Iquique bis Arequipa

Wieder einmal blieb ich länger als geplant, aus einer Woche wurden mehr als drei Wochen. Der Start war dafür mehr als beeindruckend. In nur 10 km stieg die Straße um 500 Höhenmeter an und Glubschi geriet kräftig ins Schwitzen. Von Alto Hospicio blickte man dann hinab auf Iquique und die riesigen Dünen zwischen der Stadt und den Bergen. Langsam ging es immer weiter hinauf, bis man die Reisehöhe von 1.100 m erreicht hatte. Die gesamte Strecke bis Arica bewegte man sich auf einem Hochplateau zwischen 1.100 m und 1.300 m, wenn einem nicht gerade eine Schlucht den Weg versperrte und man schnell mal 200 m bis 1.200 m hinunter und genauso schnell wieder hinauf musste. Die kahle Landschaft mit den bunt gefärbten Hügeln war schon grandios, aber nach knapp 2.000 km durch solch eine Szenerie wurde es dann doch etwas langweilig.

Etwas Abwechslung bot der Grenzübergang nach Peru. Auf chilenischer Seite ging ich wie immer zuerst zur Grenzpolizei, wegen dem Ausreisestempel in meinem Pass. Dort schickte man mich nach längerer Wartezeit direkt wieder weg, mir fehlte irgendein Formular, das es noch an keinem anderen Grenzübergang brauchte. Irgendwas mit Zusammenhang zwischen Fahrzeug und Fahrzeuginsassen. Eine Spezialität von diesem Grenzübergang und so eine Art Laufzettel, für die integrierte Abfertigung mit den Peruanern. Kein Problem, hol ich mir den halt zuerst. Dachte ich! Der südamerikanische Amtsschimmel war anderer Meinung. Die zuständige Person meinte, die Formulare wären gerade aus, in etwa 1½ Stunden sollten aber neue da sein. Ich könne mir doch zwischenzeitlich Arica anschauen, wo ich gerade herkam. Da ich jetzt schon lange genug in Südamerika unterwegs war, blieb ich einfach, unterhielt mich etwas mit dem Mann und jammerte ein wenig herum. Und siehe da, auf einmal zog der Mann ein paar Kopien des Formulars heraus und reichte mir vier Stück. Die sollte ich alle mit meinen und Glubschis Daten ausfüllen. Vier Kopien von einem Laufzettel? Die brauchte ich tatsächlich: die Erste behielt der chilenische Grenzpolizist, die Zweite wurde von Grenzpolizei und Zoll gestempelt und von einem Wärter bei der Ausfahrt von der chilenischen Seite abgenommen, die Dritte behielt der peruanische Grenzpolizist und die Vierte wurde wieder mehrfach gestempelt und von einem Wärter bei der Ausfahrt von der peruanischen Seite abgenommen.

Die Peruaner hatten auch noch eine Überraschung parat. Zuerst durfte ich mich in eine lange Reihe vor der Grenzpolizei einreihen, um den Einreisestempel in meinen Pass zu bekommen. Als ich den Stempel hatte, stellte ich mich wie alle anderen beim Zoll an, um nach einigem Warten weggeschickt zu werden. Mir fehlte ein Stempel von der Sanitärkontrolle. Also einen Mann in blauer Weste gesucht und nach dem Stempel gefragt. Der wollte natürlich mein Fahrzeug sehen und fragte ob ich Obst oder Gemüse dabei hätte. Ich erwähnte mal vorsichtshalber die Avocados, während wir zu Glubschi marschierten. Als ich meine Schuhe auszog und einstieg, machte der Mann keine Anstalten mir zu folgen. Er fragte nur immer wieder nach Obst oder Gemüse. Also gab ich ihm zwei meiner fünf Avocados und behielt alle drei Pfirsiche. Er fragte trotzdem immer weiter nach Obst oder Gemüse und ich antwortete jedes Mal, nichts mehr da. Irgendwann hörten die Fragen auf und ich bekam meinen Stempel. Also wieder zurück zum Schalter vom Zoll und wieder wurde ich nach einigem Warten weggeschickt. Mir fehlte ein Stempel vom Zoll. Ja klar, darum habe ich mich ja beim Zoll angestellt! Ja nein, zuerst bräuchte ich einen Stempel von einem Mann in schwarzer Weste. Der wollte nur wissen, welches mein Auto sei und gab mir direkt den Stempel. Dann schickte er mich zu einem ganz anderen Schalter, die Schalter, an denen alle standen, seien nur für Chilenen und Peruaner. An dem anderen Schalter saß natürlich gerade niemand, der Beamte hatte Mittagspause. Kaum zwanzig Minuten später kam der Mann endlich und konnte sich um mein Anliegen kümmern. Kurze Zeit danach hielt ich glücklich das Dokument für Glubschi in meinen Händen. Was für ein Irrsinn, geschlagene drei Stunden für den Grenzübertritt.

Zum Abschluss noch ein Wort über den peruanischen Fahrstil. Schon mehrfach hatte ich gehört, die Peruaner seien schreckliche Autofahrer. Nachdem ich gerade mal bis Arequipa gefahren war, konnte ich das schon bestätigen. Auf einer einspurigen Landstraße wurde in so langen Kolonnen überholt, dass man meinen konnte es wäre eine zweispurige Einbahnstraße. Selbst wenn gerade keiner zum Überholen da war, wurde einfach auf der Gegenfahrbahn weitergefahren. Besonders nett war auch, wenn sich in der Stadt auf einer mehrspurigen Straße einige Linksabbieger auf der ganz rechten Spur einordneten und beim Umschalten der Ampel noch schnell vor einem vorbei zogen. Wäre Glubschi etwas spurtfreudiger, hätte ich schon einige peruanische Kleinwagen vorne quer dran hängen.

Auch in Peru kommt hinter dem Meer direkt ein Hochplateau mit Höhen zwischen 1.100 m und 1.300 m, kahler Landschaft und bunten Hügeln

Sieht aus wie in den Anden über 3.500 m Höhe, ist aber nur eine Schlucht, in der es von 1.400 m auf 160 m hinab und wieder auf 1.200 m hinauf geht

Am Ausgang der Schlucht ist der kleine Fluss groß und reißend geworden, in den Bergen muss es ganz gewaltig schütten

Arequipa, 5. bis 10. Februar 2012

Eigentlich war ich aus zwei Gründen nach Arequipa gekommen: die Stadt anschauen und den Colca Canyon besichtigen. Den Colca Canyon musste ich leider streichen. Die ganzen Tage hatte ich bestenfalls am Morgen etwas Sonne, gegen Mittag bewölkte es sich und spätestens am Nachmittag fing es zu regnen oder gar zu schütten an und das bis in die Nacht hinein. Noch dazu lag Arequipa nur auf 2.300 m Höhe und von den umliegenden Bergen und Vulkanen konnte man gar nichts erkennen, die verschwanden hinter einer dichten Wolkendecke. Was sollte ich da auf einer Erdpiste in 3.600 m Höhe, am Rand eines 1.000 m tiefen Canyons, umgeben von 5.000 m hohen Bergen? Der Reiseführer hatte leider Recht, von November bis April brauchte man nicht in die Sierras fahren. Auch die Einheimischen bestätigten, dass Januar bis März die regenreichste Zeit in Arequipa sei. Dazu kam noch die Kälte. Wenn die Sonne schien, kletterte das Thermometer locker auf 24°, bei Regen waren es maximal 17°. Also beschränkte ich mich auf das Kulturprogramm, Kirchen und Klöster konnte man auch bei Regen besichtigen.

An meinem letzten Tag in Arequipa probierte ich natürlich Cuy Chactado, eine mehrfach empfohlene Delikatesse und in jedem Restaurant zu bekommen. Dafür wurde ein ganzes Meerschweinchen am Bauch aufgeschlitzt, dann aufgeklappt, platt gedrückt und zwischen zwei heißen Steinen gegrillt. Das ganze wurde inklusive Kopf und Pfoten mit Pommes und Gemüse serviert. Um es kurz zu machen, das hätte ich mir schenken können! Das Vieh bestand im Wesentlichen aus Haut und vielen kleinen, gebrochenen Knochen. Hin und wieder schaffte ich es, ein kleines Stückchen Fleisch vom Knochen zu nagen und das schmeckte dann wie Hühnchen. Um die Menge Fleisch eines Bife de Chorizo zu bekommen, müsste ich mindestens zehn Meerschweinchen essen. Es hat wahrscheinlich seine Gründe, weshalb die Menschen Rinder und nicht Meerschweinchen als Nahrungsmittel züchten – die meisten zumindest. Entsprechend hungrig stand ich auch wieder auf!

Endlich stand Glubschi mal wieder auf saftigem, grünem Rasen...

...des kleinen Campingbereiches neben dem Hotel Las Mercedes

Aus der Dachluke konnte ich mit etwas Glück frühmorgens – zwischen 7:00 und 8:30 Uhr – einen tollen Blick auf den Chachani und den Vulkan Misti bekommen

Auch der Rio Chili lief fast über, so viel regnete es in den Bergen

La Catedral de Arequipa, 7. Februar 2012

Die gesamte Nordseite des Plaza de Armas nahm die Kathedrale ein. Wann genau sie entstand und wie lange daran gebaut wurde konnte man nicht wirklich sagen. Im 16. Jahrhundert stand an dem Platz eine kleine Kirche aus Holz. Diese brannte ab und wurde durch eine größere Kirche aus Stein ersetzt. Diese brannte im Laufe der Zeit noch zweimal ab und wurde außerdem durch mehrere Erdbeben beschädigt. Nach jeder Beschädigung wurde die Kirche repariert, umgebaut, vergrößert und schließlich 1868 komplett restauriert. Das Ergebnis war diese eigenwillige Kathedrale mit drei seitlichen Eingängen, einem Altar an dem einen und einer riesigen Orgel an dem anderen Ende. Zuletzt ließ 2001 ein Erdbeben der Stärke 6,9 den westlichen Kirchenturm einstürzen, dessen Teile ein 12 m großes Loch in das Dach rissen und etwa zwei Meter neben der Orgel auf dem Kirchenboden aufschlugen.

Die gewaltige Kathedrale von Arequipa, komplett aus Sillar, dem weißen Vulkangestein, gebaut

Am östlichen Ende liegt der komplett aus Marmor gefertigte Altar...

...am westlichen Ende die belgische Orgel mit 1.000 Pfeifen...

...und in der Mitte die französische Kanzel

Die große Glocke wird nur noch zu besonderen Anlässen geschlagen

Vom Dach der Kirche hat man einen tollen Blick auf den schön gestalteten Plaza de Armas

Monasterio de Santa Catalina, 7. Februar 2012

Nicht weit von der Kathedrale entfernt lag das 1579 gegründete Santa Catalina Kloster, ebenfalls komplett aus Sillar gebaut, eigentlich schon fast eine Stadt in der Stadt. Hinter den hohen und dicken Mauern gab es größere Wohnblöcke, in denen die Nonnen ihre privaten Zimmer hatten, ein Krankenhaus, eine Küche, eine Bäckerei sowie Konditorei, eine Wäscherei, diverse Höfe und Kreuzgänge, eine Kirche, einen Friedhof und natürlich große Gemüsegärten. Hier führten die Nonnen ein abgeschiedenes Leben fernab der Zivilisation, die sie direkt umgab. Nach den zerstörerischen Erdbeben von 1958 und 1960 wurde das Kloster weitgehend restauriert und am 430. Jahrestag der Staatsgründung – dem 15. August 1540 – für das Publikum geöffnet.

Von außen sieht man nur die mächtige Mauer, aus der die Kirche etwas herausragt

Der "Stadtplan" mit den Straßen, Häusern und Höfen

Vom Eingang kommt man, vorbei an Empfangsräumen, direkt in den Ruhehof

Dahinter liegt der Bereich der Novizinnen...

...mit je einem Zimmer pro Anwärterin...

...und einer gesonderten Novizenkapelle

Vom Ruhehof gelangt man direkt in den Klosterhof...

...und weiter in die Calle Málaga

Hier hatte die "Ärztin" ihre Wohnung...

...inklusive einer kleinen Apotheke

Die Nachbarin hatte in ihrer Wohnung einen eigenen Backofen

Über die Calle Córdova...

...weiter zum Plaza Zocodober...

...mit dem schönen Springbrunnen

Eine der Nonnen hatte sogar einen kleinen Innenhof

Die Calle Toledo war die schmälste Straße mit den ältesten Gebäuden...

...und endete an einem kleinen Platz...

...an dem auch die Wäscherei lag, mit halbierten Amphoren als Waschzuber

Direkt daneben, einer der drei ehemaligen Gemüsegärten

Über die Calle Burgos ging es zurück in Richtung Eingang

Eine andere Nonne schmückte die Innenseite ihres Fensters

Von oben wird einem bewusst, dass die Stadt das Kloster umgibt

Der Hauptkreuzgang...

...grenzt direkt an die Kirche

In der "Pinakothek" hingen jetzt ein Teil der Bilder, die vorher über das Kloster verteilt waren

Ob der kleine Altar schon vorher an dieser Stelle war?

Der leidende Jesus mit dem Kreuz muss einfach sein

Iglesia de Yanahuara, 7. Februar 2012

Leider hatte die Kirche geschlossen und auch sonst gab es nichts zu sehen

Iglesia y Claustros de la Compañía de Jesús, 7. Februar 2012

Direkt neben dem Plaza de Armas lag diese unscheinbare Kirche. Wirklich herausragend war die kleine Kapelle innerhalb der Kirche, in der leider weder gefilmt noch fotografiert werden durfte. Alle vier Wände der quadratischen Kapelle waren vom Boden bis zur Spitze der runden Kuppel vollständig bemalt. Mit Bäumen und Sträuchern und Blumen und Früchten und Vögeln und biblischen Motiven. Hier sollten die Priester auf ihren Einsatz im Urwald vorbereitet werden. Einfach unglaublich, dass die Farben nach über zweihundert Jahren noch so kräftig waren. Selbst die Wissenschaftler hatten dafür keine Erklärung, sie konnten noch nicht einmal sagen, aus was die Farben genau bestanden. Daher war es völlig verständlich, dass die Kapelle etwas abgedunkelt und keine Aufnahme geduldet wurde. Die unzähligen Touristen würden mit ihren blitzenden Handys und Digitalknipsen langsam aber sicher die Gemälde zerstören.

Von außen wirkte die Kirche unscheinbar...

...aber der Hauptaltar...

...und die beiden Seitenaltäre...

...waren komplett aus Holz gearbeitet und mit Blattgold überzogen