Eberhard und sein Kumpel Fritte haben in Zeiten der VHS-Videokassetten ein verbindendes Hobby: Sie leihen sich Pornofilme aus der Videothek aus kopieren und schneiden sie für den jeweils anderen. Eberhards Vorliebe für die Filme entspringt schon frühester Jugend, als er die Super-8-Filme und Heftchen seines Vaters gefunden hat (und hier sind klare Parallelen zu Ralf Königs sexuellem Erwachen zu erkennen, denn die Super-8-Filme seines Vaters sind ebenso überliefert wie der auf der Projektionsfläche Wand als störend empfundene Gekreuzigte).
Zu Frittes Geburtstag hat sich Eberhard etwas geanz besonderes einfallen lassen: Er schenkt Fritte eine gemeinsame Reise nach Frankfurt - um ebenda für das bevorzugte Porno-Label als Statisten einen Gangbang-Streifen zu drehen. Ganz enthemmt tun das die beiden Männer jedoch nicht, denn später auf den Bändern erkannt werden, wollen sie dann doch nicht. Deshalb kommen beim Dreh eine Darth-Vader- und eine Ski-Maske zum Einsatz. Dumm nur, dass Eberhards Intimbereich am Ende dann doch deutlich sichtbar im Film auftaucht, hat er doch ebenda ein Tattoo von Snoopy als Joe Cool prangen - und klar, dass die Aufnahmen im späteren Leben Eberhards für ordentlich Wirbel sorgen...
Pornstory von Ralf König spielt auf mehreren Ebenen mit der Erwartungshaltung. So erwarten manche Leser, dass es zeichnerisch deftig zur Sache geht. Und das irritert mich, wenn sich andere Rezensenten über den Mangel an Explizitem beschweren, weiß ich doch als Langzeitleser, dass sich bei den Rororo-Veröffentlichungen Ralf König ohnehin deutlich bedeckter hält, als er das bei den Männerschwarm-Bänden tut. Dabei sind die dargestellten Porno-Film-Sequenzen diesmal sogar recht deutlich dargestellt, nur wurden diese Bilder nicht von König, sondern von seinem Comic-Kollegen Nicolas Mahler gezeichnet. Und Mahlers Stil ist sehr schlicht und gleichzeitig ein bisschen abstrakt. Ebenfalls sehr unterhaltsam: Die Dialoge wurden den Original-Filmen entnommen - und entbehren nicht einer gewissen ungewollten Komik.
Weiterhin könnten einige Erwartungen an den Band enttäuscht werden, wenn man eine homosexuelle Story von Ralf König erwartet hat. Denn der Dreh- und Angelpunkt in diesem Buch ist die Beziehung zwischen Eberhard, seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn. Letzterer ist für mich ohnehin die unterhaltsamste Figur in Pornstory.
Pornstory erzählt - seinem Titel zu Trotz - gar nicht viel Pornografisches, sondern eher, auf welche unterschiedlichen Arten man mit diesem Thema umgehen kann. Sind solche Filme automatisch frauenfeindlich? Gibt es Frauen, die auf die Streifen stehen, oder ist das reines Kerle-Zeug? Ralf König gibt augenzwinkernde Antworten auf diese Fragen.
Pornstory ist gebunden, die Zeichnungen sind in Schwarzweiß gedruckt und es gibt ein rosafarbenes Lesebändchen. Als Bonus gibt es noch die abgedruckten facebook-Nachrichten, die sich König und Mahler zwecks dieses Projektes hin- und hergeschickt haben.
Mir hat Pornstory ausgesprochen gut gefallen, bin ich doch sowohl Fan von König als auch von Mahler. Die Story ist frisch, die Dialoge mitunter richtig komisch. Die Diskussionen und Streitereien authentisch und glaubwürdig. Verdiente fünf Sterne und eine Leseempfehlung.
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Timberstitch
Spielt auf mehreren Ebenen mit der Erwartungshaltung: Ralf Königs Pornstory
Reviewed in Germany on September 27, 2015
