Nach zweitem Kuh-Riss: Bündner Behörden wollen ganzes Wolfsrudel erschiessen lassen

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Nach zweitem Kuh-RissBündner Behörden wollen ganzes Wolfsrudel erschiessen lassen

Nach dem Riss zweier Kühe sind einstweilen zwei Wölfe zum Abschuss freigegeben. Ein erster Versuch ist am Donnerstagabend missglückt.

Darum gehts

Nachdem im Kanton Graubünden innert einer Woche zwei Kühe von Wölfen gerissen worden waren, haben die Bündner Behörden gehandelt: Der Abschuss von zwei Jungtieren aus dem verhaltensauffälligen Wolfsrudel wurde vom Bundesamt für Umwelt genehmigt, wie der Kanton am Freitagmittag in einem Communiqué schrieb. Das Ziel bleibe die Entfernung des gesamten Rudels und der Abschuss des besonders auffälligen Vatertiers M92 im Rahmen der schweizerischen Rechtsordnung.

Um Wolfsrudel durch Abschüsse regulieren zu können, muss nach Bundesrecht eine Schadensschwelle überschritten werden und das jeweilige Rudel muss Nachwuchs erhalten haben. Die Schadensschwelle war bereits vor den beiden aktuellen Vorfällen erreicht, heisst es in der Mitteilung. Nun gibt es auch konkrete Hinweise darauf, dass das Beverinrudel in diesem Jahr Nachwuchs erhalten hat.

Erster Versuch missglückt

Als dringliche Sofortmassnahme zur Vergrämung der Wölfe und zur Stärkung der Abwehr von Schäden und Nachteilen zulasten von Landwirtschaft, Tourismus und Bevölkerung vor Ort hat der Vorsteher des Departementes für Infrastruktur, Energie und Mobilität (DIEM) nun den Abschuss von zwei Jungtieren des Rudels angeordnet. Die Massnahme wird vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) gestützt.

«Am Donnerstag gab es bereits einen Versuch, ein Tier zu schiessen, der jedoch misslungen ist», sagt Adrian Arquint, Vorsteher des Bündner Amts für Jagd und Fischerei, gegenüber 20 Minuten. Man werde jetzt mit hoher Priorität versuchen, einen erfolgreichen Abschuss zu tätigen. Entscheidend sei dabei der Ort: «Man versucht ein Tier zu schiessen, währenddem es sich in der Gruppe befindet. Das schreckt die anderen Tiere davon ab, in dem Gebiet zu bleiben», so Arquint. Erfahrungen damit haben jedoch gezeigt, dass diese Methode meist nur kurzfristige Effekte habe. 

Kanton setzt sich für weitere Abschüsse ein

Daher will der Kanton insbesondere auch das Vatertier M92, von dessen Verhalten die Angriffe ausgehen, töten und im Rahmen der schweizerischen Rechtsordnung letztlich das gesamte Beverinrudel entfernen lassen, heisst es im Communiqué weiter. Die Handlungsfreiheit des Kantons ist dabei allerdings rechtlich beschränkt.

Beim aktuellen Wolfsbestand und angesichts der unterschiedlichen Verhaltensentwicklungen von Wölfen fordert der Kanton Graubünden deshalb auch ganz grundsätzlich die rechtliche Möglichkeit, einzelne problematische Rudel entfernen zu können. Der Kanton wird sich dafür auch im Rahmen der angestossenen Gesetzes- und Verordnungsrevisionen auf Bundesebene mit aller Entschlossenheit einsetzen.

Zwei Kühe in einer Woche gerissen

Am vergangenen Wochenende war auf der Alp Nurdagn am Schamserberg eine trächtige Kuh nachts von Wölfen angegriffen, getötet und zu einem Teil gefressen worden. Es handelte sich um den ersten Kuhriss im Kanton Graubünden. Nur wenige Tage später wiederholt sich der Vorfall: Am Donnerstag wird bekannt, dass das Beverin-Wolfsrudel erneut eine Mutterkuh getötet hat. Diesmal auf der Alp Nera, ebenfalls am Schamserberg, unweit der Alp Nurdagn.

Gegenüber «FM1-Today» sagte Adrian Arquint, Vorsteher des Bündner Amts für Jagd und Fischerei, am Donnerstag, dass beim Vorfinden drei Wölfe um die verletzte Mutterkuh gestanden seien. «Das Tier war so stark verletzt, dass es zu einer Nottötung durch einen Tierarzt kam», sagt Arquint.

«Es ist enttäuschend, dass nicht härter durchgegriffen wird»

Der Unmut der Bauern ist nach den beiden Vorfällen gross. Beat Beeli, der Eigentümer der getöteten Kuh Delta, die erste der beiden getöteten Kühen, zeigt sich im Video mit 20 Minuten traurig und wütend. Die Bauern würden selber «massive Massnahmen» ergreifen, kündigte er an.

Auch Sandro Michael, Geschäftsführer des Bauernverbandes Graubünden, berichtet von einem angespannten Stimmungsbild unter den Bauern: «Die Stimmung ist nach den Vorfällen katastrophal schlecht. Die Leute sind frustriert.» Mit dem jetzigen Entscheid des Kantons sei er jedoch zufrieden. Aber: «Es ist enttäuschend, dass nicht härter durchgegriffen wird.» Ohne die Entfernung des gesamten Rudels, insbesondere des Vatertieres, werde sich die Situation nicht bessern. Er hoffe jedoch, dass es bald dazu kommt.

Auch bürgerliche Politiker wollen das Jagdgesetz lockern und den Kantonen die Verantwortung für die Wolfsregulierung übertragen. Wenn der Wolf sich so weiter vermehre, werde er bald auch Menschen angreifen, sagte der Waadtländer SVP-Nationalrat und Bauer Jean-Pierre Grin gegenüber 20 Minuten. 

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