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Nietzsche als Kritiker und Denker der Transformation Herausgegeben von Helmut Heit und Sigridur Thorgeirsdottir im Auftrag der Nietzsche-Gesellschaft e. V. Helmut Heit Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral Vom asketischen Ideal zur Erkenntnis für freie Menschen Abstract: Critique of Science in the Genealogy of Morals. From the Ascetic Ideal to Knowledge in a Free Society. Departing from a comparison between Nietzsche and Paul Feyerabend, this paper argues that Nietzsche develops the idea of a life-affirming, artistic, and joyful science as a possible result of a cultural history of asceticism and sublimation. The closing sections of the Genealogy of Morals introduce a distinction between normal and idealist science and discuss their respective relation to asceticism. The practice of normal scientific labour and the idealist quest for truth both reveal the lack of autonomous ideals. An analysis of his hypothetical and perspectival understanding of knowledge-claims shows (against Charles Larmore) that Nietzsche’s discussion of truth is neither inconsistent nor self-refuting. Nietzsche is no enemy of science but assumes a privileged position for philosophy in the hierarchy of disciplines within a broader context of cultural emancipation. „Ich lobe mir eine jede Skepsis auf welche mir erlaubt ist zu antworten: ‘Versuchen wir’s!’“ (FW 51) 1 Erkenntnis für freie Menschen (Nietzsche und Feyerabend) Der Untertitel dieses Beitrags spielt auf einen der einflussreichsten und vielleicht umstrittensten Wissenschaftsphilosophen des 20sten Jahrhunderts an: Erkenntnis für freie Menschen heißt ein Buch aus dem Jahre 1980 von Paul Feyerabend. 1924 in Wien geboren, machte er nach dem Krieg zunächst Karriere mit einer von Ludwig Wittgenstein und Karl Popper geprägten Philosophie der Physik und Quantenmechanik. Im Rahmen seiner Abkehr von Popper und einer Radikalisierung des Kritischen Rationalismus wird er auch außerhalb der Wissenschaftsphilosophie berühmt, wenn nicht berüchtigt. Nach der Veröffentlichung von Against Method (zu Deutsch: Wider den Methodenzwang) lernt ihn eine breitere Öffentlichkeit Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 253 dadurch kennen, dass er die Begriffe ‘Anarchismus’, ‘Dadaismus’ und ‘anything goes’ in die Debatte um die Wissenschaften einführt (Feyerabend 1975). In der Zeitschrift Nature ist 1987 zu lesen, Feyerabend sei „currently the worst enemy of science“ (Theocharis/Psimopoulos 1987, 596). Im Gegensatz zu diesem negativen Bild zeigt sich bei genauerer Lektüre, dass Feyerabend so wenig ein Feind der Wissenschaften ist wie Nietzsche, vielmehr wird hier wie dort Kritik mit Feindschaft verwechselt. Beide unterziehen die Wissenschaften und das wissenschaftliche Selbstverständnis einer kritischen Analyse und beide streben eine grundlegende Transformation der kulturellen Rolle der Wissenschaften an.1 Dabei hegen sowohl Nietzsche wie auch Feyerabend den Verdacht, dass die konkrete wissenschaftliche Praxis und ihr theoretisches Selbstverständnis nicht identisch sind, dass es also möglich und nützlich sein könnte, über gewisse Vorurteile in Bezug auf die Wissenschaften aufzuklären. Zu diesen Vorurteilen zählen beide diverse metaphysische Annahmen sowie vereinheitlichende dogmatische Methodologien. Außerdem stellen beide die Funktion der Wissenschaften in modernen Gesellschaften in Frage, deren unantastbare Hegemonie Feyerabend mit der sozialen Rolle einer Kirche vergleicht. Sie fragen, welche Rolle die Wissenschaften in unserer Welt spielen können und sollen. Eine Formulierung aus der Morgenröte könnte als Motto über den Arbeiten Feyerabends stehen: „Es giebt keine alleinwissendmachende Methode der Wissenschaft! Wir müssen versuchsweise mit den Dingen verfahren“ (M 432, KSA 3, 266). Aus der erfahrungsgesättigten Einsicht in die begrenzte Reichweite auch von bereits andernorts bewährten und erfolgreichen Methoden ergibt sich eine pluralistische und experimentelle Wissenschaftspraxis. Experimentell ist eine solche Praxis nicht allein im Sinne künstlicher Laborbedingungen, sondern vor allem im Sinne des kreativen Versuchens und Ausprobierens. Das ist es, was Feyerabend meint, wenn er die Begrenztheit aller methodologischen Regeln betont und in diesem Sinne von anything goes spricht: Es ist nicht etwa egal was man tut, weil alles gleichermaßen zielführend wäre und ‚geht’, sondern weil wir nicht vorher wissen, was funktioniert, und weil der Glaube, es doch zu wissen, unseren Möglichkeitsspielraum einschränkt (Feyerabend 1972). Wir sollten besser in der Lage sein, alles Mögliche auszuprobieren. Ein solcher Methodenpluralismus sei die einzige philosophische Haltung, welche die Entwicklung der Wissenschaften und der Menschheit nicht behindert. Paul Feyerabend hat die Nähe seiner Philosophie zu derjenigen Nietzsches durchaus gesehen und hin und wieder, also selten, angesprochen. In seinem Text 1 Zu Feyerabends kritischer Genealogie der abendländischen Wissenschaften siehe Heit/Oberheim 2009 und Heit 2016. 254 Helmut Heit Die ‚Rationalität’ der Forschung unterscheidet er vier Positionen: Einen naiven Rationalismus, der etwa durch Descartes, Kant und Popper vertreten werde und einen kontextabhängigen Rationalismus, den er an Marxisten und Anthropologen festmacht. Diesen beiden Auffassungen stellt er Ausnahmen und Gegenbeispiele entgegen und weist so ihren impliziten oder expliziten Anspruch auf universale Geltung zurück. Eine dritte Position sieht er in einem naiven Anarchismus, mit dem seine Wissenschaftsphilosophie oft verwechselt werde. Im Unterschied zu den naiven Anarchisten leitet Feyerabend aber aus dem Umstand, dass alle Regeln und Maßstäbe ihre Grenzen haben, nicht die Folgerung ab, dass man daher ganz ohne Regeln und Maßstäbe auskommen müsse oder auch nur praktisch auf sie verzichten könnte (Feyerabend 1978, 344). Vielmehr fordert er, „daß jeder Maßstab, der einen Handlungsverlauf leitet, selbst zu einem Teil des Handlungsverlaufs gemacht werde“ (Feyerabend 1978, 345). Die Regeln und methodologischen Standards, nach denen wir wissenschaftliche Forschung (oder auch andere Dinge) betreiben, werden dieser Auffassung zufolge nicht einfach angewendet, sondern in der Verwendung gestaltet und modifiziert, erfunden und verändert. Sie sind letztlich vom Handlungsverlauf nicht zu trennen. Feyerabend sieht darin ein entscheidendes Element einer „Wissenschaft für freie Menschen“ (Feyerabend 1978, 349), ohne aus dieser Idee eine neue Doktrin zu machen. So bezeichnete er eine solche Haltung zwar als „meine eigene ‚Position*’“, aber er versäumt nicht, das Wort ‚Position’ in Anführungszeichen zu setzen und um eine Fußnote zu ergänzen. Ich „führe Positionen vor“ schreibt er dort, „wie ein Modemodell ein neues Kleid vorführt oder ein Schauspieler eine neue Rolle, und nicht wie ein die Messe zelebrierender Bischof das Allerheiligste vorführt“ (Feyerabend 1978, 343). Als „Vorläufer“ dieser sogenannten Position bezeichnet er „etwa Kierkegaards Abschliessendes unwissenschaftliches Nachwort, Niels Bohr, und auch Nietzsche, wenn er sich nur nicht so ernst nähme“ (Feyerabend 1978, 343). Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, dass Feyerabend die Parallelen zwischen sich und Nietzsche durchaus richtig erkannt hat; inklusive der Vorbehalte gegenüber klar etikettierbaren und fixen Standortbestimmungen. Ich denke sogar, dass Feyerabend behilflich sein kann, bestimmte Überlegungen Nietzsches zu verstehen und vor allem gegenüber voreiligen und falschen Einwänden zu verteidigen. Darüber hinaus möchte ich deutlich machen, dass Nietzsche ähnlich wie das enfant terrible aus Wien mit einer fröhlichen Wissenschaft experimentiert. Dazu werde ich ein auf den ersten Blick wenig humoristisches Themenfeld in Nietzsches Oeuvre vertiefen, nämlich seine Thesen zum Verhältnis von Wissenschaft und asketischen Idealen. In einem ersten Schritt würdige ich die besondere Rolle, die Nietzsche einer fröhlichen Wissenschaft in der Vorrede zur Genealogie der Moral für eine Kritik und Transformation der Kultur zuschreibt (2). Eine Analyse der letzten Abschnitte der Genealogie zeigt die enge Verbindung Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 255 von Wissenschaft und asketischen Idealen, die nach dem Tod Gottes eine radikale Rekonzeptualisierung der Wissenschaften erfordern (3). Eine solche neue Auffassung stellt vor allem die Möglichkeit und den Wert der Wahrheit als zentralem normativem Ideal der Wissenschaften auf eine Weise in Frage, die noch immer diversen Interpreten als inkonsistent und unmöglich erscheint (4). Indem ich diese falschen Einwände am Beispiel Charles Larmores zurückweise, skizziere ich abschließend eine alternative fröhliche Wissenschaft, die sich durch eine veränderte epistemische Einstellung und größere skeptische Selbstreflexion auszeichnet und auf diese Weise die künstlerische Seite der Wissenschaften in den Vordergrund rückt (5). 2 Fröhliche Wissenschaft als Lohn des Ernstes Die Streitschrift Zur Genealogie der Moral kann mit gewissem Recht als ein nüchternes und geradezu wissenschaftliches Buch angesehen werden, als eine „veritable Abhandlung“, in der sich Nietzsche „auf einem Höhepunkt seiner Argumentationskunst“ befindet (Höffe 2004, 7). Sie stellt sich den Leserinnen und Lesern als eine Studie zur kulturhistorischen Erforschung der „H e r k u n f t unserer moralischen Vorurteile“ vor (GM Vorrede 2, KSA 5, 248), die sich ihre „historische und philologische Schulung“ ebenso zugutehält, wie ihren Spürsinn für „psychologische Fragen“ (GM Vorrede 3, KSA 5, 249). Schon ihr Titel verspricht Logoi über die Genesis und in Abgrenzung vom „englischen Hypothesenwesen i n ’ s B l a u e “ lenkt Nietzsche – zumindest expressis verbis – das Augenmerk in der Vorrede auf „d a s G r a u e , will sagen, das Urkundliche, das Wirklich-Feststellbare, das Wirklich-Dagewesene“ (GM Vorrede 7, KSA 5, 254). Die staubigen Details einer präzisen wissenschaftlichen Erforschung der „Bedingungen und Umstände“, aus denen heraus bestimmte moralische Vorurteile „gewachsen, unter denen sie sich entwickelt und verschoben haben“ (GM Vorrede 6, KSA 5, 253), stehen allerdings nicht wirklich im Zentrum der drei Abhandlungen. Mit Blick auf den tatsächlichen Inhalt der Genealogie lässt sich vielmehr sagen, dass Nietzsche auch hier letztlich anderes und auch „viel Wichtigeres am Herzen“ lag, „als eignes und fremdes Hypothesenwesen über den Ursprung der Moral“ (GM Vorrede 5, KSA 5, 251), sei es nun ins Blaue oder ins Graue entworfen. Was dieses „viel Wichtigere“ sei, ist nach der hier vertretenen Auffassung die Kritik und Transformation der abendländischen Kultur. Den Wissenschaften kommt in diesem Zusammenhang die prekäre Rolle zu, zugleich Instrument wie auch Gegenstand der Kritik und Transformation zu sein. Sie wirken an einer Destruktion der alten und an der Konstruktion neuer kultureller Ziele, Wege und Institutionen mit. Diese instrumentelle und auf die Zukunft bezogene Aufgabe der 256 Helmut Heit Wissenschaften spricht Nietzsche sehr deutlich in der Anmerkung zum Ende der ersten Abhandlung aus: A l l e Wissenschaften haben nunmehr der Zukunfts-Aufgabe des Philosophen vorzuarbeiten: diese Aufgabe dahin verstanden, dass der Philosoph das P r o b l e m v o m W e r t h e zu lösen hat, dass er die R a n g o r d n u n g d e r W e r t h e zu bestimmen hat (GM I Anmerkung, KSA 5, 289). Den einzelnen spezialisierten Wissenschaften wird so ein instrumenteller Charakter zugewiesen und insoweit die Abhandlungen der Genealogie solche einzelwissenschaftlichen Studien sind, charakterisiert Nietzsche sie retrospektiv zu Recht als „Vorarbeiten“ (EH Bücher GM, KSA 5, 353). Allein die Philosophie fragt systematisch nach dem Wert und stellt sich so als einzige Disziplin der Herausforderung, eine Hierarchie der Ziele des Handelns, auch des forschenden Handelns ins Auge zu fassen. Diese überlegene Aufgabe sichert der Philosophie zugleich eine privilegierte Position in der Rangordnung der Wissenschaften.2 Auf die spezifische Aufgabe der Philosophie wird noch zurück zu kommen sein. Fürs erste ist nur zu bedenken, dass die Genealogie der Moral weder das Buch eines Fachgelehrten ist noch sein will, sondern eines Philosophen: sie ist kein im engeren Sinne wissenschaftliches Buch. Dennoch nehmen die Wissenschaften, wie schon die bisher besprochenen Passagen zeigen, in diesem Buch eine bedeutende Stellung ein. Als moralhistorische Studien, zu denen Nietzsche neben der Etymologie und Sprachwissenschaft auch die Medizin und Physiologie heranziehen will, verschaffen sie die notwendigen Kenntnisse, die zu einer „K r i t i k der moralischen Werthe“ nötig sind (GM Vorrede 6, KSA 5, 253). Diese Kritik besteht wesentlich in der genealogischen Rückführung mutmaßlich universal und kontextfrei gültiger Werte auf ihre historischen, sozialen, kulturellen und natürlichen Kontexte. Eine solche Kritik kann sich nicht einfach pauschal auf Darwin verlassen, wie Nietzsche es Paul Rée vorhält, sondern sie muss sich „die ganze lange, schwer zu entziffernde Hieroglyphenschrift der menschlichen Moral-Vergangenheit“ (GM Vorrede 7, KSA 5, 254) mit philologischer Gründlichkeit vornehmen. Wie gesagt, diese Arbeit bleibt in der Genealogie eher Programm als Praxis, denn Nietzsche verfolgt ein anderes und ernsteres Ziel. Die Wissenschaften leisten nicht nur einen Beitrag zur Analyse und Kritik, sondern sie tragen auch dazu bei, die Probleme der Moral wirklich ernst zu nehmen und sowohl ihre Kritik wie auch ihre Umwertung ins Auge fassen 2 Diesen Gedanken hat Tilman Borsche (2012) sehr deutlich herausgearbeitet, wobei er insbesondere den selbstreflexiven und undogmatischen Charakter von Nietzsches Wissenschaftsphilosophie betont. Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 257 zu können. Damit deutet sich eine konstruktive und künstlerisch-schaffende Dimension von Wissenschaft an, die über ihre bloß zweckmäßige Funktion des kritischen Detailwissens hinausweist. Indem Nietzsche den Namen seiner Fröhlichen Wissenschaft gebraucht, bringt er diese weitere Dimension des Wissenschaftlichen ebenfalls in der Vorrede zur Sprache: Die Heiterkeit nämlich oder, um es in meiner Sprache zu sagen, die f r ö h l i c h e W i s s e n s c h a f t – ist ein Lohn: ein Lohn für einen langen, tapferen, arbeitsamen und unterirdischen Ernst, der freilich nicht Jedermanns Sache ist. (GM Vorrede 7, KSA 5, 255) Heiterkeit und Ernst finden sich hier in einer erstaunlichen Verbindung. Indem Heiterkeit mit fröhlicher Wissenschaft synonymisiert wird, rückt das Moment des Informierten, Methodischen und Wissenden in den Vordergrund. Die Heiterkeit, von der hier die Rede ist, wird so entschieden abgegrenzt von jeder ahnungslosen Vergnügtheit, sie besteht vielmehr aufgrund oder auch trotz besseren Wissens. Die fröhliche Wissenschaft gilt Nietzsche als ein Lohn des Ernstes, weil und insofern sie das mögliche positive Resultat einer langen Anstrengung und aufgestauten Kraft ist. Fröhliche Wissenschaft ist nur möglich als Überwindung einer vorher statthabenden Geschichte der Askese: ohne Ernst, keine Heiterkeit. In dieser bemerkenswerten Passage deutet sich so eine kulturhistorische Überlegung an, die für die folgenden Ausführungen tragend sein wird, obwohl ‚Heiterkeit’ oder ‚fröhliche Wissenschaft’ allem Anschein nach gerade nicht im Zentrum dieser Schrift stehen. Im Gegenteil, zu ihrem Abschluss wird Wissenschaft im Kontext der nicht allzu heiter wirkenden asketischen Ideale diskutiert. Dennoch erweist sich dieser Konnex als zentral. Die in der Vorrede angedeutete Verbindung von Heiterkeit und Ernst, von fröhlicher Wissenschaft als Lohn und Resultat einer arbeitsamen Anstrengung und Entsagung entfaltet ihre ganze Bedeutung erst im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Wissenschaft und asketischen Idealen am Ende der Genealogie der Moral und macht diese verständlich. 3 Wissenschaften und asketische Ideale Die dritte Abhandlung der Genealogie der Moral ist im Wesentlichen zwei Fragen gewidmet: „Was bedeuten asketische Ideale?“ (GM III 1, KSA 5, 339). Und „w o ist der gegnerische Wille, in dem sich ein g e g n e r i s c h e s I d e a l ausdrückte?“ (GM III 23, KSA 5, 395) Mit Blick auf die erste Frage ist auffallend, dass Nietzsche nicht danach fragt, was asketische Ideale sind, sondern was sie bedeuten. Damit ist aber offenbar nicht im Stile einer modernen Sprachphilosophie die Frage nach der Referenz gemeint. Vielmehr operiert Nietzsche mit der Überzeugung, kulturelle 258 Helmut Heit Phänomene wie menschliche Ideale unterliegen einem Wandel in der Zeit und sie bedeuten unterschiedliches etwa für Künstler, Philosophen oder Priester. Die tatsächliche Vorgehensweise in der dritten Abhandlung trägt der Historizität und Pluralität der Bedeutung asketischer Ideale Rechnung, indem sie eine Genealogie exemplarischer Typen entwickelt.3 ‚Bedeutung‘ meint daher, welche Funktion, welche Vor- und Nachteile und welche Wirkungen asketische Ideale für bestimmte Typen von Menschen haben und warum sie von diesen praktisch oder auch ausdrücklich Aufmerksamkeit oder sogar Wertschätzung erfahren. In diesem Sinne ‚bedeutet‘ das asketische Ideal etwas, es lässt darauf raten „was hinter ihm, unter ihm, in ihm versteckt liegt, wofür es der vorläufige, undeutliche, mit Fragezeichen und Missverständnissen überladne Ausdruck ist“ (GM III 23, KSA 5, 395). Um eingedenk dieser Reflexionen zu einem ersten Vorbegriff der asketischen Ideale zu kommen, kann man sagen, dass sie in ihrer Eigenschaft als ‚Ideale‘ erstens Werthaltungen und Zielvorstellungen zum Ausdruck bringen, sie markieren etwas Erstrebenswertes und weisen so über den aktuellen Zustand hinausweisen. Zugleich attribuiert Nietzsche diese Ideale zweitens als ‚asketisch‘ und bringt sie so mit Verzicht, Enthaltsamkeit und Disziplin in Verbindung. Werner Stegmaier etwa geht davon aus, dass Askese nun einmal notwendig sei, um ein Ideal anzustreben „und insofern ist das Ideal ein asketisches Ideal“ (Stegmaier 2004, 154). Das ist sicher richtig, denn eine gewisse Askese gehört zu den Realisierungsbedingungen eines jeden Ideals. Aber damit wären die Ideale selbst nicht im engeren Sinne asketisch und würden durch das Attribut auch nicht näher spezifiziert. Hier scheint ein anderer Gedanke Stegmaiers weiterführend zu sein, wonach ein spezifisch asketisches Ideal paradoxerweise gerade durch seine Nicht-Realisierbarkeit an Attraktivität gewinnt: „daß es nicht erreicht werden kann, entwertet es nicht nur nicht, sondern motiviert um so größere Anstrengungen, es zu erreichen und dies, je ferner es rückt“ (Stegmaier 2004, 155). Zu diesem Schluss kommt 3 Die „resoluten Typisierungen“, die Nietzsche auch an anderen Stellen der GM gebraucht, sind verstörend ins Auge gefallen: „Man kann das als Übertreibungen und Vereinseitigungen abtun, aber es hat Methode. Nietzsche treibt die Vereinseitigungen so weit, daß sie sofort als Vereinseitigungen erkennbar sind. Seine Typisierungen sind perspektivische Verkürzungen, Begriffe, die nicht abbilden, sondern scharfzeichnen, die das für seine Perspektive Bedeutsame herauszeichnen sollen“ (Stegmaier 1994, 89). Sie sind somit einem Kunstwerk vergleichbar. Nietzsches exemplarische und zugespitzte Typen entsprechen jedoch nicht nur seiner privaten Perspektive. Sie rücken vielmehr einerseits wichtige Aspekte historischer Phänomene in den Vordergrund und sie vermeiden dabei andererseits die kaschierte Verfälschung, die durch die Prätension einer objektiven und rein sachgerechten Beschreibungsrhetorik entsteht. Gerade in ihrer übertriebenen Zuspitzung bringen Nietzsches Typen so Wahrheit zum Erscheinen, denn „nur die Übertreibung ist wahr“ wie Horkheimer und Adorno es einmal offenkundig und performativ selbst übertreibend formuliert haben (Horkheimer/Adorno 1944, 142). Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 259 auch Charles Larmore: „Das, was Nietzsche mit dem pauschalen Begriff des asketischen Ideals bezeichnen will, ist die Überzeugung, ein nie völlig erreichbares Ziel zu haben, nach dem man beharrlich, gewissenhaft und opferbereit streben muß“ (Larmore 2004, 166). Daher ist den asketischen Idealen eine gewisse Maßlosigkeit, Unruhe und permanent gefühlte Unzulänglichkeit ebenso eigen wie eine starke Zukunfts- und Fortschritts- und somit auch Jenseitsorientierung. Insofern asketische Ideale in dem Streben nach unerreichbaren Zielen bestehen, nimmt letztlich das Streben selbst die Funktion des eigentlichen Wertes ein. Damit ist die Praxis der asketischen Lebensform nicht mehr nur ein Mittel, sondern de facto der ganze Inhalt und Zweck des asketischen Ideals. „Asketismus [wird] im Rahmen des asketischen Ideals zum Selbstzweck“ (NWB 2004, 157). Eine solche Verselbständigung der Askese durch ein Ideal der radikalen Überforderung findet sich in der platonischen „homoíôsis theô“ (Platon 1990, 176b) ebenso wie in der paulinischen Aufforderung zur imitatio Christi (1. Kor. 11,1). Gemessen an diesem Ideal müssen leibhaftige Menschen immer unzulänglich und schuldig sein. Nach dem Ende der Glaubwürdigkeit dieser Ideale, die Nietzsche mit dem Tod Gottes markiert, bleibt in der spätmodernen Kultur absurderweise die verselbständigte Lebensform der Askese allein zurück. Wir werden sehen, dass die wissenschaftliche Suche nach Wahrheit, gerade dort wo sie nicht mehr an die positive Möglichkeit von echter Wahrheitsgewissheit glaubt, dieser Bestimmung entspricht. Zugleich kann man vielleicht nicht genug betonen, dass Askese bei Nietzsche keineswegs per se negativ konnotiert ist, sondern sowohl für die Kultur als Ganzes ihr Gutes hat, wie auch für spezifische Typen.4 Ihre Bedeutung hängt entschieden davon ab, ob sie einem Typus nur Mittel zu einem eigenen Zweck ist, oder ob sie sich zu einem Selbstzweck erhoben hat. Diese Alternative zeigt sich deutlich im Vergleich zwischen den Philosophen, bei welchen die asketischen Ideale bereits zu einer „ernsthafteren Frage“ (GM III 5, KSA 5, 345) werden, und den Priestern, bei denen es schließlich wirklich „Ernst“ wird (GM III 11, KSA 5, 361).5 Der Philosoph ist gegenüber den asketischen Idealen positiv voreingenommen, denn sie gehören zu seinen Existenzbedingungen als autonom denkender Mensch, „er 4 In dem Eintrag zu ‚Askese’ im Nietzsche-Wörterbuch der Nietzsche-Research Group wird ausdrücklich zwischen einer positiven oder neutralen und einer negativen Verwendungsweise des Wortes bei Nietzsche unterschieden (NWB 2004, 156). 5 Der lebensdienlichen, tröstlichen oder koketten Bedeutung asketischer Ideale für Frauen oder die normale Mehrheit der Verunglückten und Verstimmten schenkt Nietzsche keine weitere Aufmerksamkeit. Dem Künstler, also Wagner, widmet er einige Abschnitte, jedoch mit dem Ergebnis, sie hätten für ihn im Grunde „keinerlei Bedeutung“ (Guéry 2004, 137; vgl. GM III 5). Wir werden gegen Ende dieses Textes sehen, dass damit allerdings noch längst nicht das letzte Wort über das Verhältnis von Heiterkeit, Wissenschaft, Askese und Kunst gesprochen ist. 260 Helmut Heit verneint n i c h t damit ‚das Dasein’, er bejaht vielmehr darin s e i n Dasein und n u r sein Dasein“ (GM III 7, KSA 5, 351). Zu seinem Dasein gehört Einsamkeit und Wüste, Freiheit von Sorgen und Pflichten, innerer wie äußerer Frieden und eine kontrollierte Ordnung der inneren Leidenschaften, wo „alle Hunde hübsch an die Kette gelegt“ sind (GM III 8, KSA 5, 352). Auch eine gewisse Weltabgewandtheit zählt Nietzsche, sich selbst sowie die Lesen inklusiv einschließend, zu diesen Bedingungen, „denn wir Philosophen brauchen zu allererst vor Einem Ruhe: vor allem ‚Heute‘“ (GM III 8, KSA 5, 353). Die Philosophen „denken, Alles in Allem, bei dem asketischen Ideal an den heiteren Ascetismus eines vergöttlichten und flügge gewordenen Thiers“ (GM III 8, KSA 5, 352). Sie sind ihm „Brücken zur U n a b h ä n g i g k e i t “ (GM III 7, KSA 5, 351), also Mittel zu einem eigenen und höheren Zweck. Das asketische Ideal bedeutet somit für den Philosophen nicht nur Voraussetzung und Konsequenz seiner Existenz, sondern es verbindet sich bereits mit Heiterkeit und Vergöttlichung. Diese heitere Dimension deutet auch auf eine Verbindung von Philosophie und Wissenschaft, die im Unterschied zu der Wissenschaft des Ernstes tatsächlich die Aufgabe einer Alternative zu den asketischen Idealen in Angriff nehmen könnte. Beim Priester hingegen findet sich hinsichtlich der Bedeutung des asketischen Ideals keine Spur mehr von Heiterkeit. Jetzt erst, nachdem wir den a s k e t i s c h e n P r i e s t e r in Sicht bekommen haben, rücken wir unsrem Probleme: was bedeutet das asketische Ideal? ernsthaft auf den Leib, – jetzt wird es ‚Ernst’: wir haben nunmehr den eigentlichen R e p r ä s e n t a n t e n d e s E r n s t e s überhaupt uns gegenüber (GM III 11, KSA 5, 361). Ohne hier allzu detailliert auf die spezifische Leistung des Priesters in der Kulturphilosophie der Genealogie der Moral eingehen zu müssen, dokumentiert sein Ernst gegenüber der potenziell heiteren Askese des Philosophen die fundamental unterschiedlichen Bedeutungsmöglichkeiten von asketischen Idealen. Und erst im Typus des Priesters, unter den Nietzsche auch Philosophen wie Eugen Dühring subsumiert (GM III 14; vgl. Stegmaier 2004, 157), gewinnen die asketischen Ideale eine kulturhistorisch tiefgreifende und gefährliche Bedeutung. Hier kommt das asketische Ideal zu sich selbst: Es gibt dem menschlichen Handeln und Denken ein Ziel (nämlich sich selbst) sowie dem Leben und Leiden einen monopolistischen Sinn. Die asketische Herrschaft über die lebendigen Impulse und Affekte wird dabei von einem konkreten und partiell nützlichen Mittel zu einem eigenständigen Zweck und höchsten Ideal, weil sich in Ermangelung eines anderen und stärkeren Ideals sonst nicht angeben lässt, wofür die ganze Anstrengung letztlich gut sein soll. Kommen wir auf die zweite Frage zurück: „Wo ist das G e g e n s t ü c k zu diesem geschlossenen System von Wille, Ziel und Interpretation?“ (GM III 23, KSA 5, 396) Eine gängige Antwort seiner Zeit aufgreifend zieht Nietzsche die Wissenschaften in Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 261 Erwägung. Das Ziel objektiver und nüchterner Wahrheitssuche „habe nicht nur einen langen glücklichen Kampf mit jenem Ideale gekämpft, es sei vielmehr in allen Hauptsachen bereits über jenes Ideal Herr geworden: unsre ganze moderne Wissenschaft sei das Zeugniss dafür“ (GM III 23, KSA 5, 396). An die Wissenschaft als „Gegenstück“ eines durch Priester geprägten Weltbildes zu denken, konnte im ausgehenden 19. Jahrhundert als naheliegend erscheinen. Diverse kulturgeschichtliche Narrative berichten von einer veränderten Stellung, wonach sich die Menschheit aus primitiven und kindlichen Anfängen in einem kontinuierlichen Prozess schließlich im zeitgenössischen Europa zur Nüchternheit des erwachsenen ‚Mannesalters’ entwickelt habe. Variationen dieser seit Herder und Hegel bis in die maskuline Lebensalter-Metaphorik hinein bekannten Fortschrittsgeschichte finden sich in zahlreichen Texten des 19. Jahrhunderts, etwa in den von Nietzsche recht gründlich studierten Büchern von John William Draper.6 Besonders prominent wurde sie von Auguste Comte in seinem Drei-Stadien-Gesetz formuliert: Nach einer mythisch-religiösen und einer philosophisch-metaphysischen Phase sei die Menschheit schließlich in die wissenschaftlich-positive Phase eingetreten. Zentrale Elemente dieses Überlegenheitsgefühls sind die ethnologischen Berichte über primitive Kulturen, die kulturellen Auseinandersetzungen mit der zeitgenössischen Kirche und der akademische, technologische und soziale Siegeszug der Naturwissenschaften. Nachdem die Wissenschaften die überlieferten religiösen und metaphysischen Systeme durch ihre praktische Kritik destruiert hatten, sollten sie selbst den frei gewordenen Platz übernehmen, aber Nietzsche traut ihnen diese zentrale kulturelle Funktion nicht zu, denn: die Wissenschaft hat heute schlechterdings k e i n e n Glauben an sich, geschweige ein Ideal ü b e r sich, – und wo sie überhaupt noch Leidenschaft, Liebe, Gluth, L e i d e n ist, da ist sie nicht der Gegensatz jenes asketischen Ideals, vielmehr d e s s e n j ü n g s t e u n d v o r n e h m s t e F o r m selber. (GM III 23, KSA 5, 396f.) Mit dieser Formulierung unterscheidet Nietzsche zwei Versionen von Wissenschaft und von Wissenschaftlern, die in den folgenden Zeilen weiter analysiert werden. Auf der einen Seite sieht er ein „braves und bescheidenes Arbeiter-Volk“ (GM III 23, KSA 5, 397) und auf der anderen Seite die „letzten Idealisten“ und „H e k t i k e r des 6 In Nietzsches Bibliothek finden sich noch die von ihm 1875 gekauften Exemplare von John William Draper: Geschichte der geistigen Entwickelung Europas. (Leipzig: Wigand, 1871) undGeschichte der Conflicte zwischen Religion und Wissenschaft (Leipzig: Brockhaus, 1875). In beiden Studien verfolgt Draper die Konkurrenz zwischen Religion und Wissenschaft von den Anfängen der wissenschaftlichen Forschung in der griechischen Antike (wobei ihm erst das Museum von Alexandria als „Pflanzstätte streng wissenschaftlicher Forschung“ gilt) über das mittelalterliche „Zeitalter des Glaubens“ bis in das gegenwärtige „Zeitalter der Vernunft“. 262 Helmut Heit Geistes“ (GM III 24, KSA 5, 398). Zum Verständnis seiner Wissenschaftsphilosophie ist es entscheidend, diese Differenzierung im Auge zu behalten.7 Die weit überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler sieht Nietzsche mit der Erforschung „kleiner Winkel“ beschäftigt, die darin zufrieden sind, durch strenge Arbeit „viel Nützliches zu thun“ (GM III 23 , KSA 5, 397), indem sie wissenschaftliche Probleme methodisch angehen. Man kann dabei durchaus an die Praxis des Rätsellösens denken, die nach der Analyse von Thomas Kuhn die normalwissenschaftliche Forschung charakterisiert. Grundsätzliche Probleme kommen dabei nicht in den Blick, da die Lösbarkeit der Rätsel nach den gängigen Regeln der Kunst im Rahmen eines etablierten Paradigmas als sicher gilt (Kuhn 1969, 49–56). Auch das methodische Entziffern der moralhistorischen Hieroglyphenschrift, von dem in der Vorrede der Genealogie die Rede ist, gehört hierher. Nietzsche respektiert diese spezialisierte Detailforschung durchaus, „denn ich freue mich ihrer Arbeit“ (GM III 23, KSA 5, 397). Er bestreitet weder den Nutzen derartiger Forschung, noch die Brauchbarkeit der so generierten Forschungsergebnisse; er nimmt keine anti-wissenschaftliche Haltung ein. Aber er bestreitet die Möglichkeit eines eigenständigen wissenschaftlichen Weltbildes, welches als Alternative zum asketischen Ideal in Frage käme. Wie schon in der Betrachtung Zum Nutzen und Nachteil der Historie geht Nietzsche auch in der Genealogie davon aus, dass die positiven wissenschaftlichen Kenntnisse und Methoden allein unzulänglich sind, um komplexe kulturelle Funktionen zu erfüllen. Sie können nicht einmal die Praxis der Wissenschaften selbst begründen und leiten. Vielmehr scheint Nietzsche die „Tüchtigkeit unserer besten Gelehrten, ihr besinnungsloser Fleiss, ihr Tag und Nacht rauchender Kopf, ihre Handwerks-Meisterschaft selbst“ das Indiz einer im Kern orientierungslosen Tätigkeit zu sein, die gar kein Ideal über sich hat (GM III 23 , KSA 5, 397). In diesem Sinne ist die Wissenschaft ein Versteck, es verbirgt sich in ihr „die U n r u h e der Ideallosigkeit selbst, das Leiden am M a n g e l der grossen Liebe, das Ungenügen an einer u n f r e i w i l l i g e n Genügsamkeit“ (GM III 24, KSA 5, 400). Sicher sind dergleichen Spekulationen über die Stimmungslage normaler Wissenschaftler/innen schlecht zu belegen, aber per se unplausibel scheinen sie nicht. 7 Im sechsten Abschnitt von Jenseits von Gut und Böse operiert Nietzsche ebenfalls mit dieser Unterscheidung. Auf der einen Seite steht die grosse Philosophie als „das Selbstbebekenntnis ihres Urhebers“, die bezeugt, „in welcher Rangordnung die innersten Triebe seiner Natur gestellt sind.“ Demgegenüber ist der Gelehrte ein „kleines unabhängiges Uhrwerk, welches, gut aufgezogen, tapfer drauflos arbeitet“ und seine wirklichen Interesse ausserhalb der Forschungstätigkeit hat „etwa in der Familie oder im Gelderwerb oder in der Politik; ja es ist beinahe gleichgültig, ob seine kleine Maschine an diese oder jene Stelle der Wissenschaft gestellt wird, und ob der ‚hoffnungsvolle’ junge Arbeiter aus sich einen guten Philologen oder Pilzekenner oder Chemiker macht“ (JGB 6, KSA 5, 19f.). Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 263 Der wissenschaftliche Nachwuchs (ein Wort, an dem Nietzsche gewiss seine Freude gehabt hätte) hofft darauf, durch Fleiß und Geschick ebenso wie durch Glück und Beziehungen eine feste Stelle zu erringen und endlich verbeamtet zu werden. Der etablierte Professor (seltener auch die etablierte Professorin) hingegen wartet auf die Bewilligung eines Sonderforschungsbereichs, auf das Ende der nächsten Akkreditierung, auf die Zeichen steigenden Prestiges in der einschlägigen scientific community, oder vielleicht auch nur noch auf die Pensionierung. Wissenschaft ist Geschäft. Hinsichtlich der Frage nach dem Wozu, selbst bloß nach dem Wozu der Wissenschaften, haben Wissenschaftler in der Regel keine wissenschaftlichen, sondern allenfalls private Meinungen. Dem Typus des arbeitsam-interesselosen Gelehrten stellt Nietzsche die „letzten Idealisten“ unter den zeitgenössischen Wissenschaftlern an die Seite, die sich immerhin als Vertreter eines anderen Ideals „g l a u b e n “ (GM III 24, KSA 5, 398). Sie üben darin die auch den Philosophen eigene Enthaltsamkeit und es ist daher nicht zu verwundern, dass Nietzsche diesen Typus der „harten, strengen, enthaltsamen, heroischen Geister, welche die Ehre unsrer Zeit ausmachen“ einen „Anspruch auf intellektuelle Sauberkeit“ zuspricht und ihn insgesamt mit einer gewissen Hochschätzung charakterisiert (GM III 24, KSA 5, 398). Tatsächlich erkennt er sich selbst in diesen Geistern wieder; ihr Atheismus und Skeptizismus ist ihm nah vertraut und er würdigt ihre „verehrungswürdige Philosophen-Enthaltsamkeit […] jenes Stehenbleiben-W o l l e n vor dem Thatsächlichen, dem factum b r u t u m “ und „jenes Verzichtleisten auf Interpretation überhaupt“ (GM III 24, KSA 5, 399f.). Dennoch erkennt er letztlich in diesem zweiten Typus ebenfalls kein Gegen-Ideal. Durch die Betonung des Stehenbleiben-Wollens vor den kleinen Fakten und in dem Versuch, auf Wertungen und Interpretationen, also auf aneignende Übersetzungen zu verzichten, bringen sie einen noch radikaleren Asketismus zum Ausdruck, als er sich bei den weniger idealistischen Gelehrten findet. Indem sie sich eines jeden Urteils enthalten wollen, treiben sie die „S e l b s t ve r a c h t u n g des Menschen“ auf die Spitze (GM III 25, KSA 5, 404). Zugleich tun sie das auf der Basis eines zweifach problematischen Glaubens: Dass sie glauben, ist selbst schon problematisch, sofern im Glauben eine vertrauensvolle und unkritische Haltung gegenüber dem Geglaubten zum Ausdruck kommt. Woran sie glauben ist problematisch, denn ihr Glaube an den absoluten Wert der Wahrheit und ihr unbedingter Wille dazu, „das ist der G l a u b e a n d e s a s k e t i s c h e I d e a l s e l b s t “ (GM III 24, KSA 5, 400), wenn auch in seiner sublimsten und vornehmsten Form. Sie unterscheiden sich daher von wirklich freien Geistern, „d e n n s i e g l a u b e n n o c h a n d i e W a h r h e i t … “ (GM III 24, KSA 5, 399). Dieser Glaube ist es also, der auch die Idealisten unter den Wissenschaftlern zu einer Praxis und Tugend der Askese zwingt und unauflöslich mit dem asketischen Ideal verbindet. Demgegenüber lehrt „unser Misstrauen“, gerade einen besonders starken und hermetisch geschützten Glauben als Indiz für 264 Helmut Heit die Unwahrscheinlichkeit des Geglaubten zu betrachten: „Wir ‚Erkennenden’ sind nachgerade misstrauisch gegen alle Art Gläubige“ (GM III 24, KSA 5, 398). Dieses Misstrauen indes ist offenkundig selbst ein Produkt des Willens zur Wahrheit, und richtet sich nun auf den Glauben an den Wert der Wahrheit selbst. Die Arbeit am wissenschaftlichen Fortschritt ist unendlich, sie dient entweder einem unzugänglich-regulativen Ideal von Wahrheit oder sie steht ohne eigenes Ideal im Dienst anderer, in der Regel ökonomischer und sozialer Interessen. Beide Typen, der wissenschaftliche Arbeiter ebenso wie der forschende Idealist, sind daher auf ihre Art mit einer Kultur des Asketismus verbunden, die nicht allein die Wissenschaften prägt. Die enge Gemeinschaft von Wissenschaft und asketischen Idealen mit den Grundzügen einer protestantisch-kapitalistischen Arbeitsethik und Kultur hat besonders Babette Babich betont: „The social pattern of regluarization and impersonality characterizing our work and business world is the explicit criterion not merely of capitalist but also of scientific efficiency“ (Babich 1994, 193). Wissenschaft ist so ihrer Praxis wie ihrem Ideal nach eine Form der innerweltlichen Askese; sie passt zu der kapitalistischen Produktionsweise, mit der sie zeitgleich im 19. Jahrhundert ihren globalen Siegeszug antritt. Angetrieben wird diese unausgesetzte und entsagungsvolle Bemühung um kontinuierliche Effizienzsteigerung (zumindest dort, wo es ernstlich um Wissenschaft und nicht ohnehin um anderes geht) durch den Willen zur Wahrheit, deren Wert als regulative Idee nicht in Frage steht. Die Überzeugung, über Wahrheit nur als Grenzbegriff zu verfügen, entzieht ihren konkreten Wert zugleich jeder Evaluation. Hier die aufklärende Skepsis einen Schritt weiter zu treiben, sieht Nietzsche als unverzichtbare Voraussetzung einer Überwindung der asketischen Ideale an. Die Wissenschaften stehen dem asketischen Ideal nicht als Alternative gegenüber und zwar aus zwei Gründen: Erstens kann die Wissenschaft aus sich kein gegnerisches Ideal hervorbringen, denn „sie bedarf in jedem Betrachte erst eines Werth-Ideals, einer wertheschaffenden Macht, in deren D i e n s t e sie an sich selber g l a u b e n d a r f , — sie selbst ist niemals wertheschaffend“ (GM III 25, KSA 5, 402). Die Wissenschaften können qua Wissenschaft weder befinden, was wissenswert ist und was nicht, noch können sie uns sagen, wozu unsere wissenschaftlichen Kenntnisse verwendet werden sollten. In diesem instrumentellen Sinne ist ein rein wissenschaftliches Weltbild nicht möglich, denn es fehlen die wertsetzenden Ressourcen. Zieht man jedoch den Wert heran, auf welchen die Wissenschaften intrinsisch bezogen sind, nämlich die Wahrheit, so zeigt sich für Nietzsche, dass darin gerade kein dem asketischen entgegen gestelltes Ideal zu sehen ist, „eher noch die vorwärtstreibende Kraft in dessen innerer Ausgestaltung“ (GM III 25, KSA 5, 402). Dies ist der zweite Grund, warum sie kein Gegenideal darstellen, denn „Wissenschaft und asketisches Ideal, sie stehen ja auf Einem Boden“, sie beruhen gemeinsam „auf der gleichen Überschätzung der Wahrheit (richtiger: auf dem gleichen Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 265 Glauben an die U n abschätzbarkeit, U n kritisirbarkeit der Wahrheit)“ und können deshalb nur gemeinsam problematisiert werden: „Eine Werthabschätzung des asketischen Ideals zieht unvermeidlich auch eine Werthabschätzung der Wissenschaft nach sich“ (GM III 25, KSA 5, 402). Mit Blick auf diese Forderung fragt sich jedoch, ob sich die Wissenschaft durch eine Emanzipation von der blinden Idealisierung der Wahrheit vom Geist der Schwere befreien, fröhlich sein und doch zugleich Wissenschaft bleiben kann. 4 Vom Recht der Frage nach dem Wert der Wahrheit Den wichtigsten Schritt zu einer Überwindung der asketischen Ideale und zu einer Ermöglichung wirklich freier Geister und fröhlicher Wissenschaft sieht Nietzsche darin, zu einer Wertabschätzung der Wahrheit zu kommen. Unabhängig davon, dass Nietzsche zumindest an dieser Stelle das Ergebnis einer solchen Abschätzung noch offen lässt, sehen nicht wenige schon in der bloßen Infragestellung des Wertes der Wahrheit eine problematische, wenn nicht inkonsistente oder selbstwidersprüchliche Vorgehensweise (siehe Heit 2009). Mit Blick auf den Schluss der Genealogie wurde diese Kritik besonders entschieden von Charles Larmore vorgebracht, und da dieser Einwand so grundsätzlich ist, soll er hier ausführlich behandelt werden. Nietzsche habe, so Larmore, eine Reihe sehr guter Fragen aufgeworfen, aber seine Behandlung bleibe „letzten Endes oberflächlich“ (Larmore 2004, 168). Eine dieser Fragen fasst Larmore wie folgt: „Warum sollte Wahrheit so wichtig sein, so unumgänglich erscheinen, daß wir uns kaum ein Leben vorstellen können, in dem wir uns nicht nach den Meinungen richten, die wir für wahr halten“ (Larmore 2004, 167). So hat Nietzsche allerdings nicht gefragt und schon die oberflächliche Art, in der seine Formulierung paraphrasiert wird, verweist auf ein Spektrum von Problemen in Larmores Rezeption: Die Frage nach dem Wert wird mit den Fragen nach Wichtigkeit oder nach Unumgänglichkeit gleichgesetzt; Wahrheit gilt zugleich epistemisch als Eigenschaft von Meinungen und psychologisch als Orientierung an dem, was wir für wahr halten; und die klärende Instanz soll darin bestehen, welches Leben wir uns vorstellen können. Es wird sich zeigen, dass diese inhaltlichen Verschiebungen letztlich nicht geeignet sind, Nietzsches Verknüpfung des Willens zur Wahrheit mit dem asketischen Ideal angemessen zu begreifen und zu kritisieren. Wie bereits erwähnt, besteht für Larmore der Kern des asketischen Ideals darin, „ein nie völlig erreichbares Ziel zu haben, nach dem man beharrlich, gewissenhaft und opferbereit streben muß“ (Larmore 2004, 166). Soweit ich sehe, 266 Helmut Heit widerlegt Larmore nicht, dass Wahrheit als ein solcher unerreichbarer und doch anzustrebender asketischer Wert verstanden werden kann, obschon er Wahrheit offenbar als etwas begreift, über das wir auch positiv verfügen. Die Verbindung des asketischen Ideals mit dem Willen zur Wahrheit hält er aus einem anderen Grund für fehlgeleitet: Bei dem Wert der Wahrheit handele es sich nicht um eine willkürliche Setzung der Menschen, sondern um eine Verpflichtung, der wir uns nur unter Preisgabe unseres Denkvermögens entziehen könnten: Die Bindung an Wahrheit ist aber dem Denken nicht so äußerlich, wie Nietzsche es hier unterstellt. Im Gegenteil, das Denken ist letzten Endes ohne ein Gerichtetsein auf Wahrheit unverständlich. Es läßt sich sogar sagen, daß diese notwendige Beziehung zwischen Denken und Wahrheit den Charakter einer Verpflichtung hat. Denn wie kann man überhaupt denken, ohne sich verpflichtet zu fühlen, mindestens in gewissem Maße das zu beachten, was man schon für wahr hält? (Larmore 2004, 169) Obwohl Larmore seinen mutmaßlichen Einwand hier nur in die Form einer suggestiven rhetorischen Frage kleidet, deutet sich seine zentrale Argumentationslinie an. Leider wird jedoch weder hier noch später die genaue Bedeutung des Verpflichtungs-Gefühls präzisiert, und auch die relativierende Einschränkung, man müsse sein eigenes Für-Wahr-Halten doch mindestens in gewissem Maße beachten, bleiben unaufgeklärt. Larmore fokussiert vielmehr den spezifischen Charakter der Verpflichtung auf Wahrheit. Hier zeigt sich, dass er implizit – denn die Ergänzung wird nur durch die Richtung seiner Kritik deutlich – das asketische Ideal als eine willkürliche Konvention versteht. Wahrheit hingegen sei zwar auch ein Wert, aber nicht konventionell oder fakultativ. Im Unterschied zu anderen Verpflichtungen unterliege die Fixierung des Denkens auf Wahrheit nicht dem menschlichen Willen, sondern sei vielmehr notwendige Bedingung des Denkens überhaupt. Für Larmore ist daher ein Denken ohne Wertschätzung der Wahrheit nicht nur unverständlich, sondern auch auf dieser Welt nicht zu realisieren. Er versichert daher trocken: „Ohne eine Grundorientierung an Wahrheit ist das Denken einfach unmöglich“ (Larmore 2004, 171). Demgegenüber geht Nietzsche offenbar davon aus, dass menschliches Denken weniger auf einer notwendigen und unverzichtbaren Orientierung an Wahrheit beruht, sondern auf unserem wertschätzenden Willen: „Den Willen aber überhaupt eliminiren, die Affekte sammt und sonders aushängen, gesetzt, dass wir dies vermöchten: wie? hiesse das nicht den Intellekt c a s t r i r e n ?…“ (GM III 12, KSA 5, 365).8 Statt die Wirkungen des Willens zu leugnen, wären eher der spezi- 8 Noch im Druckmanuskript hatte Nietzsche anstelle dieser offenen Frage in apodiktischerem Ton geschrieben, „das hieße den Intellekt castriren – Mehr noch: es hieße – nicht denken!“ (KSA Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 267 fische Wille zur Wahrheit und der darin verborgene „Rest von Ideal“ (GM III 27) zu befragen. Der Einwand, es gebe bisher kein „Bewusstsein darüber, inwiefern der Wille zur Wahrheit selbst erst einer Rechtfertigung bedarf“ verweist jedoch in den Augen Larmores nicht auf „eine Lücke in jeder Philosophie“ (GM III 24, KSA 5, 401), sondern diskreditiert vielmehr Nietzsches eigene, indem sie gerade das fordert, was Larmore unmöglich erscheint: Das, was Nietzsche nicht einsieht, ist, daß gewisse Verpflichtungen, die Anerkennung gewisser Werte wie eben der Wahrheit, so tief im Denken verankert sind, daß sie die Bedingungen seiner Möglichkeit ausmachen. Solche Werte sind nicht vom Denken geschaffen. Im Gegenteil, nur unter ihrer Anleitung kann sich das Denken überhaupt zurechtfinden. (Larmore 2004, 172) Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieses Einwandes für ein Verständnis der Philosophie Nietzsches und des Willens zur Wahrheit, lohnt es sich, einen Moment bei diesem Zitat zu verweilen, auch wenn es gemessen an den Erwartungen an einen bedeutenden analytischen Philosophen erneut reichlich unklar formuliert ist. Was genau ist mit der Rede von gewissen Verpflichtungen und gewissen Werten sowie der tiefen Verankerung gemeint? Zudem fragt sich, woher diese Verpflichtungen stammen, die zwar im Denken verankert, aber nicht vom Denken geschaffen sein sollen. Nietzsche wäre bereit, unsere Orientierung an einem Ideal von Wahrheit natur- und kulturhistorisch, also im Grunde empirisch-wissenschaftlich etwa durch physiologische oder soziologische Notwendigkeiten zu erklären. Larmore hingegen bleibt mit seiner Verankerungs-Metapher ganz in der Domäne philosophischer Konstruktionen. Statt einer Auskunft über die Herkunft dieser Werte betont er, dass wir uns der Verpflichtungen des Denkens auf Wahrheit „als unterworfen betrachten müssen, um überhaupt kohärent denken zu können“ (Larmore 2004, 171). Der Glaube an die Möglichkeit und Wichtigkeit von Wahrheit wird so durch eine Denkfigur begründet, die quasi transzendentalphilosophisch die vertrauensvolle Verpflichtung auf Wahrheit als Bedingung der Möglichkeit dessen begreift, was man für gegeben und wünschenswert ansieht, nämlich kohärent zu denken. Das Argument hat den Anschein eines konditionalen Beweises: Wenn es A (kohärentes denken) gibt oder geben soll, muss es B (Verpflichtung auf Wahrheit) geben. Dieser Denkfigur kann man auf verschiedene Arten begegnen: Man kann sie erstens als bloßen Ausdruck einer festen Überzeugung zurückweisen. Man kann zweitens darlegen, inwiefern A (kohärentes Denken) entweder unklar 14, 381). Obwohl er mit dieser Larmore direkt entgegen gesetzten These wohl in größerer Übereinstimmung mit den Wissenschaften vom Menschen ist als dessen rationalistische Spekulationen, zeigt sich Nietzsches Umsicht doch darin, es dann im veröffentlichten Text bei einer Frage zu belassen, die anders als bei Larmore gerade nicht vorgibt, ein Argument zu sein. 268 Helmut Heit bestimmt ist oder nicht existiert, so dass der Konditional hinfällig wird. Und man kann drittens argumentieren, dass es zwar A gibt, dass B aber nicht zu dessen notwendigen Bedingungen gehört. Alle drei Formen der Replik finden sich bei Nietzsche. Wenn Larmore betont, ohne eine Grundorientierung an Wahrheit sei Denken einfach unmöglich, so bringt er damit zunächst vor allem die feste Überzeugung zum Ausdruck, dass er sich Denken anders nicht vorstellen kann. Er gibt zu erkennen, dass er ohne diesen Glauben nicht recht selig werden könnte. Auch mit Nietzsche könnte man sagen, dass der Glaube an die Wahrheit selig macht, aber „ein starker Glaube, der selig macht, ist ein Verdacht gegen Das, woran er glaubt, er begründet nicht ‚Wahrheit’, er begründet eine gewisse Wahrscheinlichkeit – der T ä u s c h u n g “ (GM III 24, KSA 5, 398). In dieser direkt zurückweisenden Kritik erscheint die Denkfigur von Larmore nicht als Argument, sondern als rationalisierter und durchgesiebter Herzenswunsch.9 Tatsächlich scheint mir Larmore die Notwendigkeit der Wahrheitsorientierung eher zu behaupten als zu begründen. Dennoch macht man es sich mit dieser letztlich ad hominem geführten Replik womöglich ein wenig einfach. Ausgehend von Nietzsche lässt sich zweitens einwenden, dass der menschliche Intellekt in erster Linie ein Organ der Lebenserhaltung und -steigerung ist. Die zentrale Leistung unseres Denkvermögens besteht nicht in der Erkenntnis von Wahrheit, sondern in der menschheitsgeschichtlich erfolgreichen Lebensbewältigung durch Komplexitätsreduktionen. Wie jedes Lebewesen brauchen wir zunächst keine Wahrheiten über die Dinge selbst, sondern Informationen über das für uns Zuträgliche und Gefährliche. Kohärenz innerhalb unserer Vorstellungen ist dabei wenig relevant. Ein Organ des kohärenten Denkens ist der menschliche Intellekt daher allenfalls in zweiter Linie, zumal nicht klar ist, was im Einzelnen mit ‚kohärent’ gemeint ist. Wichtiger scheint mir aber die dritte Form der Replik, wonach die Orientierung an Wahrheit gar keine unverzichtbare konditionale Bedingung und absolute Verpflichtung des Denkens ist, deren Verletzung unweigerlich zu Inkohärenzen führt. In der Form, in der Larmore von Inkohärenz spricht, bezeichnet er eine Art psychologischer Kollision: „Man kann sich nicht täuschen bei vollem Bewußtsein, daß es ein Akt der Selbsttäuschung ist, den man durchführt“ (Larmore 2004, 170). Schon wahrnehmungspsychologisch spricht einiges gegen Larmores aprio- 9 Besonders Theodor W. Adorno zeigte sich von dieser Art der Widerlegung bei Nietzsche beeindruckt. In der Minima Moralia sieht er darin „das stärkste Argument nicht bloß gegen die Theologie, sondern auch gegen die Metaphysik ausgesprochen: daß Hoffnung mit Wahrheit verwechselt werde, daß die Unmöglichkeit, ohne ein Absolutes zu denken, glücklich zu leben oder überhaupt zu leben, nicht für die Legitimität jenes Gedankens zeuge. Er widerlegt den christlichen Beweis der Kraft, daß der Glaube wahr sei, weil er selig mache“ (Adorno 1951, 122). Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 269 risch postulierte Unmöglichkeit, immerhin belegen unzählige optische Illusionen, dass wir bei vollem Bewusstsein um den Akt der Täuschung dennoch flimmernde Linien, rotierende Kreise oder ähnliches sehen. Hier sind wir uns der Täuschung klar bewusst, ohne dass sie dadurch verschwindet oder bedeutungslos wird. Nietzsches „entlarvende Psychologie“ zielt genau darauf, nicht-pathologische Phänomene der Selbsttäuschung philosophisch zu fassen (Gödde 2009, 499–545). Der von Larmore konstruierte Kontrast ist falsch, denn wir sind stets nur mehr oder minder sicher, ob eine Täuschung vorliegt. Zwischen Wahrheitsgewissheit und dem vollen Bewusstsein einer Täuschung besteht eine Vielzahl gradueller Abstufungen, während wir über die Extrempunkte dieser Relation praktisch nie verfügen. An die Stelle der exklusiven Disjunktion von ‚Gewissheit’ oder ‚Täuschung’ tritt für uns ein Kontinuum von mehr oder minder glaubwürdigen und wahrscheinlichen Hypothesen. Mit Hilfe eines psychologisch informierten und graduellen anstelle des exklusiv-binären Wahrheits- und Gewissheitsverständnisses können auch bewusste Selbsttäuschungen widerspruchsfrei gedacht werden. Wer mit ziemlicher, aber eben nicht absoluter Gewissheit glaubt, dass es schwarze Materie gibt, dass privatwirtschaftliche Unternehmen sich am besten nur um ihre Profite kümmern, oder dass eine gewisse Person der Partner fürs Leben sei, kann doch zugleich die Möglichkeit erwägen, hierbei einer Täuschung zu erliegen. Wir können sogar sicher sein, dass es eine vereinfachende oder übertriebene und somit genau genommen falsche Auffassung ist, die wir dennoch als zweckmäßig ansehen, verwenden und praktisch glauben. Sowohl im alltäglichen Realismus wie auch in der wissenschaftlichen Praxis operieren wir mit Idealisierungen, Typisierung, Modellen, Näherungen und Simplifizierungen, deren prinzipielle Falschheit klar ist. Die Grenze zwischen Wahrheit und Täuschung verläuft daher selbst in den Wissenschaften nicht so strikt, wie Larmore sich denkt: Gerade wie man sich nicht täuschen kann, ohne zu glauben, daß die Illusion doch wahr ist, kann sich der Wissenschaftler keine Hypothese zu eigen machen, ohne den Anspruch dabei zu erheben, daß diese ‚Interpretation’ richtig ist. (Larmore 2004, 175) Offenbar ist die Einsicht in den hypothetischen und falliblen Charakter des wissenschaftlichen Wissens, wie sie nach vorherrschender Meinung das ausgehende 19. Jahrhundert prägt, bei Larmore nicht angekommen. Nietzsche hingegen wusste bereits, dass in der Wissenschaft „die Ueberzeugungen kein Bürgerrecht“ haben (FW 344, KSA 3, 574), und dass aufgeklärten Wissenschaftler/ innen die fallible Vorläufigkeit auch der bestbegründeten Hypothesen bekannt ist (Schiemann 2014). Die epistemische Einstellung, mit der man sich eine Hypothese zu Eigen macht, ist nicht länger die der Gewissheit, sondern die der bestmöglichen Glaubwürdigkeit. Nur durch die Einsicht in den hypothetischen und falli- 270 Helmut Heit blen Charakter selbst unserer gut begründeten Überzeugungen eröffnet sich der Raum, um an eine Evaluation des Willens zur Wahrheit und infolgedessen auch an eine andere, fröhliche Wissenschaft zu denken. Ähnlich wie Laplace auf die Frage nach der Stellung Gottes in seinem mechanistischen Weltbild geantwortet haben soll, könnte man heute über die Rolle von Wahrheit in den Wissenschaften sagen: Ich komme ohne diese Hypothese aus. Die kulturellen Konsequenzen aus dieser Einsicht sind allerdings weitreichender, als es der klassische Fallibilismus unterstellt. 5 Wissenschaft als Kunst und Freiheit der Perspektiven Trotz der ausführlichen, offenkundigen und grundsätzlichen Beschäftigung Nietzsches mit dem Charakter, der Funktion und der Geltung von Wissenschaft soll gegen Ende dieser Abhandlung noch einmal betont werden, was schon Klaus Spiekermann ganz richtig feststellt: Zu guter Letzt ist Nietzsche weder Wissenschaftstheoretiker noch Naturphilosoph, sondern seine „Grundlagenkritik“ zielt selbst in dieser Hinsicht vielmehr auf „eine Klärung des ‚existentiellen Verhältnisses‘ des Menschen zur Natur und Naturwissenschaft“ (Spiekermann 1992, S. 8). Die Wissenschaften sind ein besonders zentraler und wirkmächtiger Faktor in der modernen säkularen Kultur und geraten daher geradezu notwendig in Nietzsches Fokus, aber „im Mittelpunkt steht ein pädagogisches Interesse größten Stils“ (Spiekermann 1992, S. 8). Nietzsches Kritiken, Genealogien und Analysen greifen daher nicht nur stets über die beschränkte Domäne der Wissenschaftsphilosophie hinaus, sondern sie verbinden sich immer wieder mit einer weitreichenden erzieherischen oder ärztlichen Ambition. Nietzsche betreibt Kritik in transformativer Absicht. In den vergangenen Abschnitten war vor allem davon die Rede, was die asketischen Ideale bedeuteten und worin sich bisher keine Alternative dazu ausdrückt. Dieser Frage scheint auch der Schluss der Genealogie gewidmet, wenn Nietzsche noch einmal geradezu bündig antwortet: „D a s eben bedeutet das asketische Ideal: das Etwas f e h l t e “ (GM III 28, KSA 5, 411). Es fehlte der Menschheit an einem „D a z u des Leidens […] — u n d d a s a s k e t i s c h e I d e a l b o t i h r e i n e n S i n n ! “ (GM III 28, KSA 5, 411). Dieses Sinnangebot brachte jedoch „alles Leiden unter die Perspektive der S c h u l d …“ (GM III 28, KSA 5, 411) und zeigt damit an, welche Richtung der menschliche Wille vom asketischen Ideal her bekommen hat: „— das Alles bedeutet, wagen wir es, dies zu begreifen, einen W i l l e n z u m N i c h t s “ (GM III 28, KSA 5, 412). Der Text endet mit der Fest- Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 271 stellung, dass auch das immerhin ein Wille sei, und dass der Mensch eher das Nichts wolle, als nicht zu wollen. Über das „G e g e n s t ü c k zu diesem geschlossenen System von Wille, Ziel und Interpretation“ oder auch nur, warum es bisher „f e h l t “ (GM III 23, KSA 5, 396), erfahren wir hingegen auf den ersten Blick nichts mehr. Bei einem zweiten oder dritten Blick lassen sich der Abhandlung jedoch immer wieder interessante Hinweise zur Antwort auf diese Frage entnehmen. Daher möchte ich abschließend noch einmal auf die prospektiven Dimensionen gegen Ende der Genealogie der Moral und auf die Indizien einer fröhlichen Wissenschaft zu sprechen kommen. Schaut man auf die Funktionen, die Nietzsche der Askese im positiven Sinne für Künstler/innen, Philosoph/innen und Wissenschaftler/innen zuschreibt, so dürfte das Gegenstück zum asketischen Ideal offenbar nicht in lässigem SichGehen-Lassen bestehen. Das Spezifikum des asketischen Ideals besteht in der Entsagung um ihrer selbst willen, und sollte nicht mit jeglicher Form zielgerichteter Sublimation verwechselt werden. Daher ist von dem Gegen-Ideal eher der heitere Asketismus eines flügge gewordenen Tiers zu erwarten (GM III 8), und nicht etwa die abstrakte Negation jeglicher Askese. In sehr polemischer Abgrenzung von zeitgenössischen Historikern und modernen „K o m ö d i a n t e n des christlich-moralischen Ideals“ (GM III 26, KSA 5, 408) bekennt Nietzsche sogar: „Alle meine Ehrfurcht dem asketischen Ideale, s o f e r n e s e h r l i c h i s t ! “ (GM III 26, KSA 5, 407). In dieser positiven Haltung drückt sich zumindest zweierlei aus: Erstens wird hier nochmals die erhebliche kulturhistorische Bedeutung des asketischen Ideals gewürdigt, gegen die wir „zuletzt, gerade als Erkennende, nicht undankbar“ sein sollten (GM III 12, KSA 5, 364). Zweitens grenzt Nietzsche das Ideal unter der Bedingung seiner Ehrlichkeit von „koketten Wanzen“ und „ehrgeizigen Künstler“ ab (GM III 26, KSA 5, 407), die allenfalls als „Curiositäten und Complexitäten des modernsten Geistes“ in Betracht kommen (GM III 27, KSA 5, 408). Dieses positive Werturteil bezieht sich also weniger auf den Asketismus des Ideals, sondern auf die Ehrlichkeit. Zugleich deutet der Verweis auf Ehrlichkeit ebenso wie die Abscheu vor ehrgeizigen Künstlern auf eine wichtige Präzisierung in Nietzsches Einstellung zur Kunst. Im Lichte der Philosophie Nietzsches liegt es nahe, bei der Suche nach einem Gegenideal zum Asketismus weniger an die Wissenschaft als vielmehr an die Kunst zu denken. Immerhin hat in der Kunst „der W i l l e z u r Tä u s c h u n g das gute Gewissen zur Seite“ (GM III 25, KSA 5, 402) und aus diesem Grund ist sie nicht nur in seinen früheren Schriften, sondern auch in der Genealogie „dem asketischen Ideale viel grundsätzlicher entgegengestellt als die Wissenschaft“ (GM III 25, KSA 5, 402). Allerdings bleibt es an dieser Stelle bei einer in Klammern gesetzten Parenthese sowie der Ankündigung, „irgendwann des Längeren“ über die Kunst zu sprechen, während die folgende Abschnitte die Diskussion um die 272 Helmut Heit Wissenschaften fortsetzen. Der tiefere Grund dafür liegt meines Erachtens darin, dass für Künstler das asketische Ideal in der Tat letztlich „g a r N i c h t s ! “ bedeutet (GM III 5, KSA 5, 344), und das vor allem, weil sie als Künstler „nicht unabhängig genug in der Welt und g e g e n die Welt“ stehen (GM III 5, KSA 5, 344). Die Kunst ist daher dem asketischen Ideal zwar grundsätzlicher entgegengestellt als die Wissenschaft, aber auf eine indifferente, vielgestaltige und daher letztlich bedeutungslose Weise. Die Kunst kann eine ästhetisch-performative Alternative zu dieser Auslegung allen Daseins sein, und als solche ist sie nicht nur Zuflucht und Entlastung, sondern auch kritische Impulsgeberin. Die Überwindung des asketischen Ideals selbst kann sie hingegen nicht leisten, denn dazu kennt und durchschaut sie ihren Gegner zu wenig. Zu dieser Überwindung ist vielmehr verlangt, dass man auch die Erbschaft des asketischen Ideals antritt, denn: „Alle grossen Dinge gehen an sich selbst zugrunde, durch einen Akt der Selbstaufhebung“ (GM III 27, KSA 5, 410). Deshalb vermag letztlich nicht die Kunst, sondern nur die in Philosophie und Wissenschaft kultivierte und eingefleischte „christlichen Wahrhaftigkeit […] am Ende ihren s t ä r k s t e n S c h l u s s , ihren Schluss g e g e n sich selbst“ zu ziehen, indem sie die Frage nach der Bedeutung des Willens zur Wahrheit stellt (GM III 27, KSA 5, 410). Dennoch spielt die Kunst auch in diesem Akt der Selbstaufhebung ihre Rolle, indem Nietzsche den künstlerischen, schöpferischen und perspektivischen Charakter unserer sogenannten Wahrheiten betont (GM III 12). Damit deutet er zugleich an, dass auch die Wissenschaften, zumal die fröhlichen, eine Art von Kunst sind. Kunst ist nicht auf das Kriterium der adäquaten Repräsentation verpflichtet und kann doch Wahrheit zum Ausdruck bringen, etwa in Form der Übertreibung. Ein Künstler ist zudem darin frei, dass er wissentlich das vorgefundene Material nach eigenem Willen gestaltet, während ein asketischer Wissenschaftler danach strebt, nur möglichst getreu zu repräsentieren. In der gaya scienza hingegen vereinigen sich Kunst und Wissenschaft zu einer schöpferischen, spielerischen und gestaltenden Kraft. Allerdings bleiben die Wissenschaften im Unterschied zur Kunst auf methodische Vorgehensweisen verwiesen und müssen sich zugleich an ihrem empirischen Erfolg messen lassen. Wie die heiter-entsagungsvolle Philosophie kann auch die fröhliche Wissenschaft nicht auf die Instrumente der Askese, der Konzentration und des Ernstes verzichten. Der kulturhistorisch sublimierte Wille zur Wahrheit bleibt darin als Tugend der intellektuellen Redlichkeit erhalten. Diese Redlichkeit drängt zu einer radikalisierten Skepsis sogar gegenüber den klassischen Bedingungen wissenschaftlicher Wahrheitssuche. Es sind die erkenntniskritischen, historischen und sinnesphysiologischen Einsichten selbst, die für den perspektivischen Charakter unserer Theorien sprechen und die zugleich einen methodologischen Pluralismus nahelegen. Im Unterschied Wissenschaftskritik in der Genealogie der Moral 273 zum sisyphos-artigen, asketischen Streben nach einem Ideal von Wahrheit weiß die fröhliche Wissenschaft darum, dass sie ihre Themen selbst wählen, ihre Werte selbst abwägen, ihre Ziele selbst setzen und ihre Erfolgskriterien selbst definieren muss. Darin dem Künstler vergleichbar macht sie ihre Maßstäbe zu einem Teil des Handlungsverlaufes selbst (Feyerabend 1978, 345). In diesem Sinne versteht auch Nietzsche Wissenschaft als Kunst (Feyerabend 1984). Das wichtigste Merkmal der heiteren Wissenschaftlichkeit ist somit eine veränderte epistemische Einstellung, ein höherer Grad an Bewusstheit und Ehrlichkeit. Sie ist in dem Sinne Wissenschaft, dass sie die Summe der kleinen Tatsachen respektiert und nutzbringend in eine Rangordnung zu bringen und zu integrieren weiß, darin zeigt sich ihr kritischer und asketischer Charakter. Ihre Heiterkeit hingegen resultiert aus dem Bewusstsein um die kreativen und schöpferischen Dimensionen ihrer epistemischen Praktiken, deren Ergebnisse nicht an sich fixiert, sondern Ausdruck reicher Gestaltungs-Spielräume sind. Fröhliche Wissenschaft ist kein isoliertes Konzept gutgelaunter Forschung, sondern das Moment einer Kultur, die sich in heiterer Bejahung ihrer Möglichkeiten und Grenzen bewusst ist und die Wissenschaften zu ihren Bedürfnissen einsetzt. In diesem Sinne ist sie eine Wissenschaft für freie Menschen. Sie wurde und wird möglich durch die Kulturgeschichte des Ernstes. Realisieren kann sie sich allerdings nur, wenn es insgesamt gelingt, aus der „Perspektive der S c h u l d “ (GM III 28, KSA 5, 411) herauszutreten und zugleich die Frage nach dem ‚Wozu?’ unserer Anstrengungen anders zu beantworten. Diese Antwort kann aber selbst die fröhlichste Wissenschaft aus eigenen Bordmitteln nicht geben, sie bleibt den zukünftigen und „u n b e k a n n t e n Freunde[n]“ vorbehalten (GM III 27, KSA 5, 410). Insofern ist auch die Genealogie der Moral ebenso wie Jenseits von Gut und Böse am Ende ‚nur’ ein Vorspiel und eine kritische Vorarbeit für die Philosophie, Wissenschaft und Kultur der Zukunft. Wie soll es auch anders sein. Literaturverzeichnis Adorno, Theodor W. (1951): Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Frankfurt/Main (Suhrkamp), 1994. Babich, Babette E. (1994): Nietzsche’s Philosophy of Science. Reflecting Science on the Ground of Art and Life. NewYork (Suny). Blackburn, Simon (2005): Wahrheit. Ein Wegweiser für Skeptiker. (Übers. v. 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