Billig, billiger, Billigbier

Der Kasten Gerstensaft unter vier Euro – seit Wochen tobt bei Bier ein harter Preiskampf. Für die Verbraucher ist das gut. Kleine Brauereien könnte es langfristig aber die Existenz kosten
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Ob von Oettinger oder dem Warsteiner-Ableger Paderborner, ob Aldi, Norma, Netto oder Lidl: Weniger als 30 Cent fürs Bier ist fast normal. So billig ist nichtmal Wasser.
Gregor Feindt Ob von Oettinger oder dem Warsteiner-Ableger Paderborner, ob Aldi, Norma, Netto oder Lidl: Weniger als 30 Cent fürs Bier ist fast normal. So billig ist nichtmal Wasser.

Der Kasten Gerstensaft unter vier Euro – seit Wochen tobt bei Bier ein harter Preiskampf. Für die Verbraucher ist das gut. Kleine Brauereien könnte es langfristig aber die Existenz kosten

MÜNCHEN Bei Rewe steht der deutsche Marktführer gleich ganz vorne am Eingang: Flaschenbier der Brauerei Oettinger, die Kästen in Doppelreihen aufgeschlichtet, 20 Halbe für 5,99 Euro.

Eine Flasche Bier für weniger als 30 Cent – das klingt nach einem echten Schnäppchen. Ist es aber mittlerweile schon nicht mehr. Denn auf dem Markt für Billigbier-Sorten tobt ein Preiskampf. Weniger als sechs Euro für den Kasten sind an der Tagesordnung. Der Discounter Netto bot zuletzt eines seiner Billigbiere für 3,77 Euro an. Norma verkauft seine Hausmarke derzeit für 5,40 Euro. Oettinger-Kisten sollen hie und da sogar schon für 2,99 über den Ladentisch gegangen sein.

„Die Hersteller liefern sich eine regelrechte Mengen- und Preisschlacht“, sagt Robert Brunner, Chefredakteur des Branchenmagazins „Braumanager“. Hintergrund: Auf dem Biermarkt herrscht seit langem Ebbe: Jährlich schrumpft der Absatz um drei Prozent. Die Zahl der Brauereien ist in den letzten Jahren aber gleichgeblieben. „Um die Absatzmenge zu halten, drehen viele an der Preisschraube“, meint Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Vor allem große Brauereien wie Radeberger tun das, indem sie Verträge mit Discountern abschließen. Diese nehmen den Brauern große Mengen ab und verkaufen sie als Hausmarke – oft zu Schleuderpreisen. Jedes dritte verkaufte Bier, hat die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ausgerechnet, ist heute bereits ein Billigbier. Vor drei Jahren war es noch jede fünfte Flasche.

Hinzu kommt: Der Handel hat den Gerstensaft als Lockmittel für die Kunden entdeckt. „Ein günstiges Angebot beim Bier zieht Käufer in den Markt“, sagt Experte König. Immer öfter bieten Supermärkte daher Bier zu Aktionspreisen an – vom Billig-Pils bis zum Premium-Weizen. So wurde letztes Jahr laut GfK erstmals mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Bierabsatzes bei Verkaufs-Aktionen erzielt – also zu Preisen unter Normalpreis.

Diese „Aktionitis“, so König, gehe auch an Brauereien nicht vorbei, die Qualitätsbiere herstellen – und den Preiskampf eigentlich nicht mitmachen. „Auch deren Kunden probieren aber irgendwann mal ein Aktionsangebot aus.“ Oft wechselten sie dann ganz. Vor allem kleinere, regionale Spezialitätenbrauereien dürften daher weiter an Absatz einbüßen – und im Extremfall vom Markt verschwinden. Verhindern könnten das nur die Kunden selbst, so König: „Wer will, dass der regionale Brauer erhalten bleibt, darf dessen teurere Flaschen nicht im Regal stehen lassen.“ aja

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