Vorsicht, Sünde! So sinnvoll ist der Nutri-Score

Seit zwei Jahren gibt es den Nutri-Score. Doch viele Firmen verwenden ihn nicht. Und wie sehr hilft er bei gesunder Ernährung?
| Martina Scheffler
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Dieser Score ist so mittelprächtig - aber das ahnt man vielleicht schon...
Dieser Score ist so mittelprächtig - aber das ahnt man vielleicht schon... © Christoph Hardt/FutureImage/imago

Nun gut, der Advent ist vielleicht nicht die geeignete Zeit, um sich mal intensiver Gedanken über gesunde Ernährung zu machen. Eine relativ einfache Hilfestellung soll aber der Nutri-Score geben. Finger weg! Das signalisiert er, wenn er mit einem roten E auf verarbeiteten Lebensmitteln prangt.

Nicht einmal die Hälfte der Lebensmittel trugen den Nutri-Score

Vor zwei Jahren trat der entsprechende Rechtsrahmen für die freiwillige Verwendung des fünfstufigen Siegels auf der Vorderseite von Fertigprodukten in Kraft. Viele Hersteller nutzten es auch vorher schon. Und wie sieht es heute aus? Die Verbraucherzentralen untersuchten bei einem Marktcheck 1.451 Lebensmittel. Davon trugen nicht einmal die Hälfte (40 Prozent) den Nutri-Score. Immerhin: "Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich der Anteil um insgesamt sieben Prozentpunkte", geben die Verbraucherschützer an.

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Ein Klassiker unter den Fertigprodukten erwies sich dabei als Spitzenreiter: Mit 118 von 169 Produkten (70 Prozent) waren Pizzen am häufigsten mit dem Nutri-Score gekennzeichnet. Am anderen Ende der Skala finden sich Cerealien und Milchprodukte, die jeweils nur zu 28 Prozent mit dem Nutri-Score versehen waren. 17 Produkte waren laut Berechnung der Verbraucherzentralen mit einem falschen Nutri-Score gekennzeichnet.

Positiv vermerkten die Verbraucherzentralen, dass sich bei 140 der untersuchten Lebensmittel die Nährstoffzusammensetzung im Laufe des Jahres verbessert habe. "Wir fordern in Sachen Nutri-Score mehr Tempo von der Lebensmittelindustrie", sagte Jutta Saumweber, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern. Der Nutri-Score solle europaweit zur Pflicht werden, um eine bessere Vergleichbarkeit zu erhalten.

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Nur drei von 14 Bundesländern prüften regelmäßig

Zudem werde der Nutri-Score nur in drei von 14 der von den Verbraucherzentralen angefragten Bundesländern regelmäßig durch die Behörden der Lebensmittelüberwachung geprüft. "Das ist viel zu wenig! Auch bei dieser freiwilligen Deklaration sind regelmäßige und bundesweit einheitliche Kontrollen notwendig", sagte Saumweber. Der Nutri-Score war auch auf Grundlage einer Verbraucherbefragung des Bundesernährungsministeriums zustande gekommen. 2019 hatte sich eine Mehrheit der Befragten für diese Art der "erweiterten Nährwertkennzeichnung" ausgesprochen.

Auch andere europäische Länder nutzen ihn, die COEN: "Countries officially engaged in Nutri-Score". Dazu gehören Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Schweiz, die Niederlande und Spanien. Wie aussagekräftig ist der Nutri-Score aber überhaupt für den einzelnen Verbraucher? "Wenn ich einen bestimmten Inhalts- oder Nährstoff meiden muss, bekomme ich mit dem Nutri-Score keine Unterstützung", sagte Daniela Krehl vom Referat Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Bayern der AZ. Für Diabetiker etwa "reicht eine Gesamtbewertung natürlich nicht". Das Siegel solle einfach eine leichtere Wahl des gesünderen Produkts ermöglichen.

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"Viele denken, ein grüner Smoothie ist besonders gesund"

Ist automatisch gut ernährt, wer immer zum dunkelgrünen A greift? "Das führt zu weit", sagte Krehl. Der Nutri-Score bezieht sich auf verarbeitete Produkte. Wer sich wirklich gesund ernähren wolle, solle möglichst wenig verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen. "Viele denken, so ein grüner Smoothie aus dem Supermarkt ist besonders gesund. Der hat aber extrem viel Zucker. Das spiegelt sich darin wider, dass eben kein A drauf ist, sondern eher B oder C." Auch würden Vitamine, Mineralstoffe sowie Süßstoffe nicht berücksichtigt.

Klimaschutzaspekte fließen in den Nutri-Score nicht mit ein. Es sei aber auf europäischer Ebene ein "Nutri-Score für Klima", ein sogenannter Eco-Score, in der Entwicklung, sagte Krehl. Dies sei aber so komplex, dass man zunächst entscheiden müsse, ob nur der CO2-Fußabdruck berücksichtigt werden soll oder auch Aspekte wie Biodiversität und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. "Es wird aber vermutlich nicht möglich sein, alle Aspekte in ein Siegel reinzubekommen." Dies könnte laut Krehl auch zu Verzerrungen führen: wenn etwa der Schokoriegel auf einmal gut dasteht, weil der Transport CO2-neutral erfolgt.

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