Für immer und jetzt: Parkett ist robust, edel und nachhaltig

… Und als wäre das nicht genug, lässt es sich auch immer wieder auf Neues ein. Ein Überblick über Trends mit und ohne Rückfahrschein.
AD Design Interior Parkett Wohnen Parkett Dietrich
„Die Badende“ faszinierte Frank und Alexandra Dietrich auf einem Gemälde aus den Zwanziger­jahren. Also brachten die Parkettspezialisten sie als großzügiges Mar­keterie-Medallion auf den Boden – zu bewundern im Wuppertaler Show­room von Parkett DietrichThomas Skroch

Was haben eine finnische Sauna und der Spiegelsaal von Versailles gemeinsam? Die Kulturen, für die sie emblematisch stehen, könnten unterschiedlicher kaum sein, doch in beiden spielt Parkett eine wichtige Rolle – wenn man darunter sehr allgemein einen nach bestimmten Mustern zusammengesetzten Bodenbelag aus Holz versteht. Egal ob darauf geschwitzt oder getanzt wird: Holz hat sich über Jahrhunderte bewährt als robuste und je nach Sortierung, Muster und Finish auch oft repräsentative Basis für Interieurs aller Art. Okay, im 20. Jahrhundert kriselte die lang harmonisch gewachsene Beziehung zeitweise (das Aufkommen der Zentral- und später der Fußbodenheizung; die Begeisterung der Sechziger und Siebziger für Kunststoff und Knallfarben), doch zumindest im Bereich des privaten Wohnens konnten weder Fliesen noch Vinyl oder Laminat dem Holzboden dauerhaft den Rang ablaufen.

In der Küche des Modedesigners Alexis Mabille in Paris färbte das Interior-Duo Humbert & Poyet Teile des Eichenparketts dunkel.

Francis Amiand

Perfekt im Unperfekten

Im Gegenteil: „Für private Interiors ist Parkett weiterhin die Nummer eins“, sagt Frank Diet­rich vom in Wuppertal ansässigen Familien­unternehmen Parkett Dietrich. „Das hat viel mit Authentizität zu tun“, ergänzt seine Ehefrau Alexandra. Als Naturprodukt ist schließlich jeder einzelne Parkettstab ein Unikat, und auf breiten Dielen lässt sich lesen, wie der ganze Stamm gewachsen ist. Auch das wieder erwachte Inter­esse an Handwerk spiele eine Rolle, glaubt Dietrich, und natürlich die sinnliche, warme Haptik von Holz. Nicht zufällig kämen die meisten Kunden vor dem Kauf mehrmals in einen ihrer Show­rooms, um sich dort im Wortsinne an die Entscheidung heranzutasten.

Patricia Urquiolas verspieltes Update des Klassikers: „Biscuit“ von Listone Giordano.

Listone Giordano

Französisches Fisch­grat: Dinesen zeigt es im Kopenhagener Show­room in Oversize aus Douglasienholz. Das Regal ist aus den gleichen Brettern.

Anders Hviid-Haglund

Frank Dietrich

Das all­gemein stei­­gende Bewusstsein für Nachhaltigkeit tut wohl ein Übriges: „Wer sein Leben nachhaltig gestalten will, nicht nur im Sinne von Ökologie, den wird Parkett immer ansprechen“, sagt Frank Dietrich, „und wir nehmen wahr, dass diese Gruppe größer wird.“ Doch Parkett ist nicht gleich Parkett: Die im Kern so ursprünglichen Böden erweisen sich gerade als erstaunlich wandlungsfähig. Das zeigt sich am deutlichsten im Finish: Während die Flächen früher meist lackiert wurden, bleiben bei Parkett Dietrich heute 90 Prozent unversiegelt; sie werden lediglich geölt. Denn die neu entflammte Liebe zum Holz geht mit einer veränderten Materialästhetik einher: Unebenheiten, Gebrauchs- und Altersspuren werden inzwischen weniger als Makel betrachtet, sondern als etwas, das einem Boden Gesicht und Geschichte gibt und damit letztlich seine Individualität verstärkt. „Wir suchen heute das Perfekte im Unperfekten“, so drückt es Alexandra Dietrich aus – gestiegenem ökologischem Bewusstsein und Axel Vervoordt sei Dank.

„Perigal“ von Paola Lenti für Listone Giordano kombiniert drei Grundelemente.

Listone Giordano

Die vielseitige Serie „Forêt“ entwickelte Raphael Navot für Oscar Ono aus Hirnholz – es wird quer zur Maserung geschnitten.

Vincent Leroux

Das antike Schachbrettmuster aus Mahagoni und Eiche in der Carlsberg Academy diente Broste Copenhagen als elegante Basis für ein Foto­shooting.

Line Thit Klein, Styling: Marie Monrad Graunbøl

Entspannt in Farbe

Doch nicht nur eine zunehmende Gelassenheit scheint sich abzuzeichnen, auch die Experimentierfreude wächst. „Schnörkellose Dielen sind nicht mehr so gefragt wie noch vor vier, fünf Jahren“, hat Alexandra Dietrich beobachtet. „Man traut sich an Muster und Farben. Das Dekorative nimmt definitiv zu.“ Dazu zählen kleinteilig gemusterte oder asymmetrisch gegliederte genauso wie mehrfarbig gestaltete Böden. Komplett neu ist davon wenig, das dreidimensional wirkende Rhombenmuster etwa war schon im Italien der Renaissance beliebt, allerdings damals meist aus Stein gefügt.

Das Rhombenmuster wurde von Stein auf Holz übertragen (hier Parkett Dietrichs „Delano“ in Flämisch-Grey“ aus leicht gealterter Eiche).

Mark Seelen

„Parkett unterliegt einer Evolution, keiner Revolution“, sagt Frank Dietrich. „Vieles baut auf Gewesenem auf und verfeinert sich nur oder wird neu interpretiert.“ Ein Boden, der im Idealfall Generationen überdauert, hat es nun mal nicht nötig, jeden Trend zu reflektieren. Aus diesem Grund rät Alexandra Dietrich auch von unruhigen oder gewollt extravaganten Mustern eher ab: „Je kleinteiliger ein Muster ist, desto lebhafter wirkt es und desto dominanter ist es auf der Fläche.“ Und desto schneller wird es einem auf die Nerven gehen, könnte man ergänzen. Diet­richs Empfehlung, um auf nachhaltigere Weise Abwechslung auf den Boden zu bringen: ein klassischer „Verband“, am besten Fischgrat, aber mehrfarbig interpretiert – und unbedingt in Eiche! Denn da Eichenholz sehr grobporig ist und Gerbsäure enthält, nimmt es Pigmente gut auf; es lässt sich also mannigfaltig laugen, räuchern oder beizen: vom Farbton „Pure“, der das Holz wirken lässt wie frisch geschlagen, über lichtes Hellgrau, das sich freundlich zurückhält und lieber die Möbel strahlen lässt, bis zur distinguierten Eleganz polierter, tiefdunkler Räuchereiche. Und sollte man nach einiger Zeit die gewählte Farbe nicht mehr sehen können, „lässt sich der Boden abschleifen und umfärben oder er bleibt einfach naturbelassen. Diese Option hat man mit anderen Hölzern nicht.“

Was im Entree des New Yorker Apartments von Designer David Kaihoi auf den ersten Blick wie Marketerie wirkt, wurde auf lackiertes Schiffsboden­parkett aufgemalt. Die Wände wandert ein Würfeldes­- sin mit 3D-Wirkung hoch – als handbemalte Tapete.

Thomas Loof / Trunk Archive

Bernd Gruber grundierte in einem Münchner Apartment ein lineares Inte­rieur mit Flechtwerk aus Stäben und Hexagonen in gebürsteter Räuchereiche.

Alexander van Berge, Styling: Bregje Nix

Alexandra Dietrich

„Die Badende“ faszinierte Frank und Alexandra Dietrich auf einem Gemälde aus den Zwanziger­jahren. Also brachten die Parkettspezialisten sie als großzügiges Mar­keterie-Medallion auf den Boden – zu bewundern im Wuppertaler Show­room von Parkett Dietrich.

Thomas Skroch

Charmant in Oversize

Ein weiterer schicker Kompromiss zwischen Innovation und Nachhaltigkeit sind Over­size-Muster: Wenn Klassiker hochskaliert werden, lassen die überzeichneten Dimensionen Vertrautes wieder frisch wirken, ohne zu viel ­Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Parkett Diet­rich hat etwa das intern so getaufte „Wal-­Fischgrät“ ins Programm aufgenommen. Wobei die Länge der „Gräte“ wenig mit den Maßen des Grundrisses zu tun hat: „Man wählt ja heute den Boden nicht mehr unbedingt nach der Repräsentativität des Raums“, erklärt Ale­xandra Dietrich, „und genauso kann man große Formate in kleine Räume legen und umgekehrt.“ Überhaupt sei heute so ziemlich alles möglich – Parkett könne auch gut in der Küche oder neuerdings immer mehr im Bad zum Einsatz kommen. Das schmeichelt dem Auge und dem nackten Fuß, denn Holz fühlt sich auch ohne Fußbodenheizung angenehm weich und warm an. Und das Thema Reinigung? „Schiffe haben Holzdecks – weshalb sollte dann das Wasser im Bad ein Problem sein?“, fragt Dietrich. „Wenn man eine entsprechend entspannte Einstellung zum Thema Fußboden hat, dann funktioniert Parkett im Bad sehr gut.“ Man muss sich nur noch entscheiden, welches!

Im Pariser Pent­house oben fasste Interior­designer Guillaume Alan Eschenparkett in Carrara-Gitter. Damit es nicht zu streng wirkt, wurde es leicht schräg verlegt.

Matthew Donaldson

Die Linie „Van Eijk" von Bisazza.

Matteo Imbriani

Innenarchitektin Miriam Gassmann lässt Holz charmant in Fliesen übergehen

Stéphane Deroussent

Die Gitterstruktur des klassischen Tafel­parketts übertrugen die Designer von Note auf die Wand.

Note Design Studio

„Formpark“ von Bauwerk lässt sich zu immer neuen Mustern kombinieren, wie in diesem Projekt von Bänziger Lutze Architektur im St. Galler Rheintal.

Simone Vogel, Zürich