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Der Ukraine-Krieg und die Folgen

EU will Getreideexport aus der Ukraine bezuschussen

Norbert Lehmann, agrarheute Redakteur
Norbert Lehmann, agrarheute
am Dienstag, 25.07.2023 - 20:25 (1 Kommentar)

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski will den Transport von Getreide aus der Ukraine mit EU-Mitteln subventionieren.

Nach dem Aus für die Schwarzmeer-Getreideinitiative (BSGI) und den russischen Luftschlägen gegen ukrainische Häfen sollen die alternativen Exportrouten für Getreide aus der Ukraine über Land gestärkt werden. Darin waren sich die Landwirtschaftsminister der Europäischen Union und EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski bei der heutigen Sitzung (25.7.) des EU-Agrarrates in Brüssel einig. 

Wojciechowski schlägt deshalb vor, die höheren Kosten für den Transport mit dem Lkw oder der Bahn mit EU-Mitteln zu bezuschussen. Das Ziel ist, mehr Weizen, Mais und Raps aus der Ukraine zum Export aus der EU auf dem Landweg direkt in die baltischen Ostseehäfen zu transportieren. 

Um die Kapazitäten zu steigern, soll außerdem die Zollabfertigung von der ukrainischen-polnischen Grenze in die Ostseehäfen verlagert werden. Solche „grünen Korridore“ schlug der litauische Agrarminister Kestutis Navickas vor.

Verlängerung des Weizen-Einfuhrstopps aus der Ukraine nicht vom Tisch

Wojciechowski kündigte an, er werde sich in der EU-Kommission für eine Bezuschussung der Transportkosten einsetzen. Konkrete Angaben zur Höhe und Dauer der Transportsubventionen oder woher das Geld kommen soll, machte der EU-Kommissar nicht. 

Nach seinen Worten haben ihm die Agrarminister von Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien zugesichert, den Transit nicht zu behindern. Unter Führung von Polen forderten die fünf osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten heute gleichwohl, den auf ihr Territorium begrenzten EU-Einfuhrstopp für Mais, Raps, Weizen und Sonnenblumen über den 15. September hinaus bis zum Jahresende zu verlängern

Dieser Forderung wollte Wojciechowski aber nicht nachgeben. Der polnische Agrarkommissar sagte lediglich eine Überprüfung der Marktlage im August zu. Auf dieser Basis soll im September über die Einfuhrbegrenzung entschieden werden.

Polen und Ungarn drohen mit nationalem Alleingang beim Getreideimport

Die Forderung der fünf osteuropäischen Mitgliedstaaten stieß im Kreis ihrer westeuropäischen Kollegen auf ein geteiltes Echo. Wie der amtierende Ratsvorsitzende, der spanische Agrarminister Luis Planas erklärte, lehnten einige Delegationen den Vorstoß rundweg ab. 

Kritisch äußerte sich unter anderem Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Es könne nicht sein, dass die Anrainerstaaten als Kompensation für die höheren Einfuhren aus der Ukraine EU-Gelder erhielten, dann aber die Importe in Eigenregie begrenzen wollten, sagte Özdemir. Polen und Ungarn hatten schon vorige Woche gedroht, den Importstopp national zu verlängern, falls die EU dazu nicht bereit sei.

Özdemir: Solidarität mit Ukraine nicht dem Wahlkampf opfern

Özdemir sprach von einem „lösbaren Problem“. Die Transporte über Land könnten verplombt bis an die Ostseehäfen erfolgen. Die Solidarität mit der Ukraine dürfe nicht untergraben werden, weil in Polen Wahlkampf herrsche. 

Nach Darstellung von Wojciechowski hat der befristete Einfuhrstopp die Lage in den Anrainerstaaten deutlich entschärft. In Polen hätten sich die vor Beginn der Getreideernte vollen Lagerhäuser geleert. 

Laut Angaben der Kommission funktionieren die Solidaritätskorridore inzwischen sehr gut. Im Mai seien auf diesem Weg 3,5 Mio. t Getreide aus der Ukraine ausgeführt worden und im Juni 3 Mio. t, berichtete Wojciechowski. Er wies darauf hin, dass die EU und internationale Geber substanzielle Investitionen in die Infrastruktur der Solidaritätskorridore planten.

Agrarminister uneins über Reduktionsziele für den Pflanzenschutz

Die EU-Agrarminister berieten heute auch über den Kommissionsvorschlag einer Verordnung zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes (SUR). Umstritten sind unter anderem die von Brüssel geplanten Vorgaben für die nationalen Reduktionsziele

Agrarminister Özdemir bekräftigte seine Unterstützung für das Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der EU bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Er betonte zugleich, diejenigen Mitgliedstaaten, die in der Vergangenheit bereits viel zur Minderung des chemischen Pflanzenschutzes unternommen hätten, dürften jetzt nicht durch unangemessene nationale Reduktionsziele „die Dummen“ sein. Konkret denkt Özdemir hier an einen für Deutschland günstigeren Referenzzeitraum. Außerdem soll die Definition der ökologisch sensiblen Gebiete nachgebessert werden. 

Der spanische Ratsvorsitz strebt im EU-Agrarrat bis zum Jahresende einen Kompromiss zur neuen EU-Pflanzenschutzverordnung an.

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