Mein zweiter Tag auf Helgas Alm war ganz schön anstrengend. Ziegen auf die Weide führen, Holzhacken und Heutragen waren angesagt. Als Ausgleich durfte ich Helga beim Käsemachen über die Schulter schauen und ihre unvergleichliche Almjause genießen.
Dieser Tag auf Helgas Alm erinnerte mich stark an meine Kindheit. Auch damals standen Tiere meist im Mittelpunkt meines Tagesablaufes. Und wenn nicht, dann wurde ‚geheut‘, Heu gemacht oder es standen andere wichtige Arbeiten zur Erledigung an. Genauso schaute auch das Programm meines zweiten Tages auf Helgas Alm aus.
In aller Seelenfrüh‘ schon meckerten die Geißen. Sie verlangten, auf der Stelle auf die Weidegründe geführt zu werden. Also führten Alfred, ein freiwilliger Almhelfer (und wie es sich herausstellte ein alter Bekannter aus Innsbrucker Studententagen) und ich die bunte Schar auf die etwas entfernte Weide. Das Zurückholen am Abend konnten wir uns übrigens sparen. Helgas Goaßn sind offenbar wie ein Bumerang: nach Hause kommen sie selbständig, zeitlich aber ganz nach deren Belieben. Wenn Schlechtwetter droht stehen die Madames früher als gewohnt auf der Matte. Man will ja nicht nass werden.
Dann das Frühstück. Es wird quasi standesgemäß auf Helgas ,Terrasse‘ eingenommen. Mit Blick auf das grandiose Valsertal. Helga servierte selbst gebackenes Brot, Ziegenwürste, den unglaublichen Ziegenkäse, Kaffee und Ziegenmilch. Einfach einmalig, ja ich möchte sogar sagen luxuriös.
Das deftige Frühstück konnte ich denn auch gut brauchen. Denn anschließend übte ich mich in einer Tätigkeit, die ich geschätzte 35 Jahre nicht mehr ausgeführt hatte: im Holzhacken. Da ich nix verlernt hatte ist Helgas Holzvorrat für die nächsten Wochen aufgefüllt.
Heute war auch das Hau auf dem Bergmahd einzubringen. Luis, der pensionierte Valser Schuldirektor war schon auf dem Weg zum Bergmahd, wo wir das Heu gemeinsam in die Heuhütte tragen wollten. Luis nach der alten Art und Weise mit einer Buhre (wie er in diesem Video eindrucksvoll vorführt), ich in einer Bugglkraxn, einer aus Weidenholz geflochtenen Kraxe. Eine wahrhaft schweißtreibende Arbeit.
Nach dem Abstieg – Helga servierte ihre fantastische Jause – erwähnte Luis, dass die Valser Bäuerinnen und Bauern am darauffolgenden Tag mit ihren Tieren auf die Zeisch-Alm auffahren wollen. Und das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Also verbrachte ich noch eine Nacht im Valsertal.
Für den späteren Nachmittag hatte ich mit Helga vereinbart, ihr beim Käsemachen über die Schulter schauen zu dürfen. Das heißt, ich hab durch‘s Fenster geschaut, zwecks der Sterilität. Es wäre verwegen zu fragen, wie es Helga Hager auf ihrer Alm gelingt, einen derart exquisiten Ziegenkäse herzustellen. Eine Antwort muss genügen: die gelernte Sommelière nimmt sich alle Zeit und alle Ruhe dieser Welt um dieses einzigartige Naturprodukt zu kreieren. Einen wichtigen Hinweis gibt sie: höchste Sauberkeit bei der Produktion sei die Basis ihrer eigentlich unglaublichen Erfolgsgeschichte.
Fünf Jahre ihres Lebens hat sie ,investiert‘ um ,ihren‘ Käse zu komponieren. Denn er musste ihren persönlichen Gourmetansprüchen, also jenen einer absoluten Weinkennerin mit einem sensiblen Gaumen genügen.
Und dabei ist es nicht nur die Sauberkeit, die bei der Herstellung unabdingbar ist. Auch die Milch ihrer 14 Ziegen entscheidet über Wohl oder Wehe der Käsequalität. Sie lässt ja nicht umsonst die Milch ihrer Ziegen laufend auf Keimzahl untersuchen.
Und so wird der Käse gemacht
Ein paar Worte möchte ich zur Tierhaltung anfügen. Die Liebe zu diesen wundervoll-eigensinnigen Geschöpfen, die Helga die Milch für ihren Käse liefern ist ganz offensichtlich. Alle 14 Ziegen auf Helgas Alm haben Namen. Und alle 14 reagieren unmittelbar, wenn sie von Helga angesprochen werden. Man kann die Vertrautheit auch beim Melken beobachten, oder dann wenn die Neugier dieser Tiere durchbricht.
Jedenfalls bin ich von Helgas Käse restlos begeistert. Vor allem von einem Frischkäse, den sie mit Kräutern zubereitet, die vor der Alm-Tür wachsen. Ein wahrhaft exklusiver Genuss, den sich nicht einmal Milliardäre leisten können. Es sei denn, sie wären zu Besuch auf Helga‘s Alm. So wie Giulia Gonella, (sie ist keine Milliardärin!) eine bekannte Winzerin aus dem Piemont, in der Nähe von Turin.
Auf dem Weg zu einer Weinpräsentation in Salzburg ließ es sich Giulia nicht nehmen, Helga auf der Alm zu besuchen. Denn Helga als erfahrene Sommelière sucht immer Weine, die zu ihrem Käse passt. Und es ist diese wunderbare Kombination, die Helgas Almjause zu einem wirklich einmaligen Erlebnis macht.
In meinem nächsten Blogeintrag werde ich von einer in Tirol ganz sicher einmaligen Almauffahrt berichten,
– bei der die Tiere auf schmalen Pfaden und an Wasserfällen vorbei auf die Zeisch-Alm geführt werden, die
– von einem Mann namens Erich gemeinsam mit seiner Familie vor dem Zerfall gerettet worden ist.
SO, UND HIER GEHT’S ZUM ALMAUFTRIEB AUF DIE ZEISCHALM IM VALSERTAL
Was isch denn a Fegl???
des was man da sieht beim Onkel Lois ist eine Buhre!
Ein Ferggl wäre ein einfacher Holzschlitten mit 5-8 Kufen wo man wesentlich mehr Heu auflegen kann. Auch für den Winter zum Heuziehen. Geht aber nur abwärts.
Richtig recherchieren ist auch wichtig!
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Danke simon für die korrektur.
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