Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen
Edmund Primosch
Das Kernstück der Regierungsvorlage betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, 395 Blg.
Sten.Prot. NR XXV. GP, bildet das Grundrecht gemäß dem einzufügenden
Art. 22a Abs. 2 B-VG unter gleichzeitigem Entfall des bisherigen Art. 20
Abs. 3 und 4 B-VG. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, wie sich
die Einführung des neuen Grundrechts auf die unterverfassungsrechtliche
Rechtsordnung und die Normierung von Geheimhaltungsverpflichtungen
auswirken wird.
Regel-Ausnahme-Prinzip
Nach der Systematik des geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG soll jedermann ein
"Recht auf Zugang zu Informationen" zukommen, soweit die Geheimhaltung
von Informationen nicht aus bestimmten, bundesverfassungsrechtlich
aufgezählten Gründen erforderlich oder "zur Wahrung anderer gleich
wichtiger öffentlicher Interessen durch Bundes- oder Landesgesetz
ausdrücklich angeordnet ist". In der Formulierung des Art. 22a Abs. 2 B-VG
ist die Konzeption des Regel-Ausnahme-Prinzips erkennbar. Die
Einschränkung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts bedeutet
"eine Ausnahme nicht nur der Formulierung, sondern auch der Sache nach"
im Sinne von K. LARENZ: "Um eine Ausnahme auch der Sache nach
handelt es sich dort, wo das Gesetz eine Regel, der es in möglichst weitem
Umfang Geltung zu verschaffen sucht, für bestimmte, meist eng umgrenzte
Fälle durchbrochen hat, weil ihre Durchführung auch in diesen Fällen dem
Gesetzgeber als wenig praktikabel oder als unangebracht erschien und er
deshalb hier glaubte, darauf verzichten zu können."1 Schon im Wortlaut
kommt die Normvorstellung zum Ausdruck, dass sich die
Geheimhaltungsverpflichtung nur auf bestimmte Fälle beschränken soll, die
entweder bundesverfassungsrechtlich vorgegeben oder durch (einfaches)
Gesetz aus vergleichbaren öffentlichen Gründen ausdrücklich definiert
werden. Soll diese Regelungsabsicht nicht konterkariert werden, erscheint es
im Zuge der Rechtsanwendung unzulässig, durch Analogieschluss weitere
Fälle in den grundsätzlich geschlossenen Katalog der Ausnahmen
einzubeziehen.2
1
2
Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4.A. 1979, S 344.
Vgl. Larenz, aaO; ferner Potacs, Rechtstheorie, 2015, S 188 ff., zur prinzipiellen Zulässigkeit der
Analogie nur bei "semantischen Lücken" sowie zur Entscheidung zwischen Analogie- und
145
Edmund Primosch
Zulässige Geheimhaltungsgründe
Die Ausnahmen zum "Recht auf Zugang zu Informationen" sind als Gründe
der Verweigerung des Informationszugangs (Informationsverweigerungsgründe) zu verstehen, die auf Schranken ex constitutione oder ex lege
beruhen.3 Während letztere aus einfachgesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften erfließen, erscheinen die verfassungsunmittelbaren Schranken
zur Informationsfreiheit - gleichsam janusköpfig - als objektive verfassungsrechtliche Geheimhaltungsverpflichtungen. Dies machen in der Regierungsvorlage auch die Formulierung der Ausnahme zur Veröffentlichungsverpflichtung nach Art. 22a Abs. 1 (arg. "soweit nicht eine Verpflichtung zur
Geheimhaltung gemäß Abs. 2 besteht") sowie die geplante Neufassung des
Art. 148b Abs. 1 zweiter Satz B-VG deutlich ("Gegenüber der Volksanwaltschaft besteht keine Verpflichtung zur Geheimhaltung."). Aus dem
Motivenbericht zur Regierungsvorlage geht hervor, dass der Zugang zu
Informationen verweigert werden soll, "soweit und solange die
Geheimhaltung" aus einem der aufgezählten verfassungsrechtlichen Gründe
"erforderlich im Sinne von geboten ist";4 ferner kann die Verweigerung des
Informationszugangs aus einer materiengesetzlichen Geheimhaltungsverpflichtung zum "Schutz anderer, allerdings nur gleich wichtiger"
öffentlicher Geheimhaltungsinteressen resultieren.5 In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass - dem Motivenbericht zufolge - der nach den Regeln
der allgemeinen Kompetenzverteilung zuständige Materiengesetzgeber
berufen sein soll, die verfassungsrechtlichen Ausnahmetatbestände zu
wiederholen bzw. zu konkretisieren sowie weitere gewichtige Informationsverweigerungsgründe zu statuieren.6 Die Konzeption des geplanten Art. 22a
Abs. 2 B-VG ist dogmatisch dahin deutbar, dass die Informationsfreiheit ein
Freiheitsrecht mit positiver Gewährleistungspflicht darstellt, wobei einerseits
dem einfachen Gesetzgeber ein Ausgestaltungsauftrag nach Abs. 4 erteilt
wird (arg. "Die näheren Regelungen sind …"), andererseits das Grundrecht
verfassungsunmittelbaren Schranken unterliegt und unter einem atypischen
Eingriffsvorbehalt steht; atypisch deshalb, weil für den einfachen
Gesetzgeber nicht nur die (fakultative) Möglichkeit zur Konkretisierung des
Eingriffs an sich, sondern auch zur inhaltlichen Ausgestaltung bzw.
3
4
5
6
Umkehrschluss, die - vor dem Hintergrund des erkennbaren Willens des Gesetzgebers - im jeweiligen
Kontext nach Maßgabe pragmatischer Kriterien mit besonderer Überzeugungskraft zu erfolgen hat.
S. den geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG, arg. "deren Geheimhaltung […] erforderlich oder […] durch
Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich angeordnet ist".
Vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 395 Blg. Sten.Prot. NR XXV. GP, S 2.
Vgl. die Erläuterungen, aaO, S 3.
Vgl. die Erläuterungen, aaO. Demgegenüber soll nach dem geplanten Art. 22a Abs. 4 B-VG eine
eigene Kompetenzregel für die Erlassung einfachgesetzlicher Ausführungsregelungen zur
Informationsfreiheit gelten.
146
Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen
Erweiterung des den Eingriff rechtfertigenden Interesses bestehen soll.7
Während das Recht auf Informationszugang nach dem geplanten Art. 22a
Abs. 4 B-VG "näheren Regelungen" des Gesetzgebers vorbehalten bleibt,
trifft dies auf die Ausnahmetatbestände nach Abs. 2 freilich nicht zu: Aus
dieser Perspektive kann der Materiengesetzgeber tätig werden, muss es
jedoch nicht.
Tätigwerden des einfachen Gesetzgebers?
Wenn der einfache Gesetzgeber von seiner beschriebenen (impliziten)
Konkretisierungsermächtigung nicht Gebrauch machen sollte, dann würde
die Deutungshoheit über die verfassungsrechtlichen Informationsverweigerungsgründe, die für sich genommen abstrakt, inhaltlich vage und
konkretisierungsbedürftig sind, den betreffenden staatlichen Organen bei der
Anwendung im Einzelfall überlassen bleiben.8 Vom Standpunkt einer
rechtsstaatlich zu fordernden Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns ist eine
materienspezifische gesetzliche Konkretisierung der Geheimhaltungsverpflichtungen rechtspolitisch sicherlich wünschenswert. Andererseits ist zu
bedenken, dass die Normierung einer gesetzlichen Regel über die
Geheimhaltung, die auf eine Vielzahl von Fällen generell anwendbar wäre,
eine vorausschauende Interessenabwägung des Gesetzgebers voraussetzt und
überdies die Statuierung von Ausnahmetatbeständen erforderlich macht, um
eine überschießende Informationsverweigerung und damit die Verletzung des
Rechts auf Informationszugang zu vermeiden. Freilich ist schon in der
geltenden Rechtsordnung der Grundsatz erkennbar, staatliche Geheimhaltung
auf das zur Wahrung schutzwürdiger Interessen Notwendige zu beschränken:
So bestehen Vorschriften, die die Geheimhaltung mit bestimmten
Ausnahmen gebieten9 oder die den Informationszugang unter bestimmten
7
8
9
In diesem Sinne Bertel, Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis?, in: Journal für Rechtspolitik 22,
2014, S 203 (207 ff.), die überdies zum Ergebnis gelangt, dass dem Verfassungsgerichtshof keine
"Feinprüfung", sondern eine "Grobprüfung" zukommen dürfte.
Dazu kritisch Berka, in: ÖJT (Hrsg.), Vortragsveranstaltung "Amtsgeheimnis und
Informationsfreiheit", 2015, S 19 f. und 32.
S. beispielsweise die auch für Amtsärzte relevante Regel des § 54 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ("Der Arzt und
seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten
oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet.") und den Ausnahmenkatalog nach Abs. 2 ("Die
Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn […]."); ferner etwa die Verpflichtung zur
abgabenrechtlichen Geheimhaltung im Zusammenhang mit der Durchführung von Abgabenverfahren,
Monopolverfahren oder Finanzstrafverfahren nach § 48a Abs. 1 BAO und die
Ausnahmebestimmungen nach § 48a Abs. 4 BAO ("Die Offenbarung oder Verwertung von
Verhältnissen oder Umständen ist befugt, […]."); ferner § 6 Abs. 1 des Bundes-Kinder- und
Jugendhilfegesetzes 2013 zur Verschwiegenheitspflicht im Bereich der Kinder- und Jugendhilfeträger,
"sofern die Offenlegung nicht im überwiegenden berechtigten Interesse der betroffenen Kinder,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt."
147
Edmund Primosch
Voraussetzungen oder mit bestimmten Einschränkungen erlauben.10
Unionsrechtliche Vorschriften, die den Geheimnis- bzw. Datenschutz oder
den Informationszugang und seine Grenzen regeln,11 machen zu ihrer
innerstaatlichen Durchführung regelmäßig ein legislatives Tätigwerden
erforderlich. Nur hingewiesen sei auch auf die künftige Notwendigkeit, durch
nationale Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener
Daten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung12 mit dem Recht auf freie
Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung
zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen
Zwecken, nach Art. 85 der Datenschutz-Grundverordnung - durch bestimmte
Abweichungen von den Vorgaben der Verordnung, soweit sie erforderlich
sind - in Einklang zu bringen und darüber die Kommission zu informieren.
Zwar enthält der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG keine Öffnungsklausel
gegenüber dem Unionsrecht, doch ändert dies nichts an der primärrechtlichen
Durchführungsverpflichtung.13 Der Gesetzgeber hat hiebei im Sinne des
Grundsatzes der "doppelten Bindung" an Unionsrecht und Verfassungsrecht
vorzugehen; er bleibt bei der Ausführung von Unionsrecht jedenfalls
insoweit (auch) an bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben gebunden, als
eine Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben durch diese nicht inhibiert
wird.14 Dies ist auch für den Fall anzunehmen, dass die unionsrechtlichen
Vorschriften den Mitgliedstaaten Handlungsbefugnisse einräumen, innerhalb
10
11
12
13
14
S. exemplarisch etwa § 126 Abs. 1 WRG 1959 ("Die Einsichtnahme in das Wasserbuch sowie die
Abschriftnahme ist jedermann nach Maßgabe bestehender gesetzlicher Beschränkungen, insbesondere
des Umweltinformationsgesetzes (UIG), BGBl. Nr. 495/1993, in der jeweils geltenden Fassung sowie
des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999[,] gestattet."); ferner § 17 AVG
bzw. § 21 VwGVG (Akteneinsicht) und die Regelungen über die Zugangsberechtigungen zu nichtöffentlichen und zu klassifizierten Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates
nach den §§ 12 ff. des Informationsordnungsgesetzes.
S. insbesondere die Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, die Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang
der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen sowie die Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer
Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE); neuerdings ferner die Richtlinie
(EU) 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen
(Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung,
die nach ihrem Art. 19 Abs. 1 bis 9. Juni 2018 umzusetzen ist.
Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG
(Datenschutz-Grundverordnung), die nach ihrem Art. 99 Abs. 2 ab dem 25. Mai 2018 gilt.
S. Art. 291 Abs. 1 AEUV. Zum Fehlen der Öffnungsklausel beachte die Erläuterungen zur
Regierungsvorlage, Anmerkung 4: "Kein eigener Ausnahmetatbestand soll zu Gunsten von
unionsrechtlichen Geheimhaltungs- bzw. Veröffentlichungsvorschriften normiert werden, da für diese
ohnehin der unionsrechtliche Anwendungsvorrang zum Tragen kommt."
S. hiezu die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 15.106/1998, 15.204/1998,
15.683/1999, 17.022/2003, usw.
148
Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen
eines bestimmten Rahmens Ausnahmen vom Informationszugang vorzusehen.15
Die Praxis der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere im außen- und
integrationspolitischen
Bereich
sowie
auf
dem
Gebiet
der
Sicherheitszusammenarbeit, kommt nicht ohne Beachtung der Vertraulichkeit
und den Verkehr mit Dokumenten aus, die als Verschlusssachen klassifiziert
werden.16 Soweit nicht ohnehin unionsrechtliche Vorschriften anzuwenden
sind,17 besteht - über den lapidaren Verfassungswortlaut hinaus zweifelsohne ein Bedarf an eingehenden gesetzlichen Regelungen sowie an
Regelungen durch Staatsvertrag gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw. durch
verordnungsrangigen Staatsvertrag.18 Dies im Hinblick auf die Einstufung
von Dokumenten als Verschlusssachen, deren organisatorische und
technische Sicherung sowie die Durchführung sonstiger Sicherheitsmaßnahmen, wie insbesondere die Sicherheitsüberprüfung von Personen, die
Zugang zu den betreffenden Dokumenten haben.19
Wie unten anhand des Amtsgeheimnisses gezeigt wird, machen die
verfassungsrechtlichen Informationsverweigerungsgründe, die nach dem
neuen Art. 22a Abs. 1 und 2 B-VG nur als Ausnahme zur proaktiven
Veröffentlichungspflicht bzw. in Relation zum Recht eines Informationswerbers zum Tragen kommen, nicht die einfachgesetzliche Statuierung
allgemeiner Verschwiegenheitspflichten entbehrlich (so insbesondere für
öffentlich Bedienstete, für oberste Organe, für Beiratsmitglieder und für
Beliehene).
15
16
17
18
19
S. beispielhaft Art. 5 der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu
Umweltinformationen und Art. 13 der Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer
Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE).
S. das Bundesgesetz über die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur sicheren Verwendung
von Informationen (Informationssicherheitsgesetz, InfoSiG); ferner die Erläuterungen zur
Regierungsvorlage, 753 Blg. Sten.Prot. NR XXI. GP, S 2.
So der Beschluss 2013/488/EU des Rates über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EUVerschlusssachen vom 23. September 2013, dessen Art. 1 Abs. 2 bestimmt: "Diese Grundprinzipien
und Mindeststandards gelten für den Rat und das Generalsekretariat des Rates und werden von den
Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften beachtet, damit
alle Seiten darauf vertrauen können, dass ein gleichwertiges Schutzniveau für EU-VS ["EUVerschlusssachen"] gewährleistet ist."
S. etwa das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der NATO über den
Schutz von Informationen, BGBl. Nr. 18/1996, das Übereinkommen zwischen den im Rat vereinigten
Mitgliedstaaten der Europäischen Union über den Schutz von Verschlusssachen, die im Interesse der
Europäischen Union ausgetauscht werden, BGBl. III Nr. 183/2015, das Abkommen zwischen der
Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den
gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen, BGBl. III Nr. 54/2007, und das Abkommen zwischen der
Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Polen über den gegenseitigen
Schutz von Verschlusssachen, BGBl. III Nr. 218/2014.
S. beispielhaft die einzelnen Regelungen der grundsätzlich für Dienststellen des Bundes maßgeblichen
Verordnung der Bundesregierung über die Informationssicherheit (Informationssicherheitsverordnung,
InfoSiV).
149
Edmund Primosch
Verfassungskonformität gesetzlicher Geheimhaltungsgründe
Einfachgesetzliche Geheimhaltungsvorschriften - ob sie nun bereits gelten
oder aber neu erlassen werden - bleiben im Sinne des rechtsstaatlichen
Prinzips nur dann in ihrer rechtlichen Existenz dauernd gesichert, wenn ihre
Übereinstimmung mit der Verfassung gegeben ist.20 Der Motivenbericht führt
zutreffend aus: "Die Prüfung des einfachen Gesetzes insbesondere am
Maßstab des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Informationszugangsrechts und des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes obliegt dem
Verfassungsgerichtshof."21 Dessenungeachtet erscheint es freilich als ein
Gebot der politischen Klugheit, die Einführung des Grundrechts auf
Informationszugang zum Anlass zu nehmen, bestehende Zugangshindernisse
bzw. Zugangsverweigerungsgründe auf ihre Verfassungskonformität zu
prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, um ihre Invalidierung zu
vermeiden. Neue gesetzliche Regelungen in diesem Bereich werden nur dann
zu erlassen sein, wenn vorweg eine sorgfältige Prüfung zur Überzeugung
geführt hat, dass sie nicht im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen
Vorgaben stehen, insbesondere die implizite Konkretisierungsbefugnis bzw.
die explizit erteilte Erweiterungsermächtigung nach dem geplanten Art. 22a
Abs. 2 B-VG nicht überschritten, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als
Schranke des einfachen Gesetzgebers sowie die Kriterien des materiellen
Gesetzesvorbehalts - die "Schranken-Schranke"22 - des Art. 10 Abs. 2 EMRK
eingehalten werden.
Auf dem Boden der allgemeinen Grundrechtslehren kommen zur Prüfung
einfachgesetzlicher Geheimhaltungsvorschriften im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes folgende formelhafte Fragen in Betracht:23
-
Verfolgt das Schutzziel der Geheimhaltungsvorschrift (Geheimhaltungsgrund) ein nach Art. 22a Abs. 2 B-VG anerkanntes öffentliches oder
individuelles Interesse?
Ist die Vorschrift zur intendierten Geheimhaltung (Erreichung des
Schutzziels) geeignet?
Wird die Informationsfreiheit durch die Geheimhaltungsvorschrift nur
im unbedingt erforderlichen Ausmaß - also so wenig wie möglich eingeschränkt?
Ergibt eine Güterabwägung, dass zwischen einem nach Art. 22a Abs. 2
B-VG anerkannten Interesse und der Einschränkung der Informations-
-
-
20
21
22
23
S. insbesondere VfSlg. 11.196/1986 und 16.245/2001.
Erläuterungen, Anmerkung 4, S 3.
Vgl. Berka, Verfassungsrecht, 6. Auflage 2016, Rz. 1299.
Zu den einzelnen Schritten zur Prüfung der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als
Schranke des einfachen Gesetzgebers s. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, 10. Auflage 2014, Rz.
715 ff.; ferner Berka, Anmerkung 22, Rz. 1300 ff.
150
Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen
freiheit eine angemessene Relation besteht (Adäquanz bzw. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn)?
Wird angenommen, dass die durch den verfassungsrangigen Art. 10 EMRK
garantierte Freiheit, Nachrichten und Ideen zu empfangen, unter gewissen
Voraussetzungen ein Recht auf Informationszugang umfasst,24 ist auf
Geheimhaltungsvorschriften zusätzlich das Prüfschema entsprechend dem
materiellen Gesetzesvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK anzuwenden. Auch
die Einschränkung der Freiheit der Mitteilung von Nachrichten und Ideen,
die mit einer Geheimhaltungsvorschrift für deren Adressaten einhergeht,
macht eine Prüfung anhand der Kriterien des Art. 10 Abs. 2 EMRK
erforderlich. Hiebei ist folgende Fragenformel heranzuziehen:
-
Verfolgt das Schutzziel der Geheimhaltungsvorschrift einen legitimen
Eingriffszweck im Sinn des Art. 10 Abs. 2 EMRK?25
Ist der gesetzliche Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft
notwendig und die bewirkte Informationsverweigerung verhältnismäßig?
Im Hinblick auf die nach Art. 11 Abs. 1 GRC garantierte
Informationsfreiheit, deren Wortlaut dem Art. 10 Abs. 1 EMRK entspricht,
und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß Art. 52 Abs. 1 GRC ist davon
auszugehen, dass dasselbe Prüfschema bei der Durchführung des
Unionsrechts zur Anwendung kommt.26
24
25
26
Vgl. Feiler, Informationsfreiheit vs. Datenschutz, in: Jahnel (Hrsg.), Datenschutzrecht/Jahrbuch 2014,
S 55 (57 ff.), der insbesondere unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EGMR vom 25.9.2013,
Youth Initiative For Human Rights vs. Serbien, Nr. 48135/06, sogar davon ausgeht, dass sich aus
Art. 10 EMRK ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Informationen ableiten
lässt. Wie der Autor darstellt, nimmt die Rechtsprechung des EGMR freilich ein Recht auf
Informationszugang nur unter den Voraussetzungen an, dass dem Auskunftswerber eine
gesellschaftliche "watchdog"-Funktion zukommt, die begehrten Informationen öffentliche Interessen
betreffen und schließlich der Auskunftswerber in der Absicht handelt, die erhaltenen Informationen an
die Öffentlichkeit weiterzugeben und dadurch zum öffentlichen Diskurs beizutragen. S. neuerdings
das Urteil des EGMR/Große Kammer vom 8.11.2016 im Fall Magyar Helsinki Bizottság vs. Ungarn,
Nr. 18030/11, wonach Art. 10 EMRK zwar nicht allgemein ein Recht auf Zugang zu Informationen
gewähre, ein solches jedoch bestehe "in circumstances where access to the information is instrumental
for the individual's exercise of his or her right to freedom of expression, in particular 'the freedom to
receive and impart information' and where its denial constitutes an interference with that right"; dies
insbesondere im Hinblick auf die Funktion des Informationssuchenden als "social watchdog" und das
bestehende "public interest" an der Art der begehrten Information, deren öffentliche Verbreitung
intendiert ist (zu den Kriterien s. näher Abs. 156 ff. des Urteils).
Legitime Schutzziele sind das Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder
der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des
Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, die
Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten und die Gewährleistung des Ansehens
und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.
Zur Geltendmachung der von der GRC garantierten Rechte vor dem Verfassungsgerichtshof s. das
Erkenntnis VfSlg. 19.632/2012. Zur unmittelbaren Anwendung des Art. 11 GRC s. Feiler, Anmerkung
24, S 61 ff., unter Hinweis auf die Rechtssache EuGH 6.3.2014, C-206/13 - Siragusa, wonach Art. 51
GRC für die Durchführung des Unionsrechts "einen hinreichenden Zusammenhang von einem
gewissen Grad verlangt", wohingegen die GRC im Verhältnis zu einer nationalen Regelung
151
Edmund Primosch
Zu prüfen ist ferner die Frage, ob eine gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift,
die nicht unter einen verfassungsrechtlich vorgegebenen Geheimhaltungstatbestand fällt, der "Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen"
dient. Nach den Erläuterungen sind als Vergleichsmaßstab "besonders
gravierende öffentliche Interessen (nationale Sicherheit, zwingende außenund integrationspolitische Gründe, öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit,
überwiegende berechtigte Interessen eines anderes wie zB das Grundrecht
auf Datenschutz)" heranzuziehen.27 Als vergleichbare gewichtige öffentliche
Interessen werden jene in Betracht kommen, die im Art. 10 Abs. 2 EMRK
genannt sind, jedoch nicht im geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG übernommen
werden: territoriale Unversehrtheit, Verbrechensverhütung, Schutz der
Gesundheit und der Moral, Schutz des guten Rufes, Verhinderung der
Verbreitung vertraulicher Nachrichten sowie Wahrung des Ansehens und der
Unparteilichkeit der Rechtsprechung.28 Letzteres kann bei der Geheimhaltung
von Niederschriften über etwaige judizielle Beratungen und Abstimmungen
von Bedeutung sein.29 Freilich sind auch Teilaspekte der genannten
Rechtsgüter bzw. deren Konkretisierung als vergleichbares wichtiges
Interesse denkbar. Eine gesetzliche Verschwiegenheitsregelung, mit der
neben der (passiven) Informationsfreiheit auf Seite des Informationssuchenden ja auch die aktive Ausübung der Meinungsfreiheit auf Seite des
Adressaten des Verschwiegenheitsgebotes eingeschränkt wird, erscheint nur
dann verfassungsgemäß, wenn sie zur Wahrung der in Art. 10 Abs. 2 EMRK
aufgezählten Rechtsgüter unentbehrlich ist.30
Der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG steht der Erlassung von Regelungen über
die Klassifikation von Informationen aus einem zulässigen verfassungsrechtlichen oder einfachgesetzlichen - Geheimhaltungsgrund
nicht entgegen. Allerdings wird sich in der Praxis das Problem der
Anwendung solcher Regelungen stellen, weil der Informationszugang nicht
pauschal unter Berufung auf eine bestimmte Dokumentkategorie verweigert
werden darf, sondern das Geheimhaltungsinteresse und das Recht auf
27
28
29
30
unanwendbar ist, "wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine
Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen
Sachverhalt schaffen."
S. die Erläuterungen, Anmerkung 4, S 3.
Vgl. Bertel, Anmerkung 7, S 210.
S. etwa § 21 Abs. 1 VwGVG. Ferner Bertel, Anmerkung 7, S 210 (Fußnote 75).
S. VfSlg. 6288/1970. Beachte in diesem Zusammenhang ferner die Erläuterungen zur
Regierungsvorlage betreffend die B-VG-Novelle Nr. 285/1987, 39 Blg. Sten.Prot. NR XVII. GP, S 4,
wonach Art. 10 EMRK eine Grenze für gesetzliche Verschwiegenheitspflichten vorgibt und jedenfalls
die Erfassung solcher Verschwiegenheitsgebote verhindert, die über das in der bisher geltenden
Fassung des Art. 20 Abs. 3 B-VG normierte Verschwiegenheitsgebot hinausgehen.
152
Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen
Informationszugang gegeneinander abzuwägen sind und einer Bewertung im
konkreten Einzelfall bedürfen.31
Das Amtsgeheimnis
Wie dargestellt, geht der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG davon aus, dass als
Ausnahme zum Recht auf Informationszugang eine verfassungsunmittelbare
Schranke besteht, wobei sich das Geheimhaltungserfordernis auf jene
Interessen beziehen soll, die im bisher geltenden Recht unter dem Titel
"Amtsverschwiegenheit" (Art. 20 Abs. 3 B-VG) geschützt sind. Dass es auch
künftig eine "Amtsverschwiegenheit" bzw. ein "Amtsgeheimnis" gibt, macht
schon der dem Art. 20 Abs. 3 B-VG weitgehend identische Katalog an
Gründen deutlich, aus denen der Informationszugang nach Art. 22a Abs. 2 BVG verfassungsrechtlich begrenzt werden soll:32 zwingende außen- und
integrationspolitische Gründe, die Interessen der nationalen Sicherheit, der
umfassenden Landesverteidigung sowie der Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, die Vorbereitung einer
Entscheidung, das wirtschaftliche oder finanzielle Interesse einer
Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers,
schließlich die überwiegenden berechtigten Interessen eines anderen.
Die mit der Neuregelung erklärtermaßen intendierte "Abschaffung der
Amtsverschwiegenheit"33 würde freilich nichts am rechtspolitischen
Erfordernis ändern, dass öffentlich Bedienstete, die als Organwalter
Funktionen für die im geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG genannten Organe
wahrnehmen, allgemein durch (einfachgesetzliche) Vorschriften zur
Wahrung der Verschwiegenheit gebunden werden müssen, soweit dies zum
Schutz der verfassungsrechtlich genannten staatlichen Partikularinteressen
sowie zum Schutz der prävalierenden Rechte Einzelner (insbesondere
Achtung des Privat- und Familienlebens, Schutz von Geschäfts- und
Betriebsgeheimnissen, Datenschutz) erforderlich ist. Beamte im
strafrechtlichen Sinne (§ 74 Z 4 StGB) unterliegen zwar der aus § 310 StGB
ableitbaren allgemeinen Verschwiegenheitspflicht, doch macht es Sinn, im
dienstrechtlichen Pflichtenkatalog vollständigkeitshalber das Gebot der
Amtsverschwiegenheit zu belassen. Eine solche Dienstpflicht, die bei
Beamten disziplinarrechtlicher Sanktion unterliegt, muss im Hinblick auf die
schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen vernünftigerweise gegenüber
31
32
33
Beachte das Urteil des EGMR/Große Kammer vom 10.12.2007, Beschwerdesache Stoll gegen die
Schweiz, Bsw. 69698/01, Rz. 137 bis 139, wonach eine Verletzung des Art. 10 EMRK nicht vorliegt,
wenn ein innerstaatliches Gericht nicht an einen formellen Geheimnisbegriff gebunden ist, sondern
den Inhalt des betreffenden Dokuments selbst beurteilen und in Form einer Interessenabwägung
überprüfen kann, ob der Eingriff in die nach Art. 10 EMRK geschützten Rechte gerechtfertigt ist.
Vgl. Berka, Anmerkung 8, S 18 f.
S. die Erläuterungen, Anmerkung 4, S 1.
153
Edmund Primosch
jedermann, also erga omnes - unabhängig von der Geltendmachung des
Rechts auf Informationszugang - bestehen und nicht bloß im zweiseitigen
Verhältnis zwischen dem Informationswerber und dem jeweils betroffenen
staatlichen Organ, wie es in der Regel-Ausnahme-Konstruktion des geplanten
Art. 22a Abs. 2 B-VG angelegt ist. Aus rechtspolitischer Sicht ist einerseits
sicherzustellen, dass Bedienstete Amtsgeheimnisse nicht Dritten, die nicht
über dieses Wissen verfügen, mitteilen oder gar veröffentlichen. In einer
konkretisierenden einfachgesetzlichen Regel ist andererseits festzulegen, in
welchen Fällen die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit nicht gilt
(Ausnahmen) oder unter welchen Voraussetzungen davon entbunden werden
kann.
Der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG macht es nicht erforderlich, vom
einfachgesetzlichen Begriff "Amtsverschwiegenheit" Abstand zu nehmen,
zumal auch das B-VG in seiner Stammfassung 1920 keine Bestimmung über
die Amtsverschwiegenheit enthielt,34 der Begriff jedoch sehr wohl auf
einfachgesetzlicher Ebene in § 23 der Dienstpragmatik35 verwendet wurde.
An diesem Befund sollte auch der Umstand nicht rütteln, dass der geplante
Art. 22a Abs. 2 B-VG ein Grundrecht auf Informationszugang einräumen
wird. Der in dieser Bestimmung aufgezählte Katalog von Geheimhaltungsgründen rechtfertigt es nämlich, die Verschwiegenheitspflichten der
öffentlich Bediensteten weiterhin unter der Überschrift oder dem Kürzel
"Amtsverschwiegenheit" zusammenzufassen.36 Erblickt man jedoch nunmehr
in der "Amtsverschwiegenheit" einen rechtspolitisch verpönten Begriff, wäre
es freilich denkbar, diesen etwa durch den Begriff "dienstliche
Geheimhaltung" zu ersetzen.
Bei einfachgesetzlichen Vorschriften, die die "Amtsverschwiegenheit" zum
Gegenstand haben, wird nach Wegfall des Art. 20 Abs. 3 B-VG eine
Novellierung erforderlich sein (so im Dienstrecht, Organisationsrecht sowie
Recht der Beiräte): Entsprechende Verweisungen auf diese Norm müssten
ersetzt werden oder die im Gesetzeswortlaut wiedergegebenen einzelnen
Geheimhaltungstatbestände wären entsprechend dem Wortlaut des neuen
Art. 22a Abs. 2 B-VG anzupassen.37
Bemerkt wird, dass der neue Geheimhaltungstatbestand "aus zwingenden
außen- und integrationspolitischen Gründen", der sich offenbar an die
bestehende Verfassungsterminologie aus anderen Regelungszusammen34
35
36
37
Vgl. Wieser, zu Art. 20 Abs. 3 B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches
Bundesverfassungsrecht, 4. Lfg. 2001, Rz. 2.
S. das Gesetz vom 25. Jänner 1914, betreffend das Dienstverhältnis der Staatsbeamten und der
Staatsdienerschaft (Dienstpragmatik), RGBl. Nr. 15/1914.
Erinnert sei daran, dass § 310 StGB den Begriff "Amtsgeheimnis" verwendet.
Dies insbesondere hinsichtlich der zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründe, des
Interesses der nationalen Sicherheit sowie des wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses einer
Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers.
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Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen
hängen anlehnt,38 schwierige Auslegungsfragen aufwirft: Trotz der sehr
vagen Formulierung, die auf einen erheblichen Entscheidungsspielraum
hinweist, lässt sich dieser Geheimhaltungsgrund insoweit als justiziabel
deuten, als die missbräuchliche Berufung hierauf und mithin ein
offensichtlicher Exzess - also das Nicht-Vorliegen eines zwingenden außenoder integrationspolitischen Grundes - als Grundrechtsverletzung
aufgegriffen werden kann.39 Außen- und integrationspolitische Gründe
müssen im Übrigen wohl nicht kumulativ vorliegen, um die Geheimhaltung
zu rechtfertigen; es müsste daher das alternative Zutreffen eines dieser
Gründe - also eines außenpolitischen oder eines integrationspolitischen
Grundes - hinreichen.40
38
39
40
S. Art. 10 Abs. 3, Art. 23d Abs. 2 und Art. 23e Abs. 3 und 4 B-VG.
S.
analog die
kritischen Betrachtungen zur
möglichen Justiziabilität
der
im
Integrationsverfassungsrecht gebrauchten Formel "aus zwingenden integrations- und außenpolitischen
Gründen" Öhlinger/Konrath, zu Art. 23d, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches
Bundesverfassungsrecht, 11. Lfg. 2013, Rz. 26, und zu Art. 23e, aaO, Rz. 59.
S. abermals Öhlinger/Konrath, zu Art. 23d, aaO, Rz. 26.
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