Hamburg. Wegen eines Instagram-Beitrags war die Rapperin heftig kritisiert worden. Ins Gruenspan brachte sie einen Überraschungsgast mit.

Den Kopf ausschalten, sich fallen lassen, für einen Moment alle Sorgen und das Leid in der Welt vergessen. Einmal nicht die schrecklichen Bilder auf dem inneren (oder realen) Bildschirm visualisieren. Wenn es etwas schafft, diese Momente zu erzeugen, dann ist es wohl die Kunst: für den einen die Musik, für andere vielleicht ein Film, ein Buch, ein Gemälde. Doch diese wertvollen Momente sind rar geworden. Gerade jetzt.

Der Montagabend im Gruenspan hätte so ein Abend werden können: Die Rapperin Nura trat im Rahmen ihrer „Periodt Tour 2023“ in Hamburg auf. Doch politisch war der Abend schon, bevor er stattfand: Kurz nach dem grauenhaften Angriff der Hamas auf Israel hatte Nura auf Instagram einen Post abgesetzt, der die Künstlerin vor einem „Free Palestine“-Plakat zeigt.

Nura in Hamburg: Ihr Konzert im Gruenspan ist ausverkauft

Viele sind am Montagabend ins Gruenspan gekommen, um sie live zu sehen: Die lange Schlange vor dem Einlass zieht sich, das Konzert war schon lange vor dem Auftritt ausverkauft. Ein Großteil der gekommenen Fans ist weiblich, auch in der queeren Szene ist Nura beliebt, da sie sich für LGTBQ+-Rechte und öffentliche Präsenz einsetzt. Sowohl in ihren Songtexten als auch auf Social Media hatte sie stets deutliche Worte gegen Rassismus, Sexismus und Diskriminierung gefunden.

Schon der Support-Act „Nashi44“ gibt den inhaltlichen Rahmen des Abends vor: Die in der Deutsch-Rapszene noch eher unbekannte Berlinerin rappt darüber, wie sie als Deutsche mit vietnamesischen Wurzeln mit einem „Asia-Fetisch“ konfrontiert sei – also als asiatisch wahrgenommene Frau sexualisiert werde. Aggressive Texte, einfache Beats. Als der Beat mal wegfällt, macht sie furchtlos a cappella weiter.

Nura in Hamburg: Der Anfang ihres Konzerts ist ein wenig holprig

Nura kommt um kurz nach 21 Uhr auf die Bühne. Mit dem Song „Kreislaufkollaps“ aus ihrem neuen Album eröffnet das ehemalige Mitglied des Rap-Duos SXTN die Show. Schon bald kommen zwei Tänzerinnen hinzu, die sie namentlich vorstellt (was bei männlichen Rappern eher nicht die Norm ist).

Die Musikerin wirkt anfangs gestresst. Sie rappt leicht neben dem Beat, wirkt zunächst nicht ganz so selbstsicher wie gewohnt, gewinnt ihre Bühnenpräsenz jedoch schnell zurück. Im Song „Sidebitch“, in dem es eigentlich um einen Verehrer geht, heißt es an einer Stelle: „Du wirst gecancelt über Nacht.“ Ob diese Zeile für die 34-Jährige mittlerweile eine andere Bedeutung hat? Ein geplanter Auftritt in der vergangenen Woche in der ProSieben-Show „Late Night Berlin“ war kurzfristig abgesagt worden.

Sängerin Nura posierte im Musikvideo vor „Free Palestine“-Plakat

Ein Zusammenhang mit dem in ihrer Instagram-Story geposteten Screenshot aus dem Musikvideo ihres neuen Songs „Fubu“ lag nahe. Der Post war anscheinend als Promo gedacht – doch auf dem Bild war sie mit ihrer Crew vor einem „Free Palestine“-Plakat zu sehen. Das Musikvideo entstand vor dem Terrorangriff, inhaltlich geht es in dem Song nicht um den Konflikt. Wieso wählten sie oder ihr Management genau diesen Ausschnitt? Kann der Post im aktuellen Kontext anders als antisemitisch aufgefasst werden?

Viele ihrer Followerinnen und Follower werteten das Bild als Hamas-Unterstützung. Unter Beiträgen der in Kuwait geborenen Nura wurde heftig diskutiert: Einige sprangen der Berliner Rapperin bei, andere beschuldigten sie, den Angriff zu befürworten. Bei ProSieben gastierte der Stand-up-Comedian Till Reiners an ihrer Stelle, in der Show fiel allerdings kein Wort über den Vorfall.

Post und Musikvideo von Nura wurden gelöscht: „Letzte Woche war heftig“

Sowohl der Post als auch das Musikvideo sind im Internet mittlerweile nicht mehr zu finden. Auch die Diskussionen auf Instagram rund um die Thematik sind verschwunden. Nur ein kurzes Statement dazu postete die Rapperin letzte Woche auf derselben Plattform – doch von Äußerungen auf ihren Konzerten wurde bisher nichts berichtet.

„Leute, die letzte Woche war heftig“, gesteht Nura nun in Hamburg, eine Stunde ihres Konzerts ist da bereits vergangen. „Die Promo meines neuen Albums ist total schiefgegangen. Leute haben mir vorgeworfen, ich sei für den Krieg. Doch jeder, der mich kennt, weiß: Ich bin immer für Minderheiten.“

Nura äußert sich in Hamburg zu Palästina-Post: Doch Aussagen bleiben vage

Nuras Aussagen bleiben vage. Die Rapperin verurteilt Gewalt insgesamt und beschreibt sich als friedlich – doch für eine klare Abgrenzung zum Hamas-Terror findet sie im Gruenspan keine Worte. Als Entschuldigung sind ihre Äußerungen nicht zu verstehen. Während sie spricht, ist ihr anzumerken, dass ihr dieser Teil des Konzerts nicht leicht fällt. Anschließend performt sie den gesellschaftskritischen Song „Fair“.

„Warum ist es der Flüchtling, der dir Angst macht – und nicht die Nazis im Landtag?“, heißt es im Songtext. Nach dem Lied positioniert sich Nura klar gegen die AfD: „Wir könnten so viel mehr machen, als das Brandenburger Tor zu beleuchten. Wir könnten anfangen, die AfD zu verbieten. Wir würden uns alle sicherer fühlen ohne die, oder?“ Lautstarke Zustimmung aus dem Publikum, Fans rufen: „Ganz Hamburg hasst die AfD.“

Polizei Hamburg hatte keine Sicherheitsbedenken für Nuras Konzert

Nach ein paar Songs ist die Konzertstimmung zurück. Die Polizei Hamburg hatte im Vorfeld der Veranstaltung übrigens keine Hinweise vorliegen, dass dort ein erhöhtes Sicherheitsrisiko bestehen könnte. Und sie hatte recht: Die Atmosphäre bleibt friedlich.

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Und es wartet noch ein Überraschungsgast: Schauspielerin Klara Lange, bekannt aus der Hamburger Serie „Die Discounter“, in der auch Nura mitspielt, kommt auf die Bühne. Mit verbundenen Augen und auf einem Stuhl sitzend lässt sie sich von Nura betanzen. Demnächst soll die dritte Staffel der Serie erscheinen.

Nura in Hamburg: Konzert im Gruenspan endet um kurz vor 23 Uhr

Ihre Fans hinterlässt Nura in Partystimmung: Bei den Zugabe-Songs springt und tanzt das Publikum, die Zeilen werden textsicher mitgesungen, um kurz vor 23 Uhr ist das Konzert vorbei. Ein mulmiges Gefühl bleibt.