Gustav Schickedanz: Ein Unfall zerstörte sein Familien-Glück

Der grausamste Tag seines Lebens: Ehefrau Frau Anna, Sohn Leo und Vater Leonhard starben bei einem Ausflug im Auto-Wrack
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Zerstörtes Familienglück: Bei einem Unfall starben Gustav Schickedanz’ Frau Anna, Vater Leonhard und Sohn Leo. Tochter Louise überlebte.
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Trauer um Ehefrau, Sohn und Vater: Gustav Schickedanz erlebte bei einem Familienausflug den grausamsten Tag seines Lebens.
abendzeitung 3 Trauer um Ehefrau, Sohn und Vater: Gustav Schickedanz erlebte bei einem Familienausflug den grausamsten Tag seines Lebens.
Sie starb bei dem Autounfall am 13. Juli 1929: Anna Schickedanz, die erste Frau des Firmengründers.
abendzeitung 3 Sie starb bei dem Autounfall am 13. Juli 1929: Anna Schickedanz, die erste Frau des Firmengründers.

Der grausamste Tag seines Lebens: Ehefrau Frau Anna, Sohn Leo und Vater Leonhard starben bei einem Ausflug im Auto-Wrack

FÜRTH Gustav Schickedanz hat es sich gerichtet. Der gerade erst 32-jährige Kaufmann mit dem Gespür, dass das Große immer aus sehr vielem Kleinen besteht, der sich den Spruch seiner Mutter „Auch die Milliarde besteht aus Pfennigen“ für immer eingeprägt hat, ist oben angekommen. So scheint es.

Seine Frau Anna hat ihm zwei gesunde Kinder zur Welt gebracht, den Sohn Leo und das Töchterchen Louise, sein Großhandel mit dem begehrten Kurzwaren-Sortiment schließt jedes Jahr mit deutlichen Gewinnen ab, und am 26. Oktober 1927 gründet er endlich sein Versandhandels-Unternehmen. Die „Gründung“ besteht zunächst weitgehend aus einem neuerlichen Eintrag ins Handelsregister¨: „Versandhaus ,Quelle', Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Sitz Fürth, Königswarterstraße 10“.

Große Umsätze erwirtschaftete Gustav Schickedanz mit der Quelle zunächst nicht. Das Personal – die Ehefrau, der Vater, die Lehrlinge – war das gleiche geblieben, zum Lager in der Moststraße war lediglich das eher bescheideneBüro in der Königswarterstraße dazugekommen, Kunden wurden vom Chef noch mit dem Fahrrad besucht.

Im Jahr 1928 erschien der erste Quelle-Katalog

Erst 1928 ging es deutlich nach oben. Es hatte sich herumgesprochen: Bei der Quelle kauft der Otto Normalverbraucher zum Grossisten-Preis. Ein besseres Argument konnte es nicht geben – in einer Zeit, als das Durchschnittseinkommen in Deutschland gerade einmal 130 Mark im Monat betrug, ein Pfund Schweinefleisch aber immerhin eine Mark, ein Pfund Butter 1,50 Mark kosteten.

Gustav Schickedanz wusste, was er schrieb, als er dem ersten Quelle-Katalog im Jahr 1928 den Untertitel gab: „Ein Führer durch die Sorgen des täglichen Lebens“. Es sollte signalisieren: Die Quelle mit ihren Niedrigpreisen hilft durch diese Sorgen des täglichen Lebens. Der Wind in der Königswarterstraße ging nur noch in eine Richzung – aufwärts. Ein Jahr lang. Bis die Welt des Gustav Schickedanz zerbrach, innerhalb weniger Sekunden.

Die guten Geschäfte hatten es möglich gemacht, der Versandhaus-Chef konnte sich 1929 das erste Auto leisten. Meist wurde es geschäftlich genutzt. Am 13. Juli 1929, einem freien Samstag, nutzte die Familie das neue Auto privat. Gustav Schickedanz, seine Frau, die beiden Kinder, der Vater und vier Mitarbeiter wollten übers Wochenende nach München fahren.

Eigentlich hätte auch das Lehrmädchen Grete Lachner, inzwischen eine der wichtigsten und tüchtigsten Quelle-Mitarbeiterinnen, dabei sein sollen. Doch Anna Schickedanz hatte ihrer rechten Hand in der Firma eine Konzertkarte geschenkt. Grete Lachner blieb in Fürth. Noch Jahrzehnte danach hat das einstige Lehrmädchen Tränen in den Augen, wenn die Rede auf den 13. Juli 1929 kommt.

Anna Schickedanz steuert das neue Auto, kurz vor München weicht sie einem Radfahrer aus, kommt ins Schleudern, rast auf der anderen Straßenseite gegen einen Baum. Anna Schickedanz und ihr kleiner Sohn Leo sind sofort tot. Der Senior Leo Schickedanz stirbt an den Folgen seiner schweren Verletzungen drei Tage später im Krankenhaus. Gustav Schickedanz überlebt, aber er hat den Inhalt seines Lebens verloren. Er zieht sich von allen Geschäften zurück, will allein sein, nichts mehr wissen von Umsätzen, Bilanzen, Gewinnen.

Für Grete Lachner, das daheim gebliebene Lehrmädchen, die spätere Grete Schickedanz, blieb das grausame Schicksal, der Tod fast einer ganzen Familie, ein Leben lang unbegreifbar. „Es war nicht fassbar“, sagte sie Jahre danach, „und es wird nie fassbar sein.“

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