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Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen Edmund Primosch Das Kernstück der Regierungsvorlage betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, 395 Blg. Sten.Prot. NR XXV. GP, bildet das Grundrecht gemäß dem einzufügenden Art. 22a Abs. 2 B-VG unter gleichzeitigem Entfall des bisherigen Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, wie sich die Einführung des neuen Grundrechts auf die unterverfassungsrechtliche Rechtsordnung und die Normierung von Geheimhaltungsverpflichtungen auswirken wird. Regel-Ausnahme-Prinzip Nach der Systematik des geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG soll jedermann ein "Recht auf Zugang zu Informationen" zukommen, soweit die Geheimhaltung von Informationen nicht aus bestimmten, bundesverfassungsrechtlich aufgezählten Gründen erforderlich oder "zur Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich angeordnet ist". In der Formulierung des Art. 22a Abs. 2 B-VG ist die Konzeption des Regel-Ausnahme-Prinzips erkennbar. Die Einschränkung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts bedeutet "eine Ausnahme nicht nur der Formulierung, sondern auch der Sache nach" im Sinne von K. LARENZ: "Um eine Ausnahme auch der Sache nach handelt es sich dort, wo das Gesetz eine Regel, der es in möglichst weitem Umfang Geltung zu verschaffen sucht, für bestimmte, meist eng umgrenzte Fälle durchbrochen hat, weil ihre Durchführung auch in diesen Fällen dem Gesetzgeber als wenig praktikabel oder als unangebracht erschien und er deshalb hier glaubte, darauf verzichten zu können."1 Schon im Wortlaut kommt die Normvorstellung zum Ausdruck, dass sich die Geheimhaltungsverpflichtung nur auf bestimmte Fälle beschränken soll, die entweder bundesverfassungsrechtlich vorgegeben oder durch (einfaches) Gesetz aus vergleichbaren öffentlichen Gründen ausdrücklich definiert werden. Soll diese Regelungsabsicht nicht konterkariert werden, erscheint es im Zuge der Rechtsanwendung unzulässig, durch Analogieschluss weitere Fälle in den grundsätzlich geschlossenen Katalog der Ausnahmen einzubeziehen.2 1 2 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4.A. 1979, S 344. Vgl. Larenz, aaO; ferner Potacs, Rechtstheorie, 2015, S 188 ff., zur prinzipiellen Zulässigkeit der Analogie nur bei "semantischen Lücken" sowie zur Entscheidung zwischen Analogie- und 145 Edmund Primosch Zulässige Geheimhaltungsgründe Die Ausnahmen zum "Recht auf Zugang zu Informationen" sind als Gründe der Verweigerung des Informationszugangs (Informationsverweigerungsgründe) zu verstehen, die auf Schranken ex constitutione oder ex lege beruhen.3 Während letztere aus einfachgesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften erfließen, erscheinen die verfassungsunmittelbaren Schranken zur Informationsfreiheit - gleichsam janusköpfig - als objektive verfassungsrechtliche Geheimhaltungsverpflichtungen. Dies machen in der Regierungsvorlage auch die Formulierung der Ausnahme zur Veröffentlichungsverpflichtung nach Art. 22a Abs. 1 (arg. "soweit nicht eine Verpflichtung zur Geheimhaltung gemäß Abs. 2 besteht") sowie die geplante Neufassung des Art. 148b Abs. 1 zweiter Satz B-VG deutlich ("Gegenüber der Volksanwaltschaft besteht keine Verpflichtung zur Geheimhaltung."). Aus dem Motivenbericht zur Regierungsvorlage geht hervor, dass der Zugang zu Informationen verweigert werden soll, "soweit und solange die Geheimhaltung" aus einem der aufgezählten verfassungsrechtlichen Gründe "erforderlich im Sinne von geboten ist";4 ferner kann die Verweigerung des Informationszugangs aus einer materiengesetzlichen Geheimhaltungsverpflichtung zum "Schutz anderer, allerdings nur gleich wichtiger" öffentlicher Geheimhaltungsinteressen resultieren.5 In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass - dem Motivenbericht zufolge - der nach den Regeln der allgemeinen Kompetenzverteilung zuständige Materiengesetzgeber berufen sein soll, die verfassungsrechtlichen Ausnahmetatbestände zu wiederholen bzw. zu konkretisieren sowie weitere gewichtige Informationsverweigerungsgründe zu statuieren.6 Die Konzeption des geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG ist dogmatisch dahin deutbar, dass die Informationsfreiheit ein Freiheitsrecht mit positiver Gewährleistungspflicht darstellt, wobei einerseits dem einfachen Gesetzgeber ein Ausgestaltungsauftrag nach Abs. 4 erteilt wird (arg. "Die näheren Regelungen sind …"), andererseits das Grundrecht verfassungsunmittelbaren Schranken unterliegt und unter einem atypischen Eingriffsvorbehalt steht; atypisch deshalb, weil für den einfachen Gesetzgeber nicht nur die (fakultative) Möglichkeit zur Konkretisierung des Eingriffs an sich, sondern auch zur inhaltlichen Ausgestaltung bzw. 3 4 5 6 Umkehrschluss, die - vor dem Hintergrund des erkennbaren Willens des Gesetzgebers - im jeweiligen Kontext nach Maßgabe pragmatischer Kriterien mit besonderer Überzeugungskraft zu erfolgen hat. S. den geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG, arg. "deren Geheimhaltung […] erforderlich oder […] durch Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich angeordnet ist". Vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 395 Blg. Sten.Prot. NR XXV. GP, S 2. Vgl. die Erläuterungen, aaO, S 3. Vgl. die Erläuterungen, aaO. Demgegenüber soll nach dem geplanten Art. 22a Abs. 4 B-VG eine eigene Kompetenzregel für die Erlassung einfachgesetzlicher Ausführungsregelungen zur Informationsfreiheit gelten. 146 Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen Erweiterung des den Eingriff rechtfertigenden Interesses bestehen soll.7 Während das Recht auf Informationszugang nach dem geplanten Art. 22a Abs. 4 B-VG "näheren Regelungen" des Gesetzgebers vorbehalten bleibt, trifft dies auf die Ausnahmetatbestände nach Abs. 2 freilich nicht zu: Aus dieser Perspektive kann der Materiengesetzgeber tätig werden, muss es jedoch nicht. Tätigwerden des einfachen Gesetzgebers? Wenn der einfache Gesetzgeber von seiner beschriebenen (impliziten) Konkretisierungsermächtigung nicht Gebrauch machen sollte, dann würde die Deutungshoheit über die verfassungsrechtlichen Informationsverweigerungsgründe, die für sich genommen abstrakt, inhaltlich vage und konkretisierungsbedürftig sind, den betreffenden staatlichen Organen bei der Anwendung im Einzelfall überlassen bleiben.8 Vom Standpunkt einer rechtsstaatlich zu fordernden Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns ist eine materienspezifische gesetzliche Konkretisierung der Geheimhaltungsverpflichtungen rechtspolitisch sicherlich wünschenswert. Andererseits ist zu bedenken, dass die Normierung einer gesetzlichen Regel über die Geheimhaltung, die auf eine Vielzahl von Fällen generell anwendbar wäre, eine vorausschauende Interessenabwägung des Gesetzgebers voraussetzt und überdies die Statuierung von Ausnahmetatbeständen erforderlich macht, um eine überschießende Informationsverweigerung und damit die Verletzung des Rechts auf Informationszugang zu vermeiden. Freilich ist schon in der geltenden Rechtsordnung der Grundsatz erkennbar, staatliche Geheimhaltung auf das zur Wahrung schutzwürdiger Interessen Notwendige zu beschränken: So bestehen Vorschriften, die die Geheimhaltung mit bestimmten Ausnahmen gebieten9 oder die den Informationszugang unter bestimmten 7 8 9 In diesem Sinne Bertel, Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis?, in: Journal für Rechtspolitik 22, 2014, S 203 (207 ff.), die überdies zum Ergebnis gelangt, dass dem Verfassungsgerichtshof keine "Feinprüfung", sondern eine "Grobprüfung" zukommen dürfte. Dazu kritisch Berka, in: ÖJT (Hrsg.), Vortragsveranstaltung "Amtsgeheimnis und Informationsfreiheit", 2015, S 19 f. und 32. S. beispielsweise die auch für Amtsärzte relevante Regel des § 54 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ("Der Arzt und seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet.") und den Ausnahmenkatalog nach Abs. 2 ("Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn […]."); ferner etwa die Verpflichtung zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung im Zusammenhang mit der Durchführung von Abgabenverfahren, Monopolverfahren oder Finanzstrafverfahren nach § 48a Abs. 1 BAO und die Ausnahmebestimmungen nach § 48a Abs. 4 BAO ("Die Offenbarung oder Verwertung von Verhältnissen oder Umständen ist befugt, […]."); ferner § 6 Abs. 1 des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013 zur Verschwiegenheitspflicht im Bereich der Kinder- und Jugendhilfeträger, "sofern die Offenlegung nicht im überwiegenden berechtigten Interesse der betroffenen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt." 147 Edmund Primosch Voraussetzungen oder mit bestimmten Einschränkungen erlauben.10 Unionsrechtliche Vorschriften, die den Geheimnis- bzw. Datenschutz oder den Informationszugang und seine Grenzen regeln,11 machen zu ihrer innerstaatlichen Durchführung regelmäßig ein legislatives Tätigwerden erforderlich. Nur hingewiesen sei auch auf die künftige Notwendigkeit, durch nationale Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung12 mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, nach Art. 85 der Datenschutz-Grundverordnung - durch bestimmte Abweichungen von den Vorgaben der Verordnung, soweit sie erforderlich sind - in Einklang zu bringen und darüber die Kommission zu informieren. Zwar enthält der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG keine Öffnungsklausel gegenüber dem Unionsrecht, doch ändert dies nichts an der primärrechtlichen Durchführungsverpflichtung.13 Der Gesetzgeber hat hiebei im Sinne des Grundsatzes der "doppelten Bindung" an Unionsrecht und Verfassungsrecht vorzugehen; er bleibt bei der Ausführung von Unionsrecht jedenfalls insoweit (auch) an bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben gebunden, als eine Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben durch diese nicht inhibiert wird.14 Dies ist auch für den Fall anzunehmen, dass die unionsrechtlichen Vorschriften den Mitgliedstaaten Handlungsbefugnisse einräumen, innerhalb 10 11 12 13 14 S. exemplarisch etwa § 126 Abs. 1 WRG 1959 ("Die Einsichtnahme in das Wasserbuch sowie die Abschriftnahme ist jedermann nach Maßgabe bestehender gesetzlicher Beschränkungen, insbesondere des Umweltinformationsgesetzes (UIG), BGBl. Nr. 495/1993, in der jeweils geltenden Fassung sowie des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999[,] gestattet."); ferner § 17 AVG bzw. § 21 VwGVG (Akteneinsicht) und die Regelungen über die Zugangsberechtigungen zu nichtöffentlichen und zu klassifizierten Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates nach den §§ 12 ff. des Informationsordnungsgesetzes. S. insbesondere die Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, die Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen sowie die Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE); neuerdings ferner die Richtlinie (EU) 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, die nach ihrem Art. 19 Abs. 1 bis 9. Juni 2018 umzusetzen ist. Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), die nach ihrem Art. 99 Abs. 2 ab dem 25. Mai 2018 gilt. S. Art. 291 Abs. 1 AEUV. Zum Fehlen der Öffnungsklausel beachte die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Anmerkung 4: "Kein eigener Ausnahmetatbestand soll zu Gunsten von unionsrechtlichen Geheimhaltungs- bzw. Veröffentlichungsvorschriften normiert werden, da für diese ohnehin der unionsrechtliche Anwendungsvorrang zum Tragen kommt." S. hiezu die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 15.106/1998, 15.204/1998, 15.683/1999, 17.022/2003, usw. 148 Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen eines bestimmten Rahmens Ausnahmen vom Informationszugang vorzusehen.15 Die Praxis der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere im außen- und integrationspolitischen Bereich sowie auf dem Gebiet der Sicherheitszusammenarbeit, kommt nicht ohne Beachtung der Vertraulichkeit und den Verkehr mit Dokumenten aus, die als Verschlusssachen klassifiziert werden.16 Soweit nicht ohnehin unionsrechtliche Vorschriften anzuwenden sind,17 besteht - über den lapidaren Verfassungswortlaut hinaus zweifelsohne ein Bedarf an eingehenden gesetzlichen Regelungen sowie an Regelungen durch Staatsvertrag gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw. durch verordnungsrangigen Staatsvertrag.18 Dies im Hinblick auf die Einstufung von Dokumenten als Verschlusssachen, deren organisatorische und technische Sicherung sowie die Durchführung sonstiger Sicherheitsmaßnahmen, wie insbesondere die Sicherheitsüberprüfung von Personen, die Zugang zu den betreffenden Dokumenten haben.19 Wie unten anhand des Amtsgeheimnisses gezeigt wird, machen die verfassungsrechtlichen Informationsverweigerungsgründe, die nach dem neuen Art. 22a Abs. 1 und 2 B-VG nur als Ausnahme zur proaktiven Veröffentlichungspflicht bzw. in Relation zum Recht eines Informationswerbers zum Tragen kommen, nicht die einfachgesetzliche Statuierung allgemeiner Verschwiegenheitspflichten entbehrlich (so insbesondere für öffentlich Bedienstete, für oberste Organe, für Beiratsmitglieder und für Beliehene). 15 16 17 18 19 S. beispielhaft Art. 5 der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und Art. 13 der Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE). S. das Bundesgesetz über die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur sicheren Verwendung von Informationen (Informationssicherheitsgesetz, InfoSiG); ferner die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 753 Blg. Sten.Prot. NR XXI. GP, S 2. So der Beschluss 2013/488/EU des Rates über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EUVerschlusssachen vom 23. September 2013, dessen Art. 1 Abs. 2 bestimmt: "Diese Grundprinzipien und Mindeststandards gelten für den Rat und das Generalsekretariat des Rates und werden von den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften beachtet, damit alle Seiten darauf vertrauen können, dass ein gleichwertiges Schutzniveau für EU-VS ["EUVerschlusssachen"] gewährleistet ist." S. etwa das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der NATO über den Schutz von Informationen, BGBl. Nr. 18/1996, das Übereinkommen zwischen den im Rat vereinigten Mitgliedstaaten der Europäischen Union über den Schutz von Verschlusssachen, die im Interesse der Europäischen Union ausgetauscht werden, BGBl. III Nr. 183/2015, das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen, BGBl. III Nr. 54/2007, und das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Polen über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen, BGBl. III Nr. 218/2014. S. beispielhaft die einzelnen Regelungen der grundsätzlich für Dienststellen des Bundes maßgeblichen Verordnung der Bundesregierung über die Informationssicherheit (Informationssicherheitsverordnung, InfoSiV). 149 Edmund Primosch Verfassungskonformität gesetzlicher Geheimhaltungsgründe Einfachgesetzliche Geheimhaltungsvorschriften - ob sie nun bereits gelten oder aber neu erlassen werden - bleiben im Sinne des rechtsstaatlichen Prinzips nur dann in ihrer rechtlichen Existenz dauernd gesichert, wenn ihre Übereinstimmung mit der Verfassung gegeben ist.20 Der Motivenbericht führt zutreffend aus: "Die Prüfung des einfachen Gesetzes insbesondere am Maßstab des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Informationszugangsrechts und des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes obliegt dem Verfassungsgerichtshof."21 Dessenungeachtet erscheint es freilich als ein Gebot der politischen Klugheit, die Einführung des Grundrechts auf Informationszugang zum Anlass zu nehmen, bestehende Zugangshindernisse bzw. Zugangsverweigerungsgründe auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, um ihre Invalidierung zu vermeiden. Neue gesetzliche Regelungen in diesem Bereich werden nur dann zu erlassen sein, wenn vorweg eine sorgfältige Prüfung zur Überzeugung geführt hat, dass sie nicht im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben stehen, insbesondere die implizite Konkretisierungsbefugnis bzw. die explizit erteilte Erweiterungsermächtigung nach dem geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG nicht überschritten, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Schranke des einfachen Gesetzgebers sowie die Kriterien des materiellen Gesetzesvorbehalts - die "Schranken-Schranke"22 - des Art. 10 Abs. 2 EMRK eingehalten werden. Auf dem Boden der allgemeinen Grundrechtslehren kommen zur Prüfung einfachgesetzlicher Geheimhaltungsvorschriften im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes folgende formelhafte Fragen in Betracht:23 - Verfolgt das Schutzziel der Geheimhaltungsvorschrift (Geheimhaltungsgrund) ein nach Art. 22a Abs. 2 B-VG anerkanntes öffentliches oder individuelles Interesse? Ist die Vorschrift zur intendierten Geheimhaltung (Erreichung des Schutzziels) geeignet? Wird die Informationsfreiheit durch die Geheimhaltungsvorschrift nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß - also so wenig wie möglich eingeschränkt? Ergibt eine Güterabwägung, dass zwischen einem nach Art. 22a Abs. 2 B-VG anerkannten Interesse und der Einschränkung der Informations- - - 20 21 22 23 S. insbesondere VfSlg. 11.196/1986 und 16.245/2001. Erläuterungen, Anmerkung 4, S 3. Vgl. Berka, Verfassungsrecht, 6. Auflage 2016, Rz. 1299. Zu den einzelnen Schritten zur Prüfung der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Schranke des einfachen Gesetzgebers s. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, 10. Auflage 2014, Rz. 715 ff.; ferner Berka, Anmerkung 22, Rz. 1300 ff. 150 Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen freiheit eine angemessene Relation besteht (Adäquanz bzw. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn)? Wird angenommen, dass die durch den verfassungsrangigen Art. 10 EMRK garantierte Freiheit, Nachrichten und Ideen zu empfangen, unter gewissen Voraussetzungen ein Recht auf Informationszugang umfasst,24 ist auf Geheimhaltungsvorschriften zusätzlich das Prüfschema entsprechend dem materiellen Gesetzesvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK anzuwenden. Auch die Einschränkung der Freiheit der Mitteilung von Nachrichten und Ideen, die mit einer Geheimhaltungsvorschrift für deren Adressaten einhergeht, macht eine Prüfung anhand der Kriterien des Art. 10 Abs. 2 EMRK erforderlich. Hiebei ist folgende Fragenformel heranzuziehen: - Verfolgt das Schutzziel der Geheimhaltungsvorschrift einen legitimen Eingriffszweck im Sinn des Art. 10 Abs. 2 EMRK?25 Ist der gesetzliche Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und die bewirkte Informationsverweigerung verhältnismäßig? Im Hinblick auf die nach Art. 11 Abs. 1 GRC garantierte Informationsfreiheit, deren Wortlaut dem Art. 10 Abs. 1 EMRK entspricht, und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß Art. 52 Abs. 1 GRC ist davon auszugehen, dass dasselbe Prüfschema bei der Durchführung des Unionsrechts zur Anwendung kommt.26 24 25 26 Vgl. Feiler, Informationsfreiheit vs. Datenschutz, in: Jahnel (Hrsg.), Datenschutzrecht/Jahrbuch 2014, S 55 (57 ff.), der insbesondere unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EGMR vom 25.9.2013, Youth Initiative For Human Rights vs. Serbien, Nr. 48135/06, sogar davon ausgeht, dass sich aus Art. 10 EMRK ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Informationen ableiten lässt. Wie der Autor darstellt, nimmt die Rechtsprechung des EGMR freilich ein Recht auf Informationszugang nur unter den Voraussetzungen an, dass dem Auskunftswerber eine gesellschaftliche "watchdog"-Funktion zukommt, die begehrten Informationen öffentliche Interessen betreffen und schließlich der Auskunftswerber in der Absicht handelt, die erhaltenen Informationen an die Öffentlichkeit weiterzugeben und dadurch zum öffentlichen Diskurs beizutragen. S. neuerdings das Urteil des EGMR/Große Kammer vom 8.11.2016 im Fall Magyar Helsinki Bizottság vs. Ungarn, Nr. 18030/11, wonach Art. 10 EMRK zwar nicht allgemein ein Recht auf Zugang zu Informationen gewähre, ein solches jedoch bestehe "in circumstances where access to the information is instrumental for the individual's exercise of his or her right to freedom of expression, in particular 'the freedom to receive and impart information' and where its denial constitutes an interference with that right"; dies insbesondere im Hinblick auf die Funktion des Informationssuchenden als "social watchdog" und das bestehende "public interest" an der Art der begehrten Information, deren öffentliche Verbreitung intendiert ist (zu den Kriterien s. näher Abs. 156 ff. des Urteils). Legitime Schutzziele sind das Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, die Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten und die Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung. Zur Geltendmachung der von der GRC garantierten Rechte vor dem Verfassungsgerichtshof s. das Erkenntnis VfSlg. 19.632/2012. Zur unmittelbaren Anwendung des Art. 11 GRC s. Feiler, Anmerkung 24, S 61 ff., unter Hinweis auf die Rechtssache EuGH 6.3.2014, C-206/13 - Siragusa, wonach Art. 51 GRC für die Durchführung des Unionsrechts "einen hinreichenden Zusammenhang von einem gewissen Grad verlangt", wohingegen die GRC im Verhältnis zu einer nationalen Regelung 151 Edmund Primosch Zu prüfen ist ferner die Frage, ob eine gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift, die nicht unter einen verfassungsrechtlich vorgegebenen Geheimhaltungstatbestand fällt, der "Wahrung anderer gleich wichtiger öffentlicher Interessen" dient. Nach den Erläuterungen sind als Vergleichsmaßstab "besonders gravierende öffentliche Interessen (nationale Sicherheit, zwingende außenund integrationspolitische Gründe, öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, überwiegende berechtigte Interessen eines anderes wie zB das Grundrecht auf Datenschutz)" heranzuziehen.27 Als vergleichbare gewichtige öffentliche Interessen werden jene in Betracht kommen, die im Art. 10 Abs. 2 EMRK genannt sind, jedoch nicht im geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG übernommen werden: territoriale Unversehrtheit, Verbrechensverhütung, Schutz der Gesundheit und der Moral, Schutz des guten Rufes, Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Nachrichten sowie Wahrung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.28 Letzteres kann bei der Geheimhaltung von Niederschriften über etwaige judizielle Beratungen und Abstimmungen von Bedeutung sein.29 Freilich sind auch Teilaspekte der genannten Rechtsgüter bzw. deren Konkretisierung als vergleichbares wichtiges Interesse denkbar. Eine gesetzliche Verschwiegenheitsregelung, mit der neben der (passiven) Informationsfreiheit auf Seite des Informationssuchenden ja auch die aktive Ausübung der Meinungsfreiheit auf Seite des Adressaten des Verschwiegenheitsgebotes eingeschränkt wird, erscheint nur dann verfassungsgemäß, wenn sie zur Wahrung der in Art. 10 Abs. 2 EMRK aufgezählten Rechtsgüter unentbehrlich ist.30 Der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG steht der Erlassung von Regelungen über die Klassifikation von Informationen aus einem zulässigen verfassungsrechtlichen oder einfachgesetzlichen - Geheimhaltungsgrund nicht entgegen. Allerdings wird sich in der Praxis das Problem der Anwendung solcher Regelungen stellen, weil der Informationszugang nicht pauschal unter Berufung auf eine bestimmte Dokumentkategorie verweigert werden darf, sondern das Geheimhaltungsinteresse und das Recht auf 27 28 29 30 unanwendbar ist, "wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt schaffen." S. die Erläuterungen, Anmerkung 4, S 3. Vgl. Bertel, Anmerkung 7, S 210. S. etwa § 21 Abs. 1 VwGVG. Ferner Bertel, Anmerkung 7, S 210 (Fußnote 75). S. VfSlg. 6288/1970. Beachte in diesem Zusammenhang ferner die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die B-VG-Novelle Nr. 285/1987, 39 Blg. Sten.Prot. NR XVII. GP, S 4, wonach Art. 10 EMRK eine Grenze für gesetzliche Verschwiegenheitspflichten vorgibt und jedenfalls die Erfassung solcher Verschwiegenheitsgebote verhindert, die über das in der bisher geltenden Fassung des Art. 20 Abs. 3 B-VG normierte Verschwiegenheitsgebot hinausgehen. 152 Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen Informationszugang gegeneinander abzuwägen sind und einer Bewertung im konkreten Einzelfall bedürfen.31 Das Amtsgeheimnis Wie dargestellt, geht der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG davon aus, dass als Ausnahme zum Recht auf Informationszugang eine verfassungsunmittelbare Schranke besteht, wobei sich das Geheimhaltungserfordernis auf jene Interessen beziehen soll, die im bisher geltenden Recht unter dem Titel "Amtsverschwiegenheit" (Art. 20 Abs. 3 B-VG) geschützt sind. Dass es auch künftig eine "Amtsverschwiegenheit" bzw. ein "Amtsgeheimnis" gibt, macht schon der dem Art. 20 Abs. 3 B-VG weitgehend identische Katalog an Gründen deutlich, aus denen der Informationszugang nach Art. 22a Abs. 2 BVG verfassungsrechtlich begrenzt werden soll:32 zwingende außen- und integrationspolitische Gründe, die Interessen der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, die Vorbereitung einer Entscheidung, das wirtschaftliche oder finanzielle Interesse einer Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers, schließlich die überwiegenden berechtigten Interessen eines anderen. Die mit der Neuregelung erklärtermaßen intendierte "Abschaffung der Amtsverschwiegenheit"33 würde freilich nichts am rechtspolitischen Erfordernis ändern, dass öffentlich Bedienstete, die als Organwalter Funktionen für die im geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG genannten Organe wahrnehmen, allgemein durch (einfachgesetzliche) Vorschriften zur Wahrung der Verschwiegenheit gebunden werden müssen, soweit dies zum Schutz der verfassungsrechtlich genannten staatlichen Partikularinteressen sowie zum Schutz der prävalierenden Rechte Einzelner (insbesondere Achtung des Privat- und Familienlebens, Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, Datenschutz) erforderlich ist. Beamte im strafrechtlichen Sinne (§ 74 Z 4 StGB) unterliegen zwar der aus § 310 StGB ableitbaren allgemeinen Verschwiegenheitspflicht, doch macht es Sinn, im dienstrechtlichen Pflichtenkatalog vollständigkeitshalber das Gebot der Amtsverschwiegenheit zu belassen. Eine solche Dienstpflicht, die bei Beamten disziplinarrechtlicher Sanktion unterliegt, muss im Hinblick auf die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen vernünftigerweise gegenüber 31 32 33 Beachte das Urteil des EGMR/Große Kammer vom 10.12.2007, Beschwerdesache Stoll gegen die Schweiz, Bsw. 69698/01, Rz. 137 bis 139, wonach eine Verletzung des Art. 10 EMRK nicht vorliegt, wenn ein innerstaatliches Gericht nicht an einen formellen Geheimnisbegriff gebunden ist, sondern den Inhalt des betreffenden Dokuments selbst beurteilen und in Form einer Interessenabwägung überprüfen kann, ob der Eingriff in die nach Art. 10 EMRK geschützten Rechte gerechtfertigt ist. Vgl. Berka, Anmerkung 8, S 18 f. S. die Erläuterungen, Anmerkung 4, S 1. 153 Edmund Primosch jedermann, also erga omnes - unabhängig von der Geltendmachung des Rechts auf Informationszugang - bestehen und nicht bloß im zweiseitigen Verhältnis zwischen dem Informationswerber und dem jeweils betroffenen staatlichen Organ, wie es in der Regel-Ausnahme-Konstruktion des geplanten Art. 22a Abs. 2 B-VG angelegt ist. Aus rechtspolitischer Sicht ist einerseits sicherzustellen, dass Bedienstete Amtsgeheimnisse nicht Dritten, die nicht über dieses Wissen verfügen, mitteilen oder gar veröffentlichen. In einer konkretisierenden einfachgesetzlichen Regel ist andererseits festzulegen, in welchen Fällen die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit nicht gilt (Ausnahmen) oder unter welchen Voraussetzungen davon entbunden werden kann. Der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG macht es nicht erforderlich, vom einfachgesetzlichen Begriff "Amtsverschwiegenheit" Abstand zu nehmen, zumal auch das B-VG in seiner Stammfassung 1920 keine Bestimmung über die Amtsverschwiegenheit enthielt,34 der Begriff jedoch sehr wohl auf einfachgesetzlicher Ebene in § 23 der Dienstpragmatik35 verwendet wurde. An diesem Befund sollte auch der Umstand nicht rütteln, dass der geplante Art. 22a Abs. 2 B-VG ein Grundrecht auf Informationszugang einräumen wird. Der in dieser Bestimmung aufgezählte Katalog von Geheimhaltungsgründen rechtfertigt es nämlich, die Verschwiegenheitspflichten der öffentlich Bediensteten weiterhin unter der Überschrift oder dem Kürzel "Amtsverschwiegenheit" zusammenzufassen.36 Erblickt man jedoch nunmehr in der "Amtsverschwiegenheit" einen rechtspolitisch verpönten Begriff, wäre es freilich denkbar, diesen etwa durch den Begriff "dienstliche Geheimhaltung" zu ersetzen. Bei einfachgesetzlichen Vorschriften, die die "Amtsverschwiegenheit" zum Gegenstand haben, wird nach Wegfall des Art. 20 Abs. 3 B-VG eine Novellierung erforderlich sein (so im Dienstrecht, Organisationsrecht sowie Recht der Beiräte): Entsprechende Verweisungen auf diese Norm müssten ersetzt werden oder die im Gesetzeswortlaut wiedergegebenen einzelnen Geheimhaltungstatbestände wären entsprechend dem Wortlaut des neuen Art. 22a Abs. 2 B-VG anzupassen.37 Bemerkt wird, dass der neue Geheimhaltungstatbestand "aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen", der sich offenbar an die bestehende Verfassungsterminologie aus anderen Regelungszusammen34 35 36 37 Vgl. Wieser, zu Art. 20 Abs. 3 B-VG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 4. Lfg. 2001, Rz. 2. S. das Gesetz vom 25. Jänner 1914, betreffend das Dienstverhältnis der Staatsbeamten und der Staatsdienerschaft (Dienstpragmatik), RGBl. Nr. 15/1914. Erinnert sei daran, dass § 310 StGB den Begriff "Amtsgeheimnis" verwendet. Dies insbesondere hinsichtlich der zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründe, des Interesses der nationalen Sicherheit sowie des wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses einer Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers. 154 Die Zukunft der Geheimhaltungsverpflichtungen hängen anlehnt,38 schwierige Auslegungsfragen aufwirft: Trotz der sehr vagen Formulierung, die auf einen erheblichen Entscheidungsspielraum hinweist, lässt sich dieser Geheimhaltungsgrund insoweit als justiziabel deuten, als die missbräuchliche Berufung hierauf und mithin ein offensichtlicher Exzess - also das Nicht-Vorliegen eines zwingenden außenoder integrationspolitischen Grundes - als Grundrechtsverletzung aufgegriffen werden kann.39 Außen- und integrationspolitische Gründe müssen im Übrigen wohl nicht kumulativ vorliegen, um die Geheimhaltung zu rechtfertigen; es müsste daher das alternative Zutreffen eines dieser Gründe - also eines außenpolitischen oder eines integrationspolitischen Grundes - hinreichen.40 38 39 40 S. Art. 10 Abs. 3, Art. 23d Abs. 2 und Art. 23e Abs. 3 und 4 B-VG. S. analog die kritischen Betrachtungen zur möglichen Justiziabilität der im Integrationsverfassungsrecht gebrauchten Formel "aus zwingenden integrations- und außenpolitischen Gründen" Öhlinger/Konrath, zu Art. 23d, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 11. Lfg. 2013, Rz. 26, und zu Art. 23e, aaO, Rz. 59. S. abermals Öhlinger/Konrath, zu Art. 23d, aaO, Rz. 26. 155