Uni-Tübingen

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02.10.2023

Nervenzellen erkennen kleine Mengen besser als große

Studie aus Tübingen und Bonn findet Hinweise auf zwei getrennte Verarbeitungsmechanismen

Mit ultrafeinen Elektroden, die in den Schläfenlappen Epilepsiekranker implantiert werden, können die Forscher die Aktivität einzelner Nervenzellen in verschiedenen Hirnregionen sichtbar machen.

Wenn vor uns zwei, drei oder vier Äpfel liegen, erkennen wir ihre Anzahl sehr rasch. Sind es dagegen fünf oder mehr, benötigen wir deutlich länger und liegen häufiger daneben. Tatsächlich erfasst das Gehirn kleine Mengen wohl anders als große. Das belegt eine aktuelle Studie der Universitäten Tübingen und Bonn sowie des Universitätsklinikums Bonn. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Nature Human Behaviour erschienen.

Mal angenommen, jemand zeigt uns das Foto eines Streichquartetts. Wir sollen sagen, wie viele Personen darauf abgebildet sind. Um sie zu zählen, reicht die Zeit nicht aus. Dennoch kommt unsere Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Vier!“ Nächster Versuch, nun mit einem Septett, auf das wir ebenfalls nur einen kurzen Blick erhaschen können. Wir zögern etwas, dann, nicht ganz so selbstbewusst: „Acht.“ Tatsächlich sind es sieben, doch immerhin lagen wir nahe dran.

Wir Menschen zeigen bei der Verarbeitung von Mengen eine charakteristische Zweiteilung: Kleine Anzahlen erfassen wir sehr rasch und in der Regel korrekt. In der Forschung spricht man auch von „Subitizing“. Ab einer Grenze von etwa fünf Elementen ändert sich das plötzlich: Wir benötigen für unsere Antwort zunehmend länger und werden immer unpräziser.

Manche Forscherinnen und Forscher vermuten daher, dass es im Gehirn zwei unterschiedliche Verarbeitungs-Mechanismen gibt - einen präzisen für kleine Mengen und einen Schätz-Mechanismus für große. „Bislang war das aber umstritten“, erklärt Prof. Dr. Dr. Florian Mormann von der Klinik für Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn, der an der Universität Bonn forscht. „Es könnte schließlich auch sein, dass unser Gehirn immer schätzt, die Fehler bei kleinen Mengen aber so gering sind, dass das einfach nicht auffällt.“

Kontakt für die Medien:

Prof. Dr. Dr. Florian Mormann
Klinik für Epileptologie
Universitätsklinikum Bonn und Universität Bonn
Tel. +49 (0)228/28715738
E-Mail: florian.mormannspam prevention@ukbonn.de

Prof. Dr. Andreas Nieder
Institut für Neurobiologie, Universität Tübingen
Tel. +49 (0)7071 29-75347
E-Mail: andreas.niederspam prevention@uni-tuebingen.de

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