Die sieben Käuferländer des Militärtransporters Airbus A400M könnten noch mehr Flugzeuge abbestellen als bisher geplant. Die Kunden mit Deutschland an der Spitze prüfen, insgesamt weniger als 170 Maschinen abzunehmen, um so einen Teil der Milliarden-Mehrkosten aufzufangen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Freitag aus Verhandlungskreisen.
Ursprünglich wollte Airbus 180 Maschinen ausliefern, davon 60 an die Bundeswehr. Im März war dann zwischen dem Airbus-Mutterkonzern EADS und den Regierungen nach zähen Verhandlungen das größte europäische Rüstungsprojekt, bei dem die Kosten aus dem Ruder liefen, gerettet worden. Beide Seiten verständigten sich darauf, dass die Länder die A400M-Stückzahl maximal um bis zu 10 Maschinen reduzieren könnten. Diese Marke könnte nun fallen.
Auch in der schwarz-gelben Koalition sorgt das Prestige-Projekt für Irritationen. Die FDP tritt für deutlich geringere Stückzahlen für die Bundeswehr ein. «Die vom Bundesrechnungshof vorgeschlagenen 40 Stück des A400M sind wesentlich realistischer als die geplanten 60», sagte Fraktionsvize Jürgen Koppelin.
In den kommenden Monaten dürfte nun mit weiteren komplizierten Verhandlungen über die Aufteilung der Kosten, Produktionsanteile und Anforderungen an das Flugzeug zu rechnen sein. Alle Kunden überdächten gerade die auf sie entfallenden Stückzahlen, hieß es in den Kreisen. Der Spardruck sei wegen der angespannten Haushalte in allen Ländern hoch.
Offen ist aber noch, wer wieviele Maschinen abbestellt. Großbritannien hatte angekündigt, nur noch 22 statt 25 A400M zu nehmen. Deutschland stellte eine geringfügige Reduzierung in den Raum. Airbus wollte sich auf Anfrage nicht zum Verhandlungsstand äußern.
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte in Berlin, die Vertragsverhandlungen der Bestellnationen mit der Industrie dauerten an. «Der Umfang einer möglichen Reduzierung der Stückzahlen steht derzeit nicht fest. Es gibt keine Zahl.»
Zudem nennt das Ministerium keine Frist, wann die Verhandlungen abgeschlossen sein sollen. EADS-Chef Louis Gallois sprach zuletzt vom Jahresende. Dann soll Klarheit über Haushaltslage und Spielräume der Besteller Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Türkei, Belgien und Luxemburg herrschen.
Airbus hat die sieben Käuferländer des Militärtransporters Airbus A400M gewarnt, mit möglichen Abbestellungen das ganze Projekt zu gefährden. «Bei unter 170 Fliegern hat das A400M-Programm keine wirtschaftliche Grundlage mehr», sagte Airbus-Sprecher Rainer Ohler am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Die Länder mit Deutschland als größtem Besteller an der Spitze verhandeln derzeit mit EADS/Airbus über die endgültigen Lieferverträge, Stückzahlen und Kosten.
Airbus warnt: "Projekt nicht aufs Spiel setzen"
Eine Reduzierung hätte nach Angaben von Airbus gravierende Konsequenzen für das Projekt, an dem europaweit bis zu 40.000 Jobs hängen sollen: «Bei unter 170 Fliegern hat das A400M-Programm keine wirtschaftliche Grundlage mehr», sagte Airbus-Sprecher Rainer Ohler. EADS erklärte, man gehe unverändert davon aus, dass die im März mit den Ländern getroffene Vereinbarung eingehalten werde: «Uns liegen keine gegenteiligen Aussagen der Kunden vor.»
Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS hatte im ersten Halbjahr 2010 einen heftigen Gewinneinbruch erlitten. Das Ergebnis schrumpfte um 51 Prozent auf 185 Millionen Euro. Zum A400M erklärte EADS bei der Zahlenvorlage in der vergangenen Woche, die Entwicklung sei herausfordernder als erwartet. Der Militärtransporter liegt nach einer Pannenserie mehrere Jahre hinter dem Zeitplan.
Der A400M soll bei der Bundeswehr die alternde Flotte von C-160 «Transall» Transportmaschinen ersetzen. Deutschland als größter Kunde der militärischen Sparte von Airbus, möchte 60 der insgesamt 184 Maschinen beschaffen. Nach Verzögerungen im A400M-Programm hatten mehrere Länder ihre Bestellungen zugunsten der C-17 «Globemaster» des US-Herstellers Boeing zurückgezogen. Die Luftwaffe rechnet im November 2014 mit der Auslieferung des ersten A400M an die Bundeswehr.