise nehmen die Gastgeber dem Hoeneß-Team seine Stärken und decken die Schwächen gnadenlos auf. Den Schwaben fehlen dagegen die Selbstverständlichkeit und Präzision der letzten Wochen. Die Offensivabteilung ist bei Kim, Upamecano und Laimer komplett abgemeldet.

Schon in der zweiten Minute zeigt sich, wie schnell die VfB-Abwehr offen steht, wenn die Ballzirkulation im Spielaufbau durch einen Fehlpass unterbrochen wird. Es sollte nicht der einzige bleiben. Schlüssel zum Sieg: Den Bayern gelingt es immer wieder, das Stuttgarter Gegenpressing zu überspielen und ihrerseits schnell das Mittelfeld zu überbrücken. Spieler wie Musiala oder Sané schaffen das sogar im Single-Player-Modus. Eines ums andere Mal sehen Karazor und Stiller nur ihre Rücklichter.

Auch die Duelle auf den Außenbahnen gehen eindeutig an die Hausherren. Laimer zieht Führich den Zahn und Davies vernascht Vagnoman nach Strich und Faden. Obwohl das Team im Brustring unter der Woche spielfrei hatte, wirkt der Gegner frischer und entschlossener. Einigen Startelf-Spielern ist der intensive Rhythmus der letzten Wochen anzumerken.

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Dan-Axel Zagadou. Als einziger im grünen Auswärtstrikot erreicht der Abwehrhüne Normalform und stellt sich den Bayern-Angreifern immer wieder erfolgreich in den Weg. Auch im Aufbauspiel kommen die meisten klaren Bälle von Daxo, während die Mannschaftskameraden ihre Ehrfurcht vor dem großen Gegner nie ganz ablegen können.

Ausgerechnet Alexander Nübel patzt bei seinem Stammverein schon nach knapp zwei Minuten, als er vorschnell aus seinem Kasten eilt. In der Folge gehört die Stuttgarter Nummer 33 aber noch zu den Besseren. Gegen die beiden Pavlovic-Standards ist allerdings auch er machtlos. Nicht nur hier verlieren die Gäste die entscheidenden Duelle.

Die komplette Offensive samt Sturmführer Guirassy kann die hohen Erwartungen im Südschlager nicht erfüllen. Zu schwerfällig, zu vorhersehbar werden die Angriffe vorgetragen. Beim Kräftemessen mit einem europäischen Spitzenteam treten die mannschaftlichen und individuellen Defizite deutlich zutage. Wenn Karazor und Stiller einmal überspielt sind, fehlt ihnen die Geschwindigkeit, um noch eingreifen zu können. Ganz besonders schlecht schlafen wird Josha Vagnoman, der auf seiner rechten Abwehrseite einen grauenhaften Abend erlebt. Man hätte ihm eine frühere Auswechslung gewünscht.

Musiala beschäftigt die VfB-Abwehr alleine. (Foto: fcbayern.com)

Was nun?

Mit einem Sieg am Mittwoch kann der VfB mit sage und schreibe 34 Punkten in die Weihnachtsferien gehen. Die Abstände zu den Konkurrenten im oberen Tabellendrittel dürfen wir bis auf Weiteres aber getrost ignorieren. Dafür stehen einfach noch zu viele Spiele aus. Die Konkurrenz wird sich den Spielstil der Schwaben über die freien Tage sicher genau anschauen und in der Rückrunde noch besser vorbereitet sein.

Genauso wie für die Mannschaft als Ganzes wachsen auch für die Shooting-Stars der Hinrunde die Bäume nicht in den Himmel. Jeder einzelne kann über die Weihnachtszeit neue Kräfte schöpfen, um ab Mitte Januar wieder an seine Leistungsgrenze zu kommen. Gerade diejenigen, die sich Hoffnung auf eine Fahrkarte zur EM machen, sollten sich im Frühjahr in Bestform präsentieren.

Nach dem Dämpfer in Oberbayern steht am Mittwoch das Duell gegen die bayerischen Schwaben an. Jetzt gilt es den „abgebrochenen Spannungsbogen“ (Wohlgemuth) wieder aufzubauen. Für das letzte Spiel vor der dreiwöchigen Pause könnte der Trainer dem einen oder anderen Ergänzungsspieler den Wunsch auf einen Startelfeinsatz erfüllen. Karazor, Millot und Undav wirken überspielt, Anton hat der Infekt wohl doch etwas heftiger erwischt. Eines ist nämlich selbst nach dieser fantastischen Hinrunde klar: Wenn auch nur eine Kleinigkeit fehlt, wird es gegen jeden Bundesligisten schwer.

FC Bayern München – VfB Stuttgart 3:0

Zum Weiterlesen:

Im Bällebad – Rund um den Brustring

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

Ein Kommentar

  • Thomas Lohmann

    Das Präsens im zweiten Satz harmoniert nicht mit den Vergangenheitsformen drum herum, klingt zwar geschwind spannend, wirkt dennoch erratisch, ein bißchen gesucht, hätte getrost auch im Praeteritum stehen dürfen.

    Lobenswert die Tendenz, nicht in Zeder und Mordio auszubrechen, den Torwart an den Pranger zu stellen oder die rechte Seite der Verteidigung, sondern vielmehr anzuerkennen, daß die gegnerische Mannschaft überzeugend gespielt, zwingend, abgeklärt, durchaus klug auf ihren Gegner vorbereitet.

    Welch ein Glück, nicht die ganze Rückrunde hindurch auf den Relegationsplatz schielen zu müssen!

    Wenn der nächste Gegner auch nicht abstiege, ergäbe sich daraus ein zusätzliches „Heimspiel“ samt Braten und Knödeln im Gespräch mit der Journaille!

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